Kurzgeschichte
Bus - Auf Abwegen ...

Bus

Auf den roten Sitzen mit schwarzen, geklecksten Musterflecken und staubigen Resten. Die leere Cola-Flasche aus Plastik sucht vergeblich einen Halt und rollt im Rhythmus der Straße mit.

Der Ältere Herr drückt mit seinen hundertundfünfzig Pfund Lebendgewicht nach unten gegen das Fleckenpolster und wackelt ein wenig hin und her. Er sitzt in seinem graublauen Anzug und dem hellgrauem Trenchcoat mit starrem Blick und fernen Gedanken und eisernem Gesichtsausdruck hinter der schmal geränderten Brille vor wasserblauen Augen unter graublondem Haar.

Die rotbraune Bürotasche auf dem Sitz daneben mit der vorgetäuschten Ladung, die nach Heimarbeit leuchten soll. Sie quillt der braune Regenschirm, die Ersatzbrille für alle Fälle, das Ladegerät für das immerbereite Handy, das in der Hemdtasche wartet auf den nächsten Anruf. Ein paar Aktendeckel, der Schlüssel für das Türschloss, hinter dem er mit der jahrelangen Liebe wohnt. Sie wartet auf ihn.

Nächste Haltestelle, Heinrich-Heine-Straße. Rechts am Rande, die Dunkelheit, aus der wieder neues Leben zu ihnen in die blecherne Hülle steigt.

Günter Grass und seine Hundejahre und Jenny kommen ihm in den Sinn. Tulla und der Hund Harras, der mit Senta Prinz zeugte und Haselhoff mit seinen sechsunddreißig Goldzähnen und trotzdem nicht so knirschen kann damit wie Walter Matern.

Braune Haut und schwarze Rastalocken mit brasilianisch eingedrückter Skipistennase in engen Jeans und weißer Windjacke steigen zu ihm in den Bus ein. Der Duft von billiger Seife strömt in seinen schnüffelnden Riecher und verzückt ihn wie ein Parfum der oberen Luxusspritzerklasse. Sie zeigen ihm alles, diese Jeans, was sie verbergen sollen. So eng liegen sie auf der Haut. Von den Knöcheln über den Turnschuhfüßen angefangen, an den schlanken Beinen hinauf bis zur tief eingekerbten Venus. In den Ohren die schwarzen Knöpfe, voller Musik aus einer anderen Welt. Der Platz hinter ihm stöhnt leise. Nimmt ihre Wärme in sich auf.

Hinter dem Türschloss, noch zehn Minuten entfernt, wartet seine Liebste auf ihn. Auf dem Küchentisch wird das Brett mit den Broten stehen. Pferdeschinken, Tomatenscheiben, Messer und Gabel, Blätter aus dem Basilikumtopf, ganz frisch.

Augen, so schwarz und unergründlich. Tief in sie für winzige Momente hineingetaucht. Billige Seife zu Luxusparfum mutiert. Weiße Jacke und schwarze Knöpfe im Ohr. Nikeschuhe und hautenge Jeans steigen aus am Schlesischen Tor. In der Leere des Augenblicks für einen blitzartigen Moment der Ohmacht nahe.

Hoch auf dem Ross durch die Prärie. Vielleicht kommen die Schlachtpferde aus Polen oder Russland. In engen Kisten ohne Wasser und ohne Mitgefühl. Der Schinken ist ok.

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