Stadttauben
Ich schleppe meine Affenseele,
zum Tränken in die Stadt.
Wo Ratten auf ferngesteuerten Spielzeugautos
um die Wette fahren.
Die Stadttauben haben verlernt zu fliegen.
Gluckern mit den Köpfen,
im Takt der Straßenmusiker.
Ich sehe Penner und denke mir,
ihre Hüte sind alle viel schöner als meiner.
Aus ihren Schuhen wachsen hübsche Blumen.
Meine bringen mich unfreiwillig
in die großen Kaufhaushallen.
Ausgemergelte Milchkühe
sehen da den Wänden beim Wachsen zu.
Bissige Kaufhausregale,
hängen sich an meine Hacken.
Picken, hacken, packen mich.
Nur mit Mühe kann ich fliehen,
zurück auf die Rennstrecke der Ratten.
Die Tauben begrüßen mich nickend.
Gluckern, laufen im Kreis, picken.
Gucken, kacken, nicken.
Ich stimme ihnen zu.
Ruinen
Die Ruinen sind ruiniert.
Ein Toter wurde an den Chefsessel getackert.
Die Vergangenheit quillt
aus den Aktenschränken.
An der Wand hängt ein Kalender,
jeder Tag ist dort rot eingekreist.
Am Fenster rauschen
karge Wände vorbei.
Über allem hängt
ein träger Ventilator
und dreht
den ganzen Raum unter sich.
Plastikherz
Hin und wieder schlägt Dein Plastikherz.
Die Kontrolle über Deine Mundwinkel,
hast Du schon lange abgegeben.
Auch viele andere Bereiche,
an effektivere Anbieter ausgelagert.
Zeige mir Dein Lächeln,
und den Zahn,
der davon noch Dir gehört.
Hinter dem Plexiglas Deiner Augen,
kann ich Deinen Schatten sehen.
Im flackernden LED-Licht.
Mit Reglern und Knöpfen,
lässt Dein Gemüt sich bedienen.
Wie ein elektrisches Chamäleon,
passt Du Dich Deiner Umgebung an.
Die runden Steine,
aus denen Du gemacht bist,
werden bald viereckig sein.
Platzsparender.
Effizienter.
Ästhetischer.
Tauglich für die Massenproduktion.
Befinden
Ein Hund jongliert Katzen
durch ein Nadelöhr.
Ein Mann ohne Arme
klatscht in die Hände.
Die Früchte an den Bäumen
beginnen zu singen.
Parkautomaten
verteilen Gratisgetränke.
Die Wolken fragen
nach dem Befinden.
Die Schuhe federn meterhoch
bei jedem Schritt.
Blauer Himmel tropft hinab,
wie geschmolzenes Softeis.
Die Sonne zwinkert dir zu.
Der Wind
rauscht vorbei,
drückt dir einen Blumenstrauß
in die Hand.
Spiegelbild
Spiritualität geklaut,
an die Pinnwand geheftet.
Samen mit einer Rakete,
in das schwarze All gefeuert.
Den Kopf in flüssiges Gold getaucht.
Sich selbst umarmend,
in die Schlangengrube gehüpft.
Die Augen projizieren
das Spiegelbild auf Reklametafeln.
Der eigene Name
dröhnt aus allen Boxen.
Die Beine werden chirurgisch verlängert,
bis der Kopf hoch oben in den Wolken hängt.
Halbverdaut
Die halbe Welt,
schluckt schneller als sie kaut.
Halbverdaut liegt die Zukunft vor uns.
Flieht vor unserer Dummheit.
Duckt sich hinter dem Horizont.
Die zusammengerollte Vergangenheit,
qualmt und stinkt noch zwischen unseren Lippen.
Ihr Rauch verteilt sich im Raum der Wahrnehmung.
Legt sich als schmieriger Film auf allem ab.
Macht alles völlig ungreifbar.
Leinen
Die Invasionsarmee ist längst gelandet.
Nahezu unbemerkt.
Kopfüber in den Genpool gesprungen.
Sie verteilen Flugblätter,
mit ihren Gesichtern auf Fotopapier.
Faxen ihre Sicht der Dinge,
direkt in jedes Gehirn.
Lassen keine Windung aus.
Kopieren sich selbst
in die Betreffzeile.
Greifen nach allem,
mit ihren glatten, glitschigen Händen.
Sie füttern und streicheln uns,
legen uns langsam Leinen an.
Ziehen uns durch die Welt.
Schnüren uns schließlich die Luft ab.
Leichenparaden
Zwischen bröckelnden Fassaden
zogen Leichenparaden
die Straßen rauf und runter.
Immer lauter, immer bunter.
Immer tauber, immer tumber.
