Was altes...aber irgendwie fehlt die Zeit
Final Heartbeat
„Wann haben wir denn den letzten Check gemacht Herr Eshew?“ fragte mich der Arzt, nachdem er Blutdruck gemessen hatte und gerade meinen Puls fühlte.
„Oh,“ sagte ich, „das war vor etwa einem 3/4 Jahr, warum fragen sie?“ „Na sind sie sich da sicher?“ hakte er nach. Ich überlegte kurz und bejahte die Frage. „Gut“ sagte er, sie können sich wieder anziehen.
Lassen Sie sich bitte einen Termin für die Jahreshauptuntersuchung geben wenn sie gehen.
Etwas verdutzt fragte ich ihn weswegen, zumal er sagte es sei „soweit“ alles in Ordnung.
„Herr Eshew, wie sie wissen habe ich die Praxis gerade erst übernommen und meine Vorgängerin hat alle ihre Unterlagen mitgenommen. Ich möchte mir ein Bild von ihnen machen.“
Das heißt wir werden ein EKG schreiben, in Ruhe und Belastung, dabei den Puls und Blutdruck messen und bitte kommen sie nüchtern, wir machen auch einen Labortest.“
Ich verabschiedete mich und ging zu den Sprechstundenhilfen an den Empfang um mir einen Termin geben zu lassen. Dr. Kurito nickte kurz als ich aufgestanden war und knurrte in seine Sprechanlage: „Der Nächste bitte“
Die Damen am Empfang gaben mir einen Termin für die Folgewoche, zu einer Uhrzeit wegen der ich wieder mindestens 1 Stunde später im Büro sein würde.
***
Die Woche verflog ziemlich hektisch. Stress im Büro, das heißt die Hexenjagd bzw. Großinquisition war in vollem Gange. Jeder misstraute jedem und genauso versuchte jeder auf seine Weise dem Chef, der der größte Feind war, zu imponieren. Scheinbar dachten einige, wenn nicht ein Tag verging ohne dass sie den einen oder anderen Kollegen in die Pfanne gehauen hätten, wäre das ein verlorener Tag.
Dem Chef schien es zu gefallen, er lächelte öfter in dieser Woche als ich mich erinnern könnte ihn die letzten 5 Jahre lächeln zu sehen.
Privat gab es auch nur Ärger, meine Freundin hatte die komischen Angewohnheiten ihrer Schwester übernommen und kopierte diese nun oder intensivierte sie. So war es bei ihrer Schwester üblich, dass wenn sie in einer Beziehung war, der Partner derjenige war, an dem alles hängen blieb. Wirklich alles.
Die ganzen Hausarbeiten, sämtliche Ämter und sonstige Behördensachen, egal was es war, der Partner hatte dies zu tun. Seit sie anfing sich diese Angewohnheiten anzugewöhnen, war auch meist kein vernünftiges Gespräch mehr möglich. Entweder es wurde nur herunter gebetet was die Schwester denkt, oder es wurde aufgezählt was ich alles nicht getan habe,ohne auch nur im Ansatz zuhören zu wollen oder begreifen zu wollen, dass ihre Schwester nicht Maß aller Dinge ist.
***
Am Mittwoch, dem Tag vor meinem Termin, war wieder so ein Tag. Der Chef schnauzte mich bereits an, als ich zur Tür herein kam, wiedermal alles nur Scheiß, den ich nicht zu verantworten hatte, aber das interessierte den nie. Er suchte jemanden den er ohnehin nicht leiden konnte, und da war ich ideal.
Ich hatte 2 Abmahnungen bekommen in den vergangenen 3 Monaten, die er jedoch zurück ziehen musste wie das Gericht entschied, weil sie unhaltbar waren. So hatte ich den ganzen Tag das „Vergnügen“ mit meinem Chef zu arbeiten. Sie wollen Sabotage? Arbeiten sie mit diesem Menschen!
Unkoordinierte Anweisungen die sich ständig selbst widersprachen, gepaart mit aggressiven Bauchentscheidungen, sorgte dafür, dass mein Arbeitstag nicht um 16.30 Uhr sondern um 19.45 Uhr endete. Viele dieser Fehler, naja eigentlich alle, wurden mir angelastet. Und die Überstunden wollte er auch nicht bezahlen, da ich ja allein im Büro war und er sie somit nicht nachvollziehen könne.
Was auch Schwachsinn ist und worüber wir sicherlich wieder vor Gericht landen würden, denn die Sicherungsschließanlage verzeichnet das Kommen und Gehen jedes Einzelnen anhand einer Chipkarte, dachte ich noch als er anrief um mir kaltschnäuzig zu sagen, ich solle dann mal langsam Feierabend machen.
