Beschreibung
Als Lena eines Tages ihren kleinen Bruder vom Kindergarten abholt, begegnet sie einer unheimlichen Frau, die sie von nun an verfolgt. Doch das ist erst der Anfang. Obwohl Lena die Frau für ein Monster hält, findet sie dennoch irgendwann heraus, wer das wahre Monster ist.
Eine wunderschöne weiße Maske mit schrecklichen gelben Augen
Eine wunderschöne weiße Maske mit schrecklichen gelben Augen:
Hausaufgaben hasste ich. Besonders wenn ich dazu gezwungen war, sie am Freitag zu machen. Ich saß an meinem Schreibtisch, hatte den Kopf auf meinen Armen gebettet und blickte verträumt aus dem Fenster. Millionen von Regentropfen liefen die Fensterscheibe hinunter. Hin und wieder blitzte es auch. Der Himmel war dunkelgrau und auf den Straßen hatten sich dreckige Pfützen gebildet. Meine Mutter stand in der Küche und schwang den Kochlöffel. Dazu hörte sie immer Radio. Schon faszinierend, was sie für einen Musikgeschmack hatte...
Mein Vater war nicht zuhause, ebenso wie mein kleiner Bruder. Er war noch im Kindergarten wegen irgendeiner Nachmittagsgruppe. Es dauerte immer bis 16.00 Uhr. Leider hatte der Arme mit seinen 4 Jahren immer furchtbares Heimweh...
„ Mama! Wann ist das Essen fertig?“ rief ich. Aber sie hörte mich nicht, darum ging ich nach unten in die Küche. Die Treppen hatten so merkwürdige rote Teppiche darauf. Keine Ahnung wie die Dinger eigentlich hießen. Unser Haus war schon sehr alt, die Treppen waren auch nicht mehr so stabil...
„ Mama, wann ist das Essen fertig?“ fragte ich noch einmal. Diesmal antwortete sie mir.
„ In einer halben Stunde. Aber du musst sowieso noch warten bis dein Vater zuhause ist. Außerdem musst du Robin noch vom Kindergarten abholen.“
„ Jaja, mach ich.“ Im Radio hörte man die ganze Zeit nur etwas von Japan. Ich blickte auf die Uhr.
„ Hm, 15.36 Uhr. Dann gehe ich jetzt los.“ Ich machte auf dem Absatz kehrt und wollte mir gerade meine Schuhe anziehen, als mich meine Mutter aufhielt.
„ Zieh dir andere Schuhe an, diese sind nicht wasserfest. Und nimm zwei Regenschirme mit.“ Ich zog mir andere Schuhe an und nahm auch besagte zwei Regenschirme mit. Dann ging ich los. Vor der Haustür öffnete ich einen davon. Den, der mit schwarzen Katzen bedruckt war. Katzen waren meine Lieblingstiere. Ich ging weiter, durch den Gartenzaun und konnte gerade noch so einem vorbeifahrenden Auto ausweichen. Ich dachte nicht weiter daran.
Genau fünfzehn Minuten später kam ich bei Robins Kindergarten an. Ich musste noch neun Minuten warten, bis hier Schluss sein würde. Vor dem Eingang stand das Dach ein wenig hervor. Ich stellte mich darunter und klappte den Regenschirm zu. Dann lehnte ich mich an die Wand des Gebäudes und zählte Sekunden. Ich wurde ein wenig schläfrig, doch das laute niederprasseln der Regentropfen auf den Boden und die Autos, hielt mich wach. Ich blickte mich um und erkannte eine große schwarzhaarige Gestalt. Es musste eine Frau sein. Sie war ziemlich groß, mindestens 1,80 Meter. Sie trug einen langen hellbraunen Mantel, der vom Regen schon ganz durchgeweicht war. Ich war mir sicher, dass sie mit dem Rücken zu mir stand, denn ihre langen schwarzen Haare hingen ihren Rücken hinunter. Doch dann hob sie den Blick, die Haare fielen zur Seite und sie starrte mich regelrecht an. Sie stand also die ganze Zeit schon mit dem Gesicht zu mir aber hatte den Blick gesenkt. So etwas war mir noch nie passiert. Sie hatte ein starkes asiatisches Aussehen. War sie Japanerin? Oder Chinesin? Womöglich kam sie auch aus Korea. Aber warum war sie dann so groß? Ihre schwarzen Augen funkelten geheimnisvoll. Dann erschreckte mich ein lautes Klingeln hinter mir. Die 9 Minuten waren offenbar schon vorbei. Ich trat zur Seite, um den heraus laufenden Kindern Platz zu machen. Dann kam auch mein Bruder zu mir. Ich wollte noch schnell einen letzten Blick auf die unheimliche Frau erhaschen, doch sie war verschwunden. Sie ist wohl schon gegangen.
