Der Prozess des Wahnsinns ist verwirrend und man erkennt zuspät, das er unaufhaltsam ist.
Lärmende Stimmen. Wildes Geschrei. Orks? Barbaren? Eher viel zu viele Menschen. Zu mitteilunsbedürftig. Will ich doch nur meine Ruhe. Sollte mich besser niemand stören. Mit ein paar Ausnahmen niemand. Ein paar wenige Ausnahmen. Ich legte meinen Kopf auf den Tisch. Mein Unterarm musste als Kissenersatz dienen. Es war bequem. Dunkel. Ich war müde. Wenn sie alle leiser wären könnte ich einschlafen. Ich war sehr müde. Vielleicht mussten sie nicht einmal leiser werden. Meine Muskeln entspannten sich. Mein Kopf fiel zur Seite. Wenn ich meine Augen nun öffnen würde, würde ich die Fensterfront sehen. Gut das heute bewölkt war. Sonst wäre es viel zu hell. Doch so. Ich bekam immer weniger von meiner Umgebung mit. Die Stimmen verebbten. Vielleicht... ich machte mir keine Gedanken darüber. Warum auch? Der erholsame Schlaf griff nach mir. Er breitete seine Arme aus. Will mich willkommen heißen. Ich wollte zu ihm, nur noch ein kurzer Schritt, dann würde er mich haben. Es ist ein miserables Gefühl wenn man kurz vor seinem Ziel gestört wird. Haare strichen mir über meine Hand. Ich wollte mich nicht beschweren, nicht darauf reagieren, wollte einfach in Ruhe gelassen werden. Der Kopf der zu den Haaren gehörte näherte sich weiter. Ich spürte ihren – ich war mir sicher das es eine „sie“ war, hoffte es – warmen Atem. Ich roch sie – es war nicht eine „sie“ sondern nur „sie“. Mine, Jasmin. Es war erst nur eine kurze Berührung unsere Lippen. Sie wollte ihren Kopf schon wieder zurück ziehen, als ich den Kuss erwiderte. Sie schien etwas überrascht zu sein, doch hindert es sie nicht daran sich ihren Gefühlen weiter hinzu geben. Es war ein langer – so kam es mir vor – und wunderbarer Kuss. So wollte ich öfters geweckt werden.
„Iiiih“, rief jemand laut, es konnte nur eine Person sein.
Langsam öffnete ich die Augen. Wollte in Jasmins Gesicht blicken.
Doch statt eines Anblicks den man nicht in Worte fassen konnte, blickte ich in mein Zimmer, dunkel und leer.
Es machte mich depressiv. Eben noch von ihr geträumt, war sie verschwunden, nichts blieb, außer die verblassende Erinnerung. Ich vermisste sie. Abnormal. Sehe ich sie doch jeden Tag – ein Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass es kaum 4 Stunden sein werden, bis ich sie wieder sehen werde, doch das mehr als das Sehen wird nicht sein – hatten wir erst am Wochenende was miteinander gemacht. Doch es war wie mit einer Droge, selbst wenn man sie erst vor kurzem genommen hatte, wollte man schon wieder den nächsten Schuss.
„What the bloody hell on e...“, murmelte ich leise in die Nacht hinein, „will ich als nächstes meine Freundin schnupfen?“
Der Witz verärgerte mich. Warum, war eine gute Frage, ich kannte keine Antwort.
Es waren noch an die zwei Stunden bis ich aufstehen musste. Ich wollte nicht mehr schlafen. Was kann man mitten in der Nacht machen, wenn man nicht schlafen will? Es war eine interessante Frage, doch fand ich keine bessere Antwort darauf, als die Decke an zu starren, mit ein bisschen Musik im Hintergrund. Ich wusste nicht welche CD im Player lag, drückte einfach Start. Schnelle, harte und vor allem laute, stellte ich fest, Godsmack, Sick of Life . So beginnt der Tag wenigstens gut. Ich ließ mich wieder auf das Bett fallen.
„Rubbing my face in the ground“, sang ich mit, „... i'm sick of my life tired of everything.“
„Warum?“, sie stand in der Tür. Damit meinte ich nicht sie sondern SIE.