Zuhause traf mich fast der Schlag, ich hatte den ganzen Tag weder was gegessen noch etwas getrunken, außer 3 Tassen Automaten- Kaffee die ich mir in der verkürzten Mittagspause mehr inhalierte als trank. Nina war zwar da, sie hatte ja auch einen Schlüssel, aber nichts zu essen gemacht. Es kam auch keine Frage warum ich länger im Büro war. Sie nörgelte sofort herum, warum ich erst so spät komme und ob ich vergessen hätte, das ihre Schwester und deren Freund kommen würde. Das nun nichts zu essen bereit stünde, und dass sie ja meine Küche reinigen musste usw. usw.. Weil ich im Endeffekt die ganze Woche nur in die Spüle gestopft hatte und mich selbst schon wunderte, dass noch Platz war.
Wie dem auch sei, begleitet von ewigen Sticheleien, dass nun dies oder jenes nicht so sei wie ihre Schwester das gut fände, duschte ich und zog, da ja noch Besuch kam, bequeme aber noch offizielle Klamotten an. Die aber auch nicht richtig waren.
Das Essen-Problem, was es ja gar nicht hätte geben müssen, löste ich mit einem Anruf beim Bringdienst die, wenn man eine Familienpizza bestellte, diese auf einem Backblech brachten, was sie beim nächsten Mal wieder mitnehmen, oder was man ihnen dann vorbei bringt.
In der Hoffnung, dass die vor Andrea und Dirk kommen.
Die Tonlage wurde immer lauter zwischen Nina und mir, mich kotzte diese ganze Aktion schon wieder an, das ewige Herumgezeter nervte mich, genauso wie dieses Glorifizieren ihrer bekloppten Schwester. Und Dirk konnte man bis auf wenige lichte Momente auch in die Tonne treten.
Ich war allerdings auch zu gutmütig um sie einfach gepflegt an die Luft zu setzen.
So wurde es 20.55 Uhr und es klingelte. Ich dachte an den Pizzaboten, doch es waren Andrea und Dirk, er guckte mit dem gleichen ausdruckslosen Gesicht wie immer, sie grinste höhnisch. Vermutlich hatten sie den Lärm gehört. Was wenn sich 2 Erwachsene anschreien in einer 40qm Wohnung, wo man mit Sex das gesamte Haus unterhält oder nur Bild laufen lassen muss wenn jemand mal etwas lauter Fern sah, nicht sonderlich schwer ist.
Der Abend war für mich die reinste Qual, nachdem man mitbekam das die Pizza bestellt war und unzählige schnippischen Bemerkungen über die Wohnung, das Essen und meinen IQ gemacht wurden, gingen die beiden endlich 2.00Uhr. Ich war saumüde und wollte einfach alles stehen lassen, für den nächsten Tag, aber Nina setzte schon wieder an mir Vorträge zu halten, was oder wie oder wo ich mich falsch verhalten habe und warum ihre Schwester dies, das und jenes zu bemängeln hatte. Es folgte eine kurze aber heftige Schreierei, die damit endete, dass Nina einfach heulend ging, aber nicht ohne noch einen verletzenden Spruch in die Wohnung zu werfen und die Tür zu zu knallen.
***
7.00 Uhr war es als der Wecker erbarmungslos klingelte. Um 8.00 hatte ich den Termin.
Mir war irgendwie schwindelig an diesem Morgen, ich schob es aber auf das Bier, das ich mir gegönnt hatte bevor ich ins Bett bin und auf die mangelnde Ernährung vom Vortag.
Beim Dr. angekommen wurde ein Bluttest gemacht und ich sollte in ein Rörchen pinkeln. Ich gab es ab und wurde angenörgelt, dass man damit nicht handeln,sondern nur eine Probe wollte.
Es wurde der Blutdruck gemessen, und die Sprechstundenhilfe fragte, ob ich denn mit dem Fahrrad gekommen sei. „Nein“ sagte ich, „ich bin mit dem Auto hier.“, „Naja ich frage nur, weil sie haben 195/110.“ sagte sie. Wir machen jetzt erstmal das Ruhe EKG.
Ich legte mich hin, sie stöpselte mich an und die Messung ging los. 2 Mal brach sie ab und fauchte mich an, ich sollte doch still liegen das wäre ein empfindliches Gerät und ich würde, wenn ich mich zu sehr beweg, die Daten verfälschen. Noch während die 3 Messung lief stöhnte sie, kaute auf ihrem Brillenbügel herum und lief wie von einer Tarantel gestochen hinaus.
