Humor & Satire
Hänsel und Gretel

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"Hänsel und Gretel"
Veröffentlicht am 21. Juli 2011, 44 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Ich rasiere mich nur jeden zweiten Tag.
Hänsel und Gretel

Hänsel und Gretel

Beschreibung

Hänsel und Gretel. Eine Märchenparodie.

Prolog

Es war einmal…, so fängt die Geschichte von Hänsel und Gretel nie an, denn das ist nicht irgendein Standardmärchen, sondern das ist eine dem wahren Leben nachempfundene Geschichte und viel weniger blöd als man immer glaubt. Dieses Märchen ist nur ein wenig in Verruf geraten, nachdem die originale volkstümliche Version von den Märchensammlern Jacob und Wilhelm Grimm zu einem pädagogisch wenig wertvollen Kindermärchen zusammengestutzt wurde.

In einem ursprünglichen Waldgebiet...

Aber kommen wir jetzt endlich zur eigentlichen Geschichte. Also, mitten in einem riesigen ursprünglichen Waldgebiet in Mitteleuropa, das in den Ferien immer von tausenden gestressten Städtern heimgesucht wird, lebte vor vielen Jahren (Die genaue Zeit sowie der genaue Ort müssen zum Schutz der Privatsphäre der betroffenen Personen geheim bleiben) ein finanziell sehr schlecht gestellter Holzhacker, der früher einmal ein kapitalistischer Holzgroßhändler war, aber nach einem verlorenen Rechtsstreit seines gesamten ergaunerten Vermögens verlustig wurde. Wie durch eine Ironie des Schicksals, starb seine erste Frau, als sie zum ersten Mal ohne Unterstützung eines Haus- und Hofdieners Holz spalten musste (Ich möchte an dieser Stelle nicht die grausamen Einzelheiten ihres Todes durch die Axt schildern.). Aber es wird sowieso erst bei der zweiten Frau so richtig interessant. Bevor sie diesen Neo?Armen von einem Holzhacker kennen gelernt hat, lebte sie in der Stadt und war engagiertes Mitglied einer linken Ökopartei, aber als deren Führung nicht mehr so häufig auf Demos anzutreffen war, trat sie aus und zog als Aussteigerin aufs Land. Von da an war sie nur noch unterstützendes Mitglied einer Umweltschutzorganisation.

Keinen müden Knopf in der Tasche!

Reden wir aber lieber nicht die ganze Zeit nur von diesen alten Krachern, sondern wenden wir uns den Hauptpersonen, nämlich den Kindern des Holzhackers, den wir im weiteren Franz K. nennen wollen, zu. Die dem Märchen seinen Namen gebenden Geschwister Hänsel und Gretel, kamen mit dem plötzlichen Bankrott ihren Vaters eigentlich ganz gut zurecht (von der 99%gen Kürzung ihres Taschengeldes einmal abgesehen, Hänsel meinte dazu: „Das ist so ein Scheiß, keinen müden Knopf in der Tasche!“). Nur mit der neuen Stiefmutter kamen sie nicht immer problemlos aus. Es störte sie eben ein bisschen, dass sie ihnen immer ihre Sojaprodukte aus biologischer Landwirtschaft einflössen wollte.

Die Wirtschaftslage

Wie es nun öfters vorkommt, war die Zeit der Hochkonjunktur schon lange wieder vorbei und eine Rezession zeichnete sich ab, die Arbeitslosenquote und die Inflation stiegen fast so schnell wie das Nettorealeinkommen sank. Die Frau von Franz K., wir wollen sie ab sofort Claudia K. nennen, war natürlich eine fundamentalistische Globalisierungsgegnerin und dementsprechend pessimistisch, was die Konjunkturerholung betraf.


