Biografien & Erinnerungen
Grabscher

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"Grabscher"
Veröffentlicht am 07. Januar 2008, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

16. Oktober 1952 erblickte ich das Licht der Welt in sehr bescheidenen Verhältnissen. Als Nesthäkchen wurde ich von meinen zwei Schwestern, zwei Brüdern und meinen liebevollen Eltern umsorgt. In meinen Erinnerungen ist die alte Hütte noch sehr präsent. Um das elterliche Bett vor Regen und Schnee zu schützen spannte mein Vater eine Plane an die Decke. Meine Schulzeit war alles andere als glücklich. Ungerechtigkeiten konnte und kann ich nur ...
Grabscher

Grabscher

Niemand war unhöflich zu mir aber auch nicht besonders nett. Ich wurde von einer Angestellten in meine zukünftigen Arbeiten eingewiesen und verrichtete diese von Montag bis Samstag, danach musste ich mein Zimmer und das Anwesen verlassen. Die Reisespesen vertilgten mein ganzes Gehalt. Ich verstand die französische Sprache schon ganz ordentlich und darum wollte ich an einem Abend mit den Kindern fernsehen. Madame war einverstanden und ich machte es mir vor der Kiste gemütlich. Kaum hatte ich meinen Platz eingenommen erschien die Hausherrin mit der Nähschachtel und den durchlöcherten Wollsocken und forderte

mich auf diese während der Sendung zu stopfen. Das war mein letzter Versuch den mir Vertraglich zugesicherte Familienanschluss einzunehmen, da meine Arbeitstage mit putzen, bügeln, kochen, abwaschen und sonstigen Haushaltsarbeiten mindesten zehn Stunden dauerten verzichtete ich auf diesen Anschluss freiwillig. Immerhin ermöglichte mir Monsieur, der Landarzt, den abgemachten Sprachunterricht, dafür besuchte ich jeden Donnerstag eine Nonne. Der private Unterricht war die einzige Abwechslung während der ganzen Woche. Ich war in einem kleinen Nest gelandet eigentlich wollte ich doch unbedingt in

eine Stadt. Ich hasste diese „Dörfler“ und die spießigen Moralapostel die beim Autofahren die Gangschaltung, mit ihren schmutzigen abgearbeiteten Fingern, zwischen meinen Beinen suchten. Einer zwickte mich mit seinen Wurstfinger, oder sollte ich besser Käsefinger schreiben, in die Brust. Nein - nicht mit Absicht - das hätte er nie getan. Ich hoffte endlich diese„Arschgrabscher“ los zu sein aber da hatte ich mich getäuscht, dieses Mal waren es ganz saubere und gepflegte Hände, die mich plötzlich von hinten beim Schuhe bürsten sexuell belästigten. Hört denn das nie auf? Einzig meiner Zimmerkollegin, der Nichte des Übeltäters erzählte ich das

Vorgefallene und somit den Grund meiner Kündigung. Ich tauschte meinen Arbeitsplatz in der Villa gegen eine beengte Wohnung in Lausanne. Madame betrieb einen Milchladen, ihr Ehemann war Monteur oder sonst ein Arbeiter, so genau wusste ich es nicht. Ich bekam ihn kaum zu Gesicht außer an den Samstagen, da war im Geschäft ordentlich was los und Madam brauchte seine und meine Unterstützung. Die restlichen Tage, betreute ich die drei schulpflichtigen Kinder und kümmerte mich um dessen Mahlzeiten. Nach all dem Stress in der Villa hatte ich jetzt ein einfaches aber ruhiges Dasein. Ich lieh mir Bücher aus

der Bibliothek und verbrachte viel Zeit mit lesen. Eigentlich war alles ganz easy, nur ein eigenes Zimmer hatte ich nicht, ich teilte es mit der 13-jährigen Tochter des Hauses. Manchmal besuchte ich meine Familie aber nicht mehr wie zuvor jedes Wochenende. Nach so einem Besuch zu Hause war ich wieder einmal auf der Rückreise und hatte wie so oft einen kurzen Aufenthalt in Bern. Ich schlenderte durch den Bahnhof, der war damals eine Grossbaustelle überall waren provisorische Holzstege und Absperrungen die als Plakatwände dienten. In so einem behelfsmäßigen Durchgang erfüllte sich für ganz, ganz

kurze Zeit mein Mädchentraum! Ein Mann sprach mich an und sagte: „Darf ich dich kurz was fragen?“ Darf er - natürlich! „Ich bin Fotograf und du siehst sehr gut aus, bist fotogen und ich kann dir schon jetzt eine tolle Modellkarriere prophezeien.“ Mir wurde ganz schwindlig von all den vielen Komplimenten. Für die erforderlichen Formalitäten sollte ich ihn jetzt nur noch kurz begeleiten. Klar mache ich, obwohl sämtliche Alarmglocken läuteten begleitete ich ihn. Auf einem Parkplatz stieg ich zu ihm ins Auto und er notierte sich meine Adresse und auch alle anderen wichtigen Daten. Ich ahnte Unheil - verdammt noch mal - ich wusste