Dr. Kurito, ein ziemlich beleibter Japaner, polterte herein, gefolgt von der Sprechstundenhilfe. Er kontrollierte die Elektroden und sagte er würde gerne noch eine Messung machen. Ich wurde langsam nervös. Fragte ihn was denn los sei, wenn sogar schon der Chef komme zum EKG schreiben. Aber er sagte nur „Still liegen bleiben.“ und pscht pschte hin und wieder. Da er schwer atmete und Schweiß auf der Stirn hatte wusste ich instinktiv, dass etwas nicht stimmte.
Er riss den 4 EKG-Streifen heraus, sah ihn sich kurz an und bat mich mit ins Behandlungszimmer zu kommen.
Ich hatte weiche Knie, ich fühlte mich wie ein Schaf das zur Schlachtbank getrieben wird. Nein, dieses Schaf weiß nicht, dass es gleich sterben würde, ich hatte dieses komische Gefühl jedoch.
Beim Weg ins Behandlungszimmer wurde ich gestützt von der Sprechstundenhilfe, was mir auch spanisch vorkam und die Angst ins Unermessliche steigerte. Dieses Kribbeln das man hat, wenn einem das Bein einschläft und wieder durchblutet wird, das gepaart mit Kälteschauern ...so kann man sich das vorstellen. Allerdings von der Fußsohle bis zum Haaransatz.
Als wir im Behandlungszimmer angekommen waren, wurde ich auf den Stuhl gesetzt und Dr. Kurito quälte sich in seinen. Er sah käsig aus, als er anfing zu sprechen. „Herr Eshew uns ist an ihren Blutdruckwerten und an ihrem EKG etwas aufgefallen.“, begann er wieder gefasst.
„Der Blutdruck ist zu hoch, und ihr Herzschlag ist unregelmäßig.“
Das Kribbeln intensivierte sich, so dass ich dachte, ich würde verrückt, was sagte er da? Mein Herzschlag ist unregelmäßig? Ich stotterte ein „Erklären sie mir das bitte.“ heraus.
Er zeigte mir den EKG-Streifen, den ich aber nicht begreifen konnte, er nahm einen Kugelschreiber und markierte ein paar Stellen bevor er anfing zu sprechen.
„Sehen sie her.“, sagte er.
„Der normale Herzschlag des Menschen klingt etwa so :
klong...klong...klong...klong...klong... usw.
„Bei ihnen ist er im Moment long.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong
Totale Arrhythmie wie wir in Fachkreisen sagen. Es ist zwar nicht akut lebensbedrohlich, aber ich würde das gerne abklären lassen. Frau Topf ruft gerade einen RTW, der bringt sie ins Krankenhaus. Machen sie sich keine Sorgen, alles weitere erklären ihnen die Kollegen vor Ort.
Es könnte ja auch durchaus eine Fehlfunktion im EKG sein.“
Nach 5 unerträglichen Minuten stand der RTW vor der Tür und ich wurde auf die Trage geschnallt und eingeladen. Sogar Blaulicht gab es, als wir ins Krankenhaus gerast sind. Und ich sollte mir keine Sorgen machen? Hätte ich die Möglichkeit gehabt, ich hätte mich dafür entschieden den Termin sausen zu lassen, ich war 24!!!! Mit 24 einen Herzinfarkt? Das konnte, nein das durfte nicht sein. Der Sanitäter der neben mir saß fragte mich alles mögliche, wozu ich aber nur „Ja“ und „Amen“ sagte. Ich war mit mir selbst beschäftigt. Genau das suchte er zu verhindern, aber es gelang ihm nicht.
In der Notaufnahme wurde ich gleich an ein EKG angeklemmt und bekam ein Bett auf der Intensivstation für akute Notfälle. Nach Stunden kam eine Schwester stellte sich, breit grinsend , als Schwester Gertrud vor. Sie fragte nach dem Befinden. Obwohl sicherlich aufmunternd, vielleicht ja sogar wirklich nett gemeint, konnte ich das Lächeln nicht erwiedern. Sie hakte eine Liste mit Fragen ab und versprach mir den Arzt zu schicken, sobald dieser Zeit hätte.
Irgendwie, obwohl ich immer noch total angespannt war und ständig selbst nach dem Puls fühlte, obwohl ich festgestellt hatte, dass da tatsächlich Aussetzer waren, beruhigte mich das schon, dass der Gott in weiß es nicht so eilig hatte. Oder schon abgeschrieben? Schoss es mir durch den Kopf. Nein verdammt das durfte nicht sein! Nicht jetzt und nicht heute und schon gar nicht hier.