Eines Abends, als sie alle schon im Bett lagen, sagte sie plötzlich zu ihrem Mann: „Hör einmal zu Franzi, ich will dir nichts vormachen, wir haben weder gesetzliche Zahlungsmittel noch essbare Wirtschaftsgüter im Haus, verstehst du was ich damit andeuten will?“
Franz: „Ja, ich verstehe was du mir damit sagen möchtest Schatz, aber wie sollte ich schon unsere Situation bei der jetzigen Wirtschaftslage und ohne ausreichendes Eigenkapital spürbar verbessern?“
Mit einem Blick, als ob sie den Weltrekord im Regenwürmeressen aufstellen müsste, sagte sie: „Du hast leider Recht, bei der Schreckensherrschaft der internationalen Konzerne kann man als einzelner Proletarier ja fast nichts ausrichten.“
Franz: „Meinst du nicht, dass du das alles ein bisschen zu marxistisch siehst?“
„Jetzt hör auf so geschwollen daherzuschwafeln und hör mir lieber zu. Morgen werden wir die Kinder in den Wald mitnehmen und sie dort zurücklassen. Das hat den Vorteil, dass wir beide höhere Überlebenschancen haben und gleichzeitig das ruhige Gewissen, dass wir unsere Kinder wieder dem Kreislauf der Natur zugeführt haben.“
Franz bemühte sich um eine einfühlsame Stimmlage und sagte zu seiner Frau fast flüsternd: „Falls du irgendwelche Probleme hast, Persönlichkeitsstörungen oder so, ich kenne da einen Psychiater, der ist ganz ausgezeichnet, der versteht sich auf solche Sachen…“
Aber es half nichts, da er leicht zu manipulieren war, willigte er schließlich in diesen geisteskranken Plan ein.

Lauschangriff

Hänsel und Gretel lauschten aber an der Türe, so wie sie es jede Nacht zu tun pflegten und waren wegen der existenziellen Bedeutung die der Gesprächsinhalt für ihr weiteres Leben haben konnte wach geblieben, obwohl die Eltern nicht gerade zwei Stimmungskanonen waren.

„Das ist ja schlimmer als im Fernsehen, was sollen wir nur tun Hänsel?“
„Jetzt sei nicht gleich so ein Waschlappen Gretel, ich werde mir schon wieder mein Gehirn für dich verrenken und meine arme kleine Schwester retten, genauso wie damals, als du Papas Rolex beim Pokern verspielt hast.“
„Musst du immer wieder diese alte Geschichte aufwärmen?“
Hänsel ließ sich aber nicht beirren und ging raus in den Garten, dort sah er am Wegrand eine Schachtel original amerikanischer Donuts mit bunter Zuckerglasur liegen, die vom letzten Reisebus aus dem Fenster geworfen wurde. Mit diesem Fang ging er nun wieder hinein und fragte Gretel, ob sie irgendeine Vorstellung hätte, wozu er diese Donuts verwenden wird.
„Willst du wenigstens eine süße Brotzeit machen bevor wir elend in der Wildnis verrecken?“
Hänsel: „Aber nein, ich streue Donutkrumen aus, wir werden zurückgelassen, wir folgen der Krumenspur und sind in Nullkommanichts wieder zu Hause.“
Gretel: „Aber wie soll das gehen?“
„Verstehst du das denn immer noch nicht? Bist du wirklich so stupid?“
In einer ruhigen und gesitteten Kissenschlacht konnten sie dann ihre letzten Differenzen ausräumen und selig einschlafen.

Die unnütze Kostenstelle

Am nächsten Morgen weckte sie Claudia schon lange vor Sonnenaufgang mit einem kräftigen und liebevollen Schlag auf den Hintern und rief: „Steht endlich auf ihr Faulpelze, wir gehen heute gemeinsam in den Rest des Waldes, den uns die dummen Touristen und gierigen Wirtschaftsbosse noch gelassen haben und hauen gemeinsam Holz. Da habt ihr euer Brot, aber esst das Ding ja nicht vor Mittag, weil außer dem kriegt ihr nichts mehr! Und jetzt raus hier, weil ihr müsst vor zehn Minuten fertig gewesen sein!“
Bei so viel Einfühlungsvermögen wird einem ganz warm ums Herz, findet ihr nicht auch?

 

Sie gingen also tief in den touristisch gut erschlossenen Wald und immer wieder krümelte Hänsel etwas von seinen Donuts herunter.
„Warum bleibst du da immer stehen wie ein Ölgötze und schaust zurück zu unserer Hütte?“ fragte Stiefmutter Claudia in ihrer unnachahmlich schlecht gelaunt klingenden Art und Weise.
„Ich schau nur so. Ob mein Hund vielleicht am Dach sitzt und mir ade sagt.“ erwiderte Hänsel leicht ironisch.
Claudia: „So eine vorlaute und unnütze Kostenstelle.“

