Kurzgeschichte
Nur Träume?

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"Nur Träume?"
Veröffentlicht am 08. Juli 2011, 36 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

So, jetzt bin ich da, und ihr könnt es nicht mehr verhindern. Viele, die mich nicht kennen, denken von mir, ich sei ein sehr seltsamer Mensch. Nun da haben sie auch Recht, aber auch wenn ich nicht so ausschau, ich bin oft zu jedem Spaß bereit. Ich bin, ehrlich gesagt, ein bisschen selbstverliebt, denn ich finde, dass ich ein guter Schreiberling bin. Ich kritisiere sehr gerne andere Werke und lobe nur selten, denn nur selten ist ein Text wirklich ...
Nur Träume?

Nur Träume?

Beschreibung

Diese Geschichte handelt von einem Mann des mittleren Alters, den schwere Albträume plagen. Doch was steckt wirklich hinter diesen Träumen? Sind es wirklich nur Träume oder wollen sie ihm eine Botschaft senden?

Nur Träume?

Alles begann mit einem Gedanken. Einfach und simpel, er war nicht kompliziert gewesen. Nur ein einzelner Gedanke veränderte alles, ein winziger Teil eines Augenblicks als ihm der Gedanke durch den Kopf stieß formte seine Welt komplett neu. Einfach und simpel, nicht kompliziert, leicht gestrickt und ohne Muster. So begann alles und zog ein unvorstellbares Spektakel nach sich. So wie ein kleines Loch in einem Staudamm erst immer größer wird und am Ende das Wasser alles mit sich reißt und zerstört. Doch am Ende steht auch immer ein Anfang. Nichts kann beginnen, wenn nichts anderes endet, nichts kann enden ohne etwas beginnen zu lassen. Auf Ereignis folgt Ereignis. Ein einziger winziger Gedanke reicht aus um eine riesige Kettenreaktion anzustoßen. Eine Kettenreaktion auf die ein einziger großer Knall folgt.

Er stand in einer Telefonzelle, warf die drei golden schimmernden Münzen ein und wählte die Nummer. Er fühlte sich nervös, beobachtet. Er hatte das Gefühl, dass jeder, der an ihm vorbeilief, ihn unangenehm anstarrte, dass jeder, der die Telefonzelle passierte ihn ganz genau musterte. Jeder drehte den Kopf zu ihm und beobachtete ihn mit durchstechenden Augen. „Komm, geh hin, verdammt nochmal!“, schrie er schon fast verzweifelt in das Telefon. Das monotone Tuten aus dem Hörer machte ihn verrückt, er war kurz davor wahnsinnig zu werden, durchzudrehen. Die Zeit verrann mit jedem Tuten schneller, so wie feiner Sand einfach durch die Hände rieselt. „Nimm den Hörer ab! Verflucht, geh hin!“ Mit jedem Tuten, das in seinen Ohren erklang, verdunkelte sich seine Welt. Ein Donnern erklang und Regen setzte ein. Das Prasseln der Tropfen auf der Telefonzelle ertönte im Inneren bedrohlich laut. Langsam hatte er keine Zeit mehr, er musste sich beeilen. Um die Zelle tobte ein Sturm. Regen prasselte auf die Erde nieder und ließ aus den Straßen strömende Flüsse werden, Blitze schlugen um die Zelle herum ein und die Donner, die erschallten, erzeugten eine bösartige Atmosphäre. Immer noch erklang ein Tuten aus dem Hörer. Ihm wurde kalt, er hatte fast keine Zeit mehr. „Fuck, fuck, fuck!“ Er knallte den Hörer auf das Telefon und schlug mit der Hand gegen das Blech der Zelle. So konnte es doch nicht zu Ende gehen, so konnte es einfach nicht enden. Unglaubliche Wut stieg in ihm auf. „Nein, nein, nein!“ Er schrie und ließ mit jedem Wort, das er beinahe aus sich heraus kreischte, seine Faust gegen das Blech der Zelle, das sich mittlerweile verformt hatte, donnern.

Beruhige dich, mein Freund“, erklang plötzlich eine ruhige und tiefe Stimme. Er hielt ein und seine Wut war Angst geworden. „Deine Wut kann auch nichts an deinem Schicksal ändern, mein Lieber. Das Weggelaufe hättest du dir doch sparen können, du Dummerchen. Hast du denn nicht zumindest geahnt, dass ich dich finde?“ Mit jedem Wort, das die Stimme sprach, wurde ihm klar, dass es dieses Mal keinen Ausweg mehr gab, er hatte keine Chance mehr. Noch immer stand er zum Telefon gewandt und mit dem Rücken zur Stimme. „Lass uns das nun endlich zu Ende bringen. Stell dich deinem Schicksal.“ Die tiefe Stimme hatte Recht, er konnte nicht fliehen, er musste sich der Stimme stellen. Er drehte sich langsam um und wollte sich dem Sprecher der Stimme zuwenden. Doch dann, plötzlich, ganz unerwartet verspürte er einen Schmerz im Rücken, einen Zweiten in der Schulter. Er versuchte sich umzuwenden, doch das einzige was er noch sah war das Messer das seine Augen zerstörte. Das Messer drang in ihn ein, immer und immer wieder, es wollte nicht enden. Es durchdrang seine Muskeln und stach in seine Organe. Der Schmerz verteilte sich im ganzen Körper, wurde unerträglich. Er röchelte, Blut füllte seinen Mund. Sein Gesicht war vom Blut seiner Augen überströmt. Seine Hände mit dem lebenspendenden Saft verklebt. Er sank nieder und hörte die tiefe und bösartige Stimme sagen: „Niemand stellt sich gegen mich, vergiss das nie! Und jetzt...“ Er spürte wie das Messer in sein Herz stieß und sein Leben aus seinem Körper wich.