Obwohl ich ruhig dalag, ich hätte mich ohnehin nicht wirklich bewegen können, weil ich überall verkabelt war, bemerkte ich wie mein Körper zitterte und hin und wieder der Finger oder der Fuß zuckte. Na toll, dachte ich, bin ich vielleicht schon tot? Das hier in diesem Zimmer ist so eine Art Vorhölle? Ich biss mir auf die Unterlippe, wieder und wieder, um zu sehen, ob ich noch Schmerz empfinde. Das tat ich zwar, aber war das wirklich Schmerz oder gehörte diese Illusion zu dem Tod? Ich wusste es nicht, gerade als ich dabei war den Verstand gänzlich zu verlieren, öffnete sich die Tür und 9 Ärzte kamen herein. „Verzeihen sie meinen Zynismus“ sagte ich, „aber wenn das hier ein Zoo ist und ich weiß es noch nicht, dann geben sie das Eintrittsgeld bitte der Schwester.“ Eine junge Ärztin, wenn überhaupt so alt wie ich, kicherte leise, wofür sie der augenscheinliche Anführer mit einem bösen Blick zurechtwies.
„Herr Eshew“ begann er, „sie haben sicherlich schon bemerkt das mit ihnen etwas nicht stimmt?“
„Ja“ sagte ich mittlerweile zornig, vermutlich erzeugte mein Verstand damit so etwas wie ein Schutzschild gegen das Irrewerden.
Es folgte ein langer Vortrag darüber, was wie wo wann denn alles mit mir nicht in Ordnung sei und dass ich ab Morgen, wenn nicht noch etwas passierte, auf die normale Station könnte.
Dann würde man auch eine Reihe von Tests durchführen um die Ursache für meinen Zustand zu finden, der letzte Satz erschien mir nun zynisch zu sein.
„Sie werden bald wieder fit sein, sie sind hier in guten Händen.“
***
Nach einer schlaflosen Nacht entschied ich mich auf die Toilette zu gehen, kaum als das ich den ersten Fuß aus dem Bett hatte, stand eine Schwester vor mir und schubste mich mit sanfter Gewalt wieder zurück ins Bett. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich außer einem Nachthemds das zu klein war, überhaupt nichts an hatte. Sie gab mir eine Flasche und meinte, da solle es rein und blieb erwartungsvoll vor dem Bett stehen.
Pissen werde ich gerade noch alleine können fauchte ich sie an, was sie aber nicht beeindruckte. Ok sie wollte meinen Schwanz sehen, kann sie haben dachte ich und gab mir Mühe möglichst daneben zu halten. So du blöde Kuh jetzt kannst du wenigstens deinen Kolleginnen erzählen was sie wissen wollen und das Bett darfst du auch noch machen, dachte ich innerlich hämisch grinsend.
Als wenn sie meine Gedanken gelesen hatte sagte sie, sie werde nun erstmal zu den anderen Patienten gehen und später noch einmal wiederkommen. Toll dachte ich, ach scheiß drauf ich bin ohnehin schon tot.
Ich tastete wieder nach dem Puls, wieder dieses „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
Das tat ich seit gestern bestimmt unzählige Male, und immer wieder bekam die Gänsehaut Nachschub. Gegen 10.00Uhr und nach einem erbärmlichen Frühstück, immerhin habe ich Kaffee bekommen der fast so stark war das man den Löffel rein stellen konnte ohne das er umfällt, wurde ich auf Station verlegt. Gegessen habe ich nichts, weil es einfach widerlich aussah und roch. Abgesehen davon, hätte ich ohnehin nichts herunter gebracht.
Dort bekam ich dann auch endlich den Monitor abgeklemmt und durfte, sofern ich keine Treppen steigen würde, herumlaufen. Na die waren lustig, in dem Strampler den die mir angezogen haben, gehe ich nirgendwo hin. Doch ich fragte wo meine Kleidung sei, die mir dann eine Schwester nach dem Mittagessen das ich auch nicht anrührte, in einem Wertstoffsack brachte. Ich dankte ihr pseudomoralmäßig und war wieder damit beschäftigt den Puls zu fühlen...wieder „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
Verdammt, ich brauchte Klamotten und da mir hier kein Schwein was sagte, wurde ich immer aggressiver. Ich ging die Treppe herunter ja das konnte eich mir nicht verkneifen, war ja eh schon tot und ging an die Anmeldung um mir Telefon und Fernsehen anzumelden.
