Kurzgeschichte
Der Schwarze Tod

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"Der Schwarze Tod"
Veröffentlicht am 15. Juli 2011, 22 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

33 Jahre Verheiratet Absoluter Fitnessfreak Bücherwurm und Schreiberling
Der Schwarze Tod

Der Schwarze Tod

Beschreibung

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Der Schwarze Tod

Der Schwarze Tod


 

 

Tagebuch Eintrag

13ten August 1348

 

Heute war ich auf dem Pariser Markt um etwas zu essen zu besorgen.

Viel Geld besaß ich nicht und das wenige was ich besaß lag gut versteckt unter einer Holzbohle im Schlafraum meines kleinen Hauses. Meine Frau Bechta und ich sammelten es lieber für die bald kommenden Wintermonate. Dennoch besaß ich etwas sehr wertvolles in meiner Linken Jackentasche, dessen Inhalt ich auf den immer voller werdenden Markt gut Hüten musste, damit es nicht versehentlich zerquetscht wurde.

Ich hoffte zwei frischgelegte von unserem einzigen Huhn, stammende Eier gegen etwas Weizen einzutauschen. Doch Weizen und andere Feldfrüchte waren schon seit Jahren knapp. Die Ernten der letzten Jahre waren zwar größten teils üppig doch durch die stetig ansteigende Population der Bevölkerung im ganzen Land, wurde es immer schwerer die Bedürfnisse jedes einzelnen zu erfüllen.

Die Straßen Paris waren sehr unstet. Oft wechselte der Boden von grob gepflastertem zu sandigen oder matschigen Erdboden der von Furchen, durch Kutschen oder Brouetten, eine dreirädrige Karre der Händler, gezeichnet war. Das Stadttor war weit geöffnet damit die Krämer die auf dem Markt ihre Dienste beziehungsweise ihre Waren anboten, für drei Münzen, schnell eingelassen werden konnten. Die meisten von ihnen lebten in Provisorischen Steinhütten die Sie einfach außerhalb der Stadtmauern errichteten. Somit wuchs Paris unaufhaltsam über seine Grenzen hinaus.

Ich begegnete einem Geistlichen Pilger der mir ähnliches Wachstum aus anderen großen Städten Europas berichtete.

Wie immer stank es bestialisch in den engen Gassen und auch auf dem Markt. Überall wo man hinsah war Leid und Elend zu sehen. Verwaiste Kinder die alleine oder in kleinen Grüppchen Schutz, unter einem provisorischen Holzverschlag, vor der Witterung suchten. Zwischen ihnen tummelten sich Ratten. Ratten, egal wo man hinsah konnte man mindestens eines dieser Biester oder sogar ganze Horden über die engen Gassen huschen sehen. Bettelnde Frauen mit Babys auf den Armen, die nicht das Glück hatten ein Huhn oder sonstiger gleichen ihr eigen nennen zu können.

Ich lief langsam über den Marktplatz. Beäugte die Krämer die Weizen verkauften. Den was ich tat war Riskant. Ware zu Tauschen war vom König selbst verboten worden. Also musste ich einen Krämer finden der Korrupt genug aussah um solch ein Wagnis einzugehen. Heute war das Glück mir holt. Ich fand einen Krämer nahe am Stadttor. Zwar waren die Soldaten des Königs nicht fern und ihn somit zu fragen hätte mein verderben sein können, wenn er sich dazu entschloss mich an die Soldaten zu verraten und die Belohnung dafür zu Kassieren. Doch ich bekam mit wie seine Frau mit ihm Stritt weil er immer noch keine Eier besorgt hatte. Dies war mein Stichwort. Ein Krämer der mir Weizen gegen meine beiden Eier eintauschen würde. Ich handelte mit ihm und wir einigten uns auf eine Handvoll Weizen pro Ei. Das würde für zwei Tage reichen.

Er fragte mich noch wo ich Wohne um mit mir öfters ins Geschäft zu kommen. Doch ich blockte ab. Die Möglichkeit dass er uns einen unerwarteten Besuch abstattet und meine Ganze Familie umbringen ließ um an das Huhn zu kommen war zu Riskant. Doch ich versprach ihm mich bei Zeiten wieder bei ihm zu melden wenn der Bedarf bestehe.

Meine Frau war begnadet darin aus dem wenigen was wir hatten, viel zu machen.

Das war auch gut so, denn sonst würden wir unsere beiden Mädchen nicht satt bekommen.