Ich war verdutzt, hörte die Musik nicht mehr. „What the bloody hell on e..., Gela was zum... tust du hier?“
Mit einer Hand ließ ich geistesabwesend die CD verstummen. Ihr Anblick war atemberaubend. Ließ mein Herz erst aussetzten und dann rasen. Es hämmerte mit einer solchen Kraft gegen meine Brust, als wolle es vor mir zu ihr. Ein Lächeln, kein normales, wie man es von jeder Frau bekommen könnte, nein ein solches, dass es jegliche Aufmerksamkeit von mir auf sich zog, reichte als Antwort aus. Sie schritt auf das Bett, meiner Sandra, zu. Ihre Kleidung – ein verwaschenes T-Shirt und Shorts – ließen sie bezaubernd aussehen. Ihr Hüftschwung ließ in mir eine Wärme aufsteigen. Sie ging auf die linke Seite von Sandra, meine Seite, statt auf ihre. Ich hoffte das meine momentanen Gedanken nicht bei der Fiktion blieben. Sie kniete sich breitbeinig über mich. Das Mondlicht betonte ihre rotbraunen Haare. Ließ ihre Haut strahlen. Als sie sich vorbeugte um mich zu küssen und ich über ihren Rücken fuhr, verließen mich meine Gedanken, jeglicher Verstand verschwand, jede Handlung war Richtig.
Ich fuhr mit meiner Hand unter ihr T-Shirt. Ihre Haut war so zart. Sie erhob sich ein Stück um es auszuziehen. Mein Atem setzte aus. Ich hatte nie etwas dergleichen gesehen. Niemals so schön und bezaubernd.
Zwischen zwei Küssen murmelte ich: „Gela, du bist so wunderschön.“
Nachdem sie auch mein Oberteil ausgezogen hatte, erwiderte sie: „Nicht mehr als du.“
Sie widmete sich meiner Brust und meinem Bauch, sodass ich kurz die Augen verdrehte. Es hatte nichts mit fehlender Selbstachtung zu tun. Nein, es war wie als Zeus auf die Welt gekommen war um seine Liebschaften nach zugehen. Nur das er hier weiblich war. Eine Göttin auf einem Menschen. Mit ihrem Körper könnte sie alles haben, doch sie wollte nur mich. Als ihr Mund noch etwas tiefer wanderte, hörte die Welt auf sich zu drehen.
Ich spürte ihren warmen Atem auf meiner Brust. Sie hatte sich meine Schulter als Kissenersatz gesucht. Unsere Beine waren ineinander Verschlungen. Ich hielt sie fest in meinen Armen. Die Zeit hätte stehen bleiben können. Ich war von jeglicher Langeweile befreit. Nur ein unbeschreibliches zufriedenes Gefühl war geblieben. Der Sturm hatte ich hinter mir gelassen. Mit hängenden Segeln und letzten Vorräten hatte ich Land gesichtet. War sie auch von bösen Dämonen besiedelt, wie die letzte? Ich blickte auf ihren Kopf. Allein ihres Körpers willen, hoffte ich es, dass alles gut wird. Sie hatte noch mehr Vorzüge, aber ich finde wenn schon der geringste so entscheidend ist. Ich konnte Stunden damit verbringen Mine zu betrachten
Plötzlich fiel eine Vase im Flur zu Boden. Sie schreckte auf. „Chairon?“, flüsterte sie. Ich legte einen Finger an die Lippen. Sprang vollkommen lautlos aus dem Bett. Kaum hatte jemand die Tür aufgerissen, machte er Bekanntschaft mit meiner Faust. Er taumelte zurück an drei weiteren Gestalten vorbei. Doch diese waren mir egal. Einer dieser Eindringlinge packte mich von hinten. Ich trat ihm ohne auszuholen gegen das Knie. Der Schmerz zerriss sein Kraft. Problemlos konnte ich mich aus seiner Umklammerung lösen. Mit einer Pirouette brachte ich Distanz zwischen uns.
Der Kämpfer war in mir erwacht. Jeder Muskel bereit seinen Part zu spielen. Jeder Sinn aufs äußerste Geschärft. Sollten sie nur kommen und Bekanntschaft mit zahllosen Stunden Schwertkampfs Bekanntschaft zu machen.