Also die beiden die mit mir auf dem Zimmer waren, 78 Herzinfarkt und 91 Herzkranzgefäß Entzündung, wunderte mich das die diese 2 DinA4 Seiten Erklärung wie was man für Tasten drücken musste um irgendwas zu bewegen verstanden haben.
Der Tag neigte sich auch dem Ende zu, als ein Arzt herein kam und fragte „Herr Eshew?“
„Ja“, sagte ich und hörte auf den Puls zu fühlen, er zog einen Servicewagen hinter sich her.
„Ich nehme ihnen Blut ab und bitte ab 22.00 nichts mehr zu essen und zu trinken, aber das wissen sie ja“, sagte er. „Nein“, sagte ich, „davon weiß ich nichts, wieso das denn?“ „Oh war Herr Dr. Trallalalalalal hab den Namen vergessen nicht bei ihnen?“ „Nein heute war noch gar kein Arzt bei mir und die Schwestern gehen mir langsam auf den Sack mit alle 15min. angeschissen kommen und fragen ob alles gut ist.“ „Na mal ruhig junger Mann“ sagte der 91 jährige.
Der Dr. Weiß, wie auf seinem Namensschild stand, nahm Blut ab und fühlte den Puls, notierte etwas und hat Blutdruck gemessen. Er fragte „sind sie gerade gelaufen?“ „Nein“ sagte ich. „Hm komisch, naja ich schicke ihnen Dr Trallalalalala vorbei damit er den Eingriff morgen mit ihnen bespricht.“
„Welchen Eingriff?“ fragte ich, aber Dr. Weiß sagte bestimmt „das klärt der Kollege mit ihnen.“
Bis zum Abendbrot blieb es nun auch ruhig. Der 78 schlief die meiste Zeit und ich fühlte ständig nach dem Puls kam aber langsam dahinter, dass ich noch lebte.
Der 91jährige, Heinrich hieß er, erzählte mir Geschichten aus dem 1. und 2. Weltkrieg und über seine Frau, die vergangenes Jahr gestorben war, nach 72 Ehejahren. Das lenkte mich ab, wie ich fand, zumal ich dann auch vergessen hatte den Puls zu fühlen.
An das Kribbeln und die andauernde Gänsehaut hatte ich mich gewöhnt. Nur dieses „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
ließ mir keine Ruhe.
Schwester Erika, wie die Stationsschwester hieß, brachte Abendessen und stellte mir eine Schachtel mit Tageszeiten beschriftet hin. „Was soll ich damit?“ fragte ich. Das müssen sie einnehmen.
„Hat ihnen der Arzt das nicht erklärt?“ “Nein verflucht“ fuhr es aus mir heraus „das hat er nicht! Ich hab keinen verfickten Arzt mehr gesehen in den letzten 24 Stunden. Außer Dr. Weiß der mir was von Eingriff erzählte.“
„Oh“ sagte Schwester Erika bestürzt, ging hinaus und nahm sogar das Essentablet wieder mit hinaus, was sie in der Hand hatte. Da Gustav wieder schlief war es nicht so schlimm, ich hatte nun Hunger.
Ich habe gerade einen Weg gefunden wie ich die 2 Micro-Brotscheiben mit 4 Scheiben Sülze, die ich zum kotzen fand und nur des Hunger wegens hinein bekam, und 2 Scheiben Käse sowie die Tomate in meiner Ansicht mit Essbarem in Einklang zu bringen, als die Tür auf ging und Schwester Erika Gustav sein Tablet hinstellte und als sie wieder hinaus ging ein Arzt herein kam. Er entschuldigte sich mehrmals, dass er erst jetzt kommen könne, aber es sei viel zu tun und 1000 Notfälle, ich würde mal sagen er hatte es schlicht vergessen...aber ich tat so, als wenn ich ihm glauben würde.
Er erzählte mir lange einen von Gott und der Welt, bis er dann zum Punkt kam. „Ich habe ihnen 3 Medikamente aufgeschrieben um den Blutdruck zu senken Herr Eshwe und die anderen 3 Pillen sind für das Vorhofflimmern u.a. Macumar zur herabsetzung der Blutgerinnung.“ „Das was?“ fragte ich. „Vorhofflimmern“ sagte er, „das soll möglichst den Herzschlag wieder regulieren.“ „Aha“ sagte ich und fragte was das nun für ein Eingriff sei. Er sagte beruhigend das würde ein TEE und im Anschluss würde ich kardiovertiert. Er sah mich dabei an, als wenn er mit einem Todgeweihten die letzte Zigarette raucht.