Kinderarbeit wird streng bestraft

Sie kamen schließlich in einen so entlegenen Teil des Waldes, dass Claudia meinte, dass das der ideale Ort wäre um Kinder auszusetzen. „Los, macht ein Lagerfeuer, setzt euch davor und wartet bis wir wieder zurück sind, euer Vater und ich gehen jetzt nämlich noch tiefer in den Wald und hacken Holz. Falls uns der Förster nicht dabei erwischt und uns einlocht kommen wir am Abend wieder und holen euch ab.“
„Warum können wir nicht mit euch kommen und euch helfen?“ fragte Gretel so authentisch sie nur konnte.
Claudia: „Weil das dann Kinderarbeit ist und uns der Richter dann noch länger in den Bau schickt wenn man uns erwischt.“
Gretel ließ aber nicht locker: „Aber, was sollten wir denn allein machen wenn ihr nicht zurückkommen würdet?“
Claudia: „Franz, sag du doch einmal etwas!“
Franz: „Hört auf das, was eure Mutter da sagt, auch wenn ihr keine Ahnung habt, was der Blödsinn heißen soll, den sie da von sich gibt.“
So blieben die zwei Kinder allein zurück.

Ein Lob auf die Farb- und Konservierungsstoffe

Die verbrecherischen Eltern ließen aber ein Tonband zurück, auf dem man Geräusche wie bei der Holzarbeit hören konnte, sodass die armen Kinder im Glauben einschliefen, ihr Vater wäre noch in der Nähe.
Gleich nach dieser Tat verließen Claudia und Franz K. den Wald auf schnellstem Wege. Als die Kinder aufwachten waren sie vollkommen allein und es war stockdunkel - genauso wie sie es erwartet hatten. Entgegen den Befürchtungen von Gretel, die Vögel könnten die Krümel fressen waren sie noch da – die giftigen Farb- und Konservierungsstoffe hatten ihre Wirkung nicht verfehlt.
So folgten sie so schnell sie nur konnten der Donutkrümelspur direkt nach Hause und zwar so flott, dass sie noch rechtzeitig zum Abendessen kamen.

Hänsel: „Hallo, was gibt es zu beißen? Wir zwei haben nämlich einen mächtigen Kohldampf.“
Claudia: „Hänsel, Gretel, kommt in meine Arme, meine kleinen Schätzchen! Ich bin schon fast gestorben vor lauter Angst um euch. Ich wollte gerade unter Einsatz meines Lebens in der Dunkelheit in den Wald und euch suchen gehen, ich wäre ja überhaupt nicht aus dem Wald gegangen ohne euch gefunden zu haben, aber eurer herzloser Vater hat mich mit allen Kräften zurückgehalten. Ist doch so Franzi, oder?“
Franz: „Gar nicht wahr! Immer bin ich der Buhmann!“
So lebten sie noch ein paar Tage, mehr oder eher weniger glücklich, aber auf jeden Fall nicht bis an ihr Ende und als der Monat schon wieder viel zu viele Tage hatte um die laufenden Kosten bezahlen zu können, begann das Spiel von neuem.

Die Hexe

Wieder gingen sie in den Wald, wieder drehte sich Hänsel um und warf diesmal seine gesamte Sammlung kostbarer Steine und Mineralien zu Boden. (Hänsel: „Buhu! Das überleb ich nicht, das ist mein Ende!“)
Nachdem er seiner Stiefmutter wieder die Geschichte mit dem Hund erzählt hatte, wurde diese langsam etwas sauer:
„Soll dich doch der Saurier beißen!“

Als sie nun wieder an so einer idealen Aussetzungsstelle angekommen waren, war nun Hänsel an der Reihe, zu fragen warum sie nicht mitgehen konnten und sich die dummen Ausreden anzuhören.
Als sie den Eltern einen respektablen Vorsprung gegeben hatten brachen sie auch auf, aber genau in diesem Moment sahen sie den letzten Touristen von der heutigen Reisegruppe mit dem letzten von Hänsels Steinen verschwinden.
Gretel: „So Freund der Berge und was machen wir jetzt?“
Hänsel: „Keine Angst, ich deichsle das schon!“
Gretel: „Du? Haha! Da kann ich ja nur lachen, wenn du auf mich gehört hättest, dann wären wir schon halb zu Hause.“