Aus leeren Särgen grüßten Hände,
Marschmusik schüttelte Wände.
Die Totenglocken hallten.
Babymasken schmückten die Gesichter der Alten.
Der Zug breitete sich aus,
saugte Menschen aus Fenstern raus.
Verschluckte und verdaute sie.
Nährte die Todeskompanie,
bis auch der Letzte
nicht mehr schrie.
Und so fanden sie heraus,
und mehr als halb verstanden sie:
Nichts schafft es hier lebend raus.
Nichts und niemand,
niemals, nie!
Idole
In den Zeitungen nur Fotos
von geschmückten Kälbern.
Wir hängen sie uns an die Wand.
Wir wollen so aussehen,
wie sie aussehen wollen.
Diese kleinen, geilen Kälbchen.
Mit ihrem nutzlosen Schmuck.
Unfähig Milch zu geben.
Dann stehen wir morgens da,
ohne Milch im Kaffee
und halten das Bild an der Wand,
für unser Spiegelbild.
Wolkenzählen
Im Gras liegt ein Verrückter,
der bei blauklarem Himmel
die Wolken zählt.
Er pfeift dabei ein uraltes Lied,
auf dem Gras,
das sein Grab ist.
Unter ihm,
in der feuchten Erde,
sind die Maulwürfe wie im Wahn.
Graben zwei neue Tunnel,
für jeden alten, der verdreckt ist.
Buddeln immer tiefer,
bis sie auf massives Gestein stoßen.
Bald ist alles ausgehöhlt,
droht zusammenzubrechen.
Der Verrückte auf der Wiese,
weiß von alldem.
Schon lange hörte er die Maulwürfe wüten.
Doch er wird erst gehen,
wenn er fertig ist mit Wolkenzählen.
Identitätswiesen
Ich verpasse den Sonnenaufgang,
weil ich zu beschäftigt bin
ihn zu fotografieren.
Meine Hose sagt mir,
dass sie nach Hause gehen möchte
und die Beine gehorchen.
Es geht an einem
analogen Fluss vorbei,
der in einem
digitalen Flussbett schläft.
Über virtuelle Hügel
und Identitätswiesen,
zu dem Haus unserer Geburt.
Ohne Strom und fließendes Wasser.
Wo wir selbst auf uns warten.
Mit Keksen und warmem Kakao.
Unschärfe
Umarme,
aber berühre mich nicht.
Lege mich nicht fest,
denn es erwartet dich nur Unschärfe.
Höre nicht auf das,
was ich sage.
Aber tu es gefälligst.
Denk immer an mich,
aber schaff dir kein Götzenbild.
Entscheide dich,
ohne für mich zu entscheiden.
Gieße meine Wurzeln,
aber mach meine Erde nicht nass.
Programme
Reite auf Wellen durch den zerfahrenen Kosmos.
Lass dich dabei nicht von der Zeit fressen.
Werde nass im Meer der Variationen.
Trockne am Strand der Gleichgültigkeit.
Verdunste völlig
in deine eigene Atmosphäre.
Atme so oft du kannst.
Dann spuck alles wieder aus.
Jugend, Alter, Leben, Tod.
Faule Zähne im Mund.
Nutzlos gewordene Organe.
Lass die Parade weiterziehen.
Lehn dich zurück,
in das weiche Polster der Singularität.
November
Es regnet kleine, schreiende Gesichter.
Der Boden ist bodenlos.
Über dem Himmel
nur noch mehr Himmel.
Beengende Weite.
Nie hat grau grauer ausgesehen,
als an diesem Tag im November.
Kalenderblätter stürzen sich
todeslustig in die Tiefe.
Trostlosigkeit strickt Wolkenteppiche.
Ein verrückter Saxophonist
bläst einen einzelnen, traurigen Ton.
Dröger Trübsinn läuft im Kreis,
tippt sich selbst auf die Schulter.
Im Nachtfrost schläft
die Hoffnung auf den nächsten Frühling.
Lachen
Ich nehme meine Rechte wahr,
genau wie meine Linke.
Mit beiden versuche ich
auf den Tisch zu hauen.
Doch mittendrin,
muss ich über mich selbst lachen.
Diese albernen, dürren Gelenke
würden bloß am Tisch zerschmettern.
So lache ich einfach weiter.
Über mich und die Beschaffenheit des Tisches.
Und der schweigt gleichgültig zurück.
Rodeo
Skelette klappern im Sturm.
Kassenhäuschen vor Seelenheilvergnügungsparks.
Langeweile versaut das Gedächtnis.
Rodeo auf der Erdkugel.
Stau in den Nervenbahnen.
Gehirne wie fleischige Golfbälle.
Ahnung ahnt Ahnungslosigkeit.