Simultan griffen sie an. Eine Faust schlug ich beiseite, einer wich ich aus, unter einer Duckte ich mich hinweg, die vierte kam nicht zum Schlag. Ich rammte ihr meine Schulter in den Magen, brach damit aus dem Ring. Kaum war ich an einem vorbei, stieß ich ihm meinen Ellenbogen in den Rücken, er stolperte vorwärts, fiel zu Boden. Eine Rolle brachte mich meinem Ziel näher. Aus der Bewegung riss ich Tel Kosch von der Wand, ließ es einmal um meine Hand kreisen und hackte das Schwert in meinen Verfolger.
Der Hieb ging ins Leere. Die Eindringlinge hatten sich zurück gehalten, stattdessen starrte ich in dunkle Augen und einen Pistolenlauf. Nicht irgendeine, Desert Eagle.
„Wenigstens mit Stil“, stellte ich trocken fest.
Die Trägerin legte den Kopf schräg. „Was ist wenn Gedanken töten könnten?“
Ehe ich den Sinn dieser Frage hinterfragen konnte ging sie einen Schritt zurück. Der Schuss kam zu schnell, als das ich ihn realisieren konnte. Erst das Echo machte mir deutlich, das er wirklich geschehen war. Auch der Verlust meines Standvermögens, infolge einer Schmerzkaskade bestätigte es unwiderruflich: Ich wurde niedergeschossen.
„What the bloody hell on e... Cyra, was soll der Scheiß?“, fluchte ich.
Sie sah mich erneut schräg an. „Schmerzen können sie breiten oder denkst du ich bin etwas anderes wie ein Gedanke? Ich? Bei dir? In welcher Welt lebst du? Ehe wandere ich durch Jauche.“
Zur Bestätigung ihrer Worte verriss sie die Waffe ohne lange zu zielen feuerte sie wider. Das an die Wand spritzende Blut und Hirn verriet mir das sie dennoch Mine erledigt hatte.
„What the bloody hell on e...“
Sie fiel mir ins Wort: „Weißt du eigentlich wie sehr du mit diesem Idiom nervst? Ich kenn dich jetzt so an die zehn Jahre und dir ist es noch nicht gelungen mal etwas neues zu erfinden. Sonst nennst du dich doch auch, Autor in Vollendung. Etwas Fantasie würde nicht schaden.“
Sie ließ sie mir nicht mehr die Gelegenheit etwas zu erwidern. Kaum wurde die dritte Kugel von der durch den Schlagbolzen entzündete Treibladung beschleunigt war es auch schon wieder vorbei.
„What the bloody hell on e...“, stieß ich hervor. Sofort hellwach, blickte ich mich um wo ich war, wer ich war und noch wichtiger ob jemand in meiner Nähe war. Es war eine leere dunkle Straße, angenommen es versteckte sich niemand in den Schatten. Ich stand einfach hier. Ohne eine Ahnung, wie ich hierher gekommen war, was ich hier wollte und warum ich nicht mitten in der Nacht in meinem Bett lag.
„In welcher Stadt bin ich eigentlich?“, fragte ich mich leise. Ich wollte mich an der Stirn kratzen, als plötzlich ein stechender Schmerz durch mein Arm schoss. Mit dem spärlichen Licht des Mondes konnte ich erkennen, wie auf meinem Unterarm zahllose Schnittwunden waren. Manche Alt manche neu.
„Suizidal?“, noch während ich es aussprach verwarf ich den Gedanken auch gleich wieder. Ich wusste genau, wenn ich etwas bewirken wollte, musste ich mit der Straße fahren, sonst war es nur Kinderkram, Emo-Scheiße. Ich sah beim anderen Arm nach. Statt etlichen Wunden, war er vom Ellenbogen bis zum Handgelenk tätowiert. Anhand der Linien und Sauberkeit konnte ich deutlich erkennen, dass ich es selbst war. Nadel, Tinte und eine Menge Langweile. Es sah frisch aus. Was hatte mich dazu bewegt, ein Schwert, zahllose Aphorismen und den Titel meines Buches in meine Haut zu schreiben?
Was hatte mich getrieben hier her zu kommen, mich zu verletzten, meinen Geist zu verlieren. Wer war ich geworden, was lebt in mir und wieso weiß ich es nicht?
