Beschreibung
Shorts sind Kurzgeschichten, die bewusst sehr knapp gehalten sind. Sie sind als kleine Gedankensplitter zu sehen und sollen im Kopf des jeweiligen Lesers ihre Vollendung finden. Das Ende sieht oft ganz anders aus, als vermutet, manchmal aber kommen sie seltsam vertraut vor.
Wer es mag, Geschichten mit einem Hauch Selbstironie zu Ende zu denken, oder gerne zwischen den Zeilen liest, wird hier sicherlich fündig werden.
Hotel
Es ist spät geworden. Ich suche für meine Tochter und mich eine Unterkunft. Unser erster Urlaub seit langen. Verfahren hatte ich mich, aber jetzt waren wir endlich in einem Ort angekommen, aber alle Lichter sind aus. Es ist völlig dunkel. Nicht völlig. Auf einer kleinen Anhöhe ist noch ein Licht zu sehen. Eine schmale Straße führt dort hinauf. Wir sind beide müde und wollen unser Glück versuchen.
Wir haben Glück. Fast oben angekommen sehen wir ein Schild, auf dem Hotel steht. Jetzt können wir auch das schöne Haus sehen. Modern sieht es aus. Wir halten vor der Eingangstür und steigen aus. Ein Schild an der Eingangstür weist uns darauf hin, dass es sich hier um ein Viersterne-Haus handelt. Na, welch ein Glück sage ich noch zu meiner Tochter, das haben wir uns nach diesem Tag aber verdient.
Der Empfang ist sogar noch besetzt. Eine nette ältere Dame nickt uns freundlich zu. Sie ist uns auf Anhieb sympathisch. Wir haben wieder Glück. Es ist noch ein Zimmer frei, Nummer 24. Sie führt uns gleich hin mit dem Hinweis, dass ihr Mann ja das Gepäck holen kann. Ist uns recht, wir sind beide ziemlich müde von der Fahrt. Das Zimmer ist sehr schön. Eigentlich ist es mehr ein Appartement. Zwei Zimmer mit einem gemeinsamen Bad. Unser Gepäck wird uns gebracht. Meine Tochter legt sich gleich schlafen. Ich liege im Bett und bin noch zu aufgedreht, um gleich einzuschlafen. Ich beschließe, noch einen kleinen Rundgang zu machen. Ich blicke aus dem Fenster und sehen im Mondlicht noch ein weiteres Gebäude. Offenbar war das früher das Hotel und war durch den Neubau, in dem wir uns jetzt befinden, abgelöst worden.
Ich verlasse das Zimmer und gehe nach draußen. Mir fällt ein, dass unser Auto noch vor dem Eingang steht. Ich fahre es weg. Ich fühle, dass ich jetzt wohl einschlafen könnte. Ich gehe die Treppe hoch. Ich öffne die Tür zu unserem Zimmer. Helles Licht blendet mich. Ich denke noch, dass meine Tochter wohl nochmals aufgestanden ist, aber ich sehe andere Personen. Schnell schließe ich wieder die Tür. Ich bin im falschen Zimmer, denke ich. Ich schaue auf die Tür, Nummer 24. Ich bin etwas verunsichert. Vielleicht falsches Stockwerk, aber es gibt nur ein Stockwerk. Ich gehe zur Rezeption. Niemand da. Ich drücke die Klingel, warte. Nichts tut sich. Ich spüre, wie Panik in mir aufsteigt. Ich schaue mich um. Das alte Hotel fällt mir wieder ein. Ich suche nach einem Weg dorthin.
Ein schmaler Pfad! Ich folge ihm. Hell erleuchtete Fenster sehe ich. Ich trete in das Haus ein, die Türen sind nicht verschlossen. Ich höre Stimmen. Ich öffne eine Türe und stehe mitten in einer Art Restaurant. Viele Tische, alle besetzt. Ich schaue genauer hin. Die Menschen an den Tischen sehen seltsam aus. Ich frage sie, ob sie wissen, wo meine Tochter ist. Sie lachen nur. Der Ober kommt mir entgegen. Ich packe ihn am Kragen und schüttele ihn, frage ihn ebenfalls. Auch der lacht nur laut. Er blickt kurz weg. Ich folge seinem Blick und sehe eine schmale Treppe. Ich renne zu ihr und folge ihr nach unten. Dann geht wieder eine nach oben und ich stehe auf einem breiten Gang, rechts und links sind viele Türen zu sehen. Das müssen die Zimmer vom alten Hotel sein. Ich öffne eine der Türen. Ein Zimmer mit vergilbten Tapeten kann ich jetzt sehen, die Einrichtung ist etwas altmodisch. Niemand darin. Ich versuche die nächste Tür. Wieder das Gleiche. Immer weiter, Türe für Türe öffne ich. Dann plötzlich sehe ich, dass jemand in dem Bett liegt. Ich renne auf das Bett zu und schlage die Decke zurück. Meine Tochter! Ich ergreife sie und trage sie nach draußen. Renne mit ihr den Flur zurück, die Treppe hinunter, die Treppe hinauf, durch das Restaurant. Das ist jetzt verlassen. Ich laufe den schmalen Pfad zum Auto zurück. Setze meine Tochter hinein und starte es dann. Wir verlassen den Ort und fahren schnell weiter. Ich bin sehr Müde. Da ist eine Polizeistation. Ich halte an.
»Hallo! Aufwachen. Hier können Sie nicht parken.«
»Was??!«
»Hier können Sie nicht parken. Weiter oben ist ein nettes kleines Hotel, da können Sie übernachten. Das Frühstück ist dort auch gut.«
»Nein, kein Hotel!«
»Etwa einen Kilometer in diese Richtung gibt es auch noch einen Zeltplatz.«
Der Polizist zeigt die Hauptstraße hoch. Ich nicke verunsichert. Ich schaue hoch zu dem Hotel, das mir der Polizist gezeigt hatte. Eine schmale Straße führt hoch.
Wir fahren zum Zeltplatz.