Er schreckte auf, öffnete seine Augen und richtete sich auf. Er war schweißgebadet. Schon wieder dieser Traum. Doch dieses Mal war etwas anders gewesen. Die Stimme hatte mit ihm gesprochen, länger als beim letzten Mal, doch der letzte Satz war derselbe geblieben. „Niemand stellt sich gegen mich, vergiss das nie! Und jetzt...“ Die Worte hallten in seinem Kopf wieder, als würde er sie gerade eben hören, als würde die Stimme zu ihm in genau diesem Augenblick sprechen. Einbildung. Er schlug gegen seinen Kopf und versuchte die Stimme loszuwerden. Warum nur war er wieder eingeschlafen? Noch immer saß er auf seinem Küchenstuhl in seiner kleinen Studentenwohnung, die Tasse Kaffee noch immer in seiner Hand haltend. Er nahm einen Schluck und verzog das Gesicht, kalter Kaffee schmeckte widerlich. Er stand auf, ging zum Kühlschrank, holte Butter und Marmelade und stellte beides auf den Tisch. Dann brauchte er noch Messer, Teller und Brötchen. Als er sich sein Frühstück hergerichtet hatte, versuchte er es zu genießen, doch es gelang ihm nicht wirklich.

Er war müde, doch er durfte nicht einschlafen, er durfte nicht wieder in diesen Traum. Und die Stimme, diese tiefe, brummende Stimme ließ ihn nicht los. Nach ungefähr zehn Minuten war sein Mahl beendet, er räumte sein Geschirr weg und zog sich um. Er kleidete sich schlicht und in dunkle Farben, warf sich noch seinen grauen Mantel über, griff nach seinen Schlüsseln und seiner Geldbörse und verließ die Wohnung. Das Wetter am heutigen Tag war trist, die Wolken hingen tief, es nieselte leicht. Er spürte die kalten Tropfen und wie sie sein Gesicht benetzten. Es war ein unangenehmes Wetter und irgendwie war es doch ironisch, es passte zu seiner Situation. Während er durch die Straßen der Stadt schlenderte, dachte er darüber nach, was der Sinn seines immer wiederkehrenden Traumes war. Meistens bemerkte er erst, wenn er aufwachte, dass er geträumt hatte. Im Traum war alles real, seine Gefühle, seine Ängste, seine Schmerzen und Qualen. Woher kam der Traum? Und warum träumte er ihn immer und immer wieder? Er wusste es nicht. Aber was ihm weit mehr Sorgen bereitete war nicht der Traum an sich, nein, es war die Stimme. Er bekam eine Gänsehaut, wenn er an diese Stimme dachte. Sie war tief und ruhig und er hätte die Stimme nicht so bedrohlich empfunden, wenn er nicht jedes Mal nach einem Gespräch mit ihr in der Zelle gestorben wäre. Was bezweckte die Stimme?

Er war nun am Bahnhof angekommen und stieg in eins der dort parkenden Taxis ein. „Reichhardtstraße 15, bitte.“ Der Taxifahrer drückte auf das Gas und fuhr los. Er warf einen Blick auf die Uhr und bemerkte erst jetzt, dass er spät war. Mist, dieser dumme Traum hatte ihm viel Zeit geraubt. Anscheinend hatte er länger geschlafen als er zunächst vermutet hatte. Er musste sich beeilen. „Taxifahrer, ich zahl ihnen einen Zwanziger mehr, wenn sie ein bisschen auf die Tube drücken. Ich hab´s eilig!“ Der Taxifahrer antwortete zwar nicht, aber da das Auto beschleunigte war es ihm egal. Er warf wieder einen Blick auf seine Uhr. Irgendwie kam es ihm so vor, als würden die Zeiger sich schneller bewegen als sonst, aber das kam ihm wahrscheinlich nur so vor, weil er nicht mehr so viel Zeit hatte. Das Taxi raste durch die nassen Straßen der von Wolken behangenen Stadt, vorbei an den betrübt wirkenden Menschen, die vereinzelt noch durch den Regen spazierten. Alles schien eine seltsame Ruhe in sich zu haben und er als einziges gehetzt zu sein. „Könnten sie sich bitte beeilen? Ich habe nicht mehr viel Zeit!“, drängte er den Fahrer nach einem erneuten Blick auf seine Uhr. Es waren bereits zehn Minuten seitdem er eingestiegen war vergangen. Das Taxi fuhr auf eine Kreuzung zu und wurde dabei schneller. Die Ampel, die noch auf grün stand, schaltete bereits auf gelb. Der Fahrer stieg daraufhin nochmals auf das Gas und beschleunigte erneut. Die Ampel wurde rot und die Fahrzeuge der Querstraße fuhren los.

