Humor & Satire
Treptower Park - Ein Spross berichtet

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"Treptower Park - Ein Spross berichtet"
Veröffentlicht am 08. Februar 2008, 10 Seiten
Kategorie Humor & Satire
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Manchmal bin ich so ermüdend heiter. Manchmal bin ich so erdrückend liebend.Manchmal liege ich verzagt am Glücke.Manchmal liege ich verzückt am Boden.
Treptower Park - Ein Spross berichtet

Treptower Park - Ein Spross berichtet

Beschreibung

Auch Bäume sind nur Menschen ... Diese Geschichte stammt auch aus Anfang 2008. So wie die Erzählung "Bus". Damit soll es vorerst mit dem Kramen in der frühen myStorys-Vergangenheit des Rattenfängers belassen sein. Ihm war im Moment so danach. Er weiß nicht genau, warum *lächel* ... Kleine redaktionellen Änderungen bittet er nachzusehen *lächel* ...

Park, Treptower Park

Mutter sagt, dass ich Geduld haben muss. Sie steht dort drüben. Sie kann klug reden mit Ihren sechzig Jahresringen. Ich soll Geduld haben. Dabei kapiere ich doch mehr, als erst die Geschichten vom letzten Jahr. Übrigens, auf dem Titelbild dieses Buches bin ich mit meiner Familie gut zu erkennen. Wir leben auf der einen Seite, hier, direkt am Karpfenteich. Zur anderen Seite fließt an uns in direkter Nähe die Spree vorbei. Findet bei einem Berlin-Besuch selbst heraus, wer ich wo bin ... Hier meine kleine Geschichte, die ich gerne auf myStorys berichten möchte.

Das war ein Frühling nach dem milden Winter. Und der Sommer erst. Wir hätten uns gerne die Rinde ausgezogen. Es war wunderbar warm. Und diese Ausblicke auf das Wiesengrün. Geschmückt mit männlichen und weiblichen und kindlichen Leibern. Hunde und Eichhörnchen und Ratten. Und des Nachts auch ein paar Füchse mit ihren Jungen. Die vielen Fahrräder und Grillmaschinen. Der Duft von gebranntem Fleisch, Wein und Bier. Und Schweiß vom Fußballspielen oder Tennis oder dem ununterbrochenen Joggerstrom.

Da geht Fräulein Müller mit Fräulein Ackermann Hand in Hand. Und Peter küsst leidenschaftlich seinen Thomas. Beide liegen im Adamskostüm und ihre Erregung lässt meinen Atem stocken. Maria bekommt einen kräftigen Klaps auf die Windel, weil sie den Würstchenverkäufer angebettelt hat. Der Duft, der dem Klaps folgt, spricht mehr als Worte.

Agnes hat die Sonnencreme vergessen und Tim ist einfach sauer. Der Kaffee war dünn und die Eier waren hart und Agnes hatte keine Lust auf einen Quicky. Jetzt liegt sie dort mit Schweißperlen auf dem Bauch und leicht gegen die Spree gespreizten Beinen, die ein Hauch von Sommerwind umspielt.

Hört doch mal, was die beiden alten Freunde dort sich so erzählen. Typisch: Jetzt, wo wir regelmäßig die Rente beziehen und viel Zeit haben, legen meine Barbara und ich uns gerne unter einen Kastanienbaum. Unter ihm ist es herrlich kühl. In der Firma hatten sie gestern keine Zeit für mich. Barbara und ich gehen morgen ins Reisebüro und buchen für drei Monate Mallorca. Da kennt uns keiner, und ich bin auch nicht traurig, wenn mich keiner sehen will. Ja, wir gehen zum Tanztee bei Zenner. Gegenüber der Insel der Jugend. Sind viele in unserem Alter dort, die sich die ganze Woche auf diesen einen Nachmittag freuen und sich vorbereiten vor dem Spiegel zu Hause mit den Bewegungen zum Takte der Musik. Ja, ja, ja. Bein hoch und nach vorn. Und Finger nach oben und nach vorn. Und wippen und wippen. Sie tanzen in Jeans und T-Shirts. Ach, sie kleiden sich, wie sie wollen. Ja, und sie kommen sogar auch in Schlips und Kragen und im feinen Spitzenkleid. Lieder, Lieder. Alles Ohrwürmer, die zum Turnen beim Tanzen auffordern, quer durch Jung und Alt und gemischt, gemischt, gemischt. Hier kriegt jede und jeder den Schweiß auf die Stirn. Ha, ha, ha.

Das alles können wir wunderbar sehen und hören aus und von unseren grünen Wipfeln rundherum. Ich, der Kleine, noch nicht so gut wie Mutter. Doch sie erzählt mir alles zu meiner Aufklärung, denn bald bin auch ich ausgewachsen. Und ich erzähle es heute euch. Ha. Ha. Wenn Mutter das wüsste.

Die ersten Handtücher kommen gleich am frühen Morgen, von fleißigen Sonnenanbetern dem Sonnenlauf angepasst gelegt, auf die Wiesen zwischen den Bäumen und Wassern und sichern die besten Plätze. Und die Türken kommen mit großen Familien, mit Essen und Trinken für den ganzen Tag, an den vom Tragen langen Armen. Sie reden viel, und lärmen. Es lebt und bebt wunderbar. Und sie singen und sie spielen mit ihren Kindern. Die Frauen sitzen etwas abseits und murmeln sich ihre nächtlichen Erlebnisse zu. Die tuchbedeckten Köpfe leicht nach vorne geneigt, in den Händen die Nadeln mit dem Stickzeug und in den Mündern die Worte der Nacht. Es bleibt immer äußerst interessant mit ihnen um mich herum.

