Ich lag neben dir, weißt du noch?
Nein, du hast ja geschlafen.
Aber ich, ich lag wach und schaute deinen Wimpern beim Flattern zu, deinem Atem beim Tanzen. Meine Hände brannten, sie wollten dich berühren. Sehnten sich so sehr nach deiner Haut.
Aber ich weiß ja, dass das nichts bringt. Weißt du es auch noch?
Gedankenschemen trieben ihr Unwesen in meiner Seele, zerrten und rissen an meinem Frieden, warfen Schatten auf dein Gesicht, sodass du dich hin und her warfst im Traum. Doch so dunkel wie es im Zimmer war, wurden wir selbst zu Schatten und es wurde egal, was in den Ecken lauerte oder über unseren Köpfen schwebte wie ein Damokles-Schwert. Es wurde mir ganz gleichgültig und ich war kurz davor, einfach diesem Brennen nachzugeben, die Flammen an mir knabbern zu lassen...
Aber nein. Ich verknotete meine Hände, damit sie nicht zu dir wanderten und focht einen stummen Kampf mit mir selbst, von dem du nichts mitbekamst, obwohl er doch nur wegen dir stattfand.
Du schliefst.
Ich zwang mir all unsere schlechten Zeiten in den Kopf, jeden einzelnen Streit, jedes giftige Wort.
Weißt du noch, wie ich dir immer sofort verzeihen musste, weil deine Tränen sich wie Eissplitter auf meinen Lippen anfühlten?
Schließlich ertrug ich es nicht länger. Ich stand auf, leise und vorsichtig und legte dir zum Abschied ein Stück Papier in die Hand. Es stand nichts darauf. Aber mit meinen ungelenken Fingern hatte ich eine Tulpe darauf gemalt. Sie war schneeweiß.
Auf der Straße war es still. Meine Schritte kamen mir so unendlich laut vor. Ich schob die Hände in die Manteltaschen, hastete zur Busstation und stieg in das brummende Ungetüm ein, bevor dieser unvernünftige Teil von mir mich dazu bringen würde, zurückzusprinten, mich in deine Arme zu kuscheln und das Stück Papier wieder fortzunehmen.
Jetzt fliegt eine Welt nach der anderen an meinem Fenster vorbei, verborgen im Morgennebel. Ich wünschte, ich könnte weinen, doch meine Augen fühlen sich ganz trocken an.
Was hab ich nur getan?
Was haben wir nur getan, dass aus dem geplanten Happy End eine klammheimliche Flucht durch den Nebel wurde?
Es tut mir leid. Ich hoffe, du weißt das.
Und ich hoffe, du weißt es noch in zehn Jahren oder in hundert.
Oder wenn wir und irgendwann im Himmel oder in der Hölle wiedertreffen.
Heute musst du mir verzeihen, mein Herz.
Heute und für den Rest der Zeit...