James hatte in der Nacht seine geheimen Quellen angezapft und alle Informationen über Julian herausgefunden. Er wohnte seit fünf Jahren allein in einer von einem entfernten Verwandten geerbten Villa in der Nähe des steinigen Strandes. Sein Nachnahme lautete Newman, Alter 31 Jahre, ledig, von Beruf Architekt. Seit einem halben Jahr liiert mit Lindsay Bowen, Inhaberin einer Boutique für Dessous.
„Ich habe die Villa auf den Kopf gestellt“, berichtete James beim Frühstück, „es gibt keine Anhaltspunkte, die auf einen Mordversuch schließen lassen könnten. Vielleicht ist er das Opfer eines Raubüberfalls geworden?“
Onkel Henry schüttelte zweifelnd den Kopf: „Die Angelegenheit kommt mir merkwürdig vor!“
„Wieso?“ fragte ich.
„Es ist nur so ein Gefühl. Und auf meine Intuition kann ich mich immer verlassen! Hinter dieser Geschichte steckt mehr!“
„Wie bekommen wir es hin, dass wir ungehindert Zugang zu Julian haben?“ sorgte ich mich.
„Lass mich nur machen!“ beruhigte Onkel Henry mich. Er griff zum Telefon und Â
wählte: „Hallo? Ich möchte eine Vermisstenanzeige aufgeben.“
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Nachmittags fuhr James mich in Onkel Henrys Limousine zum Krankenhaus. Julian schlief, als wir sein Zimmer betraten.  Eine Damenhandtasche stand auf dem Stuhl neben seinem Bett. Er hatte also Besuch. Ich holte tief Luft und wappnete mich innerlich. Eine Tür klappte hinter mir. Schnell beugte ich mich über Julian und küsste ihn auf den Mund.
„Hallo? Was machen Sie denn hier?“
Diese schrille Stimme kannte ich doch! Sie gehörte zu der Frau, die angerufen hatte, als Julian blutend am Strand lag!
Ich wandte mich zu ihr um, meine Lippen verzogen sich zu einem kühlen Lächeln:
„Guten Tag! Mit wem habe ich das Vergnügen?“
„Ich bin Lindsay, Julians Freundin!“
Seine Freundin! Wenn sie ihn lieben würde, hätte sie Hilfe geschickt! Das, was jetzt kam, hatte sie verdient.
„So! Seine Freundin? Merkwürdig, dass ich Sie nicht kenne! Wie lange sind Sie denn schon seine Freundin?“
„Seit einem Jahr sind wir zusammen. Wieso sollten Sie mich kennen?“ unsicher schaute sie mich an.
„Aha! Ich dachte mir doch, dass er mich betrügt!“ wütend funkelte ich sie an.
„Wieso betrügt?“ Ihre Stimme klang wieder schrill.
„Nun, wir sind seit drei Jahren verlobt und wollen im August heiraten!“ trumpfte ich auf. Heute war der 22. April.
„Das glaube ich nicht!“ heute Lindsay auf.
Ich winkte James näher heran: „Unser Butler James kann alles bestätigen. Er beschäftigt sich schon seit Wochen mit der Organisation unserer Hochzeit!“