Streitend, schimpfend und gelegentlich auch raufend verliefen sie sich so immer tiefer in dem Wald.
Hänsel: „Jetzt ist alles aus, jetzt krepieren wir hier im Wald, ich spüre es schon.“
Gretel versuchte natürlich ihren Bruder zu trösten:
„Reiß dich zusammen du Milchbubi!“
Und genau da, als alles verloren schien, roch Hänsel plötzlich etwas.
Hänsel: „Da, schau Gretel! Da ist ein Haus! Ein Haus, gebaut aus Brot und Lebkuchen, mit Fenstern aus süßem ungesundem Zucker! Los, komm, da bedienen wir uns.“
Gretel: „Und was ist, wenn das eine Falle ist, die uns eine böse alte Hexe gestellt hat, um uns einzufangen und zu fressen?“
Hänsel: „Du spinnst ja, du liest wohl zu viele Märchen und Schauergeschichten.“
Mit diesen Worten stürzte er sich auf das Häuschen und als Gretel sah dass nach zehn Minuten immer noch nichts passiert war, tat sie es ihm gleich.
Auf einmal hörten sie aber eine zarte Stimme die da sagte:
„Und? Schmeckt´s?“
Erschrocken drehten sie sich um und sahen eine junge Frau mit verspiegelter Sonnenbrille lässig neben der Eingangstür lehnen.
Sie sprach: „Ihr zwei scheint mir ja eher Einfallspinsel zu sein, darum will ich mich großzügig zeigen und euch helfen.“
Mit einer angedeuteten Verbeugung und einem Wink in ihre Stube sagte sie:
„Kommt nur rein, ich heiße übrigens Vanessa, aber ihr zwei dürft mich Nessie nennen.“
Nachdem Hänsel und Gretel eingetreten waren, klebte Nessie nur noch schnell ihren Kaugummi auf den Türstock und kam ihnen nach.

Giacomo

Leider wussten die beiden nicht, dass Vanessa zwar saunett wirkte, aber in Wirklichkeit eine recht abgefeimte junge Hexe war. Gleich nach dem Ende ihres Studiums der schwarzen Magie und anderer Unsitten, nahm sie eine Stelle als Köchin im Menschenfresser-Lokal „zum zarten Kindlein“ an. Aber als es immer schwieriger wurde, Menschen zu entführen um sie dieser eher ungewöhnlichen kulinarischen Richtung zuzuführen, musste das Lokal schließen und Vanessa ließ sich im Wald nieder, wo sie nur noch selten jemanden „zum Essen“ fand. Ihr Lebkuchenhaus kreierte sie ja eigentlich nur deshalb, um Hänsel und Gretel anzulocken. Tja, Mission geglückt!

 

Hänsel und Gretel schöpften in der Zwischenzeit nicht den geringsten Verdacht, denn Nessie trug kein einziges Merkmal einer Hexe so wie es im „Hexenhammer“ beschrieben ist, besonders „unhexenhaft“ wirkte die Designer-Sportbekleidung, die sie ununterbrochen trug. Sie schien sich außerdem größtenteils von frisch eingeflogenem Gebäck, Müsliriegeln, Obst und Energydrinks zu ernähren. Ach ja, fast hätte ich vergessen, dass sie auch noch einen Kater hatte, ich meine so einen der schnurrt und nicht so einen den man selber hat. Man muss aber noch dazu sagen, dass Nessie sich als begabte Hexe selbstverständlich mit allen Tieren problemlos unterhalten konnte.

Vanessa: „Giacomo! Los komm her mein Kätzchen!“
Giacomo: „Las mich schlafen.“
Vanessa: „Los, komm her du fauler Sack!!“
Langsam und träge schlich Giacomo, seinem Schicksal ergeben, zum Tisch und ließ sich von Hänsel und Gretel pflichtbewusst streicheln, denn er wusste dass er für Sympathie zu werben hatte.
Sie offenbarte den beiden dann, dass sie eine Hexe sei und dass sie mit ihr das große Los gezogen hätten.
Vanessa: „Euer alter Vater ist sowieso nicht zu gebrauchen, wenn er euch im Wald zurücklässt, ich bin da eine ganz andere. Ich will ja nicht angeben, aber ich bin jung, hübsch, intelligent, gebildet, geschickt, reich und…“
„…eingebildet, egozentrisch und selbstherrlich.“ maunzte es von dem Stuhl neben ihr, wo Giacomo gerade die Zeitung studierte.
Vanessa: „Ich würde lieber meinen Mund halten, wenn ich so ein kleines parasitär lebendes Fellbündel wäre wie du!“
“Entschuldigung! Ich streite hier mit dem blöden Kater, denn ihr nicht einmal versteht und ihr sitzt hier ohne Abendessen. Was hättet ihr denn gerne?“
Hänsel: „Sag du zuerst Gretel, ich muss noch überlegen.“
Gretel: „Also ich hätte gern ein Rindsschnitzel mit Schupfnudeln und als Nachspeise einen Apfelstrudel. Und du Hänsel?“
Noch in dem Moment wo Hänsel anfangen wollte zu sprechen, schnallte sich Nessie ihre Rollerskates um, brauste in die Küche und kam im selben Moment mit dem Rindsschnitzel zurück, gab es Gretel und lehnte schon wieder lässig am Sessel. „Da staunt ihr Bauklötze, was?“ sagte Vanessa sichtlich selbstzufrieden.
Nachdem er den ersten Schock verdaut hatte, sagte Hänsel, um Nessie ein bisschen zu ärgern:

 

„Na ja, nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich gerne ein Steak à la Hollywood hätte. Aber du solltest es mir folgendermaßen zubereiten: Das Steak muss am Holzkohlengrill genau 7 Minuten braten, dann gibst du 5 dünn geschnittene Tomatenscheiben darauf, darüber ein gratiniertes Omelette von 2 Eiern, darüber 4 zerhackte fein gedünstete Champignons sowie eine ganz hauchdünne Scheibe gebratenen Speck und etwas Trüffel sauté. Dann gibst du einige frisch gekochte Spargelspitzen dazu und 2 bis 3 Artischockenböden. Über das ganze gießt du mir dann bitte noch eine holländische Sauce! Hast du dir das alles gut gemerkt?“

Von dem langen Zuhören müde geworden nickte sie nur gelangweilt, schnippte kurz mit dem Finger und das Steak stand schon vor ihm.
„Du hast wohl geglaubt, du könntest mich in Verlegenheit bringen, wie? Mach dir nichts daraus, das hat noch keiner geschafft.“
Giacomo meldete sich aber wieder zu Wort: „Stimmt ja gar nicht, weißt du nicht mehr, wie du deinen neuen Pool in Betrieb genommen hast und keine Ahnung gehabt hast, wie man die Gegenstromanlage…“
Vanessa: „Schon gut! Das reicht!“

Das unnötige Kapitel

Hänsel und Gretel schliefen wunderbar und waren noch mehrere Wochen bei Nessie zu Gast. Die hatte in der Zwischenzeit natürlich schon längst beschlossen wie sie die beiden verarbeiten wollte und alle Vorbereitungen für ihre Zubereitung getroffen. Als sie gemeinsam beim Frühstück saßen (Es gab unter anderem Pfannkuchen mit kanadischem Ahornsirup.) wollte sie den beiden aber das Leben nicht vor der Zeit schwer machen und sagte noch nichts von ihrem Ansinnen.

 

„Warum trägst du eigentlich fast immer eine Sonnenbrille, Nessie?“
„Ach, böde Angewohnheit, als Hexe hat man nämlich rote Augen. Das habe ich nicht so ganz ästhetisch gefunden und habe meine Augen stattdessen blau gefärbt, die Sonnenbrille trage ich aber noch immer. Schaut aber cool aus, gell?
„Super! Meine Aktien sind gestiegen.“ meinte Giacomo während er genüsslich seinen eisgekühlten Hawaii?Drink schlürfte.
Vanessa: „Du bist ja wirklich genialer Finanzmagnat, aber einem Universalgenie wie mir kannst du nicht das Wasser reichen.“
Giacomo konterte jedoch gleich: „An Bescheidenheit gehen wir ja wohl nicht zu Grunde, Frau Neunmalklug.“
Vanessa: „Wenn es doch wahr ist! Um dort hinzukommen wo ich jetzt bin, braucht es Wissen, Weitblick und Wagemut, das sind die drei großen Ws. Hörst du mir überhaupt zu, Katze?“
Giacomo: „Nein, aber es hilft nichts, ich höre dich trotzdem.“
Nach diesem kurzen Disput klebte Vanessa – wieder einmal – ihren Kaugummi an den erstbesten Ort den sie finden konnte, diesmal Giacomos Fell.
Giacomo: „Bist du noch zu retten? Weiß du eigentlich wie schwer es ist ein Katzenfell zu reinigen?“
Sie entzog sich seiner Entrüstung indem sie ihren MP3-Player hervorzog und sich ein bisschen Musik gab.

