Beschreibung
Herbstzeitlose Lügen und Wahrheiten über einen Antiquitätenhändler.
Herbstzeitlose mit Bärlauch Pesto
»Nein! Agathe spring nicht. Gib mir deine Hand. Komm. Nein! ...« Tränen rannen über das gefaltete Gesicht der alten Frau, ehe sie in sich zusammensackte. Dumpf schlug der füllige Körper, nach–dem er an zwölf Stockwerken vorbeigeschrammt war auf dem Kiesboden auf;
Einige Wochen später in einer Berliner Wohnung, muffig riech–ende Jugendstileinrichtung, unterbrochen von Möbeln aus den Fünfzigern. Bereitete die Schwester der Fensterspringerin, su– mmend, mit Liebe, ein Bärlauch Pesto. Helene hätte es vor ein– nigen Tagen gar nicht für möglich gehalten wieder so guter Lau– ne zu sein. Da läutete es. Sie nahm ihren Gehstock, tippelte zur Tür und öffnete sie. »Guten Tag, Frau Helene Sandmann?« »Ja, und sie sind der Antiquitätenhändler Hubert Goldrausch, kommen sie doch herein. « Sie führte den Mann in ihre Gute Stube. Noble– einrichtung, hier stinkt’s nach Geld, dachte der Mann mit dem grauen Pradaanzug und dem handgenähten Schweinsleder Koffer. Er würde sich hier beeilen müssen, denn in einer Stunde hatte er noch einen anderen Termin. Gott wie lästig diese dummen alten Leute waren. Doch für ihn waren sie die Gänse die goldene Eier legten. Aber jetzt setzte er erst einmal sein Gewin–erlächeln auf und mit schmonzettencharm in der Stimme sagte er: »schön haben sie es hier, wo ist denn nun das gute Stück? «, Sie gab ihm lächelnd ein kleines Ölgemälde, Biedermeier, auf dem ein skurril grinsender Mann mit einer Kaktee abgebildet war. »Es sieht fast so aus wie ein Spitzweg? «, fragte sie. »Aber Gnädige Frau, ein Spitzweg? Nein.« Erwiderte er routiniert gelogen, denn er wusste es war ein Spitzweg und damit die Lösung aller seiner finanziellen Probleme. Sagte aber: »Ich biete Ihnen 200,-- Euro. «, sie zog die rechte Augenbraue hoch. »Na …, ist das Nichts?. Ich habe halt eine Schwäche für ältere Damen.« »Geschenkt, ge–schenkt. «, sagte sie, und tätschelte ihm die Hand. »200,--Eurosind in Ordnung. Aber Sie müssen zum Mittagessen bleiben. Ich fühle mich so allein seit meine Schwester gestorben ist. «, sagte sie und suchte nach ihrem Taschentuch, er bot ihr seines an. »Ich würde natürlich gerne ihre Einladung annehmen, aber ich bin heute sehr unter Zeitdruck.« »Geschäfte ich weiß, aber wenn Sie nicht zum Essen bleiben verkaufe ich das Gemälde nicht.« Er gab sich geschlagen, setzte sich auf einen Stuhl und löste seine Kra–watte.
Sie verschwand in der Küche, und kam kurze Zeit später mit einer giftgrünen Schüssel mit dampfenden aldente Spagetti mit Bär–lauch Pesto zurück. Sie gab ihm eine kräftige Ladung auf den Teller und nahm sich selbst eine kleinere Portion, Es duftete so köstlich wie es schmeckte. Nachdem sie gespeist hatten gab er ihr die 200,--Euro, verpackte sorgfältig das Gemälde, und verabschiedete sich freundlich. Sie ging zum Fenster und blickte ihm noch lange lächelnd hinterher. Am nächsten Morgen duftete ihre Küche nach frisch gerösteten, gemahlenen und gekochtem Kaffee. Sie genoss ihn in vollen Zügen und las dabei eine kleinere Zeitungsreportage immer wieder. Erfolgreicher Antiquitätenhändler im Grandhotel Hamburg tot aufgefunden. Die Polizei glaubt an einen Giftmord. Im Magen des Toten, der als letzte Mahlzeit wohl Pasta hatte wurde neben den Spagetti auch Blätterreste der Herbstzeitlosen gefunden einer einheimischen Giftpflanze. Erst löst sie Magendrücken, dann hef– tige Krämpfe aus, dann kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu, kurze Zeit später versagt die Atmung und der Tot tritt ein. Bei dem Opfer handelt es sich um einen von der Polizei gesuchten Betrü– ger. Er schaltete Anzeigen in den Tageszeitungen, und erleich -terte sein Opfer die meist im fortgeschrittenen Rentenalter waren um ihre gesamten Ersparnisse, in dem er wertvolle Antiquitäten als Plunder ankaufte. Einige dieser älteren Leute konnten die Scharm und den finanziellen Verlust nicht ertragen und begingen Selbstmord. Für Hinweise ist die örtliche Polizei dankbar. »Ja! Und deshalb ist meine Schwester in den Tod gesprungen. «,sagte sie laut zu sich selbst. Sie warf die Zeitung mit einem Schwung der gar nicht zu einer älteren Dame passte in den Mülleimer.