„ Wo ist Mama?“ fragte mich Robin. Ich hielt ihm einen von den Regenschirmen entgegen.
„ Hier. Mama kocht gerade Abendessen, darum sollte ich dich abholen.“ Robin nahm den Regenschirm an sich.
„ Ich will aber, dass mich Mama abholt!“ rief er und warf mir den Regenschirm ins Gesicht. Ich konnte ihn gerade noch auffangen.
„ Sag mal, spinnst du?“ schrie ich Robin an. „ So etwas macht man nicht! Das tut nämlich furchtbar weh!“ Jetzt traten Tränen in Robins Augen. Manchmal verstand ich ihn einfach nicht...
„ Geh doch alleine nach Hause, du blöde Kuh!“ Wieso machte er schon wieder einen riesen- Aufstand wegen gar nichts?
„ OK, dann gehe ich jetzt alleine nach Hause. Du kannst von mir aus hierbleiben. Und wenn dich ein Auto überfährt, ist es nicht meine Schuld.“ grinste ich. Jetzt fing Robin erst Recht an zu weinen. Ich drehte mich von ihm weg und wollte losgehen. Jedenfalls tat ich so als ob. Doch Robin hielt mich am Ärmel fest.
„ Ich hab Angst allein.“ flüsterte er. Irgendwie tat er mir schon Leid.
„ Na schön, dann komm jetzt mit.“ Doch er schüttelte den Kopf.
„ Was ist denn jetzt schon wieder?“ wollte ich wissen und bückte mich ein wenig zu ihm herunter.
„ Kannst du mich tragen?“ fragte er und sah mir dabei bittend in die Augen.
„ Du hast Beine, geh selbst.“ Aber Robin wollte nicht.
„ Bitteeeeeeeee.“ jammerte er.
„ Meinetwegen.“ sagte ich und hob ihn auf meinen Rücken. Zu meinem Glück wog er noch nicht allzu viel. Dann öffnete ich wieder einen Regenschirm und legte ihn mir so über die Schulter, dass er Robin ganz bedeckte. Der Regen prasselte laut auf den Schirm nieder, doch es störte uns beide nicht.
„ Was habt ihr heute alles gemacht?“ wollte ich wissen. Auf einmal war Robin hellwach und redete wie ein Wasserfall.
„ Zuerst haben wir Figuren aus Knete geformt, dann haben wir was gegessen.“ Ich unterbrach ihn mitten im Satz.
„ Und was habt ihr gegessen?“
„ Spaghetti.“ strahlte er mich an. „ Dann haben wir mit Fingerfarben gemalt Und dann waren wir noch im Garten. Als das Gewitter angefangen hat, sind wir wieder reingegangen und haben uns Geschichten erzählt.“
„ Das hört sich echt lustig an, ich wünschte ich wäre dabei gewesen.“
Wieder zuhause angekommen hob ich Robin herunter, er lief zur Haustür und klingelte wie wild daran. Meine Mutter öffnete die Tür.
„ Oh, da seid ihr ja. Und, Robin, wie war es?“
„ Sehr schön.“ sagte er mit einem fetten Grinsen im Gesicht, das von einem Ohr zum anderen reichte. Auch ich ging ins Haus. Als ich die Tür schließen wollte, sah ich wieder diese Frau. Diesmal lächelte sie mich an. Ihre Haut war ganz weiß, beinahe schon durchscheinend aber ihre Zähne gelb. Nicht gerade ein schöner Anblick. Ich beschloss sie zu fragen, warum sie mich verfolgte. Etwas Spannung konnte ich schon gebrauchen. Dann müsste ich wenigstens keine Hausaufgaben machen.