Kleinteile hüpfen im Kreis.
Hunger frisst sich satt.
Amputation Stück für Stück.
Schönheit als Rettungsboje.
Vergänglichkeit im Schlepptau.
Eiseskälte hinter der Wahrnehmung.
Rotation bis zum sicheren Ende.
Festhalten am Sattel
bis die Finger brechen.
Raum
Alle Energie,
fließt aus unbekannten Kanälen.
Es macht keinen Sinn,
was wir erzählen.
Ahnungslos,
wie eine tote Sardine.
Jeder ist
seine eigene Maschine.
Und selbst wenn wir tausendmal
die Augen öffnen,
sehen wir bloß
unser eigenes Gedärm rotieren.
Und Illusionen.
Und Echos.
Und Interpretationen
eines hilflosen Verstandes.
Wie ein Wohnzimmer,
das versucht über sich selbst nachzudenken.
Zeit
Vergangenheit zentnerweise gefressen,
steckt tief in jedem Knochen.
Die Zukunft lungert hinter der Straßenecke.
Rauchend und abwartend,
wie ein Ganove auf eine alte Dame.
Alles nur Illusion
und vielleicht nicht einmal das.
Vielleicht Halluzination.
Kranke Kakerlaken-Fantasie.
Hinter jeder Farbe, jeder Bewegung.
Vielleicht will die Zeit
einfach nichts mit uns zu schaffen haben.
Bleibt deshalb unverbindlich.
Sagt stets:
„Ich melde mich mal.“
Und meldet sich dann doch nie.
Netz
Implantierte Hirne in leblosen Zombies.
Aus Großmutters kleiner Kriegsfabrik.
Ein Netz hat sie auch schon gestrickt,
in dem man sich positionieren kann.
Vom Raster erfasst,
und wie durch eine Nudelpresse gedrückt.
Man ernährt sich,
indem man sich gegenseitig in den Mund spuckt.
Niemand arbeitet mehr in den Fabriken.
Alle reden bloß noch darüber,
wie man die Arbeit effizienter machen kann.
In den Pausen reitet man
auf fliegenden Schweinen um die Wette.
Wer einmal was zu sagen hatte,
hat es nun vergessen.
All die schönen Gedanken,
verheddert im Netz.
Zerfleddert,
und bis aufs Nötigste entblättert.
Erinnerungen
Mit großen, ungelenken Schritten,
trampeln sie auf dir herum.
Eingepfercht in das enge Korsett des Horizontes.
Jeder Tag ein Gewürz,
das den Geschmack bestimmt.
Im Hier und Jetzt.
Bitterkeit bedeckt die Knospen.
Tote Tage kommen nicht wieder.
Ampelmännchen
Hinter vergitterten Fensterscheiben
fletschen Bluthunde ihr Salzsäuregebiss.
Ein Strichmännchen
durchsucht Müllcontainer,
auf der Suche nach abgelegten Körperteilen.
Im wüsten Land hinter den TV-Kameras,
hat der Tod schnelle Beine.
Regen fällt aus weitgereisten Wolken,
sauer und bitterkalt.
Aus dem kargen Boden
wachsen Stahlhaken,
an denen tote Fetzen Fleisch hängen.
Hart ist das Dasein.
Hart wie ein Diamant,
den sich ein sterbender Riese,
aus der entzündeten Harnröhre presst.
Sorgsam gewählte Worte
werden von flüchtigen Emotionen zerfetzt.
Armeen aus grünen und roten Ampelmännchen,
legen die halbe Welt in Schutt.
Feuer
Du bist ein Grund morgens aufzustehen.
Süßer Zucker auf den Zitronen,
die man manchmal lutschen muss.
Weniger ist manchmal mehr.
Kleine Gesten oder Blicke.
Mehr Energie,
als ein ganzes Atomkraftwerk.
Wir müssen aufpassen,
dass wir kein Feuer fangen,
wenn unsere Chemikalien reagieren.
Materie ist Energie.
Wir merken es,
wenn unsere Teilchen aufeinander prallen.
Hitze, Feuer, Explosion.
Wir stehen in Flammen.
Und genießen, wie wir brennen.
(Für I.)
Schwingungen
Alles federt und gibt nach.
An den richtigen Stellen,
kann man so hoch springen,
dass man die Venus küssen kann.
Auch wenn kein fester Untergrund mehr da ist,
auf dem man wieder landen könnte.
Für ewig im Sprung gefangen.
Es gibt keine Alternative,
zum Ritt auf den Schwingungen.
Wie ein manischer Wellenreiter,
auf einem Ozean aus Haien,
immer weiter, immer weiter.
Lebendigkeiten
Verwirrung bleibt nicht aus.