„TEE ist ein Ultraschall des Herzens von innen, wir wollen sehen ob es durch das Flimmern zu einer Gerinselbildung gekommen ist was wir dann mit Heptarin behandeln müssen, wir wollen ja nicht, dass sie auch noch einen Herzinfarkt bekommen und oder einen Schlaganfall.
Und im Anschluss werden wir sie kardiovertieren, haben sie schon einmal gesehen wenn im Fernsehen die Leute wiederbelebt werden?“ „Ja“ sagte ich, „mit diesen Elektroschockern?“
„Richtig“ sagte er, „und das machen wir mit ihnen dann auch.“
Die Panik setzte wieder ein, er sagte aber es würde alles gut gehen, und ließ mir ein Infoblatt da, was sie gedachten zu tun und ich solle es doch unterschreiben und der Nachtschwester geben. Er fühlte noch einmal den Puls „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“ und ging wieder.
Allein mit meinen Gedanken und Gustav, der kurz wach war um zu essen und Heinrich, der Forsthaus irgendwas guckte, begann ich wieder und wieder den Puls zu fühlen, in der Hoffnung, dass die einmalige Einnahme der ganzen Medikamente dies wieder bewirken würde.
***
Ich wurde an diesem Samstag morgen früher geweckt als die anderen. Eine gut gelaunte Schwester kam herein und meinte ich müsste wohl mal duschen, wusch mich ziemlich lieblos außer in der Intimzone, da schien es ihr Spass zu machen, und rasierte mir die Brustbehaarung ziemlich brutal weg. Es brannte und war rot. Ich wurde wieder in das Kleidchen, wie ich es nannte, gequetscht und ab ging es im Bett gefahren von dieser Schwester quer durch das Krankenhaus in den Keller zum TEE machen. Wenn ich mich richtig erinnerte so würde ich wie bei einer Magenspiegelung einen Schlauch in den Hals gesteckt bekommen und das würde etwa 3 min. dauern.
„So, gleich werden sie aufgerufen“ sagte sie und ging. Ich fühlte wieder nach dem Puls. „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
Nina fiel mir ein, ich hatte ihr gestern Abend auf Band gesprochen, da sie nicht zu Hause war, dass ich im Krankenhaus bin und ob sie mir neue Klamotten bringen würde. Aber es kam kein Rückruf.
Der TEE Arzt, den man am besten mit dieser Trendserie Dr. House vergleichen konnte, pfiff ein Liedchen und meinte :“Hey ein Typ wie ein Baum und lässt sich hier von so einer kleinen zierlichen Schwester fahren, man Kerl komm mit.“
Ich folgte ihm in einen winzig kleinen Raum in dem außer einem PC, einem Gerät das wie ein Ultraschallwagen aussah und ein paar Wandschränken nichts darin war. Lediglich noch die Trage, auf die ich mich legen sollte.
Er kam, meinte “Hauch mich mal an.“ und sprühte mir ein vereisungsmittel in den Hals. „Ist kein Odol“ frotzelte er, „aber Odol betäubt auch nicht.“
So, er erklärte mir was er tun wollte und gab mir einen Antibeißring, den ich in den Mund stecken sollte. Als er anfing den Schlauch, der etwa 1,5 cm Durchmesser hatte, in den Hals zu stopfen und ich mit dem Brechreiz kämpfte, mußte ich unweigerlich daran denken, ob sich Frauen, wenn sie einem einen bliesen und man zu weit hinein steckte sich genauso fühlten.
Das Vereisungsmittel half nicht wirklich, wie ich befand, ich hatte Tränen in den Augen und würgte vergebens andauernd. Er drehte den Bildschirm herüber, damit ich sehen konnte, was er da zu finden hoffte, bzw er hoffte es nicht zu finden. „Das weiße Gekrümel da“, sagte er, „das ist Fett das sie im Blut haben. Deswegen sei es schwierig zu sehen ob ein Gerinsel vorhanden sei oder nicht.“ Er hatte dann wohl eine Einstellung gefunden die er besonders toll oder gut fand, und sagte er käme gleich wieder.
Es schien mir eine Ewigkeit zu sein die er weg war, bei seiner Rückkehr hatte er 4 weitere Leute dabei, denen er allen das zeigte und in Fachchinesisch erklärte, was da nun zu sehen sei. Einer meinte dann irgendwann ob es dem Patienten eigentlich zuzumuten wäre, sovlange die TEE Sonde im Hals zu haben, worauf er kurz fragte, ob es noch ginge und nach meinem Daumen hoch mir einen Klaps auf die Schulter gab. „Sehen sie, das ist ein Tier der Mann.“ schmunzelte er dem Fragesteller zu.