Das Taxi krachte in eins der Autos. „Scheiße, scheiße, scheiße“, schrie er vor Wut. „Sie können doch nicht einfach über eine belebte Kreuzung bei rot fahren!“, schnauzte er. Er würde zu spät kommen, das war nun sicher und das ließ die Wut in ihm nur noch wachsen. „Hey, sie! Antworten sie gefälligst.“ Es kam keine Antwort, er stieg aus. Das Taxi war an der Schnauze vollkommen zerstört, das andere Auto an der Seite komplett eingedellt. Die Airbags waren in beiden Autos ausgelöst worden. Der komplette Verkehr war verstummt. Doch die Fahrzeuge waren leer. In keinem der Autos saß ein Fahrer und auch die Kreuzung war vollkommen verlassen. Irgendetwas war doch faul hier. Der Regen wurde stärker. Er blickte ins Taxi. Dort lag ein lebloser Körper in dem Airbag des Fahrersitzes. Er öffnete die Tür entgegen seiner Vermutung ohne Probleme und der Fahrer fiel blutüberströmt aus seinem Sitz auf die Straße. Angst schwoll in ihm auf. Welche unnatürlich Macht hatte hier ihre Finger im Spiel? Der Mann stöhnte auf. Er packte sofort den Schwerverletzen und zog ihn auf die Straße. Verflucht, der Fahrer brauchte Hilfe. Er griff in seinen Mantel, um sein Handy hervor zu holen, doch da war keines.

Er blickte auf und direkt vor ihm stand die Telefonzelle. Er griff wiederum in seinen Mantel und fand dort drei golden schimmernde Münzen. Er stand auf, rannte zur Zelle und stürzte beinahe wieder. Es musste schnell gehen. Der Taxifahrer brauchte Hilfe. Er riss die Tür auf und drängte in die Zelle. Er warf mit zitternden Händen die drei Münzen ein und wählte die Nummer. Er nahm den Hörer, der ihm beim ersten Versuch aus seinen vom Blut des Mannes überströmten Händen rutschte. Er war sichtlich nervös. Die Zeit rann dem Schwerverletzen davon. „Komm , geh hin, verdammt nochmal!“, schrie er verzweifelt in das Telefon. Das immer wiederkehrende Tuten aus dem Hörer machte ihn verrückt. Er blickte auf seine Uhr und es schien , dass die Zeiger bei jedem erneuten Tuten schneller wurden, die Zeit lief ihm davon und die Zeiger drehten sich nun so schnell, dass aus einer Stunde nur mehr eine Sekunde wurde. „Nimm den Hörer ab! Verflucht, geh hin!“ Der anfängliche Nieselregen war zu einem Sturm angeschwollen und prasselte unaufhaltsam nieder. Und dann erklang endlich das Geräusch, das ertönt, wenn jemand am anderen Ende der Leitung den Hörer abhebt. „Hallo, mein Freund“, erklang eine tiefe, ruhige Stimme aus dem Hörer. „Hier auf der Straße liegt ein Schwerverletzer, schicken sie einen Krankenwagen!“, kreischte er schon fast in den Hörer. „Nur mit der Ruhe, mein Lieber. Der Mann auf der Straße ist bereits tot!“, sagte die tiefe Stimme. Woher wollte die Stimme das wissen? Das konnte doch nicht sein! Er legte den Hörer auf und stürmte hinaus in dem Regen. Da lag der Taxifahrer mitten auf der Straße, alleine, ganz alleine. Es waren keine Spuren des Unfalls zu sehen. Das konnte doch nicht sein. Irgendetwas lief hier ganz gewaltig schief! Er rannte zum Taxifahrer, versuchte den Puls zu messen, doch da war keiner mehr. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals. Was war hier am Werk? Das Telefon in der Zelle begann zu schellen. Ohne viel zu überlegen, falls er dazu überhaupt noch im Stande war, spurtete er wieder in die Zelle und nahm den Hörer ab. „Und hast du dich überzeugt?“, fragte die Stimme schmunzelnd. Er war erschüttert. Das Schmunzeln der Stimme klang böse und selbstgefällig. Die ganze Situation beängstigte ihn. Ein starker Druck baute sich in seiner Brustgegend auf und er konnte nur noch flach atmen.

Du kannst nicht davon rennen, mein Junge, du kannst mich nicht hintergehen!“ Und da wurde ihm bewusst, dass er nicht davonrennen konnte, dass er nicht fliehen konnte. Auch wenn es keinen ersichtlichen Grund gab, überhaupt zu flüchten. Plötzlich fühlte sich der Hörer anders an, schuppig. Der Hörer bewegte sich. Er wand seinen Kopf langsam, fast schon ängstlich zur Seite und wurde starr vor Schreck. Plötzlich hielt er eine Schlange in der Hand und nur einen Augenblick später spürte er wie die Schlange ihm die Augen ausbiss. Unglaublicher Schmerz durchzuckte ihn. Immer und immer wieder biss in die Schlange in den Körper. Er blutete an jeder auch denkbaren Stelle. Das Gift des Tieres fühlte sich wie Feuer an, das durch seine Adern schoss. Er schrie vor Schmerz, vor Angst und vor Qualen. Das warme Blut floss über ihn, es war schon fast eine angenehme Wärme. Die Kräfte verließen ihn, er sackte in sich zusammen. „Niemand stellt sich gegen mich, vergiss das nie! Und jetzt...“ Er spürte wie die Zähne der Schlange sein Herz durchstachen und wie sein Leben aus seinem Körper wich.