es doch aber dennoch falle ich auf einen so miesen Trick rein! Er sagte: Er müsste mich jetzt Testen und fasste mir zwischen die Beine - oh Gott nein - nicht schon wieder - ich erklärte meinen Zeitdruck, denn die vorgesehene Abfahrt der Bahn nach Lausanne sollte ich dringend erreichen! Meinen Vorschlag diesen „Test“ später nachzuholen akzeptierte er widerwillig und ließ von mir ab! Tatsächlich kontaktierte er mich zwei Tage danach telefonisch. Meine Mutter hatte mich schon immer vor „Mädchenhändlern“ gewarnt und ich hatte große Angst, dass dieser Typ einer sein könnte und darum drohte ich mit der Polizei sollte er mich noch weiter

belästigen. Einige Jahre danach erfuhr ich aus der Presse weitere Details über ihn und seine „Fähigkeiten.“

Erna Müller-Rytz

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Hörbuch

Über den Autor

Coeur
16. Oktober 1952 erblickte ich das Licht der Welt in sehr bescheidenen Verhältnissen.
Als Nesthäkchen wurde ich von meinen zwei Schwestern, zwei Brüdern und meinen liebevollen Eltern umsorgt.
In meinen Erinnerungen ist die alte Hütte noch sehr präsent. Um das elterliche Bett vor Regen und Schnee zu schützen spannte mein Vater eine Plane an die Decke. Meine Schulzeit war alles andere als glücklich. Ungerechtigkeiten konnte und kann ich nur schwer ertragen und davon gab es in der Schule und außerhalb mannigfach.
Frauen brauchen keine Bildung, dieser Meinung war damals mein Vater obwohl meine Mutter einem 100% Job nachging.
1970 ziehe ich für einige Zeit zu meiner damals geschiedenen Schwester Irene und in diesem Jahr lernte ich meinen ersten Mann kennen.
1971 wurde unser gemeinsamer Sohn geboren.
Am 26. November 1974 erhängte sich meine Schwester Irene in ihrer Wohnung, am Schlafzimmerfenster. 13 Tage vor ihrem 29. Geburtstag! Mein verzweifelter Versuch eine Logik in den chaotischen Tod von Irene zu bringen, scheiterte. Entsetzen, Wut, Schuld, Enttäuschung und auch Angst der Verantwortung nicht gerecht zu werden.
Plötzlich war ich mit meinen 22 Lenzen die Ersatzmutter vom damals 10-jährigen Jungen, natürlich nicht ohne die Unterstützung meines ehemaligen Mannes, er war in all den schwierigen Zeiten mein fröhlicher und treuer Begleiter, auch wenn sich unsere Wege später getrennt hatten blieben wir jedoch Freunde. Abschied für immer musste ich am 18. Januar 1983 von Bruder Hans nehmen.
Im 33. Lebensjahr wählte er den Freitod. Ein Schnellzug erfasste ihn in Lenzburg.
Im gleichen Jahr starb auch mein Patenkind. Er war im zarten alter von 3 Jahren in ein Desinfektionsbad für Schafe gestürzt.
Der ohnehin schon angeschlagene Gesundheitszustand meines Vaters verschlechterte sich nach dem Todesfall von Hans zusehends, ja sogar schlagartig.
15. Juni 1984 war mein Vater gestorben. Wenigsten blieb ihm die nur ein gutes Jahr später schmerzliche Nachricht von meinem verunglückten Bruder Hugo, die ich meiner Mutter überbringen musste, erspart.
Am 5. Oktober 1985, im 39. Lebensjahr war er bei einem Tauchgang im Zugersee tödlich verunglückt.
Dieser Abschied war sehr, sehr, sehr schwer, dabei hat das Jahr 1985 glücklich angefangen.
Damals lebte ich allein mit meinem Sohn der ein fröhlicher, lieber und sorgloser Teenager war, ja, sicher in der Schule hätte er durchaus mehr leisten können...
Ich war glückliche Kioskleiterin. Durch gute Leistungen sowie Umsatzsteigerungen gewann ich immer wieder traumhafte und einzigartige Motivationsferien im Ausland unter anderem im Piemont, in Florida, Norwegen, Andalusien und vieles mehr. Den Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen war eine Herausforderung die ich gerne annahm. In meinem Team waren Frauen und Männer mit unterschiedlichsten Berufsausbildungen sowohl Hausfrauen, Lehrerinnen, Studenten und Verkäufer auch auf meinen 20jährigen Sohn durfte ich mich eine Zeitlang verlassen. Er war eine super tolle Unterstützung für unser Team. Zu den Kunden gehörte der Designer Luigi Colani oder der bekannte Jan Tinguely ebenso wie Obdachlose und natürlich meine neue große Liebe.
Am 17. Mai 1991 starteten wir mit einem gecharterten Düsenflugzeug im Berner Flughafen Belpmoos um über den Wolken unser Jawort zu besiegeln.
Am 17. Dezember 2003 wurde ich erneut daran erinnert, dass man diese Zeit nicht für immer hat! Mein geliebter Mann erlitt einen Herzinfarkt. Dieses Mal war es glücklicherweise nur eine Warnung. 2004 und 2005 wurde mein Mann erneut am Herzen operiert und konnte so einem erneuten akuten Herzversagen vorbeugen.
Während ich diese Zeilen schreibe genieße ich ein harmonisches und glückliches Leben!