Die Hexe in der Tiefkühltruhe

Am Nachmittag war der Zeitpunkt gekommen, Hänsel und Gretel über ihr grausames Schicksal aufzuklären.
Zuerst fesselte Nessie Hänsel an einen Stuhl, danach sagte sie kaugummikauend zu Gretel: „So jetzt schau bitte einmal noch ob ich noch genug Platz für euch in meiner Tiefkühltruhe hobe. Eigentlich wollte ich euch gleich braten und essen, aber dann habe ich mir gedacht, dass zwei so feine Bissen wie ihr nur selten vorbeikommen und ich euch für einen besonderen Anlass aufheben sollte.“
Gretel: „Du bist soo fies!“
Vanessa: „Man gibt sein Bestes, aber nehmt das bitte nicht persönlich, immerhin habt ihr eine schöne Zeit bei mir gehabt und im Wald hätten euch ohnehin nur die wilden Tiere zerfetzt – da sterbt ihr bei mir viel schneller und schmerzloser.“
Giacomo lag in diesem Moment wieder einmal mitten im Weg und wie es der Zufall so wollte, stolperte die junge Hexe Vanessa über ihren fetten Kater, stürzte nach vorne, schlug sich den Kopf an ihrer Tiefkühltruhe an und stürzte bewusstlos zu Boden.
In dieser Situation war Gretel sofort geistesgegenwärtig zur Stelle und befreite ihren Bruder aus seiner misslichen Lage.
Gretel: „Los Hänsel, lass uns Vanessa in die Tiefkühltruhe heben.“
Hänsel: „Also ich weiß nicht Gretel, ist das nicht so etwas ähnliches wie Mord oder Todschlag? Ich meine, wenn sie da drin jetzt erfriert oder so.“
Gretel: „Ach, sei kein Frosch und hilf mir schon.“
So wurde die Hexe gut eingekühlt. Doch dann zeigte Giacomo, der bisher bei allem gelangweilt zugesehen hatte in die Hexenküche von Vanessa und führte sie zu einer Flasche und gestikulierte ihnen zu, dass sie daraus trinken sollten, was sie auch umgehend taten, denn sie vertrauten dem smarten Kater.
Giacomo: „Jetzt hört mir einmal gut zu, das war ein Zaubertrank mit dessen Hilfe ihr von nun mit allen Tieren kommunizieren könnt, auch wenn ihr in der weiten Welt wohl kaum einen zweiten Kater von meiner Intelligenz finden werdet, bei dem es sich so lohnen wird mit ihm zu reden, aber kommen wir lieber zur Sache.“
Er legte eine kurze Pause ein und überzeugte sich nochmals von ihrer Aufmerksamkeit, dann fuhr er fort: “Geht hinuter in den Keller, dort sind Vanessas Schätze gebunkert, ihr wisst schon, Gold, Diamanten, Rubine, Geld, Besitzurkunden und das ganze Zeug. Das sind sozusagen die Erträge aus ihren umfangreichen Geschäften, Drogen-, Menschen- und Waffenhandel, Betrieb illegaler Glücksspielcasinos, Schutzgelderpressung, Raubgut aus Überfällen und so weiter. Im Schrank im Vorraum findet ihr große Säcke, mit denen könnt ihr den ganzen Plunder hinaus in die Garage, in ihren Geländewagen transportieren und euch damit aus dem Staub machen. Und falls ihr den Weg nach Hause nicht genau kennt, wird euch ihr Navigationssystem bestimmt gute Dienste leisten.“

Kurze Zeit waren sie über die Rede von Giacomo ein klein wenig verwundert, aber dann dankten sie ihm herzlich und wünschten ihm ein langes und glückliches Leben.
Gretel: „Wie können wir dir nur danken?“
„Ah, jetzt kommen wir zu dem Teil den ich schon die ganze Zeit ansprechen wollte. Wenn ihr in den ersten Stock hinaufgeht kommt ihr zu einem Zimmer, das ist die Finanzzentrale von Nessie, dort könntet ihr für mich ein paar ihrer Konten ein wenig, sagen wir einmal, umleiten und falls ihr euch nicht auskennt kann ich euch bestimmt weiterhelfen.“
So gingen sie in Frieden und Eintracht nach oben und spielten zum Abschied noch ein wenig Wirtschaftsboss mit Giacomo, danach fuhren sie mit Vanessas Geländewagen auf und davon.

Aber es geht noch weiter

Dank satellitenunterstützer Navigation kamen die beiden auch ohne guten Orientierungssinn rasch voran, auch wenn die ganzen geraubten Schätze den Wagen doch etwas belasteten. Nachdem sie schon drei Viertel des Weges zurückgelegt hatten wollte Hänsel aber auch einmal fahren und sagte: „Jetzt komm schon Gretel, sei nicht so geizig, lass mich auch einmal ans Lenkrad!“
Sie sagte zwar, dass er verrückt sei und sie viel besser fahren könne als er und dass Männer am Steuer sowieso kriminell seien, aber es half alles nichts, sie musste ihm die Freude machen.
So kam es, dass Hänsel den gesamten Jungwald auf ihrem Weg eliminierte, das Fahrzeug schwer beschädigte und sie schließlich am Waldrand von einem Polizisten angehalten wurden.