Er schreckte auf. Die Augen aufgerissen, die Pupillen geweitet, schwitzend und zitternd saß er da, am Fenster. Die Landschaft raste an ihm vorbei und der Regen schlug gegen die Scheibe des Zuges. Schon wieder war er eingenickt, schon wieder ein Traum, schon wieder eine Telefonzelle und schon wieder die Stimme. Diese tiefe Stimme. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor, doch er wusste nicht woher. Es fiel ihm niemand ein, den er kannte und der diese Stimme hatte. Weder sein Bruder, noch sein Onkel, noch sein Großvater, noch einer seine Freunde, Bekannte und Verwandte hatte eine so markant brummige Stimme. Diese ruhige, selbstgefällige und bösartige Stimme, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er kam nicht weiter. Er würde verrückt werden, wenn er weiter darüber nachdachte, also schob er den Gedanken beiseite.

Nächste Haltestelle: Kleesitz. Bitte in Fahrtrichtung links aussteigen“, ertönte eine weibliche, monotone Stimme aus den Lautsprechern des Zuges. Kurze Zeit später hielt der Zug und er stieg aus. Ihn fröstelte und er zog seinen grauen Mantel enger an sich. Der Mantel saugte den Regen teilweise auf und wurde immer schwerer. Er lief an den Bussen, die vor dem Bahnhof parkten vorbei. Etwas Bedrückendes lag über der Stadt, irgendwie fühlte er sich am falschen Platz. Er beeilte sich und rann schon fast durch die dunklen und unheimlich wirkenden Straßen. Immer wieder wandte er seinen Blick hinter sich, er fühlte sich beobachtet. Die Straßen waren leer, keiner war zu sehen. Verdächtig. Die Schatten, die die Häuser auf die Wege warfen schufen eine bedrohliche, fast schon gefährlich Atmosphäre im tristen Zwielicht der Stadt. Hektisch drehte er immer wieder seinen Kopf und blickte hinter sich. Er wusste nicht warum, doch plötzlich schoss ihm der Gedanke durch den Kopf verfolgt zu werden. Doch kein möglicher Verfolger war zu sehen. Er schaute wieder nach vorne und beschleunigte seinen Gang. Er wurde nervös.

Er versuchte seine Sinne zu schärfen und auf jedes noch so kleine Detail zu achten. Er weitete seine Augen, er atmete durch die Nase, öffnete seinen Mund leicht und spitze seine Ohren und da war doch ein Geräusch, Schritte! Schritte, die ihn verfolgten, oder? Er drehte sich um und rann rückwärts weiter. Es war niemand hinter ihm, doch sobald er wieder vorwärts durch den immer stärker werdenden Regen spurtete, hörte er die Schritte, die ihn verfolgten. Wer folgte ihm? Und vor allem warum? Er konnte sich nicht daran erinnern irgendjemanden verärgert zu haben. Vielleicht war es ja ein Wahnsinniger, der mordlüsternd durch die Straßen lief und zufällig seine Opfer auswählte und töten wollte. Vielleicht war es aber auch nur ein Dieb, der ihn ausrauben wollte. Jedenfalls war es ein Krimineller, dessen war er sich sicher! Eine andere Erklärung gab es nicht für die Schritte, die ihm zu folgen schienen. Er rann so schnell er konnte, versuchte das beste aus sich herauszuholen. Wo sollte er hin? Was sollte er tun? Wo konnte er sich retten? Wo war er sicher? Bei der Polizei, er brauchte die Polizei. Nur wusste er nicht, wo hier die Polizei sein sollte. Und dann entdeckte er seine Rettung: eine Telefonzelle.

Er stürmte auf sie zu, riss, die Tür auf und drängte hinein. Er schloss die Schiebetür hinter sich und griff in seinen Mantel. Er kramte drei golden schimmernde Münzen hervor und warf sie zitternd in den dünnen Spalt des Telefons. Seine Hände waren ganz unruhig und er musste sich konzentrieren die richtige Nummer zu wählen. Er hob den Hörer ab und vernahm das Tuten. Er hatte Angst, große Angst. Er brauchte Hilfe, er brauchte die Polizei, jetzt. Niemand ging ans Telefon. „Fuck, fuck, fuck! Geh hin, verdammt nochmal, geh hin!“ Er vernahm Schritte , drehte sich um und trotzdem entdeckte er niemanden. Er wand sich wieder dem Telefon zu, während seine Angst mit jedem Tuten ins unermessliche wuchs. Wer auch immer ihn verfolgt hatte, er war ihm sehr nahe! „Nimm den Hörer ab! Verflucht, geh hin.“ Er wartete, er musste warten, aber wohl war ihm nicht dabei. Sein Herz raste, seine Gedankengänge überschlugen sich, seine Angstvorstellungen steigerten sich ins Unermessliche. Und dann überrollten ihn die Ereignisse.
Plötzlich riss jemand ihm den Hörer aus der Hand, wickelte den Draht des Telefons um seinen Hals und drückte ihn gegen die Scheibe der Zelle. „Mein Sohn, du entkommst mir nicht, nicht so einfach! Du kannst nicht fliehen, nicht vor mir. Niemand kann das!“, flüsterte ihm die Stimme diese Worte ins Ohr. Sie hatte einen verärgerten und aggressiven Unterton, der bei den letzten Malen gefehlt hatte. „Du kannst mich nicht einfach so verdrängen, du wirst mich nie los, nie! Nie wieder wirst du mich hintergehen!“ Die Schlinge um seinen Hals wurde enger, die Luft aus seiner Lunge schwand, ihm wurde schwarz vor Augen. „Mein Sohn, du kannst dich deinem Schicksal stellen, du kannst das alles zu Ende bringen! Du kannst deine Qualen mindern, nur du allein vermagst dies.“ Nun war die Stimme beinahe einfühlsam und verständnisvoll. Doch die Schlinge um seinen Hals wurde immer enger. Er rang nach Luft. „Warum? Ich frage dich: warum?“ Er war verwirrt. Warum war die Stimme auf einmal die Fragende? Und was wollte sie überhaupt wissen? Auf was war ihr „warum“ bezogen? Die Kräfte schwanden ihm und er sackte in sich zusammen. „Nun gut, du sagst es mir nicht! Aber vergesse nie: Niemand stellt sich gegen mich! Und jetzt...“ Die Stimme zurrte das Kabel nun vollkommen zu. Für einen Moment noch kämpfte er um den letzten Hauch von Luft, doch in seine Lunge gelangte nichts. Er spürte nur noch, wie sein Leben seinen Körper verließ.

