MOHNTRÄUME
Kaum jemand kennt dein wahres Gesicht.
Blass grün sind deine zarten Blätter.
Wie Spitzenrüschen ist ihr Rand geformt,
Dazwischen die nackten Stängel hoch ragen.
Eines Tages eine eiförmig grüne Hülle,
aus der sich dann im ersten Morgenlicht
kunstvoll gefaltete Blütenblätter entknittern,
vom hellen Lila bis zum dunklen Violett gefärbt.
Prächtig sind sie anzusehen,
wenn seidige Röckchen fliegen,
wenn Bienen und dicke Hummeln
um jedes Pollenkorn zanken.
Plötzlich sinkt die Seide nieder.
Einen Tag hat ihre Pracht gewährt.
Dann wird eine runde Kapsel praller,
mit kleinen Körnchen angefüllt.
Jetzt gilt’s zu lüften ihr Geheimnis,
das in der Wand der Kapsel ruht.
Zart geritzt ergießt sie ihre Milch
in des Kenners raue Arbeitshände.
Im Geheimen abgestreift, geknetet,
in den Höhlen teuer dann verkauft,
mit edlem Tabak vermischt geraucht,
schenkt Träume sie den armen Seelen.
Auf Polstern hingegossen im Dämmerlicht
wabern Träume durch der Armen Hirne.
Regenbogen schmücken ihre Phantasien.
Kreiselnd wirbelt eine bunte Bilderpracht.
Hunger, Durst, das alles gibt’s nicht mehr.
Nur noch dieser süße Duft ist wichtig.
Berauschend trägt er aus der Alltagslast.
Jeder Schmerz verweht im Rauschestaumel.
Mehr und mehr die große Gier verlangt.
Hab und Gut spielt keine Rolle mehr.
Die Sucht bricht jeden Widerstand.
Den Händler freut es umso mehr.
Das Opium zerstört die Körper derer,
die dem Leben schon für tot erklärt.
Doch der Tod lässt sie noch warten,
bis er ihre Seele endlich ganz verzehrt.
Dann eines Tages liegen ihre Leichen
An irgend einem Schreckensort..
Wieder gibt’s die neuen Drogentoten.
Fluch dem Opium und andern Sorten.
© HeiO 05-06-2011