 

Polizist: „Also, fassen wir es noch einmal zusammen: Ihr zwei minderjährigen Geschwister fahrt mit einem bis an den Rand mit Geld und Wertsachen gefüllten Geländewagen durch den Wald, wobei ihr den gesamten Bestand an Jungbäumen im Umkreis von etwa 10 Kilometern zu Zahnstochern verarbeitet und so ganz nebenbei die Ruhe von Dutzenden bedrohten Tierarten stört und deren Lebensraum demoliert, ganz zu schweigen davon, dass ihr meinen Dienstwagen schrottreif gefahren habt und mich beinahen niedergewalzt hättet als ich euch an der Flucht gehindert habe. Ist das bis hierher korrekt?“
Hänsel: „Na ja, im Großen und Ganzen schon Herr Wachtmeister aber…“
„Kein aber! Lasst mich gefälligst ausreden, wenn ich gerade so schön in Fahrt bin! Und die Schuld an all dem trägt also angeblich eine junge, kaugummisüchtige Hexe die immer eine Sonnenbrille trägt und…“
„Eine sehr coole Sonnenbrille, wenn ich das anmerken darf.“ unterbrach ihn Hänsel.

Polizist: „Halt den Mund! …die immer eine schwarze Sonnenbrille trägt und einen in finanziellen Gebarungen äußerst begabten Kater hat. Ist das so korrekt?“
Hänsel, als Fahrer Hauptverantwortlicher, suchte nach passenden Worten: „Ich würde es, nun sagen wir einmal so, etwas anders ausdrücken, aber das können wir zur Not schon so stehen lassen.“
Polizist: “Ihr habt Glück, dass wir in einer unaufgeklärten und absolutistischen Monarchie leben, wo auch Kinder schon im vollen Umfang für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden können, wenn es die Umstände erforderlich machen.“
Nun schaltete sich Gretel wieder ein: „Könnten sie das bitte für meinen geistig etwas beschränkten Bruder noch einmal auf Deutsch sagen?“
„Natürlich. Ich weiß wirklich nicht, was euer Problem ist, aber im Knast werdet ihr sehr viel Zeit haben darüber nachzudenken.“
Gretel bemühte sich nun diese unangenehme, durch ihren Bruder verursachte Situation zu managen: „Hören sie Herr Wachtmeister, wir sind in dieser ganzen dummen Geschichte wirklich die Opfer, das müssen sie uns glauben! Wir zeigen uns natürlich auch kulant. Wir geben ihnen diesen 88-karäten lupenreinen südafrikanischen Diamant als kleine Wiedergutmachung und sie vergessen das Ganze schnell wieder und lassen uns weiterfahren. Was sagen sie dazu?“
Polizist: „Versucht ihr etwa mich zu bestechen?“
Hänsel: „Aber nein! Das würden wir nie wagen!“
Polizist: „Solltet ihr aber.“
Nach zähen Verhandlungen einigten sie sich schließlich auf ein angemessenes Schmiergeld und die Kinder konnten weiterfahren.

Happy End

Den restlichen Weg fuhr aus Sicherheitsgründen wieder Gretel. Kurz bevor sie beim Haus ihrer Eltern ankamen, versteckten sie etwas mehr als die Hälfte ihrer Beute, denn sie wussten, dass ihr Vater kein besonderes Finanzgenie war und sie wollten etwas für Notzeiten haben. Als sie vor der Tür des Vaters lautstark hupten, kam dieser gleich herausgelaufen und umarmte Hänsel und Gretel freudig. Während sie die letzten Wochen Urlaub bei Nessie machten, hatte ihr Vater nämlich keine ruhige Minute und nur der plötzliche Tod seiner Frau konnte ihn ein klein wenig trösten. Zum einen Teil lag seine Freude daran, dass er sich geschämt hatte, seine Kinder im Wald zurückgelassen zu haben, zum anderen daran, dass die Kripo gegen ihn wegen Kindermordes ermittelte und seine Kleinen ihn nun endlich entlasten konnten. Mit dem Teil des gestohlenen Geldes, den sie ihrem Vater nicht verheimlichten, begannen sie ein neues Leben als Industrieelle und zogen in die Stadt. Dort lebten sie glücklich und zufrieden.