Erkundungen enden in Knoten.
Leben ist kein „mildernder Umstand“.
Ein Labyrinth ohne Mauern.
Im Sprung lauert der Fall.
Nutzlose Lebendigkeiten,
leblose Notwendigkeiten.
Ein vierdimensionales Puzzlespiel.
Drangvolles, zielloses Streben.
Fensterlos eingekerkert,
Termiten im Holzbalken der Zeit.
Deutung wird gefordert.
Nur die eigene Stimme kann antworten.
Mäntelchen
Amputierte Gliedmaße
greifen Nackten in die Taschen.
Gefangen in der „scripted reality“,
können wir nichts mehr hören,
nichts mehr sehen oder denken.
Wir können es nicht erwarten,
dass Maschinen auch das noch übernehmen.
Mein Mäntelchen,
ist aus eurer Wirklichkeit gestrickt.
Meine Verluste,
könnten euer Antrieb sein.
Wo ich bin,
da seid ihr auch.
Und arbeitet verbissen daran,
die Übergänge zwischen uns fließend zu machen.
Und unter mein Mäntelchen zu kriechen.
Anabolisch
Das kümmerliche Ärmlein,
an dem die ganze Welt hängt.
Chemisch hochgezüchtet,
zu monströser Größe.
Lässt muskelzuckend bedrohliche Kräfte erahnen,
die als Wunschglaube verpuffen.
Anabolische Gedanken,
unbedacht in Hirnwindungen gespritzt,
spülen den letzten Rest Natur nach draußen.
In eine anabolische Welt,
die das Ärmlein,
obgleich stahlhart und muskelbepackt,
nicht mehr lange halten kann.
Bürostuhl
Der offene Mund eine Geisterstadt.
Mit verschränkten Beinen sitzt sie da.
Reste ihrer letzten Gedanken,
hängen noch am Plastikgeschirr
neben dem Abfalleimer.
Sie lässt leere Züge,
in die dunklen Tunnel ihrer Augen fahren.
Ein Bürostuhl der verdaut.
Manchmal kommt ein plappernder Firmenpapagei
aus ihrem gefärbten Kopf geflogen
und legt vogelfreie Fließbandeier
in den Ohren ihrer Kollegen ab.
Von externen Festplatten
lädt sie ihre Medizin herunter
und trägt Fotos davon in ihrer Brieftasche.
In ihre Armbanduhr, ist ein Zeitschalter eingebaut.
Immer fester zieht sie sich um ihr Handgelenk.
Genau eine halbe Stunde lang,
dann hält das Mädchen im Blaumann
den Schmerz nicht mehr aus.
Menschenkostüme
Abgewetzte Menschenkostüme
reißen sich zusammen.
Flicken sich notdürftig.
Hängen nutzlos im Schrank.
Mottenzerfressen,
der kostbare Stoff.
Längst nicht mehr in Mode.
Der Markt hat sich geändert.
Die Produktion war nicht mehr rentabel.
Den Motten schmeckt es vorzüglich.
Segeln
Unter kosmischen Feuern,
atmen chemische Seelen.
Segeln im Sonnenwind
durch die Raumzeit.
Flirrende Teilchen
umarmen einander
beim Sturz ins Nichts.
Molekülketten verschließen
die Truhe der Einförmigkeit.
Richtung
Gefühlter Stillstand,
weil alle dasselbe Tempo haben.
Das eigene Fernlicht blendet im Rückspiegel.
Auf der Motorhaube prangt,
ein stolzer Geier.
Sein Name ist Zeit.
Die Würfel, die am Spiegel hängen,
sind längst gefallen.
Wo die Straße hinführt wissen wir,
denn wir haben sie selbst gebaut.
Vertraut ist sie uns deshalb nicht.
Sinn
In Augen Schaumbäder nehmen.
Neue Kommunikationsnetze stricken.
Gemeinsam die mögliche Zukunft bemalen,
die zerknittert neben dem Bett liegt.
Neue Straßen,
unter neuen Wagen.
Fahren wollen.
Wagen wollen.
Die Natur in die Arme schließen.
Den Sinn des Lebens ertasten.
Zumindest daran denken dürfen.
Alle wahren Weisheiten,
verteilt auf wenige Quadratzentimeter
Sinneseindrücke.
Der Sinn zum Greifen nah.
Abrissbirne
Wie ein fauler Zahn
ragt das Haus aus dem Boden.
Die verseuchten Wurzeln
tief in die Erde gegraben.
Der lauernden Abrissbirne trotzend.
Aus den Fenstern,
stürzen sich unaufhörlich Menschen in die Tiefe.
Die Faust der Physik
zerschmettert erbarmungslos
alles Liebgewonnene.
