Kurzgeschichte
Das Psychopathen Aquarium

 „Er hat nur noch blub gemacht!“

„Was?“ Verstört blickt der gelbflossen Doktorfisch mit den neongelben Glubschaugen in die Höhe.

„Gestern Abend, er hat immer nur noch blub gemacht!“ wiederholt der Nemo Verschnitt neben dem Doktor und bewegt nervös seine Flossen. Über ihnen liegt regungslos ein Arabischer Kaiserfisch in der Höh und blubbert so gar nicht mehr vor sich hin.

„Der hatte Asthma der Sack!“ grinst das Langschnauzen-Seepferdchen Maximilian schadenfreudig.

„ Pass auf, dass deinem Sack nie was passiert!“ Der Fisch mit dem Nemo-Syndrom guckt böse, bevor er in sein sicheres Anemonen Versteck verschwindet. Maximilian verzieht seine Schnauze und näselt dann: „ Das ist eine Bauchtasche und kein Sack du Idiot! Und wag es ja nicht meine Eier runter zu machen!“

„Blub!“

„Was?“ schreit der Doktor und dreht sich aufgeregt um die eigene Achse.

„Geht’s noch? Bleib mir mit deinem Skalpell Schwanz fern du Pfeife!“ empört sich das Seepferdchen und begibt sich in den linken Teil des Aquariums zu dem geheimnisvollen, versunkenen Piratenschiff.

„Blub!“

„Wer war das? Der Araber jedenfalls nicht mehr! Der schwimmt immer noch Rückenlage!“ Der Doktor zuckt mit seinen gelben Flösschen. Scheiss Nervenleiden! Das Zucken raubt ihm nächstens noch den Verstand!

„Na-na-nacktschnecken!“ ertönt plötzlich ein krächzendes, dünnes Stimmchen neben ihm. Die Karibische Spinnenkrabbe Kyra zittert vor Panik an allen sechs, oder wieviele Beinchen hat das Vieh, und krabbelt schutzsuchend auf den genervten Arzt zu.

Maximilian tauft in der Zwischenzeit seine Eier im Beutel und zählt bis zehn in der Hoffnung, dass die Jungmannschaft endlich schlüpfen könnte.

„W-wer hat die Na-na-nacktschnecke rausgelassen?“ fragt Kyra und wühlt mit ihrem Zittern den sandigen Boden auf.

„Reingelassen meinst du?“ seufzt der Arzt und zuckt. „Pass doch auf du Spinnen Monster, sonst rasier ich dir mit meinem Skalpell Schwanz noch die Zahnstocher Beinchen ab!“

„I-ich habe a-aber eine Na-na-nacktschnecken Phobie! D-das hast du mir doch gestern Abend noch diagnostiziert D-dok!“

„Blub?“

„Fritz der flitzt, Fritz der flitzt und schwitzt!“ kaspert der Putzfisch munter vor sich hin und schrubbt dem nächstbesten Fisch den Rücken.

„OHJE!“ In Doktors Kopf hämmert die erste Migräne Attacke des Tages gemein auf ihn ein. Ist ja auch kein Wunder bei diesen Genossen in dem Glaskasten!

„Aaaaaaah sie kommt und wi-will mich ho-holen!“ krächzt das dünne Stimmchen von Kyra in heller Panik. Sie flüchtet mitten in den riesigen Totenkopf mit dem weit aufgerissenen Maul. Lieber in die Höhle des Todes als in die Nähe dieses Schnecken-Schlabber-Viehs zu gelangen.

„Du musst dich ablenken wenn du Angst hast! Strick doch was, das ist die beste Medizin für dich!“ Mit den gelben Flossen reibt sich der Arzt die pochende Stirn.

„Stricken?“ jault es aus dem Totenkopf. „So-soll ich vielleicht dem ge-gemeinen Seestern Ne-netzstrumpfhosen stricken? Für das i-immer kälter werdende Klima hi-hier drinn?“ Der Totenkopf scheint empört.

„Könnt ihr endlich mal die Schnauze halten? Meine Eier werden unruhig!“ schimpft nun Maximilian vom Piratenschiff Aussichtsmast herunter.

„Der Araber hat es gut!“ stöhnt der Arzt.

„Blub!“

„Ich werf mich gleich ins Klo wenn ihr nicht endlich alle die Klappe haltet!“ motzt es in der Anemone rechts vom Totenkopf.

„Ich bin mir sicher, das dass der Geist vom Araber ist der da noch blubbert!“ seufzt plötzlich das zierlich, süsse Stimmchen der Spanischen Tänzerin, der feurig roten Nacktschnecke.

„EIN GEIST!“ schreit und kreischt es wild durcheinander. Sogar Kyra krabbelt kreideweiss ums spitze Gesicht aus ihrer Höhle hervor. Die ganze Mannschaft versteckt sich nun hinter dem Arzt, dessen Migräne sich ins unermessliche steigert.

„Blub, blub, blub, blub!“ Die Strömung des Meerwassers nimmt zu. Das dunkle Blau schaukelt wild und gefährlich auf und ab. Ein Strudel bildet sich, eine unsichtbare Macht taucht schwarz und finster auf, wühlt und krallt und packt, dann ist plötzlich nur noch Stille. Eiserne, unberechenbare, traurige und schneidende Stille. Als sich der Sand langsam wieder gelegt hat und das Wasser sich beruhigt, blicken die unzähligen Glubschaugen zum Aquarium Himmel empor.

„Der Araber, er ist weg!“

Conny B.