Ich brauchte zwar nur 10 Minuten bis zum Markt doch für den Heimweg fast 3 Stunden. Zu groß war die Gefahr von dem Krämer oder einem seiner Handlanger verfolgt zu werden.

Zwar war es ebenfalls gefährlich so lange mit Weizen in der Tasche durch Paris zu laufen, aber ich versuchte so armselig wie möglich auszusehen und meine Freude über den erworbenen Weizen zu verbergen.

Ich suchte große Menschenansammlungen um vermeidliche Verfolger abzuschütteln. Rannte durch enge nicht bewohnte Gassen, versteckte mich an dunklen nicht einsehbaren orten um zu sehen ob mich jemand verfolgte.

Erst als ich ganz sicher sein konnte, ging ich nach Hause.

Meine liebe Frau Bechta ruft zum Abendessen.

Eintrag ende.

 

Ich trat vom Schlafraum, in den Gemeinschaftsraum. Einen Tisch und Stühle besaßen wir nicht. Meine Frau Bechta und meine beiden Kinder Bella 5 Jahre und die ältere Benedikta saßen kniend auf den Holzfußboden. Es war Düster und nur das offene Feuer an dem Bechta das Essen zubereitet hatte spendete Licht.

„Ahh, meine drei Engel“, sagte ich und Kniete mich dazu.

„Hm Bechta es duftet herrlich. Was gibt es denn?“ „Weizenlinge mein liebster“, sagte sie und hob den Deckel einer alten Holzschale an. „Oh so viel, hast du denn den ganzen Weizen verbraucht“, fragte ich aus Sorge morgen wieder auf den Markt zu müssen. „Nein nur die Hälfte. Ich habe ihn den halben Tag quellen lassen und als unser Huhn noch ein Ei warf dachte ich, das dies ein gutes Mahl sein würde“

„Wahrhaftig ein gutes Mahl Bechta. Du bist eine ebenso gute Mutter wie Ehefrau“.

Es gab für jeden ein Weizenling. Es war nicht besonders viel und ein einfaches Gericht, doch jener Tage ein wahres Festmahl und mehr als andere an diesen Abend zu sich nehmen bekommen würden.

Die freudigen und zufriedenen Gesichter meiner beiden Kinder waren Genugtuung für den langen Tag auf dem Markt.

 

„Ich habe heute einen Pilger getroffen“, sagte ich.

„Und was sagte er dir“, fragte Bechta neugierig.

„Er erzählte mir über die Hungersnöte in anderen Ländern. Es scheint überall dasselbe zu sein“.

„Das erzählen doch alle Pilger, nur um etwas essbares zu bekommen. Er wollte dich bestimmt segnen damit du keinen Hunger mehr leiden musst“

Ich lächelte. „Ja in der Tat, das hat er versucht. Aber ich gab ihm zu verstehen das ich nichts Besitze was man essen könne“.

„Und darauf ist er bestimmt verbittert und fluchend seines Weges gegangen“, lachte Bechta.

„Nein das ist er nicht“. Bechta sah sofort mein besorgtes Gesicht und schickte die beiden Kinder in den Schlafraum.

„Was hat dir der Pilger erzählt Eglolf“.

Ich zögerte einen Moment. Sollte ich meine Frau mit solchen Geschichten belasten?

„Er erzählte von einer Mysteriösen Krankheit die sich von Asien her ausbreitet“, sagte ich schließlich.

„Was für eine Krankheit?“

„Man weiß es nicht. Er selbst sagt das er mit einem Schiff geflohen ist um nicht auch zu Sterben“

Bechta hielt sich die Hände vors Gesicht. „Das ist ja furchtbar.

Wenn das wahr ist…“

„Wenn es wahr ist. Ich Persönlich glaube nicht daran.

Ich denke er wollte mir einfach nur eine gute Geschichte auftischen damit ich ihn für seine Informationen doch noch Bezahle“

Du weißt doch Pilgern sollte man bestenfalls nur die hälfte glauben.

Bechtas besorgtes Gesicht Löste sich wieder. „Ach Schatz, erzähle mir nicht solch Schauergeschichten. Du weißt das ich mich zu sehr Sorge“, sagte sie und Küsste mich.

 

 

Tagebucheintrag 

6ter November 1348

 

Ich komme nicht umher zuzugeben dass der Pilger die Wahrheit über die Mysteriöse Krankheit sagte.

Ich mache mir große Vorwürfe, den sein Wohl gemeinter Ratschlag das Land zu verlassen ignorierte ich völlig.