Reicht ihr die Hand,
hofft, dass sie sich öffnet.
Und euch nicht einfach
den Mittelfinger zeigt.
Seifenblasen
Die Kugeln rollen.
Ein impotenter Traum verliest die Lottozahlen.
Wir warten in kalten Wartehallen,
auf Flugzeuge,
die nicht kommen.
Längst zerschellt sind sie,
an eisernen Berggipfeln,
mit Zuckergussglasur.
Wir nähen dünne Teppiche der Hoffnung
und versauen sie mit unseren ungeschickten Stiefeln.
Ein Gehirn aus winzigen Seifenblasen,
sprintet durch die Zeit.
Merkt nicht,
dass es in einem Hamsterrad gefangen ist.
Läuft immer weiter,
angetrieben von der Erwartung.
Bis das letzte Bläschen zerplatzt.
Eitelkeiten
Gefiederte Teilchen fliegen davon.
Abgefeuert aus Persönlichkeits-Pistolen.
Auf wehrlose Umrisse.
Lieblos auf Wände geschmiert.
Drei Dimensionen vortäuschend.
Eitelkeiten fressend.
Netze werden gespannt.
Pfauenräder ausgebreitet.
Ein Zirkus ohne Zuschauer,
aber voller Artisten.
Gedanken entströmen,
wie Eiter dem Pickel.
Alles will bewundert werden.
Laufende Anzüge grüßen einander.
Inhalt unterwegs verloren.
Aus sicherer Distanz,
bleiben sie an jedem Spiegel stehen.
Wiederholung
Jeder braucht seinen Gong.
Wo man hinschaut Kreisläufe,
die laufen und zusammenbrechen.
Sich dann anderweitig orientieren.
Milliarden Kreisel,
auf einem Mutterkreisel,
in einem Kreiseluniversum.
Versuchen Bahnen zu halten.
Bahnen zu brechen
Nicht in Bahnen gepresst zu werden.
Dabei kreist alles
gleichgültig weiter.
Könnten wir einfach einmal stehenbleiben,
würden wir sehen,
wie alles immer und immer wieder kommt.
Wiederholung.
Ich drehe mich um mich selbst,
bis mir schwindlig wird.
Ticken
Jede Bewegung des Zeigers,
wie eine schwingende Axt,
die ein Stück Leben wegschlägt.
Jedes Ticken lässt den Kopf platzen,
neu entstehen,
und wieder platzen.
Die Vorstellung vom Inneren dieser Uhr,
von den ganzen ineinander greifenden Zahnrädern,
verknotet jeden Gedankenfaden
und spielt mit ihm,
wie eine Katze.
Vergeblich wartet man darauf,
dass ein kleiner Kuckuck
aus dem Schädel gesprungen kommt,
um anzuzeigen,
was die Stunde geschlagen hat.
Esspapier
Die Leute sollen zum Arbeiten
nur noch den Mund benutzen,
damit sie endlich aufhören zu plappern.
Hände wurden wegrationalisiert.
Gehaltsschecks nur noch auf Esspapier gedruckt.
Vom vielen Nicken,
ist das Genick schon weich geworden.
Schutzlos den Raubtierbissen ausgeliefert.
Kopf und Blick nach unten gerichtet,
wo sich Schuhe scheinbar planvoll bewegen.
Bald geht der Blick gar nicht mehr hoch.
Der Horizont gerät in Vergessenheit,
nur die eigenen Schuhe sind noch real.
Ihr steter Schritt hypnotisierend.
Die offenen Schnürsenkel fallen auf
und es wird inständig gehofft,
dass sich irgendwer erbarmt,
der sie wieder zubindet.
Signale
Verfluchte Innereien.
Vermaledeite Biochemie.
Verdammt fest sitzt der Wolf im Pudel.
Man wird der Signale überdrüssig.
Ständig will dieser Körper.
Und das in diesem Strudel.
Aus Unzulänglichkeiten.
Mehrdeutigkeiten.
Nichts ist schlüssig.
Jedes Atom ein Rätsel.
Und so sinken wir,
immer tiefer hinein.
Fressen uns gegenseitig,
ohne zu ahnen
wer wir sind.
Möglichkeiten
Vergangenheit tropft aus müden Augen,
in eine Badewanne voller Möglichkeiten.
So viele Kurven.
Keine Gerade auf der man Gas geben könnte.
Verschlungene Serpentinen,
führen tief in den Verstand.
Um das eigene Ego herum,
das nur noch als Phantombild existiert.
Losgelöst von der Logik.
Ein freischwebendes Spiegelei,
gebraten in einer imaginären Pfanne.
Leben ist eine Einbahnstraße.
