Wie konnte er das nicht wissen?
Was zu Hölle ging seit geraumer Zeit nur im Kopf von Rogers zerstreutem Boss vor? Er konnte nur raten.
Roger schüttelte barsch den Kopf.
„Das weißt du verdammt noch mal genauso gut wie ich!“ Roger schlug heftig auf den Tisch, dass seine Handfläche brannte. „Was soll dieser dämliche Clown, Smith?! Kannst du mir das mal erklären?!“
„Smith?“ Bert sah nun doch tatsächlich verwirrt aus, als käme er vom Mond. Roger schnaubte.
„Verdammt, wo hast du deinen Kopf? Ich steig heut morgen aus und dann quatscht mich dieser Kerl an, den ich beinahe erschossen hätte und der sagt mir dann auch noch, er wäre mein neuer Partner. Dieser Smith. Nick Smith!“ Wie konnte man einen so einfachen und typischen Namen nur vergessen? Das war sogar für Bert Henningtons Niveau zu peinlich.
Berts Gesicht verfinsterte sich.
„Muss ich dich etwa wieder zu Mr. Bender schicken, Roger? Was glaubst du, was hier los wäre, wenn du den besten Profiler aus Connecticut ins Schienbein geschossen hättest?“
Roger verzog den Mund.
Natürlich, wenn es um seine Fehler ging, dann klingelte es bei Hennington sofort.
Also war dieser Smith Profiler aus Connecticut. Schön und gut, nur warum war sein Chef so von Sinnen, ihn nicht einzuweihen? War er lebensmüde oder hatte er vielleicht etwas von dem Koks genommen, das sie letztens einem jungen Mann Mitte zwanzig abgenommen hatten?
„Ich warte auf eine Erklärung, Bert.“, bellte Roger.
Sein Chef seufzte und rieb sich die zerfurchte Stirn.
Roger hörte es in ihm arbeiten.
„Hör zu, der Kerl ist fleißig, schnell und nützlich.“
Und wahrscheinlich billig, dachte Roger verächtlich.
„Außerdem.“, sein Chef holte tief Luft und Roger unterdrückte ein Gähnen. „Außerdem weißt du ganz genau, dass niemand hier mit dir arbeiten kann, auch wenn das fies klingt. Nur Kellan konnte das, und dieser Smith erscheint mir nicht so doof wie er vielleicht ausschaut.“
Die Erwähnung von seinem alten Partner versetzte ihm einen tiefen Stich.
Was fiel Bert ein, schon in der Vergangenheit von ihm zu reden, als wäre er…
Roger konnte den Gedanken nicht zu Ende führen und er schluckte einen Kloß hinunter, der ihm sicher noch den ganzen Tag über im Magen liegen würde.
„So denkst du also, ja?“ Er merkte selbst, dass seine Stimme zitterte, doch es interessierte ihn nicht. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
Bert sah ihn fragend an.
„Kellan ist erst seit einer Woche weg und du erklärst ihn schon für so gut wie tot!“ Roger beugte sich so weit vor dass Bert beinahe vom Drehstuhl fiel. „Wie kannst du von mir erwarten, dass ich mit irgendeinem fremden Schnarchsack aus Connecticut arbeite, während mein Partner vermisst wird und wir noch keine Spur haben!? Du willst mich doch verarschen, Bert!“ Roger bebte vor Zorn.
Am liebsten hätte er Bert den Kaffee aus der riesigen Pranke geschlagen und es war einzig und allein seiner begrenzten Selbstbeherrschung zu verdanken, dass er eben dies nicht tat, auch wenn sein Arm bereits angestrengt zitterte.
„Roger, du bist einer der Besten hier, aber…wie gesagt, es ist nicht leicht mit dir, aber wem erzähl ich das eigentlich?“
Bert ließ sich zurück fallen und fuhr sich durch das Spliss befallene und mit grauen Ansätzen beschenkte Haar, sodass es auf die dicke grüne Akte im Lederbund herab schneite.
„Und das mit Kellan weiß ich, das wir keine Spur haben. Das ist ja das Problem!“
Wieder entwich Roger ein Schnauben und er kam sich vor wie ein wütender Stier.
„Du brauchst diesen Smith, er kann dir zu Hand gehen.“
„Ich brauche gar nichts.“
Er schluckte die Beleidigungen hinunter, die ihm auf der Zunge lagen und den Kommentar, dass er nur Kellan brauchte und sobald Kellan wieder aufgetaucht war, Urlaub. Viel, viel Urlaub.