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Coeur Re: Ziemlich gut -
Zitat: (Original von ParadiseKiss am 04.07.2008 - 16:21 Uhr) Die Perversionen von Männern in der Umgebung kenne ich wie du zur Genüge... Hast das gut beschrieben.

Lydi.


Danke für deinen Kommentar
gerade habe ich diesen Text noch einmal gelesen und ich könnte kotzen über meine damalige Naivität und Dummheit...
glücklicherweise habe ich diese Eigenschaften durch Kaltblütigkeit ersetzt...
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur Re: Moin! -
Zitat: (Original von Dragonfly am 11.01.2008 - 19:28 Uhr) Mein Vorgesetzter in der Lehre, betrat einmal den Raum (zwölf Frauen und ich) und sagte: "Na ihr geilen Weiber? ich weiß garnicht welche die geilste von euch ist..."
mit siebzehn ist man so angewidert das man kotzen könnte. Außerdem war es verdammt peinlich.
Er wurde irgendwann entlassen, sozusagen "Handspiel im Strafraum".
Ich traf ihn wieder bei einem Bewerbungsgespräch, das nun ich führte.. Jahre später.
Ich sah ihn an, lächelte und sagte: "Tut mir leid... aber wir haben zuviele Geile Weiber hier..."

Eine gute Story.. Du hast einen unterhaltenden Stil den ich mag.
LG
Stefan


Bis jetzt hat sich noch keiner von den Kotzbrocken bei mir um eine Anstellung bemüht.. leider! Chapeau, für dein Verhalten, solche Männer braucht das Land!!!!

Ich habe vor einigen Wochen erst mit schreiben angefangen und bin mir meinen laienhaften Bemühungen bewusst, dein Kompliment freut mich sehr!
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
Dragonfly *deleted* Moin! - Mein Vorgesetzter in der Lehre, betrat einmal den Raum (zwölf Frauen und ich) und sagte: "Na ihr geilen Weiber? ich weiß garnicht welche die geilste von euch ist..."
mit siebzehn ist man so angewidert das man kotzen könnte. Außerdem war es verdammt peinlich.
Er wurde irgendwann entlassen, sozusagen "Handspiel im Strafraum".
Ich traf ihn wieder bei einem Bewerbungsgespräch, das nun ich führte.. Jahre später.
Ich sah ihn an, lächelte und sagte: "Tut mir leid... aber wir haben zuviele Geile Weiber hier..."

Eine gute Story.. Du hast einen unterhaltenden Stil den ich mag.
LG
Stefan
Vor langer Zeit - Antworten
NStellaObuz Re: Re: wichtig! -
Zitat: (Original von Coeur am 11.01.2008 - 15:51 Uhr)
Zitat: (Original von nstella am 11.01.2008 - 15:32 Uhr) Gut geschrieben Liebe Erna,
mir fällt es schwer Geschichten zu lesen, aber du hast schon eine andere Art des Schreibens.
lg Stella



Vielen dank

Danke für deinen Kommentar. Ich finde unser gegenseitiges Interesse speziell... ich lese nicht oft Gedichte aber bei deinen bin ich doch schon öfters hängen geblieben...
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur Re: wichtig! -
Zitat: (Original von nstella am 11.01.2008 - 15:32 Uhr) Gut geschrieben Liebe Erna,
mir fällt es schwer Geschichten zu lesen, aber du hast schon eine andere Art des Schreibens.
lg Stella


Danke für deinen Kommentar. Ich finde unser gegenseitiges Interesse speziell... ich lese nicht oft Gedichte aber bei deinen bin ich doch schon öfters hängen geblieben...
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
NStellaObuz wichtig! - Gut geschrieben Liebe Erna,
mir fällt es schwer Geschichten zu lesen, aber du hast schon eine andere Art des Schreibens.
lg Stella
Vor langer Zeit - Antworten
Gast grapscher - Der Autor freut sich über deinen Kommentar.hallo Erna,war eine gute Geschichte. danke. ich freue mich immer etwas von dir zu lesen gruss christa
Vor langer Zeit - Antworten
FSBlaireau Re: Re: Ernstes Thema -
Zitat: (Original von Coeur am 07.01.2008 - 20:05 Uhr)
Zitat: (Original von FSBlaireau am 07.01.2008 - 17:22 Uhr) aber auch wichtig, mal wieder schön was von dir zu lesen. Gruß FSBlaireau


Ja, für uns Frauen ein sehr wichtiges Thema! Ich freue mich über deinen Kommentar und die *****
LG, Erna


War mir ein echtes Vergnügen! Und Verdient
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000  Grabscher - hab da auch schon so die eine oder andere Erfahrung mit machen müssen, allerding nie so krasse. Gut geschrieben
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