„Hat er 5 oder 7 Milligramm erhalten?“ fragte dieser. „Weder noch.“ sagte der Arzt der Falkenfroh hieß.
Ich würde ihn jeute aber eher Dr. House nennen.
Nach wiedertum endlos erscheinender Zeit, ich hörte „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“ in meinem Kopf, erlöste er mich und meinte ich sollte mich wieder in mein Bett legen, es gehe gleich weiter. Ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen es sei alles in Ordnung, er wollte nur den AIPlern zeigen wie man irgendwas darstellt. Keine Gerinsel oder sonst irgendwas. Er wünschte mir Glück und schloss die Tür hinter mir.
Es ging nun vom Keller ins Dachgeschoss, dort liefen alle in OP Kitteln umher. „Herr Eshwe“ hörte ich eine Frauenstimme hinter mir sagen, „ziehen sie ruhig schonmal den Kittel aus.“
Ich wurde in einen Raum gefahren, der im Endeffekt so aussah wie der in der Aufnahme, nur das hier noch mehr technischer Schnickschnack zu sein schien. Die Bettdecke, an die ich mich wie ein kleines Kind klammerte, wurde mir weggenommen und Kopf und Fußteil des Bettes abmontiert.
Eine vermummte Frau stellte sich hinter mir auf und 2 weitere postierten sich rechts und links von mir. Ein Arzt kam mit dem Defibrilator heran gefahren. Ich bekam eine Spritze in den Zugang den sie mir am Abend zuvor noch gelegt hatten und ich sollte bis 10 zählen. Innerlich betete ich, das bloß alles gut würde, der Hals brannte nun und ich konnte kaum sprechen.
„klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong
klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong
klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong
klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
Verfolgte mich als ich bis 7 kam und außer 3 grellen Blitzen nur noch weiß, dass ich eine Sauerstoffsonde in der Nase hatte und an einen Herzmonitor angeschlossen war.
Es klatschte laut und eine fröhlich klingende Stimme sagte „Herr Eshwe, lange genug hatten sie Schönheitsschlaf. Zeit wach zu werden.“ Ich verstand nur Bahnhof und war völlig benommen.
Erst als ich auf dem Zimmer war begriff ich, dass es wieder „klong...klong...klong...klong“ machte und ich freute mir ein drittes Nasenloch.
Schwester Erika mußte auch daran glauben, als sie herein kam um nachzusehen wie es mir ging, konnte ich nicht anders, ich mußte ihr einen Schmatz auf die Wange geben.
Heinrich strahlte auch über beide Wangen, nur Gustav schlief mal wieder.
Hatte nur tierische Schmerzen in der Brust und hatte Schwierigkeiten Luft zu bekommen, sowie 2 schöne Sonnenbrände in Form von 2 Postkarten auf der Brust.
Gegen Abend kam Dr. Tralalallala und meinte ich könnte morgen wieder nach Hause.
Gott war ich froh!
Doch irgendwie fing nun das Puls fühlen an...macht es klong...klong...klong?
Wie erbärmlich du doch bist, sagte ich mir selber!
Am nächsten Morgen gab es ein Entlassungsgespräch wo mir nahegelegt wurde, ich solle abnehmen und dies das und jenes tun.
Dr. Kurito, zu dem ich zur Nachuntersuchung musste, war genauso glücklich, so schien es. Er schrieb mich 6 Wochen krank, und ich musste auch weiterhin die ganzen Medikamente nehmen, damit ich, falls es wiederkommen sollte, gut geschüzt bin. Die Medikamente machten mich zwar fertig wie Sau aber das war mir egal.
***
Das war letztes Jahr, seitdem musste ich alle 2 Monate hin zum Kontroll EKG.Ich habe 40 kg abgenommen.
Aber es war alles in Ordnung. Die Beziehung mit Nina zerschlug sich nach kurzer Zeit und die Firma warf mich vor 2 Monaten heraus. Nun kämpfe ich gerade mit meiner neuen Beziehung, ich hab sie gestern beim Fremdgehen erwischt. Meine Selbstständigkeit als Makler der Immobielenbranche steht auf der Kippe, da die Banken alle Kredite ablehnen.
Mit meinen Eltern bin ich völlig zerstritten, im Moment weil ich nicht für eine Zeitarbeistfirma arbeiten will. Die ständigen Pulsfühlorgien hab ich mir in einer 6 monatigen Kombitherapie mit Fluoxetin und 1x im Monat einem psychologischen Gespräch abgewöhnt. Wollte mehrmals mit Heinrich Kontakt aufnehmen, aber nie kam ein Rückruf. Nur vor 2 Wochen rief seine Enkelin an, dass Heinrich schon vor einigen Wochen verstorben sei.