Wieder einmal schreckte er aus seinem Albtraum. Er fasste sich an den Kopf, der wie verrückt hämmerte. Die Müdigkeit war schrecklich, die paar Minuten, die er immer schlief nahmen sie ihm nicht. Es war noch genug da, um ein erneutes Mal einzuschlummern und wieder in diesen Albtraum zugehen. Da saß er also in einem Bus, ohne Kräfte, ohne Mut und ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Er schüttelte den Kopf und versuchte damit auch seinen Traum abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht. Die Worte der Stimme gingen ihm nicht aus dem Kopf. „Mein Sohn“, hatte sie gesagt. „Mein Sohn.“ Sie hatte ihm dieses Mal einen Ratschlag erteilt und sogar eine Frage gestellt, doch er konnte sie nichts zuordnen, er begriff nicht. Er kannte die Stimme und er kannte auch ihre letzten Worte, nur woher? „Niemand stellt sich gegen mich, vergiss das nie! Und jetzt...“ Wo hatte er diese Worte von dieser Stimme bereits gehört? Er zermarterte sich sein Gehirn ohne jegliches Ergebnis zu erzielen.

Er war müde, kaputt und am Ende. Er musste doch nur zu diesem Termin, doch irgendwie kam er nicht los von den Albträumen, die ihm irgendetwas sagen wollten, so schien es ihm jedenfalls. Verflucht, er kam nicht weiter. „Nächster Halt: St-Martins-Straße!“ Das war seine Haltestelle. Er erhob sich, lief zur Bustür und stieg aus als sie sich öffnete. Er schlenderte durch ein paar Straßen bis er endlich vor dem Gebäude stand, indem er den Termin hatte. Er blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass er sogar fünf Minuten zu früh war. Er drückte die Klinke der Haustür, an der ein kleines Schild hing, herunter. Auf dem Schild stand: Dr. Michael Bartok, Psychologe.

Er trat ein ins Vorzimmer, das recht heimlich eingerichtet war und meldete sich an der Anmeldung und hängte seinen Mantel an einen Haken. Kurze Zeit später wurde er von einer gutaussehenden Helferin in einen Raum gebeten. Er folgte ihr und trat in das diesmal sehr kultisch eingerichtete Zimmer ein. Das Licht in diesem Raum war durch schwere Vorhänge gedimmt, die Schränke waren alle aus dunklem Holz und mit seltsamen Gläsern und sehr alten Büchern ausgestattet. An der Wand war eine Liege platziert, dahinter ein Stuhl, so damit, falls jemand auf der Liege lag denjenigen auf den Stuhl nicht sehen konnte. Auf der anderen Seite des Zimmers stand ein gewaltiger Schreibtisch, ebenfalls aus dunklem Holz, vor dem auf der einen Seite ein Bürostuhl stand und auf der anderen Seite zwei hölzerne Stühle. Irgendwie erweckte das Zimmer eine finstere Stimmung, etwas mystisches war dem Raum angehaftet.

Sie können sich setzten, bis der Herr Bartok zu ihnen kommt“, sagte die hübsche Frau zu ihm und verließ dann den Raum. Er setzte sich und wartete. Kurz darauf betrat ein hagerer und schlanker Mann den Raum. Der Mann Hatte eine Halbglatze und trug einen Vollbart, war in einen schwarzen Cordanzug gekleidet und hatte allgemein ein eher dunkleres Erscheinen. Die Miene des Mannes deutete auch nicht unbedingt daraufhin, dass er die Freudigkeit in Person war, eher im Gegenteil. Der Mann reichte ihm die Hand. „Grüße sie Gott, Herr Müncher“, begrüßte ihn der Psychologe. „Hallo“ „Sie sehen ja gar nicht gut aus!“, erkannte Herr Bartok sofort. Der Mann hatte einen leicht russischen oder russisch-ähnlichen Akzent, die Stimme war tief und einfühlsam, gelassen und ruhig. Irgendwie war der Psychologe ein Paradoxon in sich. Seine Umgebung und sein Auftreten würden eher auf einen bösen Hexer als auf einen netten und mitfühlenden Mann mittleren Alters schließen.

