Sonstiges
Einsame Spaziergänge

Die Sonne scheint für alle, doch nicht jeden erreichen ihre wärmenden Strahlen auch. Es ist ein warmer, sonniger Sommermorgen. Ich friere, heftiger Schüttelfrost beutelt meinen Körper. Einsam spaziere ich durch den Stadtpark, der zu dieser frühen Stunde nur von einigen betrunkenen Obdachlosen und herumstreunenden Katzen bevölkert wird. Es ist Sonntag und niemand der die Wahl hat, ist schon draußen unterwegs. Was mich betrifft, ich versuche zu fliehen, ihr zu entkommen, der Qual. Manche Menschen scheinen nur für sie geboren worden zu sein. Ihr Leben ist ein unendlich langsames gefoltert werden bis zum Tod. Und in Wahrheit gibt es kein Entkommen, denn sie, die Qual, ist in dir selbst. Du bist von ihr durchdrungen, verschmilzt schließlich mit ihr, löst dich in ihr auf.

Um mich herum sehe ich den blauen Himmel, bunte Blumen, die strahlende Sonne, Leben und Schönheit ohne Ende. Doch nichts von alldem kann mich noch erreichen, ich vegetiere in einer anderen, parallelen Welt dahin. Seit geraumer Zeit schon erhalte ich das, was unsere Gesellschaft „professionelle Hilfe“ nennt, allein auch sie konnte bis jetzt nicht bis zu mir vordringen. In meiner letzten Therapiestunde habe ich versucht mich auszudrücken. Mir kamen Begriffe in den Sinn wie beispielsweise Leere, Kälte, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Ich habe es auch mit Bildern versucht, darunter waren unüberwindbare Mauern, graue, zerstörte Landschaften und Folterinstrumente die mir bis in alle Ewigkeit unerträgliche Leiden zufügen.

Es heißt, die Natur hätte es so eingerichtet, dass kein Lebewesen mehr Schmerzen erleiden muss, als es ertragen kann. Es verliert vorher das Bewusstsein. Ich glaube, ich habe mein Bewusstsein bereits verloren, denn ich spüre mich schon lange nicht mehr. Die meisten meiner Freunde habe ich auf jeden Fall schon verloren, mein Zustand hat ihnen Angst gemacht, sie konnten ihn nicht länger mit ansehen, ihn nicht länger ertragen. Nun bin ich ganz allein und gehe Tag ein Tag aus meine Runden. Erst wenn die ersten normalen Menschen den Park betreten, kehre ich um. Ich ertrage ihre Blicke, ihre Anwesenheit nicht mehr. Ich versuche mit der letzten Kraft meiner Verzweiflung laut um Hilfe zu rufen, doch die allgegenwärtige Leere ertränkt meine Schreie bevor du oder irgendwer sonst sie hören könnte.