Beschreibung
Im zweiten Teil von Wintertinte lernt Heinz den wohl komischsten Kauz seines ganzen Lebens kennen. Wie diese spannende Begegnung verläuft; erfahrt ihr hier! Lesevergnügen wünscht Falk Peter Scholz
Wintertinte
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  Noch voller Eindrücke brachte ich die Sachen ins Nebenzimmer, in dem mich Alfred Koreanov nur mit einer langen Unterhose bekleidet und Pfeife rauchend erwarte. Mit offenem Mund starrte ich ihn an, denn ich hatte noch nie zuvor einen Mann gesehen der so einen Grad an Körperbehaarung hatte. Seine Brustbehaarung war so stark dass man sie ohne Probleme mit seinem Schnurrbart hätte verknoten können!
Alfred Koreanov bemerkte meine Erstauntheit, doch schien er es wohl als normal zu empfinden des Nachmittags nur mit einer langen Unterhose bekleidet in einem alten Sessel zu sitzen und ein Pfeifchen zu genießen.
Selbst wenn er Besuch bekam.
„Nun starr nicht so, sondern mach eine Flasche Wein auf und setz dich zu mir!“ Er zeigte erst auf einen Flaschenöffner der auf einem kleinen Beistelltischchen lag, dann auf einen Sessel der neben ihm stand.
Ich folgte seinem Rat, öffnete die Flasche, goss ein Glas ein und setzte mich zu ihm. „Also Herr Koreanov“, begann ich. „Ich muss zurück in den Laden“.., doch er unterbrach mich!
„Zunächst mal heiße ich Alfred und außerdem hat Wesen dir den Rest des Nachmittags freigegeben. Ich habe ihn darum gebeten dass du mir etwas Gesellschaft leistest. Ich hatte nicht viel Gesellschaft die letzten Jahre.“
Ich nickte zustimmend, machte es mir etwas bequemer in dem ich mir ein Kissen hinten den Rücken schob und wartete darauf dass Alfred begann zu erzählen. Er nahm sich das Glas Wein, nippte daran, setzte es wieder ab und starrte auf die Wand mit einem überdimensionalen Ölgemälde.
Als ich fast eingeschlafen wäre, begann Alfred Koreanov doch noch zu erzählen.
„Hast du die Bücher gesehen?“, fragte er mich.
„Meinen sie...“,
„DU!“
„ Ach ja hatte ich vergessen.“ Ich schmunzelte.
„Meinst du die von nebenan? Ja die sind mir aufgefallen! Die sind von meinem Lieblingsschriftsteller. Das ist eine unglaubliche Sammlung seiner Werke und mir sind ein paar Werke aufgefallen die ich noch gar nicht kannte.“ Wir gingen nach nebenan. Ich sah mir in Ruhe die 12 Werke von Chavrox an und entdeckte in jedem seiner Werke eine persönliche Signatur. „Das ist ja absolut unglaublich“, wandte ich mich an den alten Mann der sich sichtlich zu amüsieren schien.
„Nun er ist ein guter Freund vom mir“, erklärte mir Alfred.
„Er kommt regelmäßig hier vorbei und dann trinken wir Tee zusammen.
Ein wirklich toller Mensch!“ Mir brannte förmlich eine Frage auf der Seele die ich ihm unbedingt stellen musste.
„Ich habe mal gehört dass ihn noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat. Er soll auch viele Auszeichnungen für seine Bücher bekommen haben, aber noch noch nie eine angenommen haben. Stimmt das?“
Alfred musterte mich interessiert.
„Das ist richtig mein Kleiner. Er ist sehr schüchtern musst du wissen.
Sag mal wie ist dein Name Junge?“ Ich reichte Alfred die Hand.
„Heinz.., mein Name ist Heinz. Alfred nahm meine Hand.
„Na schön Heinz, möchtest du gerne eines der Bücher haben? Ich schenke es dir!“
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Alfred wies auf die riesige Bücherwand die zu Gänze mit Büchern meines Lieblingsschriftstellers gefüllt war. Dann bedeutete er mir eines dieser Werke auszusuchen. Schüchtern, fast andächtig befühlte ich die einzelnen Buchrücken, die sich wie Schlangenhaut an fühlten und ein prickelndes Gefühl in meinen Fingerspitzen hinterließen.
Auf jedem der vierundzwanzig Buchrücken, von denen mir nur sieben bekannt waren, war fast liebevoll der Name des Autors eingraviert.
In einem matten Goldglanz schimmerte mir der Name Chavrox entgegen.
Seid drei Jahren las ich Chavrox fast jeden Abend. Die Einfühlsamkeit seiner Worte beeindruckte mich sehr und sein Erzählstil war leicht und tragend. Ich erinnerte mich genau an den Tag als Wesen zum ersten mal mit mir über den alten Flohmarkt am Montmartre ging, ich zum ersten mal den Geruch frischer Farbe auf den Leinwänden der Künstler einatmete und der Faszination dieses besonderen Hügels erlag. An diesem leicht verregneten Tag im November fiel mir zum ersten mal ein Buch von Chavrox in die Hände und ich war fasziniert von dem leicht glänzenden Buchrücken der aus einer Kiste mit allerlei Krimskrams herausragte.
Dieses Exemplar welches mich in die erstaunliche Welt des Lesens entführen sollte, hatte mich meinen ganzen Reichtum von einem Franc gekostet und der Händler versicherte mir ich hätte den Kauf meines Lebens getätigt, was sich Jahre später als Wahrheit bestätigen sollte.
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