Heute war ich wieder beim Kontroll EKG und sitze, während ich das hier schreibe, in dem Internetcafe des Krankenhauses, höre wieder „klong.klong...........klong.........klong klong klong klong....klong...klong...klong klong klong“
BoeserLordKotz Re: Persönlich - Zitat: (Original von Luzifer am 28.10.2012 - 03:15 Uhr) bin ich enttäuscht, dass die Geschichte so endet, aber irgendwie ist es dem Leben wirklich näher. Ich habe mich eigentlich auch immer gefragt, warum man immer auf Besserung in dieser Todeszelle hofft. Jedesmal, als ich dort war, habe ich mich auf "Komplikationen" gefreut. Sonst hat man ja nichts vom Leben. Trotztdem würde ich gerne wissen, ob du irgendwie Erfahrungen aus erster Hand hast, weil da gewisse Sachen sind, die wirklich autenktisch klingen. Würde ich eine Geschichte, die von meinem Erzeuger vor kurzem zugetragen wurde, erzählen, wäre sie wohl auch etwas unglaubwürdig. Aber eben deshalb steht die Frage nach der Eigenerfahrung im Raum. ^^ Krankenhäuser sind der Vorhof zur Hölle. Selbst wenn man gesund rein geht, so hat man beim Verlassen (ich zitiere da Mittermeier) das Gefühl, dass einer sagt: "Du kommst bald wieder". Zum Schluss des Kommentars möchte ich noch ein Kompliment aussprechen. Selbst bei 30 Seiten habe ich nicht darauf geachtet, auf welcher Seite ich bin, weil es sich so flüssig (einige Stelle, die ausgebessert gehören ausgenommen) und fesselnd liest. Ehrenwerte Grüße Fürst der Finsternis Verehrter Fürst der Finsternis, auch hier mein Dank für das durchwühlen durch 30 Seiten. Nun lasst es mich so formulieren...einiges entspringt der Phantasie...vieles hat leider autobiografische Züge... Hochachtungsvoll Lord Kotz |
Luzifer Persönlich - bin ich enttäuscht, dass die Geschichte so endet, aber irgendwie ist es dem Leben wirklich näher. Ich habe mich eigentlich auch immer gefragt, warum man immer auf Besserung in dieser Todeszelle hofft. Jedesmal, als ich dort war, habe ich mich auf "Komplikationen" gefreut. Sonst hat man ja nichts vom Leben. Trotztdem würde ich gerne wissen, ob du irgendwie Erfahrungen aus erster Hand hast, weil da gewisse Sachen sind, die wirklich autenktisch klingen. Würde ich eine Geschichte, die von meinem Erzeuger vor kurzem zugetragen wurde, erzählen, wäre sie wohl auch etwas unglaubwürdig. Aber eben deshalb steht die Frage nach der Eigenerfahrung im Raum. ^^ Krankenhäuser sind der Vorhof zur Hölle. Selbst wenn man gesund rein geht, so hat man beim Verlassen (ich zitiere da Mittermeier) das Gefühl, dass einer sagt: "Du kommst bald wieder". Zum Schluss des Kommentars möchte ich noch ein Kompliment aussprechen. Selbst bei 30 Seiten habe ich nicht darauf geachtet, auf welcher Seite ich bin, weil es sich so flüssig (einige Stelle, die ausgebessert gehören ausgenommen) und fesselnd liest. Ehrenwerte Grüße Fürst der Finsternis |
BoeserLordKotz Re: Icfh lieben Typen wie Dr. House und Co.... - Zitat: (Original von roxanneworks am 13.10.2011 - 17:50 Uhr) gut skizzierte Story aus dem Klinik-Alltag...herrlich bissig und es entbeht auch nicht einer gewissen Situationskomik.... kam mir sehr bekannt vor ;-)) sehr gerne gelesen ;-))) liebe Grüße roxanne Verehrte Roxanne, solche Geschichten könnten ganze Bücher füllen, es müssen keine Aliens die Weltherrschaft an sich reißen wollen oder das Monster unter dem Bett reihenweise Teenies slashen... der ganz normale Alltag liefert nach wie vor die besten Vorlagen Hochachtungsvoll Lord Kotz |
roxanneworks Icfh lieben Typen wie Dr. House und Co.... - gut skizzierte Story aus dem Klinik-Alltag...herrlich bissig und es entbeht auch nicht einer gewissen Situationskomik.... kam mir sehr bekannt vor ;-)) sehr gerne gelesen ;-))) liebe Grüße roxanne |