Mir geht es auch nicht gut. Ich habe in letzter Zeit schaurige Albträume.“ „Legen sie sich doch und erzählen mir ein bisschen mehr über diese Träume.“ Er legte sich auf die Liege und der Psychologe nahm auf den Stuhl hinter ihm Platz. „Gut dann schildern sie mir mal ganz genau ihre Träume.“ „Nun ich merke im Grund nie, wenn ich träume, ich bin auf einmal irgendwo in der Stadt und laufe oder fahre umher. Irgendwann geh ich, jedes Mal aus einem anderen Grund, in eine Telefonzelle, dort versuche ich irgendjemanden zu erreichen, was ich allerdings nie schaffe. Dann spricht immer eine Stimme zu mir und danach werde ich brutal getötet. Und kurz bevor ich sterbe, schrecke ich aus dem Schlaf.“ „Nun, wissen sie, was ich denke? Sie sind ganz einfach nicht ganz dicht! Diese Träume sind doch reiner Unfug, Hirngespinste sind das, sie sind dabei vollkommen durchzudrehen. Ich wäre für eine Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Klinik!“

Während der Psychologe diese Worte sprach, flammte eine Wut in ihm auf, eine unvorstellbare Wut. Wie konnte der Herr Oberschlau ihm solche Worte einfach ins Gesicht schmettern? Wie konnte er dieser Herr Psychologe diesen Träumen keine Bedeutung zukommen lassen? Wie konnte sich so etwas überhaupt Psychologe nennen? Die Wut brodelte in ihm, wie kochendes Wasser in in einem Topf und schließlich kochte sie über. Er stand auf, schrie Herrn Bartok an: „Sie unfähiges Arschloch, wie können sie mir erzählen, dass diese Träume ein Hirngespinste seien und sie bedeutungslos sind. Ich weiß doch wohl am ehesten, was sie sind. Sie haben doch keine Ahnung, diese Träume wollen mir etwas erzählen! Man muss ihnen nur zuhören, zuhören muss man ihnen, jawohl!“ Dann stürmte er aus der Praxis heraus, warf sich seinen Mantel über und ging durch die verregneten Straßen der Stadt. Verflucht, wie konnte sich dieser Herr so etwas anmaßen? Das konnte doch nicht sein, das konnte doch einfach nicht sein. Er lief ziellos durch die Straßen und Gassen, sein Mantel wurde durch den Regen immer schwerer und irgendwann wusste er nicht mehr wo er war. Irgendwann liefen ihm auch keine Menschen mehr über den Weg, aber das war ihm nur recht. Er war jetzt lieber alleine.

Nach einiger Zeit erblickte er in einer dunklen Straße eine Telefonzelle. „Verdammte, Telefonzellen“, schrie er aus und rannte auf die Zelle zu und sprang schließlich dagegen. Er schlug mit den Füßen gegen den Kasten aus Metall und Glas, prügelte auf ihn ein. Er ließ seine komplette Wut an der Telefonzelle heraus. Erleichterung erfüllte ihn schließlich, er öffnete die Tür und setzte sich in die Zelle hinein und schloss seine Augen. Plötzlich hatte er das Gefühl zu fallen, er öffnete die Augen und Schwärze umgab ihn. Er fiel in die Finsternis. Er wollte nicht fallen, doch er tat es und konnte es nicht ändern. Er fiel in die Unendlichkeit, in die nie enden wollende Schwärze, in die Finsternis. Er schloss wieder die Augen und versuchte dem Fallen Einhalt zu gebieten und erstaunlicherweise glückte es ihm. Plötzlich fiel er nicht mehr.

Er öffnete die Augen und fand sich in einem kleinen Kinderzimmer wieder. Er lag in einem Bett und war in einen Schlafanzug gekleidet. Der Bettbezug war in ein dunkles blau getaucht und mit Sternen verziert. Er richtete sich auf und setzte sich hin. Der Boden des Zimmers war mit einem wolligen Teppich verkleidet und im Raum standen nur noch ein Regal und ein Schrank. Der Schrank war groß und mit schwärzlichem Holz gebaut worden. In dem Regal danben tummelten sich Kinderbücher und Spiele. Zudem war an der Wand, neben der Tür ein Spiegel angebracht worden. Er erhob sich und lief zum Spiegel und erkannte sich im ersten Moment nicht wieder. Er war wieder ein Kind, klein und schmächtig mit blondem Haar und eiskalten blauen Augen. Die Haare waren kurz geschoren und er trug noch eine Zahnspange. Er konnte es zunächst nicht glauben, der, den er da im Spiegel betrachtete, war wirklich er.

Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das hier war sein Kinderzimmer gewesen, sein Kinderzimmer im Haus seiner Eltern, Reichhardtstraße 15. Und irgendwie kam ihm der Gedanke, dass er hier die Lösungen auf seine Probleme finden würde, die Lösung für den Grund seiner Albträume. Doch er wollte es nicht wahr haben und schob den Gedanken wieder zur Seite.

Nur ein einzelner Gedanke kann ein Leben komplett verändern, kann es zerstören oder wieder heilen. Ein einzelner Gedanke kann eine einzige Kettenreaktion von Ereignissen hervorrufen, die in einem Desaster oder einem freudigen Spektakel enden können. Ein einzelner Gedanke, eine einzige Entscheidung kann Leben vernichten. Eine einzige Entscheidung veränderte sein Leben, es würde nie wieder so sein, wie es einmal gewesen war: behütet, glücklich und schön. Und als er seine Mutter und seinen Vater von unten schreien, kreischen und brüllen hörte, fasste er diese Entscheidung. Er verließ sein Zimmer um im Untergeschoss nach dem rechten zu sehen.