Wie hätte ich es auch machen sollen. Der Winter steht vor der Tür und einfach wegziehen mit Frau und zwei Kindern auf Grund der Worte eines Fremden?

Und was hätte es gebracht. Von allen Landesteilen und weit entfernten Ländern egal ob Süd, Ost, West, oder Nord. Hört man Gerüchte über eine Krankheit die um sich wütet und jeden mit in den Tod reißt den sie Befällt.

Die Obrigkeit ist besorgt so heißt es. Nicht einmal vor ihnen macht das Ungetüm halt.

Die Anschuldigungen zur Entstehung der Krankheit sind so zahlreich wie die Saatkörner einer Ernte.

Manche schreiben der Krankheit bestimmter Volksgruppen zu, die Wasser und Lebensmittel vergiften um alle anderen auszulöschen.

Ärzte geben Ratschläge nur noch die Fenster zum Norden hin zu öffnen, damit die schlechte Luft aus dem Süden nicht in die Zimmer des Hauses geriet um dort neue Opfer zu finden.

Andere sagen dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht.

Doch ich kann es nicht glauben.

Eintrag ende.

 

 

Tagebucheintrag

26ten Dezember 1348

 

Die Krankheit hat Paris erreicht. Es ist schrecklich. Sie kam so schnell wie die Morgenröte.

Ich ging heute zum Markt um drei Eier gegen, mit Glück, einen Fisch einzutauschen. Doch auf den Weg dorthin sah ich viele Tote und sehr viele die es bald seien würden in den engen Gassen liegen.

Ein unheimliches Gefühl beschlich mich. Die Toten, ihre Haut war dunkelblau bis grau. Keiner brachte sie weg. Zu groß war die Angst der nächste zu sein.

Zum Schutz hielt ich mir meinen Ärmel vor das Gesicht.

Bis zum Markt kam ich nicht. Eine Todesangst nahm mich in Besitz und ließ mich Heimkeren.

Bechta hat mein erlebtes erstaunlich gut aufgenommen. Sie selbst hat gesehen was geschieht.

Ich habe Angst. Angst um meine Kinder, Bechta und mich selbst.

Sollten wir fliehen?

Eintrag ende.

 

 

Tagebucheintrag

16ten Januar 1349

 

Der Winter hält das Land im festen Griff. Nachts wird es oft so kalt, das wir das offene Feuer trotz der Gefahr brennen lassen und alle zusammen rücken.

Die Stadt wird ruhiger. Es stinkt erbärmlich, viel schlimmer als sonst. Kaum einer verlässt jetzt noch sein Haus.

Keiner geht mehr seiner Arbeit nach. Der Markt ist schon seit drei Wochen geschlossen.

 

Die Kirche bittet alle die sich krank fühlen sich zu melden. Sie werden gesegnet.

Eintrag ende.

 

Tagebucheintrag

4tenFebruar 1349

 

Berichte von Pilgern aus anderen Teilen des Landes gibt es nicht mehr.

Weil es niemanden mehr gibt der sie erzählen kann?

Heute waren ein Arzt und ein Priester bei uns. Sie schauten sich unsere Wohnung an. Der Priester segnete das Haus und der Arzt schaute sich kurz unsere Kinder an.

Keine Symptome des Schwarzen Todes die Pest, sagte er.

Schwarzer Tod, so nannte man die Krankheit jetzt.

Und ja, es war eine Pest. Selbst die Eisige kälte des Winters gebot dem Schwarzen Tod kein einhalt.

Der Arzt fragte mich ob ich mithelfe die Toten der Stadt aufzusammeln und zu einem Punkt außerhalb der Stadt zu bringen um sie dort zu verbrennen.

Er verspricht sich davon die Eindämmung des Schwarzen Todes.

Ich sagte ihm meine Bedenken. Doch er meinte nur das wir Immun seien sonst wären wir längst schon Tod.

Eintrag ende.

 

Tagebucheintrag

6ten Februar 1349

 

Ich habe den Dienst im Namen Gottes angetreten und gehöre nun den Errettern an. Ich bekam neue schwarze Kleidung. Festes Schuhwerk was heutzutage unbezahlbar ist. Meine Familie bekommt dafür den Heiligen Schutz der Kirche und etwas zu essen. Dies war wohl der Grund warum ich mich dafür gemeldet habe. Ich weiß einfach nicht mehr wie ich sonst meine Familie ernähren soll. Und der schwarze Tod holt sich diejenigen zuerst die ihm nichts entgegen zu setzen haben.

Meine drei Engel. Sie schlafen so schön.

Heute war mein erster Tag.

