Romane & Erzählungen
Ich darf keine Angst haben

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"Ich darf keine Angst haben"
Veröffentlicht am 04. September 2011, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Ich darf keine Angst haben

Ich darf keine Angst haben

Beschreibung

Alles ist möglich

Ich darf keine Angst haben

 

Ich muss dir was zeigen! Wir können noch was rauchen, ich hab Sturmfrei!“

Das waren seine Worte, Simon, der jetzt nicht mehr ist, in tausend Stücke gerissen, vor meinen Augen.

Warum bin ich bloß mitgekommen? Wohl wegen dem Kiffzeugs.

Wer hätte gedacht, dass er recht hat?

Ich hab ein Tor entdeckt, oben bei mir auf dem Speicher“, hat er gesagt.

So eine kleine Tür, weißt du, wie bei Alice im Wunderland. Ich bin durchgegangen.

Hab wohl irgendwie an Weihnachten gedacht, wahrscheinlich wegen dem ganzen Weihnachtsschmuck, der da oben liegt.

Dann war ich in seiner kleinen Werkstatt. Kein Scheiß. Ich hab die vielen kleinen fleißigen Gnome gesehen, und auch ihren Chef. Er mich angelächelt. Ich fands gruslig und bin schnell zurück.“

 

Ich hab ihm natürlich kein Wort geglaubt, ich mein, wer hätte das schon?

Später saßen wir in seinem Zimmer und haben geraucht. Simon konnte echt tolle Tüten bauen, riesige Dinger.

Willst du es sehen?“

Was sehen?“

Das Tor natürlich, das Dimensionsloch, das Portal, das Stargate!“

Klar! Zeigs mir.“

Ich war gespannt was Simon für eine Show abziehen würde, sicher was total abgefahrenes.

 

Der Speicher war dunkel und muffig. Wir mussten gebückt gehen um uns die Köpfe nicht anzuschlagen.

Simon schob einen Schrank zur Seite.

Ich glaube in dem Moment hab ich laut gelacht. Die Tür dahinter war winzig. Selbst für einen dreijährigen zu klein.

Man muss durchkriechen“, hatte er entschuldigend gesagt.

Und wie oft warst du schon drin? Ich mein, abgesehen von deinem Besuch am Nordpol?“

Nur noch ein Mal. Weißt du, beim ersten Mal dachte ich noch, dass hinter der bescheuert kleinen Tür einfach noch mehr Weihnachtskram ist, und als ich durch bin, schwups, war ich im Land der Zuckerstangen. Beim zweiten Mal, nun ja, ich hatte ein wenig Schiss, bin aber trotzdem durch, und da war nur Schwarz. Erst hab ich gedacht, dass es diesmal nicht geklappt und ich in der Kammer hinter der Tür bin, aber dann hab ich was gehört. Ich glaub dazu sollt ich sagen, das ich als Kind mal heimlich mit meinem großen Bruder Critters geschaut hab.“

Das sind doch die kleinen, gefräßiger Igeldinger, oder?“

Ja genau, heute lach ich mich kaputt wenn ich die Filme sehe, aber als Kind, Mann, ich sag dir, ich konnte Wochenlang nicht schlafen, hab gedacht die kleinen Monster hocken unter meinem Bett.

Jedenfalls beim zweiten Mal, hab ich die Critters gehört. Ihr gemeines Lachen, die kleinen Krallen auf denen sie sich bewegen. Ich hab sie auch gespürt. Ich bin sofort umgedreht, aber es war so dunkel, hab die Tür nicht gleich gefunden, Mann, mir ist das Herz fast stehen geblieben, hab sie dann doch gefunden und beim durchzwängen packt mich so ein Vieh und zerrt mir am Schuh. Ich hab nach ihm getreten, kam frei und hab die Tür zugeschlagen.“

Simons linker Schuh sah wirklich so aus, als habe sich irgendein Tier darin verbissen.

Ich glaub, das Tor hat irgendwie meine Gedanken angezapft. Hat wohl meine verborgenen Ängste manifestiert.“

Okay, und den ganzen Scheiß soll ich dir jetzt glauben, Simon?“

Wir können es noch mal versuchen, aber denk an die Playboy Villa oder Erdbeerkuchen oder Angelina Jolies geilen Arsch!“

 

Wir haben es wirklich noch einmal versucht. Zusammen. Simon war voraus gegangen, hatte gesagt: „Lass mich denken, komm du einfach mit. Wir gehen aufs Spring Break!“

Er war schon durch, und als ich durch die kleine Tür kriechen sollte, haben meine Gedanken verrückt gespielt. Ich dachte plötzlich, was wäre, wenn uns das Tor in eine andere Dimension bringen würde, eine verbotene, eine furchtbar fremde Welt, mit monströsen, bösen Bewohner. Genau in diesem Moment kam Simon zurück, ich konnte Bier riechen und er hatte eine Blumenkette um den Hals.