Und dort. Schon wieder ein Artist, der sich daran versucht, sechs Bälle durch die Luft zu wirbeln, keiner darf auf den Boden fallen. Dann ist er sauer und trainiert umso heftiger. Hintenrum und vorn herum, zwischen den Beinen hindurch und auf die Nasenspitze. Der Trommler, etwas weiter zum Wasser hin, befindet sich schon in fremden Welten. Er trommelt seit Stunden im BummBumm BummBumm den Takt und hat schon lange vergessen, dass seine Freunde und seine türkischen Nachbarn genießen. Am saftigen Fleisch. Nur der Gitarrist hat seine besten Chancen gewahrt und reizt seine Laienband zum alten Beatle-Song ins Gestern.

Ach, diese Menschen. Sie schlendern redend und schweigend, mit ernsten oder fröhlichen Gesichtern zwischen uns herum. Schau, dort, die beiden, sie pflücken von den unreifen Schlehen. Sind schon etwas älter und reden nicht viel. Kennen sich bestimmt schon zu lange und haben alle Worte verbraucht. Haben keine gemeinsamen Vorräte mehr. Kennen jedes Mienenspiel. Wortlos, klaglos, tot.

Ach, es ist so warm unter der Rinde. Die Platanen werfen sie alsbald ab, die glücklichen. Heute Nacht hat sich ein Pärchen "unter mir" vergnügt. Rattzfattz, die Lenden frei, ruckizucki, und dann zurück in die Disco. 91,4, der Flieger, zieht wieder seine Runden. Tret- und Ruderboote ziehen vorüber und die Bratwurst gibt es hier und dort noch für einen Euro. Zwei kleine Mädchen mit einem Euro Taschengeld erhalten auch zwei für einen. Weil ihr es seid. Dabei sieht der Grillbruder so aus, als würde ihm selbst jeder Euro fehlen.

Langsam werden uns die Blätter braun, rot, golden. Herrliche Zeit. Herr Regen gibt wieder reichlich zu trinken. Vollschlürfen für den Winter. Ab mit dem alten Grün. So stehe ich jetzt und hier. Und soll Geduld haben. Mutter. Mutter. Kräfte sammeln, rot gefrorene Nasen unter dicken Mützen und Mänteln sehen, langsames Frühlingserwachen und dann wieder Fahrräder, Schweiß, Tennis, Fußball, Grill und beste Aussichten. Ach, schau an. Wer hätte das gedacht? Da kommen die beiden Ruckizuckis gerade. Jetzt schieben sie die Disco Nacht auf vier Rädern und in Blau.

Copyright by Rattenfänger

Anfang 2008 mit kleinen Änderungen und Ergänzungen am 14. Februar 2012

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Manchmal bin ich so ermüdend heiter. Manchmal bin ich so erdrückend liebend.Manchmal liege ich verzagt am Glücke.Manchmal liege ich verzückt am Boden.

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Rattenfaenger Re: Gute Idee -
Zitat: (Original von Rehmann am 16.02.2012 - 13:03 Uhr) und stell Dir vor, Bäume könnten auch um sich hauen !
LG
H. Rehmann


Hallo, lieber Horst,
hauen weniger, jedoch abwerfen ... Ich war mal zugegen, als so ein mittelschwerer Ast auf eine Bekannte fiel. Sie brauchte über ein Jahr, um alle körperlichen Verletzungen zu überwinden. Zum Glück ist mein Bäumchen ein ganz friedlicher Beobachter *lächel* ...
Danke und liebe Grüße
Karl-Heinz
Vor langer Zeit - Antworten
Rehmann Gute Idee - und stell Dir vor, Bäume könnten auch um sich hauen !
LG
H. Rehmann
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Re: Treptower ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 25.08.2008 - 20:51 Uhr) Ich finde es herrlich aus der Sicht eines jungen Baumes geschrieben. Wenn die schreiben könnten, sie könnten die tollsten Geschichten schreiben. Mit einem schmunzeln gerne gelesen.

LG Marianne


Hallo, liebe Marianne, ich freue mich sehr zu Deinem Kommentar und dass Du in meinen "Anfängen" liest ( ähnlich wie evi, die mich von "hinten" aufrollt).
LG
Karl-Heinz
Vor langer Zeit - Antworten
MarianneK Treptower ... - Ich finde es herrlich aus der Sicht eines jungen Baumes geschrieben. Wenn die schreiben könnten, sie könnten die tollsten Geschichten schreiben. Mit einem schmunzeln gerne gelesen.

LG Marianne
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Re: Deine -
Zitat: (Original von Hausmann am 08.02.2008 - 21:37 Uhr) Bilder des Treptower Parks decken sich mit meinen Erinnerungen, an die Zeit als ich noch in Berlin lebte.

hab es geren gelesen
Gruß
Roland


Hallo, Roland,
schön, dass ich Deine Erinnerungen getroffen habe und Du meine Geschichte gerne gelesen hast. Ich kenne aus meiner beruflichen Vergangenheit auch ein bisschen von Bremen. Auch lebenswert dort!
Gruß vom
Rattenfänger
Karl-Heinz
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Re: Treptower Park -
Zitat: (Original von franziw2000 am 08.02.2008 - 22:45 Uhr) Ich glaube ich sollte da auch mal hin ;-) Musste schmunzeln und die Idee finde ich Klass. LG Franzi

Hallo, Franzi,
das tut mir richtig gut. Ja, komme mal in den Treptower Park. Es lohnt sich wirklich.
Liebe Grüße zurück
Rattenfänger
Karl-Heinz
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000  Treptower Park - Ich glaube ich sollte da auch mal hin ;-) Musste schmunzeln und die Idee finde ich Klass. LG Franzi
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