Beschreibung
Für den Engel der mein Leben veränderte..!
Ich war geschockt! Nein, das konnte nicht sein! Aber ich kam gerade vom Arzt und es war offensichtlich: Ich war schwanger. Welch ein komplexer Unterschied. Ich hatte vor meinem Mann heute zu sagen, dass ich mich trennen will, und nun darf ich ihm offenbaren das ich ein Kind erwarte. Die Freude über diese Nachricht stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, zuerst schrie er mich an, von wegen ich sei nur schwanger geworden das er bei mir bleibt und dann drei Wochen Funkstille.
Er kam normal von der Arbeit, schlief ganz normal neben mir und doch ignorierte er mich völlig. Meine Gefühle fuhren derweil Achterbahn, abtreiben kam für mich nicht in Frage. Erstens ich töte keinen wehrlosen Menschen und zweitens war es eh schon zu spät - ich war schon im sechsten Monat. Ich habe schon soviel hinter mich gebracht in meinem bisherigen Leben somit wird eine Schwangerschaft doch ein Klacks für mich sein, also egal wie es mit meiner Ehe weiter geht für mich war klar meine Kinder stehen ganz vorne.
Nach einem Gespräch zwischen meinem Mann und mir war klar, wir sind eine Familie und wir stehen zusammen! Vielleicht rettet es sogar unsere Ehe. Heute weiß ich das es die doofste Annahme meines Lebens war. Mir ging es im weiteren Verlauf meiner Schwangerschaft richtig übel, ständiges Fieber, Vorwehen, Übelkeit, Schwangerschaftsdiabetes aber die Ärzte sagten es ist alles in Ordnung und das war die Hauptsache. Mittlerweile wussten wir auch das es ein Junge wird, also musste ein Name her. Ich als Vampir-, Fußball- und Ärztefan hatte sofort einen Namen: Es sollte ein kleiner Bela sein! Und somit durfte er nun auch endlich zur Welt kommen. Alles wartete. Sein Zimmer war wunderschön, mintgrüne Wände und alle Winni Puh Figuren hatte seine Patentante auf die Wände gezaubert.
Oh jeder freute sich! Man spinnte rum. Ich wollte ein Baby das mir ähnlich sah: dunkle Haare, dunkle Haut aber in allererster Linie sollte er natürlich gesund sein! Der Dezember kam, errechnet war der Geburtstermin auf Heiligabend. Bitte nicht! Die ganze Woche vor und nach diesem Tag ist voll mit Geburtstagen und da ich eh einen Kaiserschnitt wollte stand fest am 16ten soll er endlich das Licht der Welt erblicken.
Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl das irgendetwas nicht stimmte. Ich träumte von kleinen Särgen und ich hasse Träumen, denn die Frauen in unserer Familie träumten stets aus der Vergangenheit oder gar der Zukunft. Der Stress den ich mir damit selber machte, zeigte mir dass ich es kaum noch schaffe und die Ärzte sagten am 7ten bei einem normalen Vorsorgetermin sie müssten sofort einen Kaiserschnitt machen und Bela zur Welt bringen.
Gesagt getan!
Um 10:02 Uhr war er da und ja er hatte schwarzes Haar und einen schönen Teint. Doch der kleine Mann vergaß vor lauter Schreiereien Luft zu holen, sodass entschieden wurde das er erstmal auf die Neugeborenenintensivstation musste, was für mich ein Schock war da ich ihn so am ersten Tag seines Lebens nichtmal im Arm halten durfte. Das einzige was ich hatte waren Handyfotos. Jedoch auch das überstanden wir. Nach fünf Tagen durfte er mit nach Hause und es war so wunderschön. Man könnte meinen es hätte nie Streit gegeben. Es folgten als Familie die schönsten sieben Wochen meines Lebens. Er wuchs rasch, nur ließ er mich kaum Schlafen. Alle zwei, drei Stunden wollte der kleine Mann was zu essen und natürlich ungeteilte Aufmerksamkeit. An dem letzten Freitag im Januar waren wir mit Sperrmüll beschäftigt als der kleine Mann wiedermal seinem Verlangen nachkam und was zu Essen wollte.