Die Schlüssel zu den Türen hinter uns,
sind schlaff wie gekochte Nudeln.
Die Schlösser haben scharfe Zähne.
Versuche es gar nicht erst.
Es gibt nur eine Richtung.
Aber eine Badewanne voller Möglichkeiten.
Rattenherren
Zweibeinige Ratten,
in Anzügen und Krawatten,
treten aus dem Schatten.
Trinken bittere Milch
aus vergifteten Eutern.
Erklimmen zerbrochene Sprossen
der Evolutionsleiter.
Leben auf Rechnung
einer totgeborenen Zukunft.
Die Rattenherren und unsereins,
passen nicht zu zweit in einen Anzug.
Doch wir bilden Fahrgemeinschaften,
um unseren gemeinsamen Nenner zu erreichen.
Reduzierter Wahnsinn
bei der Jagd nach der Wahrheit.
Maultier
Mit Bewusstlosigkeit parfümiert.
In den Schuhen der Alten.
Den Haarschnitt der Mode tragend.
An die rotierenden Zeiger
eines Ziffernblatts gefesselt.
Wir ernähren uns von seltsamen Fischen,
die wir aus dem Fluss fangen,
dessen Flussbett unsere Vene ist.
Unter der Sonne der Wahrheit.
Durch fleischfressenden Wind.
Auf einem störrischen Maultier reitend.
Hypnotisch angezogen,
von weit entfernten Oasen.
Steppensand setzt sich im Fluss ab.
Zäh und breiig fließt er bald dahin.
Der letzte Fisch krabbelt an Land.
Ein Wirbelwind bricht die Angel entzwei.
Das Maultier flieht in die Freiheit.
Geschlechter
Drohend heben sie die Fäuste,
um den Damen zu imponieren.
Schalten Charme ein und aus,
betteln auf allen Vieren.
Die Natur trägt alberne Masken.
Alles passt sich ihr an.
Für ein Ziel oder zwei.
Immer das gleiche Gewand.
Groteske Züge fahren ein,
in den Bahnhof der Geschlechter.
Das alte Spiel vom raus und rein,
sorgt nur noch für Gelächter.
Glashände
Der neue Elektromensch
stakst durch die Welt seiner Schöpfer.
Tief hinein,
über Schock und Sein.
Die alte Haut schlangenhaft abgestreift.
Nackt bis auf die Innereien.
Mit den Glashänden vor den Augen,
wirkt die Welt wie ein Zerrspiegel.
Hinter diesem wertlosen Bild,
in der wertlosen Wand,
sitzt ein Tresor.
Darin liegt der Zettel mit der Zahlenkombination.
Die ganze Welt scheint steinhart,
Glashände zerbrechen bei festem Griff.
Nur wer dem Irrgarten entkommt,
kann seine zerbrechlichen Knochen ausruhen.
Auf der grünen Matratze
der Wiesen und Wälder.
Unterholz
Der Mond fletscht seine Zähne.
In der Nacht hinter ihm,
brodelt die Dunkelheit.
Vergessenes Sonnenlicht
krabbelt durch das Unterholz,
zusammen mit anderen Mondflüchtlingen.
Fernes Sternenlicht
erreicht die Wipfel der Schattenbäume.
Wie Seefahrer,
die nach endloser Irrfahrt
in ihren Heimathafen einfahren.
Überschwänglich begrüßt,
von Blättern und Zweigen.
Erst das morgendliche Sonnenlicht,
löst ihre Umarmung.
Auch in dieser Nacht,
war das Rufen des Uhus zwecklos.
Trotzig verhallt sein Echo
im Grauen des Morgens.
Härchen
All die Härchen
auf deinem Körper
richten sich auf.
Sicher hättest du
zu Urzeiten damit
furchteinflößend ausgesehen.
Nun nicht mehr.
Ganz im Gegenteil.
Sie winken in meine Richtung.
Flüstern mir schmutzige Dinge.
Stimmen mir zu.
Laden mich ein.
Flimmern,
vor Elektrizität.
Golfbälle
Die schönsten, bestgelegensten Balkone,
stehen permanent leer.
An heißen Tagen,
wird Stacheldraht um jede Pfütze gezogen.
Den Hunden mischt man Sägemehl ins Futter,
bis sie es irgendwann pur fressen wollen.
Die Kameras laufen unablässig.
Wallende Kleider flanieren.
Golfbälle werden in Ghettos geschlagen.
In der Kanalisation brodelt es.
Aus den Schuhen eines Mannes
wächst eine kleine Schlingpflanze.
Langsam Richtung Kehle.
Sie wächst und wächst.
Drückt zu.
Beendet die Golfpartie.
Planet
Ein einsamer Planet zittert vor sich hin.
