Biografien & Erinnerungen
A new Dawn

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"A new Dawn"
Veröffentlicht am 21. September 2011, 22 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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A new Dawn

A new Dawn

Beschreibung

Cover: http://www.bilderkiste.org/show/details/fc23c0494d52568c62d2522f890b1e4e/nevada-tan-freundschaft-durch-unfall.jpeg.html

 

 

 

 

Für meinen besten Freund Alex
der einfach viel zu früh sterben musste

für meine beste Freundin, Vittoria
ich bin froh, dich zu haben

und für meinen Lebensgefährten
denn ich auch niemals mehr missen möchte

 

 

 

Lilian Lee



A new Dawn

Ein neuer Anfang

 



 

 

 

 

Einleitung

 

Es war ein lauer Sommertag im August. Simone Krüger, ein 9-jähriges Mädchen, dass in einem der schmuddeligen Wohnhäuser in Köln-Mülheim lebte, rannte lachend über eine der großen Wiesen, welche sich in der Nähe des Rheines befanden. Sie hatte sich mit ihrer Klassenkameradin, Nuray Kaplan, zum Seilchen springen verabredet.

Als Simone am Geländer, das den Hang zum Rhein hinab absicherte, entlang ging, fiel ihr am steinernen Abstieg jemand ins Auge. Zunächst erkannte sie die Person, die dort saß, nicht. Doch als sie näher kam, erkannte sie das stumme Mädchen, dass immer nur schwarz trug, das rot ihrer Haare stach aus der grün-grauen Idylle um sie herum hervor.
'Wie hieß die nochmal...?' grübelte Simone und sah sich um. Von Nuray keine Spur. sie durfte sicher mal wieder nicht raus, ihre Eltern waren sehr streng, was das anging.

 

Leise ging das Mädchen den Abstieg hinunter. Unten angekommen setzte sie sich neben das Mädchen, welches, einen Kugelschreiber an ihre Lippe gelegt, auf den Rhein hinaus starrte. Auf ihrem Schoss lag ein Block, die Seite war fast vollgeschrieben.

"Hey, was machst du da?" Simone sah das Mädchen freundlich an. Die Rothaarige - Lily - sah das Kind an und lächelte dann ebenfalls sachte. "Ich schreibe ein Buch."

Als Lily ihr antwortete, lächelte Simone noch mehr und begann, an einer Strähne ihres blonden Haares zu spielen.

"Was den für ein Buch?"

"Ach, ein ganz trauriges."

"Wieso das denn?"

"Ich erzähl dir eine wahre Geschichte, hör gut zu."

 

 

 

 

1

 

Ich saß auf einer der Schaukeln, schwang leicht vor und zurück. Meine neuen, glänzend-schwarzen Lackschuhe streiften durch den Sand. Das Röckchen wehte im leichten Wind. Mir war langweilig, meine Großmutter erlaubte mir nicht, mit den anderen Kindern zu spielen. Sie hätten einen schlechten Einfluss auf mich, sagte sie.

Achso, ich bin übrigens Lily, auch wenn meine Großmutter und alle anderen mich anders nennen. Aber Lily ist mein eigentlicher Name, mein geheimer. Der, den sonst niemand kennt. Nur ich.

Ich guckte über den Spielplatz, ich sah zu den anderen. Zu Alex. Lily und Alex, die Zwillinge. Naja, fast. Alex ist Ende Mai geboren, ich Anfang Juli. Aber wir hingen immer zusammen herum. Deshalb dachten alle, wir wären Zwillinge.Nur jetzt saß ich auf dieser Schaukel und Alex stand bei den Anderen – unserer Clique – und wunderte sich mit ihnen, wieso ich nicht zu ihnen rüber komme.

 

Ich brachte es nicht über mich, ihnen die Wahrheit zu sagen. Aber sie ahnten etwas, denn Alex kam zu mir rüber, nahm mich bei der Hand und zog mich einfach von der Schaukel, so dass ich beinahe hingefallen wäre.

Ja, Alex ist einfach mein bester Freund – für immer und ewig.

Nichts und niemand kann uns auseinander reißen – dachte ich zumindest.

Doch dann kam der Tag, der unsere Clique auseinander riss – das war im August 1998. Alex und ich waren 8 Jahre alt und standen zu diesem Zeitpunkt kurz vor einem der schlimmsten Ereignisse unseres Lebens, wie ich lange Zeit dachte.