Er hatte das alles schon einmal erlebt, das wusste er. Das kam ihm alles viel zu vertraut, viel zu bekannt vor. Er schlich die Treppe langsam und behutsam nach unten und blieb im Gang zunächst stehen, hielt noch einmal inne. Und ging dann auf die Tür zu hinter der die Schreie zu stammen schienen. „Du hast mich hintergangen! Warum? Warum hast du das getan?“, hörte er diese tiefe, bedrohliche Stimme schreien, doch sie war nicht an ihn gerichtet. „Warum betrügst du mich? Was soll das? Du Hure!“ Er vernahm einen Knall und einen Schrei einer Frau. Nun stand er direkt vor der Tür. Er schloss seine Augen und öffnete sie. Die tiefe Stimme hörte auf zu schreien, Schritte ertönten, Schritte die auf ihn zu kamen. Er öffnete seine Augen und vor ihm stand sein Vater. Das Gesicht grimmig verzerrt, die Haare durcheinander. Er war wütend, aufgebracht und zu allem bereitet. Er bekam es mit der Angst zu tun, sein Vater würde ihm doch nichts tun, oder? Sein Vater kramte in seiner Hosentasche und holte etwas golden schimmerndes hervor, beugte sich zu ihm herunter und drückte es ihm in die Hand. „Hier nimm! Und jetzt geh schlafen.“ Völlig verwundert blieb er zunächst wie angewurzelt stehen, dann blickte er auf seine Hand in der sich nun drei golden schimmernde Münzen befanden.

Doch er konnte nicht wirklich glücklich sein, die Atmosphäre um ihn herum war zu boshaft, er meinte den Geruch von Schwefel zu riechen. Sein Vater hatte sich bereits von ihm abgewandt und war wieder zu seiner Mutter gelaufen. „Du Schlampe! Deine Fotze kann doch jeder vögeln, wann er will, oder? Warum tust du mir das an? Warum?“, brüllte er die weinende Mutter vor ihm an. Ihre Schminke war vollkommen verwischt und sie konnte kaum noch stehen. Sein Vater knallte seiner Mutter die flache Hand direkt ins Gesicht. Sie fiel dem großen, kräftigen Mann vor die Füße und bettelte ihn an: „Es tut mir leid, es tut mir leid! Bitte, bitte...“ Weiter kam sie nicht, sie brach in Tränen aus. „Ach, es tut dir leid? Das sehen wir ja gleich, wie leid es dir wirklich tut, du Hure!“ Sein Vater zog ein Messer aus einer Schublade. Er konnte sich nicht rühren, er fühlte sich so hilflos. Er stand nur da und beobachtete das grausame Geschehen vor ihm. Er wäre am liebsten davongerannt, hätte das am liebsten alles nicht gesehen, er wollte weg! Doch er konnte nicht.

Der Vater packte seine Frau am Schopf und zog die von Tränen überströmte Frau an ihren Haaren auf die Beine. „Es tut dir leid?“ „Ja!“, kreischte sie vor Angst, „Ja, verdammt!“ „Ach ja, wirklich?“ Und während der Mann diese Worte sprach, rammte er der verzweifelten Frau das Messer in die Schulter. Die Frau schrie auf. „Es tut mir leid!“ Die Worte gingen beinahe in ihrem Gekreische unter. „Das hättest du dir vorher überlegen sollen!“, flüsterte der Vater fast und rammte ihr erneut das Messer in den Körper. „Du Hure, du Schlampe, du Fotze, du Hure, du Hure, du Hure!“ Sein Vater schrie und mit jedem Wort stieß er seiner Frau das Messer erneut in den Körper, immer und immer wieder. Seine Mutter krümmte sich nur noch vor Schmerz und brüllte ihre Qualen heraus. Ihr Blut spritze und verteilte sich überall in der Küche. Eine Lache bildete sich schließlich unter ihr und dann fiel sie zu Boden. „Niemand hintergeht mich, vergiss das nie! Und jetzt...“

Er wand seinen Blick ab. Er war schockiert, am Ende, zerstört. Sein Vater hatte gerade eben seine Mutter ermordet. Sein Vater war die Stimme aus seinen Träumen. Er verstand nicht und dann drehte er sich um. Er sah seine Mutter blutüberströmt am Boden liegen, ihre Augen leblos. Seine Mutter brauchte Hilfe, vielleicht war sie ja noch nicht tot. Er rannte zum Telefon und wählte die Nummer. Ein Tuten erklang. Er vernahm Schritte hinter sich und dann traf ihn ein Schlag an der Seite. „Mein Sohn, du Bastard, du Sohn einer Hure! Willst sie wohl auch noch retten? Hmm? Zu spät, sie ist schon tot!“ Nein, das konnte nicht sein, sie konnte doch nicht einfach tot sein. Ihm kamen die Tränen, er stand auf und rannte zu seiner Mutter. Er fiel zu Boden und schlitterte den Rest des Weges zu ihr. „Nein, nein, nein!“ Er weinte. Er hielt den Kopf seiner Mutter in den Händen, streichelte über ihre mit Blut begossenen Wangen. „Nein, nein!“ Wie konnte ein Mensch nur so grausam sein, wie konnte ein Mensch nur zu so etwas fähig sein? Wie konnte sein eigener Vater seine Mutter ermorden? Er begriff es nicht und weinte.