Nicht einmal sein warmer Mantel,
kann die Kälte von ihm halten.
Das stete Kreisen seiner Bahn,
hat ihn längst wahnsinnig gemacht.
Die Glut, die einst in ihm loderte,
nun nur noch ein Positionslicht.
Er träumt von vergangener Raumzeit,
voller Energie und Einheit.
Wohliger Hitze und Nähe.
Alle Geschwister nun unerreichbar.
Ewig verbunden zwar,
doch durch eisige Leere getrennt.
So fliegt er dahin,
durch den Wahn seiner Träume
von Kraft und Feuer.
Er weiß,
wie und wann er endet.
Doch trägt die Hoffnung auf Wiederholung,
tief in seinem Kern.
Kondolenzkarten
Aufgewirbelter Staub
ließ die Kehlen kratzig werden.
Verengte das Blickfeld.
Kondolenzkarten für Kreuzungen,
an denen die Welt endlos schien.
Abgestempelt in der Hölle,
oder was man dafür hielt.
Als Briefkasten diente in der Not,
der eigene, verrostete Kopf.
Millionen kaputte Briefkästen,
an Millionen Kreuzungen.
Der Briefträger wirkt überfordert
und scheint den Überblick
längst verloren zu haben.
Sonnenbrand
Der Sommer will starten.
Leute grillen im Garten.
Der Wind duftet nach Menschenfleisch.
Es läuft ein Radiokanal,
dort singt der letzte Wal.
Mit Schwanenstimme, voll und weich.
Gesang, Geruch und Sonnenschein,
kriechen durch das Fenster rein,
wie frischgewaschenes Leichentuch.
Der Mann am Fenster merkt es kaum,
gähnt Fragezeichen in den Raum.
Sitzt schwarzfahrend im Trauerzug.
Das Thermometer an der Wand,
hat den Kniff längst erkannt:
Der Sonnenschein ist nur Fassade.
Trotz Badesachen
und Kinderlachen.
Trotz Eisgelüsten,
halb nackten Brüsten.
Trotz erblühtem Land
und Sonnenbrand.
Es herrschen noch immer Minusgrade.
Bauchschuss
Auf einer Einkaufsstraße,
an einem Einkaufssamstag.
Zwischen Läden und Leibern,
taumelt ein Mann mit Bauchschuss.
Erbricht Blut aus seinen Einweg-Lippen
auf die Gehsteige aus Gold.
Passanten grüßen ihn lachend,
man kennt den Bauchschussmann.
In der rollenden Stadt,
wo die Einwohner sich die Zeit bis zum Tod,
mit dem Schälen der Stunden vertreiben.
Im Inneren dieser seltsamen Zwiebel,
soll ein Schatz versteckt sein.
Doch hinter jeder Schicht,
liegt bloß eine weitere.
Der Tod überrascht sie beim Schälen,
der Bauchschussmann sieht dabei zu.
Mit tränenden Augen.
Gleichschritt
Rechts und links Blickkontakt.
Gut so, also weiter.
Im Gleichschritt durch den Kalender.
Angst als ständiger Begleiter.
Die Schultern so schmal,
passen durch jeden Spalt.
In jeden Münzschlitz,
fast ohne Gewalt.
Eins schenkt uns Trost:
Wir sind richtig hier,
denn alle anderen,
links und rechts,
sind genauso schmal wie wir.
Zivilisationsschlamm
Zigtausend Ich-Prozessoren
haben ihre Fernbedienung verlegt
und irren steuerlos durch die Gassen.
Gezogen von unsichtbaren Ochsenkarren,
durch eine ewig helle Welt.
Federschmuck tragende Persönlichkeitsspaltungen
gehen in Kriegsbemalung auf die Pirsch.
In versifften Hinterhöfen,
veranstalten Halbgötter Paradiesvögel-Wettkämpfe.
Auf fliegenden Teppichen,
fadenscheinig zusammengenäht,
fliegen Menschenreste dahin.
Ein Spalier aus aufgehaltenen Händen,
gibt ihnen das OK-Zeichen.
Rolltreppen führen ins Nichts.
Schoßhunde führen Gesichter Gassi.
Schaufenster-Reflexionen wenden sich grausend ab.
Origamivögel aus Geldscheinen,
fliegen zirpend über Schultern ohne Köpfe.
Schlaflieder
Alte Geschlechter beginnen komisch zu riechen.
Ein Märtyrer in kurzen Hosen,
beißt sich lächelnd in die Zunge.
Windgebeutelte, alte Angler
angeln Worte aus offenstehenden Mündern.
Hände schneiden Buchstaben aus Zeitungen
und setzen sie zu Testamenten zusammen.