Vanessas Comeback

Ist das etwa schon das Ende? Was wurde denn aus Vanessa, der Hexe? Ist sie wirklich erfroren und hat ihr Kater Giacomo ihr Finanzimperium übernommen? Nicht ganz. Denn nachdem bei ihr keiner ihre laufenden Rechnungen bezahlte – Giacomo gönnte sich eine kleine Auszeit, außerdem denkt so ein Finanzmogul nicht an sie profane Dinge -, da also niemand die Rechnungen bezahlte wurde nach 5 Monaten der Strom abgedreht. Allerdings dauerte es da noch einige Zeit bis sie wirklich auftaute, denn sie besaß ja eine qualitativ hochwertige Gefriertruhe eines namhaften Herstellers mit Energieeffizenzklasse A++, 441 l Nutzinhalt und einer Lagerzeit bei Störung von 74 Stunden.
Aber irgendwann regte sie sich doch wieder und stieg, quasi wieder zum Leben erwacht, aus ihrer Truhe.

 

Jeder Klassenprimus wird jetzt natürlich sofort entsetzt aufspringen und sagen dass das absoluter Schwachsinn ist und uns lang und breit erklären, dass man Säugetiere nicht einfrieren kann. Um seine Aussage zu untermauern wird er auch noch anmerken, dass die sich bildenden Eiskristalle das Gewebe zerstören würden und so weiter und so fort. Wir freilich wissen natürlich, dass eine Hexe wie Vanessa mit allen Wassern gewaschen ist und so etwas übersteht ohne dass sie auch nur unfrischen Atem bekommen würde. Nachdem wir das also geklärt haben dürften können wir mit unserer Geschichte fortfahren.

 

Giacomo: „Oh, äh, hallo Nessie, wie wunderbar, dass du wieder da bist. Du musst wissen, ich bin jede Nacht 14 Stunden ohne Unterbrechung neben deinem eisigen Gefängnis gesessen und haben geweint und bin fast gestorben vor lauter Kummer, dass ich dich als Katze nicht befreien konnte. Ich hätte ja Hilfe geholt, aber diese kleinen Biester haben mir alle Verbindungen zur Außenwelt gekappt, das musst du mir einfach glauben.“
Vanessa: „Sei lieber ruhig und sag mir wo mein Zaster abgeblieben ist!“
Giacomo: „Tja, weißt du…, das ist eine ganz blöde Geschichte…“
Vanessa: „Ich höre, aber sag ja nichts Falsches, sonst endest du als Staubwedel!“
Giacomo: „Also das war so: Zuerst war ich wie zur Salzsäule erstarrt, als ich sah wie sie dich einfach kaltblütig beseitigten. Ich nahm dann alle meine Kräfte zusammen und kämpfte gegen sie wie ein Löwe, es war aber absolut hoffnungslos, gegen einen zart besaiteten und pazifistischen Kater wie mich sind das die reinsten Kampfmaschinen…“
Vanessa: “Fass dich gefälligst kurz!“
Giacomo: „Sie haben sich alles was sie gefunden haben unter den Nagel gerissen und sind mit deinem nagelneuen und frisch frisierten Bulliden ab durch die Mitte. Reicht dir das?“

 

Zuerst wollte Vanessa ja ihre magischen Rollerskates umschnallen und mit 17facher Schallgeschwindigkeit abbrausen um die zwei kleinen Verbrecher zu stellen und an ihnen blutige Rache zu üben, aber nach ihrer monatelangen Gefangenschaft im Eis hatte sie genug vom Hexenberuf und wurde Fitnesstrainerin und Radiomoderatorin. Auch ihre Ernährung stellte sie auf völlig menschenfreie Kost um. Sie fühlte sich danach wesentlich ausgeglichener und spürte Hänsel und Gretel dann in der städtischen Villa ihres Vaters auf um ihnen zu danken. Die beiden waren sehr froh, dass sie Nessie wieder als Freundin gewonnen hatten und dass sie ihr das gestohlene Schwarzgeld nicht zurückgeben mussten.

Epilog

Nur eine einzige Sache trübte da noch ihre Freundschaft, nämlich dass sich Hänsel und Gretel das von Nessie erfundene Lebkuchenhaus patentieren ließen und damit Millionen machten auf die sie dann Anspruch erhob, aber das ist eine ganz andere (juristische) Geschichte…

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Hörbuch

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LordUltra
Ich rasiere mich nur jeden zweiten Tag.

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Herbsttag So, nun wissen wir endlich - wie die Nürnberger Lebkuchenfirmen entstanden sind. Nicht schlecht, wie Du die alte neue Geschichte von Hänsel und Gretel erzählst. Du hast eine klasse Phantasie. Katakombe
Vor langer Zeit - Antworten
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