Alex' kleiner Halbbruder, damals gerade erst 2 Jahre alt, starb bei einem Verkehrsunfall, genau wie Alex' Vater, seine Stiefmutter und sein anderer Halbbruder. Wir standen beide kurz vor einem Nervenzusammenbruch, wie sehr ich den Kleinen doch geliebt hatte.

 

Er hatte in meiner Gegenwart seine ersten Worte gesprochen und seine ersten – damals sehr tapsigen – Schritte gemacht. Und dann war er weg. Tod. Einfach so. Ich habe es bis heute nicht vergessen. Alex leeres Gesicht, die einzelne Träne, die ihm über die Wange rollte. Und ich war so ein Miststück und bin mit meinem Kummer abgehauen, weil ich es nicht ertragen konnte, an den Orten zu sein, wo die Erinnerung an den Kleinen so unglaublich stark war.

An die nächsten 3 Wochen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich erinnere mich noch an eine Beerdigung, auch wenn ich bis heute nicht weiß, von wem sie war. Ich trug an diesem Tag ein sonnenblumengelbes Kleid und fiel zwischen den Trauernden auf wie ein bunter Hund.

Alex erzählte mir auch nicht, was in der Zwischenzeit passiert war, er meinte, es wäre besser für mich, wenn ich es nicht wissen würde.

 

Wir sprachen nicht mehr darüber und so sollte es auch bis in alle Zeit bleiben. Die Geschichte war vorbei, ein Teil unserer Vergangenheit, wenn auch keiner besonders schönen. Wir wurden zu Rebellen, wollten anders sein als alle anderen, waren wir doch auch anders. Und das schon mit unseren süßen 8 Jahren. Wir wurden zu einer Mischung aus Gothic und Punk, Alex färbte sich die Haare blau, seine Mutter rastete völlig aus und schlug sein Gesicht fast in den selben Blauton. Meine roten Haare bekamen grüne Strähnchen verpasst und ich trug nur noch schwarze Tüll-Röcke, zerrissene Nylonstrumpfhosen und Bandshirts oder andere Gothicshirts. Alex trug nurnoch zerfetzte Jeans und Bandshirts. Wir wurden Mitglieder einer Gruppe, die sich am Brunnen unter dem Kölner Dom aufhielt. Und ohne es zu wissen lernte ich meinen Vater kennen. Naja, die Zeit verging wie im Flug und ehe wir uns versahen waren wir fast schon Teenager. 

 

Wir bauten viel Scheiße und waren einfach glückliche Kinder. Die Zeit, in der mir die Erinnerungen fehlten, wurden auch immer weniger und ich dachte schon, dass sich nun alles zum guten wende würde. Doch da hatte ich mich getäuscht, denn dann kam das hier:

 

Die Eltern meines Stiefvaters wollten nach Österreich und ich sollte mit. Ich wollte nicht, doch Alex ermunterte mich, es doch zu tun. Ich ließ mich von ihm überreden und eine innere Stimme war mehr als nur froh, denn so würden „Die“ mich in ruhe lassen und das für die ganze Dauer des Urlaubs. Ich ignorierte diese Stimme, wo ich doch eh nicht wusste, was sie von mir wollte. Doch schon am ersten Tag nach der Ankunft wurde ich unruhig. Ich versuchte auf das Haustelefon anzurufen, wollte mit Alex sprechen. In der letzten Nacht hatte ich geträumt, dass Alex erstochen wurde. Das er einfach tot war. Ich war schweißnass und schreiend aufgewacht.

 

Diese Träume verfolgten mich durch den ganzen Urlaub. Und obwohl ich jeden Tag mehrmals anrief nahm nur selten jemand ab. Und nie konnte man mir Alex ans Handy geben. Am Haustelefon hatte ich schon nach 2 versuchen aufgegeben, da Alex' großer Bruder mich nur blöd angemacht hatte. Das mit niemand Alex ans Telefon geben konnte machte mich noch nervöser und ich war so unendlich froh, als ich endlich zuhause war. Doch dann bekam ich eine SMS, ich soll sofort vorbeikommen. Sie war von Alex' Freundin. Sie saß einfach nur still in ihrem Zimmer, ihre Stimme kalt und gleichgültig, als sie die Worte sagte, die mein Leben für immer verändern sollten.