Dann kam sein Vater auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht. „Du, du Mistgeburt! Du bist doch auch nur Sohn dieser Hure. Hast du dich jetzt davon überzeugt? Sie ist tot!“ Wieder ein Schlag, doch er wehrte sich nicht. Er konnte es nicht, er wollte es nicht. Seine Mutter war tot, vor ihm ermordet worden. Wieder ein Schlag und das einzige was er wahr nahm, war das Tatoo am Unterarm seines Vaters, eine Schlange. Dann klingelte das Telefon, der Vater drehte sich um, rannte zum schellenden Unding und riss es von der Wand. Kam wieder auf seinen Sohn zu mit dem Telefon in der Hand. Er erkannte die Absicht seines Vaters und wollte davonrennen. Er schlüpfte an seinem Vater vorbei, stolperte die Treppe nach oben, ging in sein Zimmer und kauerte sich dort in eine Ecke. Er hörte die Schritte, wie sie ihn verfolgte, wie sie ihm näherkamen. Dann öffnete sich die Tür, sein Vater kam herein, packte ihn und legte ihm die Telefonschnur um den Hals und würgte ihn damit. Immer fester wurde der Druck auf seinen Hals, er bekam keine Luft mehr. Er wehrte sich, wie er nur konnte. Er schlug und trat um sich, in der Hoffnung seinen Vater irgendwie zu verletzen, doch nichts half. Ihm wurde schwindelig. „Niemand hintergeht mich, hörst du? Niemand!“ Seine Glieder wurden schwach und ihm wurde schwarz vor Augen. Nun war das Ende gekommen? Er wusste es nicht, er spürte nur wie sein Leben aus seinem Körper wich.

Er öffnete nach Atem ringend seine Augen. Er lag auf der Liege in der Praxis von Dr. Bartok. „Ich glaube ich weiß, ich weiß was sie geträumt haben!“, erklang die Stimme des Psychologen. Er war erschüttert. Er hatte das alles verdrängt, jahrelang verhindert, dass er seine Vergangenheit erfuhr. Wie konnte sein Vater nur seine Mutter ermorden?Solche Gewalt, solche Kälte verstand er nicht.

Falls sie sich fragen, ob das stimmt, was sie geträumt haben. Dann gibt es leider nur eine Antwort: Ja, ihr Vater hat ihre Mutter vor fünfzehn Jahren ermordet, hat es anschließend bei ihnen versucht, hat sie aber nur bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und anschließend hat er sich erschossen. Sie haben dieses Ereignis jahrelang verdrängt. Wir waren bereits vor zwei Jahren auf demselben Stand der Behandlung wie heute. Sie haben durch einen Traum ihr Gedächtnis zurückerhalten. Doch danach, haben sie es einfach wieder verdrängt. Vor einer Woche als ihre Träume begonnen haben, war mir klar, dass sie bald wieder auf die Wahrheit stoßen würden, denn schließlich gaben sie sich selbst in ihren Träumen immer wieder Hinweise. Doch jetzt müssen wir aufpassen, sie dürfen auf keinen Fall erneut ihre Erinnerung verlieren. Das wäre tragisch.“, erklärte der Psychologe. Doch er hörte ihm gar nicht zu.

Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte? Sein eigener Vater hatte seine Mutter ermordet! Warum, warum? Vollkommen neben sich stand er auf und verließ die Praxis. Der Psychologe schrie ihm hinterher, doch das war ihm egal. Für ihn war gerade ein Welt eingestürzt. Nichts machte mehr wirklichen Sinn, er wusste nicht warum er noch leben sollte. Er rannte durch die Stadt, wusste weder ein noch aus und ihm rannen Tränen über die Wangen. Der Regen um ihn herum passte perfekt zur Situation, er hatte nun nichts bedrohliches mehr an sich, nein, er war eher bereinigend. Er rannte durch die Stadt, er rannte und rannte und rannte. Und dann stand er plötzlich vor dieser Telefonzelle. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und betrat die Zelle. Er kramte aus seiner Manteltasche drei golden schimmernde Münzen und warf sie ein. Er wählte die Nummer und ein monotones Tuten erklang aus dem Hörer...

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Fantasylord
So, jetzt bin ich da, und ihr könnt es nicht mehr verhindern. Viele, die mich nicht kennen, denken von mir, ich sei ein sehr seltsamer Mensch. Nun da haben sie auch Recht, aber auch wenn ich nicht so ausschau, ich bin oft zu jedem Spaß bereit. Ich bin, ehrlich gesagt, ein bisschen selbstverliebt, denn ich finde, dass ich ein guter Schreiberling bin. Ich kritisiere sehr gerne andere Werke und lobe nur selten, denn nur selten ist ein Text wirklich gut...

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EwSchrecklich Die Geschichte ist einfach großartig geschrieben :D
Besonders der spannende Anfang und das offene Ende gefallen mir ^^
pass nur ein bisschen auf bei der Rechtschreibung :D
Vor langer Zeit - Antworten
Fantasylord Re: Träume sind etwas unberechenbares. -
Zitat: (Original von Katakombe am 10.07.2011 - 16:59 Uhr) Erst heute habe ich deine Geschichte hier gefunden, da ich noch nicht so lange dabei bin. Sie ist spannend, beängstigend und auch interessant.
Sehr gut geschrieben. Katakombe



Vielen Dank :)
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Träume sind etwas unberechenbares. - Erst heute habe ich deine Geschichte hier gefunden, da ich noch nicht so lange dabei bin. Sie ist spannend, beängstigend und auch interessant.
Sehr gut geschrieben. Katakombe
Vor langer Zeit - Antworten
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