In alteingesessenen Bistros
sitzen die Sargbauer
und schreiben die Speisepläne neu.
Mit den Köpfen ihrer Väter auf den Schößen.
Im Radio zischen Klapperschlangen Schlaflieder.
Fleischiger Abrieb reist im Wind,
der alles glatt poliert hat.
Nach der Ebbe kommt die Flut,
aus dem Leck der Unsicherheit
zurückgekrochen.
Kaulquappen
Die ganze Welt,
eine gigantisch gescheiterte Selbsthilfegruppe.
Offensichtlich Geisteskranke
onanieren in die Welt hinein.
Über alle Kanäle
tauscht man sich aus
und ein gegen neuen Stumpfsinn,
Spiegelbild-Gespenster tragen Masken.
Bildschirme stülpen sich gierig nach außen.
Ich verstecke mich
unter den Postern an meiner Wand.
Sie finden mich trotzdem,
denn bei jedem Schritt
hinterlasse ich kleine Mulden,
in denen sich Regenwasser ansammelt.
Dort legen sie ihren Samen ab.
Kaulquappen mit kräftigen Beinen schlüpfen,
verfolgen mich
und werden immer zahlreicher und schneller.
Leiterbauen
Es dauerte erstaunlich lange,
bis die Natur Mund und Arschloch trennte.
Aus Gift wurde Treibstoff gekocht,
dann ging es richtig los.
Das Wettrüsten und Leiterbauen begann.
Wirbel wuchsen und brachen wieder.
Mauern, Zäune und Tarnnetze
wurden um weiches Fleisch gezogen.
Einige übertrieben maßlos,
verschwendeten Energie, die sie nicht hatten.
Andere hielten es simpler und wurden Leiterbauern.
Niemand musste mehr
einer tausendmäuligen Hölle entkommen
oder selbst zu einer werden,
wenn er dem viehischen Rufen seiner Gene,
nach Fortbestand über die Verrottung hinaus,
gerecht werden wollte.
Milliarden Affenhände hievten alles
auf ein höheres Niveau.
Aus dem Säugetier wurde ein Freudentier,
das oft erstaunlich freudlos ist,
und manchmal immer noch nicht
zwischen Mund und Arschloch trennt.
Elektrosmog
Manische Maschinen revoltieren.
Alles verbrennt unter Laseraugen.
Touchscreen-Finger frieren ein.
Elektrische Geister spuken.
An den Bäumen
hängen digitale Früchte.
Frisch gepresster Saft
fließt aus Steckdosen.
Über einem unsichtbaren Haus,
zucken Blitze aus Metallwolken.
Jedes einzelne Bit erzittert.
Computer ersticken im Elektrosmog.
Endstation
Während wir in die Zukunft rollen,
hören wir die Maschinen grollen.
Vorbei an Hunden, die auf Wiesen tollen,
fährt der rostige Zug durch die Nacht.
Auf fleischig weichen Eisenschienen,
durch Tunnel und Seelenminen.
Obwohl wir dieses Ding bedienen,
haben wir keinen Plan, was es macht.
Wohin es geht, weiß nur das Gleis.
Selbst dafür gibt’s keinen Beweis.
Wartet Bestrafung, wartet ein Preis,
dort an der Endstation in der Nacht?
Wurzeln
Virengeister schwirren im Nachtlicht.
Motten schreien deinen Namen.
Verloren in den Neonwäldern.
Verdünnt, bis es nur noch zu erahnen war.
Alle Strahlen, alle Farben.
Aufgebraucht in feuchten Träumen.
Knochige, kannibalische Wirklichkeit.
Deine Leitungen tropfen.
In deinem Innern ist es oft sehr kalt.
zellhaufen Re: Das... - Vielen Dank für die Komplimente, hoffen wir mal, dass ich die Suppe nicht übersalze... |
roxanneworks Das... - sind mit Abstand die schrägsten Texte, die ich hier bisher gelesen habe... aber Deine Zeilen gehören auch zum Besten, was ich in der letzten Zeit lesen konnte.... 1 Favo ist eigentlich zu wenig ;-) liebe Grüße roxanne |
zellhaufen Re: ziemlich schräg.... - So mag ich es auch. Abartig und schräg... :-) |
FLEURdelaCOEUR ziemlich schräg.... - manches auch abartig, aber mir gefällt's.... Gruß wega |
zellhaufen @ Carl Mein Handwerk?? Also als Handwerker habe ich mindestens drei linke Hände... @ PaleBlue Ohne hier jemandem zu nahe treten zu wollen: Wenn ich die Titel in den TopTen der meistgelesenen Texte hier sehe, muss ich des öfteren lachen... Vielen Dank für eure Kommentare! LG Z |