Ich schaute auf die Uhr, auf das Datum. Acht Uhr Abends am zwölften Tag. Das letzte woran ich mich erinnern konnte war vor zwei Tagen. Irgendwann Morgens. Es war Frühstückspause stellte ich fest. Hatte ich heute gearbeitet? Welchen Monat hatten wir? Jahr?
Langsam schleppte ich ich voran. Es dämmerte mir wo ich war, wie ich nach Hause kommen würde. Warum soll ich nach Hause? Was relevantes gibt es dort? Mine? Ich zweifelte daran, so wie ich meinen Zustand erkannte, das sie bei mir wohnen wollte. Es musste doch einen Grund geben für meine Verwirrung. Verwirrung ist aber sehr nett ausgedrückt Wahnsinn trifft es besser. Kein Wahnsinn, einfach nur Irre.
Ein Stechen durch fuhr meinen Magen. Eine Welle der Übelkeit ließ mich zusammen sacken. Es dauerte einen Augenblick als ich mich wieder aufrichten könnte. Das helle Licht irritierte mich.
War es Tag geworden. Verwirrt sah ich wieder auf die Uhr. Neun Uhr, schlimmer war, das es der Morgen war, am dreizehnten Tag. Lautlos Fluchte ich, wahrscheinlich hatte ich den Arbeitsbeginn eines weiteren Acht-Stunden-Tages verpasst.
Das Stechen mit der Übelkeit kehrte zurück. Diesmal war es stärker, ließ mich vorn überkippen. Wollte mich noch auffangen. Die Arme, waren zu verletzt, wollten die Masse nicht Tragen. Hart schlug mein Kopf auf den Boden. Blut sickerte unablässig aus den Wunden. Plötzlich erkannte ich auch ein paar effektiv gezielte Schnitte. Dabei rasten mir unzählige Gedanken durch den Kopf: Mine, Cyra, Gela, Erosjet, Chairon, Malisa, Tel Kosch, Arbeit, Feuer, Sex, Leben. Es war eine Kakophonie von Bildern geschaffen aus der Fantasie. Szenen die nie geschehen waren vermischten sich mit der Vergangenheit. Unmöglichkeiten konkurrierten mit der Zukunft. Nur wusste ich nie was wohin gehörte.
Eine Kraftlosigkeit erfüllte meinen Körper. Mit ihr schien mein Bauch zu Platzen.
Ich richtete mich blitzartig auf. Die Decke rutschte von mir.
„Chaiorn?“, es dauerte einen Augenblick, ehe ich sie neben mich bemerkte. Meine Reaktion hatte auch sie entblößt. Doch nicht ihr Körper war es der mich interessierte, sondern ihr besorgter Blick.
Ich wusste nicht ob sie real war, doch als ich ihre zärtliche Berührungen spürte, die mich beruhigen sollte, war es mir auch egal. Sie war der Augenblick. Nur eine Szene meiner Existenz. Warum sollte ich mich also fragen ob sie richtig ist? Verschwendete Lebensmühe. Ich erwiderte ihre Zärtlichkeit. Küsste sie. Legte mich wider neben sie.
Ich sprach halb zu mir und zu ihr: „Es ist alle in Ordnung.“
Fest in den Armen liegend gelang es mir Ruhe und Schlaf zu finden, auf das meine Fahrt durch den Sturm weitergehen mag.
d3f4c3r Re: What the bloody hell on e... - Zitat: (Original von Carina am 08.08.2011 - 20:11 Uhr) Ich finde das die Stimmung sehr gut beschrieben ist. Aber bei der handlung hab ich zum teil so meine probleme gehabt zu folgen ;) Dennoch nicht schlecht. Gruß Carina Was das hatte Handlung?!? Nee scherz, ich kann mir gut vorstellen was du meinst, aber das ist so sinn der aktion, es soll durch die Verwirrung selbst auch einen Teil sprechen. Ich habe noch andere ähnliche, wenn ich Zeit habe werde ich sie mal veröffentlichen. während andere Alliterationen und Metaphern als Stil-Mittel benutzen, nutz ich hier Verwirrung. Jeden Tag was neues, Gruß Tim |