Da Bela am kränkeln war - ne leichte Erkältung sagte der Arzt - rief ich meine Mutter an und bat sie mir die Mini Maus, wie er von allen liebevoll genannt wurde, für ein paar Stunden abzunehmen. Sie machte es natürlich mit Freude. Abends dann als wir ihn abholten schlief er, also fuhren wir eben noch bei seiner Patentante vorbei und als Bela aufwachte wollte er seine Flasche. Da wir alles dabei hatten kein Problem.
Er trank recht zügisch im Arm seiner "Godi" seine Mahlzeit und beim Bäuerchen machen kam dann der große Schwall. Er brach aus und weinte und weinte. Man konnte richtig Mitleid mit dem kleinen Mann haben, doch bei Mama beruhigt man sich schnell. Somit schnell nach Hause. Da angekommen zog mein Mann den kleinen Mann aus und den Maxi Cosi ab um schnell alles in die Waschmaschiene zu stecken. Bela badete währendessen, was er gar nicht mochte.
Ich zog ihm eine dunkelblaue Hose mit Füsschen und einen hellblau, dunkelblau rot gestreifte Nicki Pullover an. Da erinnerte ich mich das dies der Pullover war den mein Kleiner meinem Grossen von seinem Geld kaufte. Um ihm das zu zeigen machte ich Fotos. Bela ging dann ins Bett und gegen zwei Uhr Nachts hörte ich ihn, er wollte sein Fläschchen welches er bekam und ich machte mir währendessen eine Folge Vampire Diaries an, weil ich wusste in der Nacht ließ sich der Junge Mann ganz viel Zeit. Die Folge war schon um, und Bela spielte noch immer mit meinem Haar und mit seinem Nuckel.
Ach kleiner Mann, Mama braucht auch ihren Schlaf.
Zehn vor drei Schatz, jetzt gehst du ins Bett.
Als Bela schlief ging ich auch endlich ins Bett.
Welch ein Wunder, ich konnte sogar sofort einschlafen - tief und fest. Gegen sechs lauschte ich dem Babyfon, doch es war still! Bela schlief länger als drei Stunden. Klasse, ich kann mich nochmal umdrehen. Ich war auch sofort wieder im Traumland. Ich träumte, dass ich aufstehe und in Belas Zimmer geh, die Tür öffnete, in sein Bett seh und er mit geschlossenen Augen daliegt und seine Lippen blau sind und er regungslos bleibt.
Ich war sofort hellwach, riss meinen Bademantel von der Tür und rannte nach oben in Belas Zimmer. Riss die Tür auf, schaute in sein Bett und nahm ihn sofort raus, doch er war kalt, sein kleiner Körper steif und die Lippen waren blau. Ich realisierte und warf ihn zurück in sein Bett. Im selben Augenblick schrie ich nur laut NEIN und brach weinend zusammen. Mein Mann kam die Treppe hoch, erwacht durch meinen Schrei. Heute weiss ich durch Erzählungen, dass er durch Mark und Bein ging. Sogar meine Nachbarn hörten ihn.
Er nahm Bela an sich, versuchte ihn wieder zubeleben was zwecklos war. Als ich wieder zu mir kam, war mein erster Gedanke das Telefon. Ich versuchte meine Eltern zu erreichen, doch da meine Mutter Nachtschicht hatte war sie wohl gerade in der Tiefschlafphase. Meine Schwiegereltern waren auch nicht erreichbar. Irgendwann erreichte ich dann eine Tante meines Mannes. Ich wollte nur, dass meine Großen nicht nach oben gehen - dass sie weg können. Ich wollte ihnen diesen Anblick ersparen. Sie sind doch noch so klein. Während ich mit meinen Jungs draussen wartete, rief wohl meine Mutter an und mein Mann sagte nur: "Frag nicht, komm einfach."