Komm schon, die sind hier alle oben ohne!“

Ich war viel zu überrascht um mich zu wehren. Er hat mich einfach reingezogen.

 

Ich weiß, ich bin Schuld.

Kein Spring Break, kein Bier, keine nackten Weiber, die auf Tischen tanzten.

Stattdessen sahen wir uns einem riesigen Tempel gegenüber, und mit riesig mein ich gigantisch.

Viel befremdlicher, als die schiere größe des Bauwerks, war seine Architektur.

Da gab es unmögliche Winkel, die das schwache Licht einer fremden Sonne über uns verschluckten, seltsame Treppenanordnungen, die scheinbar ins Nichts führten. Mir wurde ganz schwindlig.

Die Erde (ganz sicher nicht die Erde) auf der wir standen, war von einem violetten Moos bedeckt, seltsame kleine Käfer sammelten sich in unseren Fußspuren.

Simon stand vor mir, er hatte noch immer die Blumenkette um den Hals.

Plötzlich zitterte der Boden unter unseren Füßen.

Ein Schrei, der durch Mark und Bein ging, ließ uns zusammen zucken.

Dort wo vorher nur schwarzer Stein war, ging plötzlich eine Tür auf, oder besser gesagt, ein Teil des Tempels wurde durchsichtig.

Das Wesen was wir erblickten, ist mit Worten kaum zu beschreiben, ebensowenig das Grauen, welches mich und wohl auch Simon, augenblicklich einnahm.

Erst war es grün, dann schwarz. Es besaß keine konkrete Form. Mal schien es zusammenzuschrumpfen, dann dehnte es sich wieder aus.

Eine riesige, farbverwechselnde Amöbe, ist wohl möglich die beste Beschreibung.

Ich weiß noch, dass wir schrien, als es Anstalten machte aus der Tür zu kriechen (vielleicht lief es auch, oder schwebte).

Ein Teil des Monsters löste sich, schoss nach vorne und traf Simon.

Seine Schreie wurden von der durchsichtigen, geleeartigen Masse verschluckt, ich sah wie er sich darin bewegte, versuchte zu atmen, sah wie die Masse in seinen Mund floss.

Immer mehr davon drang durch Nase, Mund, Ohren in seinen Körper, blähte ihn auf, ließ T-Shirt und Hose in Fetzen davonfliegen.

Zuerst riss die Haut unter Simons Armen ein, dann platzte sein Bauch auf. Kurz konnte ich sehen, dass die Masse bereits den Großteil von Simons Innereien zersezt hatte. Das alles hatte nicht einmal eine Minute gedauert.

Ich übergab mich auf meine eigenen Füße.

Ein dünner Faden der Masse tauchte plötzlich in meinem Erbrochenen, stülpte sich wie eine Kuppel darüber.

Vor mir schrie der riesige Blob und endlich gelang es mir, mich abzuwenden.

Keine Sekunde zu früh. Von Simon war nicht mehr viel übrig und ich glaube nicht, dass das Ding danach satt war.

Ich erreichte die Tür, kroch hindurch, schlug sie zu und weinte um meinen Freund. Irgendwann schlief ich ein.

 

Es ist jetzt genau zwölf Stunden her, seit Simon so furchtbar ums leben kam. Seine Eltern sind noch nicht zurückgekehrt und ich habe einen Plan.

Vielleicht kann ich ihn retten.

Ich will zurück, will ihn warnen, uns warnen.

Aber ich darf keine Angst haben.

Ich muss immerzu an den Blob denken.

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Hörbuch

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jungerSchatten

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Schattenpuppe Klasse - Allso ich finde deine Geschichte echt lesenswert. Schräge Vorstellung, ein Minniaturtor in eine andere Dimension.
MR
Vor langer Zeit - Antworten
Tagtraeumerin Fortsetzung? - Das Ende klang so als würde es zu deiner Geschichte eine geben, wenn das so wäre, würde es mich sehr freuen. Mir hat deine Geschichte nämlich sehr gut gefallen.
LG Tagträumerin
Vor langer Zeit - Antworten
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