Fantasy & Horror
Blut ist dicker als Wasser...Teil 5 - und schmeckt auch besser...Teil 5

        fast "Normal"....

Der Wecker holte ihn viel zu früh aus einem traumlosen Schlaf und er fühlte sich grauenvoll. Irgendwie war alles wie immer, so als ob nichts geschehen wäre und doch spürte er intuitiv, dass dieser Tag anders sein würde. Er duschte wie immer und zog sich an, wie immer,- ging dann in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen, wie immer. Mariè saß am Tisch und las ein Buch. Sie strahlte ihn an und stand sofort auf, um ihm einen Guten-Morgen-Kuss zu geben. Das war nicht wie immer.

„ Ich habe Dir schon Kaffee gekocht,“ sagte sie ganz stolz.“ Ich hoffe, er ist trinkbar. Möchtest Du auch einen Toast?“ „ Um Gottes Willen, bloß nichts essen; dass ist das Letzte, was ich mir jetzt vorstellen möchte.“ „Warum willst Du nichts zu Dir nehmen?

 Du musst jetzt noch Nahrung zu Dir nehmen, denn es wird Dich noch eine Menge Kraft kosten,“ sagte sie ernst.

„Ich kann nicht, wirklich nicht. Glaub mir, es waren gestern bestimmt zu viele Biere und Zigaretten….“antwortete Maxim mit gequältem Gesichtsausdruck.

Maxim nahm nur einen Kaffeebecher aus dem Schrank und goss sich die Tasse halb voll. Er mochte seinen Kaffee stark und schwarz. Hunger hatte er nicht, das war nichts Besonderes, aber sein Durst war entsetzlich groß. Die Flasche Orangensaft, den er sich aus dem Kühlschrank geholt hatte, trank er fast in einem Zug aus. Es wurde Zeit,- er musste zur Arbeit.

Nachdem er sich umgezogen hatte, ging er direkt auf die Station. Auf der C-4a herrschte Hochbetrieb.

Das Pflegepersonal war gerade mit der morgendlichen Versorgung der Patienten fertig und traf sich zu einer kurzen Übergabe im Dienstzimmer.

Maxim bekam die nötigen Patienteninformationen und erkundigte sich nach den Neuaufnahmen aus der vergangenen Nacht. Es hatte keine Notfälle gegeben und der Dienst schien verhältnismäßig ruhig zu werden,- was er sehr begrüßte. Er zog sich in sein Arztzimmer zurück und wollte die Unmenge an Entlassungspapieren bearbeiten, die noch auf seinem Schreibtisch lagen. Maxim konnte sich kaum konzentrieren,- er hatte immer noch fürchterlichen Durst. Der nächste Kaffeeautomat stand in der Wartezone vor der Patienten- Aufnahme. Er ging mit Kleingeld bewaffnet den Flur entlang, durch die Glastür und  bog dann rechts ab bis er, noch in Gedanken versunken, fast am Automaten vorbei gelaufen wäre.

Was war nur los mit ihm? Dieser Durst machte ihn fast verrückt. Er zog sich zwei Kaffee, schwarz und ging den Weg zurück.  An der Stationsküche hielt er kurz an, klemmte  sich noch zwei Flaschen Mineralwasser unter den Arm und ging in sein Büro.

Es war schon weit nach Mittag, als er zu einem Notfall gerufen wurde. Der Patient hatte eine offene Fraktur des Unterschenkels und musste sofort operiert werden. Maxim ging durch die Schleuse in den Waschraum des Operationssaals und fing an, sich für die nun folgenden Aufgaben vorzubereiten. Er wusch sich gründlich und desinfizierte anschließend Hände und Unterarme. Dann zog er den OP-Kittel an und nahm sich einen Mundschutz aus dem Karton. Er setzte sich jetzt die Schutzhaube auf den Kopf und band sich den Mundschutz um. Kati, eine der OP-Schwestern kam zu ihm und band seinen Kittel hinten zu.

Sie hielt ihm die sterilen Handschuhe hin, so dass er nur noch hinein schlüpfen musste.  „Alles klar da draußen“, fragte er. „ Ja, der Patient ist vorbereitet,- wir können in vier Minuten loslegen“, meinte Kati.

„ Ist er stabil? Wie ist das passiert“, wollte Maxim wissen.

„ Ja, alles Ok mit ihm. Er ist wohl vom Dach gefallen, sagte der Rettungsdienst.“

Kati und er verließen den Waschraum und gingen zum Patienten hinüber. Die Überwachungsgeräte funktionierten einwandfrei, die angezeigten Werte waren normal und der Kollege von der Anästhesie gab sein „Startzeichen“. Maxim begann mit der OP und bis zu diesem Zeitpunkt, war alles in bester Ordnung. Nachdem der Knochen gerichtet war und die Wunde eigentlich nur noch geschlossen werden musste, überkam ihn ein so überwältigender Drang,

 seine Finger in den Mund zu stecken und das Blut von den Handschuhen abzulecken, dass es ihm fast unmöglich war, diesem Impuls zu wiederstehen. Er war so geschockt über sein Verlangen, dass es ihm für einen kurzen Moment unmöglich war, dem OP-Team angemessene Anweisungen zu geben. Kati schaute Maxim irritiert an und fragte jetzt zum zweiten Mal: “ Alles ok mit Dir, Maximilian?“ Stille,- nur das Piepen der Geräte. „ Ja, schon gut. Hatte nur eine schlechte Nacht“, meinte er.

Eine halbe Stunde später hatte er sich umgezogen und verließ den OP-Trakt, um auf der Station nach dem Rechten zu sehen.

Maxim ging die endlosen Flure entlang und dachte wieder über die Situation nach, die er gerade erlebt hatte. Er war so gierig danach gewesen, das Blut zu schmecken. Nur mit größter Willensstärke konnte er sich beherrschen. Sollte das seine Zukunft sein?