Als der Onkel meine Jungs abholte, fragte er nur ob wir schon einen Arzt angerufen hatten. Ich war so starr, ich hatte wohl daran gedacht aber mir war war es nicht so bewusst, da ich es nicht weiß. Meine Eltern und Schwiegereltern trafen gleichzeitig ein. Ich schaute meine Mama an und sie wusste direkt was war. Ich fiel meinem Vater um den Hals und brach erneut zusammen. Ich wollte doch nur mein Baby zurück. Mein Mann wiederrum ließ ihn nicht los. Als der Krankenwagen eintraf hätte ich am liebsten gekotzt. Wenn Kaiser eine Funkmeldung rausgibt mit leblosem Säugling schicke ich keinen RW raus mit Lehrschülern. Es stiegen tatsächlich sechs junge Menschen - nicht mal zwanzig Jahre alt - aus und schauten sich mein totes Baby an. Zwei davon rannten wieder raus, zwei Weitere kämpften bei dem Kleinen mit den Tränen. Ich konnte mir das nicht mit ansehen. Zehn Minuten später kam ein weiterer ganz normaler Rettungswagen und nochmal fünf Minuten später dann ein Hubschrauber mit einer Kindernotärztin, aber auch die konnte nur Belas Tod feststellen.
Währendessen hat sich in unserem kleinen Ort rumgesprochen, dass bei uns zwei Krankenwagen stehen. Und es erreichte auch die Mutter des besten Freundes unseres Ältesten. Sie war zu diesem Zeitpunkt schwanger und dachte, als sie mich sah, es wäre was mit meinem Mann - er sei gestürzt oder sonstwas. Eigentlich wollte sie mir zum Halt die Jungs abnehmen, doch als ich sie sah fiel mir ein wir brauchten ja auch noch einen Bestatter, und besagter Frau ihr Mann führt eine Schreinerei mit Bestatingsunternehmen!
Ich schaute sie an und sagte: "Oh mein Gott, dich hätt ich fast vergessen! Ich brauch später deinen Mann!" Sie schaute mich an und fragte warum. Ich glaub sie hat mit viel gerechnet aber nicht damit das Bela tot ist! Ich hätte es mit Sicherheit ihr gerade wegen der Schwangerschaft anders beibringen müssen, doch auf sowas achtet man in solch einer Situation nicht.
Mittlerweile war auch ein Pfarrer, als sogenannter Notfallseelsorger, vor Ort! Doch der hat mich nicht wirklich intressiert. Ich glaub ich stand die komplette Zeit neben mir! Nach geraumer Zeit fand sich dann auch endlich mal der Diensthabende Arzt ein. Er war mir auf den ersten Blick total unsympathisch, und als er dann auf den Totenschein schaute, sich umdrehte, mich ansah und dann kalt herzig sagte: "Sollen wir es bei plötzlichem Kindstod belassen oder wollen sie das wir ihn aufschneiden?" Ich weiß nur, dass ich aufsprang, ihn am Kragen nahm und da nahm mich der Pfarrer und hielt mich. Hätte er das nicht gemacht, ich glaube ich hätte ihn umgebracht! Als dieses Schwein von Arzt dann endlich weg war, konnten wir Bela umziehen. Er durfte in seinem Apfelgrünen Nicki- Schlafanzug schlafen gehen! Als die Bestatter kamen war nochmal eine Eiseskälte im Haus. Meine Mini Maus wurde in diesen kleinen weißen Sarg gebettet. Sein Kopfkissen diente als Decke und er durfte sein Glühwürmchen mitnehmen. Als er aus dem Haus getragen wurde, war es still und in meinem Herz war eine einzige Leere!
Wir saßen noch eine Weile alle zusammen stillschweigend auf dem Sofa, und mir wurde eins bewusst, was ich auch meinem Mann mitteilte: Entweder schaffen wir das und keiner kann uns mehr etwas, oder dieser Tag macht uns kaputt! Doch ich glaube er hat bis heut nicht verstanden was ich damit meinte. Wir schliefen dann die Nacht bei meinen Schwiegereltern, denn in diesem Haus wollte ich nicht länger sein. Sonntags dann hatte meine beste Freundin, welche auch Belas Patentante war, Geburtstag und ich wollte sie nicht alleine lassen. Es war schon schlimm die ganzen Leute zu sehen, die wussten dass die Mini Maus tot ist, aber nicht wussten wie sie mit einem umgehen sollten. Naja, ich wusste es zu diesem Zeitpunkt selbst nicht.