Das es schlimm werden würde war mir klar. Aber so schlimm.

Wir sind vier Mann. Zwei ziehen die Bare und die anderen beiden werfen die Leichen darauf.

Ich musste mich ein Dutzend Mal übergeben.

Die Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf wie die überlebenden aus lauter Verzweiflung um ihre Toten kämpfen und wir sie nicht weg nehmen. Am schlimmsten war es für mich Kindern ihre toten Eltern zu nehmen. Es wird niemanden geben der sich um sie kümmert.

Heute haben wir 46 Leute den langen Weg über den Marktplatz durch das Stadttor aus der Stadt hinaus zum großen Feuer auf einer nahegelegenen Anhöhe gebracht und sie dort verbrannt.

Dabei waren vier ganze Familien. Vater Mutter und Kinder. Eine Mutter hielt tot ihren Säugling in den Armen der liebevoll für immer in ihren diesen schlief. Der Mann lag bei seinen drei Kindern im Bett.

Zwei Mädchen, so alt wie meine. Und einen kleinen Sohn nicht älter als vier Jahre.

Sie alle waren tot. Fast wie versteinert lagen sie da. Und obwohl viele Tote dort schon länger in ihren Häusern liegen rührt nicht einmal das Getier aus der Unterwelt sie an.

Eintrag ende.

 

Tagebucheintrag

26ter April 1349

 

Ich kann nicht mehr. Es findet einfach kein Ende.

Es werden immer mehr tote anstatt weniger. Jeden Tag bringen wir mehr Leute zum großen Feuer an dem mehr und mehr überlebende Abschied von ihren geliebten verstorbenen nehmen. Einige male schon, fuhr ich die Toten zum Feuer die ich tags zuvor noch dort habe trauern sehen. Es sterben mehr als die Erretter die Toten aus der Stadt bringen können. Es fahren nun überall Erretter durch die Straßen. Der Schwarze Tod greift unnachgiebig um sich.

Ich habe Angst

Eintrag ende.

 

Tagebucheintrag

1ten Mai 1349

 

Mein Leben ist vorbei.

Vor zwei Tagen früh am Morgen war meine Jüngste Bella am Husten. Sie war fiebrig. Sie bekam schlecht Luft. Ihre Haut wurde von Stunde zu Stunde blasser.

Ich holte den Arzt. Er schaute sich Bella an. Ohne ein Wort, nur eines Blickes zu mir, verließ er das Haus.

Bella verstarb gestern Abend. Es zerreißt mir das Herz zu sehen wie meine beiden Engel die gleichen Symptome zeigen wie Bella an jenem Morgen.

Die Erretter klopften an mein Haus. Doch ich schickte sie weg.

Meine Frau, ich und meine kleine Benedikta  brachten sie selbst zum großen Feuer. Ich wollte einfach nicht dass meine Bella auf eine Bare geschmissen und abtransportiert wird.

Als wir am Feuer standen dessen Rauchwolke sich weit über das Land verteilte und ich Bella unter Tränen sachte zu den vielen tausend anderen legten, umklammerte mich Benedikta.

„Papa, wirst du uns morgen auch hier hin bringen“, fragte sie.

Es schmerzte, ich vermochte nichts zu sagen. Mit tränenden Augen nickte ich ihr zu und meine Bechta umarmte mich.

Heute sind wir diejenigen die sich von Ihren geliebten Toten verabschieden.

Und morgen?

Eintrag ende.

 

Tagebucheintrag

4ten Mai 1349

 

Es war heute Morgen als ich erwachte und meine beiden Engel regungslos in meinen Armen schliefen.

Nun hatte der Schwarze Tod mir meine ganze Familie genommen.

Unbändige Wut auf alles keimte in mir auf. Wut auf mich das ich den Pilger nicht ernst genommen habe. Auf den Arzt der nur registrierte wie viele erkrankten ihnen aber nicht half. Wut auf die Kirche, dessen Beistand nichts brachte.

Wut auf mich. Auf mich weil ich den Erretter spielen musste und damit meine Familie in Gefahr gebracht habe.

Ich habe den Schwarzen Tod herausgefordert. Ich ein so unbedeutender Mann wie ich und jetzt zahle ich den Preis.

Doch was war das? Ein Röcheln in meiner Brust? Ich erschrak und vor lauter Schreck Hustete ich. Ich hörte garnichtmehr auf.

Blut auf meiner Hand. Der Schwarze tot hat Erbarmen mit mir.

Schon bald werde ich bei meiner Familie sein.

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