„Alex ist tot.“

Mir wurde schlecht, ich dachte, ich müsste kotzen. Meine Beine gaben nach und ich sank auf den Boden, ich merkte nichts mehr, etwas in mir war bei ihren Worten gestorben. Wie konnte er tot sein?

 

„Er wurde überfahren. Von einer Regionalbahn. Anfang Juli.“ Ich schluckte. Die Tränen liefen über meine Wange, ich konnte sie nicht kontrollieren. Wie lange ich so dasaß, dass weiß ich heute nicht mehr. Ich rappelte mich auf, mit letzter Kraft und schleppte mich zur Tür. Mir war klar, dass ich Alex folgen müsste. So hatten wir es uns versprochen, im Kindergarten.

Ich griff nach einer Rasierklinge, sie ich sonderbarer weise in meiner Handtasche hatte – ich kann mich nicht erinnern, mir jemals eine gekauft zu haben – und ging raus, Richtung Rhein davon. Hier sollte es enden. Dort, wo wir früher unbeschwert gespielt hatten.

Ja, ich war mir sicher, dass ich hier sterben wollte. Dort, wo die Erinnerungen an ihn am stärksten waren. Ich setzte mich auf den grauen Abstieg zum Wasser und starrte auf den Rhein hinaus. Ich war erst 14 Jahre alt und hatte doch alles verloren, was ich zum Leben brauchte. Meinen besten Freund.

 

Ich setzte die Klinge an, aber dann kam mir ein anderer Gedanke. Alex war immer so voller Lebenslust gewesen, so fröhlich und unbeschwert. Hätte er überhaupt gewollt, dass ich mich umbringe?

Ich drückte sie auf meinen Arm, die Haut teilte sich, nach einer Weile spürte ich das warme Gefühl von Blut. Die Zweifel wurden stärker. Ich hatte sogar das Gefühl, als wäre er bei mir gewesen, ja, in diesem Moment, als wolle er mir sagen, ich solle es lassen.
Früher hatte er mir einmal gesagt, dass Leben sei zu kurz um traurig zu sein und ich müsse leben und glücklich sein, weil ich es verdient hätte. Und nun war ich mir auch sicher, dass Alex hier bei mir war.
Er war halt mein bester Freund auf der ganzen Welt für immer und ewig.

Aber nicht nur das. Er war mein aller aller aller aller aller bester Freund.

 

 

Ich ließ die Klinge los und mit einem leisen „plop“ landete sie im flachen Wasser am Ufer des Rheines, feiner Sand legte sich zum Teil darüber.

 

 

 

 

 

 

Epilog

 

„Das ist aber traurig!“ Simone wischte sich mit einem Ärmel über die Augen. „Und was wurde aus dem Mädchen?“

Lily sah wieder auf den Rhein, wie seine Wellen sich kräuselten und der Wind mit den Wogen des Wasser spielte. „Ihr geht es gut. Alex hat ihr geholfen, einen neuen, diesmal kleineren Freundeskreis zu finden. Ein Mädchen und ein Junge. Mit dem Jungen ist sie nun zusammen. Und keinen der beiden will sie je wieder verlieren.“

„Ui!“ Die Kleine klatschte in die Hände und sah zum Anfang des Abstieges empor. „Ich muss mich jetzt auch um meine beste Freundin kümmern.“ Lily lächelte und sah wieder zum Wasser.

Als Simone fort war bückte sie sich und griff ins Wasser, wo sie mit den Fingern im nassen und klebrigen Sand wühlte. Das flache Wasser umspülte ihren Arm. Dann hab sie die mittlerweile rostige Rasierklinge hoch und trocknete sie an einem Taschentuch.

 

„Danke Alex“ Während sie das sagte, sah sie ihn vor ihrem geistigen Auge, wie er mit seinem kleinen Bruder auf dem Arm ihr lächelnd zuwinkte. Die Stelle, wo sie ihn sah, war nicht weit fort, nur ein paar Schritte. „Ich werde dich nie vergessen.“

Als sie die Augen für ein paar Sekunden schloss, lächelte sie und als sie wieder öffnete, waren die Beiden fort. „Niemals.“

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Scylla

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