Montags weiss ich nur noch, dass ich mit meiner Mutter Blumen für die Beerdigung aussuchen war. Und was Dienstags war? Keine Ahnung! Der Tag ist komplett weg. Am Mittwoch Morgen durfte ich nach langem hin und her doch mit in die Leichenhalle, meinem Sohn ein letztesmal über die Wange streicheln, welche sich anfühlte wie gepudert. Ich legte ihm zu Füßen sein persönliches Autogramm von dem Grafen, weil es eine tiefsinnige Bedeutung hat, welche ihr später noch erfahren werdet. Und dann noch das Autogramm von Bela B. für die Mini Maus Bela. Mir war einfach nur wichtig, dass er es mit sich führt auf all seinen Wegen. Kurz bevor ich dann ging legte ich ihm noch eine Orchideenrispe in die Hand.
Als wir dann zu Hause ankamen, began ich mich herzurichten. Du funktionierst eh nur. Denkst nicht an dich selber und willst nur perfekt für Andere sein. Der Blick zur Uhr. Es ist Zeit, wir sollten zur Beerdigung aufbrechen. Es war bitterkalt draussen. Es lag Schnee. Ich erinnre mich als sei es gestern gewesen. Ich trug Schuhe mit Absatz. Fatal, denn der Friedhof war nicht geräumt. Es knisterte unter den Sohlen und in der Leichenhalle war es rutschig durch den Matsch den die Anwesenden an den Füßen hatten. Ich setzte mich in die erste Reihe, den Blick auf die Mitte des Raumes wo Bela´s Sarg stand. Auf einmal fiel mir ein, dass ich noch das Foto im Auto hatte. Die Pfarrerin wollte gerade beginnen als ich aufsprang und fast ausrutschte. Ich rannte zum Auto und kam mit dem Foto wieder, welches gerade mal sechs Stunden vor seinem Tod aufgenommen wurde. Ich stellte es auf und setzte mich wieder.
Somit begann die Predigt. Sie erzählte von der kurzen Zeit wo unser Engel unter uns weilte, von den großen Brüdern die so stolz waren, von Gefühlen die man noch nicht begriff. Dann spielte sie ein von mir gewünschtes Lied an. Es war Astronaut von Unheilig. Als das Lied zu Ende war, sagte die Pfarrerin: "Nun will die Mama des Kindes noch ein paar Worte sagen." Also stand ich auf wie in Trance, ging vor zum Pult nahm meinen Spickzettel raus und begann ein Gedicht vorzutragen. Ohne Gefühl. Das einzige war die Eiseskälte im Raum.
Die Zeilen die ich vorlies lauteten:
Still, still – seid leise
es war ein Engel auf der Reise.
Er wollte ganz kurz bei uns sein,
warum er ging, weiß Gott allein.
Er kam von Gott, dort ist er wieder.
Wollte nicht auf unsere Erde nieder.
Ein Hauch nur bleibt von ihm zurück,
in unsrem Herze ein großes Stück.
Er w jetzt wird jetzt immer bei uns sein,
vergesst ihn nicht, er war so klein.
Geht nun ein Wind, an mildem Tag,
so denkt, es war sein Flügelschlag.
Und wir fragen, wo mag seiner sein?
Ein kleiner Engel ist niemals allein.
Er kann jetzt alle Farben sehn,
und barfuß durch die Wolken gehn.
Und wenn wir ihn auch so sehr vermissen,
und weinen, weil er nicht bei uns ist,
so denkt, im Himmel, wo es ihn nun gibt,
erzählt er stolz:
„Ich werd geliebt!“
Meine Stimme zitterte. Das weiss ich. Und meine Hand ging nach hinten zu dem Cd-Spieler. Ich machte das nächste Lied an, welches wieder ein Song von Unheilig war. Doch dieses mal war es 'An deiner Seite'. Man hörte ihn auf dem kompletten Friedhof und mit diesen Zeilen wurde Bela zu seinem Grab geleitet. Er wurde niedergelassen und bekam die letzte Ehre von allen Anwesenden. Und an diesem Tag war es dann geschehen. Ein Stück meines Herzens und meiner Seele starben. Sie gingen mit ihm in die Tiefe...
Heute weiß ich, dass mein Sohn von uns ging um mein Leben zu retten!
Und diese Zeilen sind lediglich dazu da, dass ich mit meiner Verarbeitung klar komme. Es ist einzigst ein Film der vor meinem inneren Auge wieder und wieder abläuft und den ich nun endlich in einen Text verpackt habe!
Wenn ihr es wirklich bis hierher geschafft habt, so danke ich euch!