Gedichte
Der ganz normale Wahnsinn

Morgens in der Arztpraxis
ist es wie im Taubenschlag,
"ach Schwester bitte nur ganz kurz,
ich brauch Herrn Doktors Rat."

"Hatten Sie denn 'nen Termin?
Nein? Das ist echt ein Jammer,
dann nehmen Sie doch bitte Platz
da in der Wartekammer."

Das Telefon schellt unentwegt
und bahnt sich sein Gehör,
durch das ganze Stimmenwirrwarr,
der Lärmpegel stresst sehr.

Das Nervenkostüm der Helferinnen
ist extrem angespannt,
der Ton wird aggressiver,
ihr Charme verläuft im Sand.

"Verdammt, wie kann denn das jetzt sein,
Claudia ist wieder rauchen,
heute schon zum fünften Mal,
sowas könn' wir nicht gebrauchen".

Die Laune sich auch überträgt
auf das Praxistelefon,
"Nein, heute ist hier alles voll,
das sagte ich doch schon".

"Ich brauch doch nur schnell ein Rezept",
tönt es aus der Warteschlange,
ein Wunder, dass niemand explodiert,
darauf warte ich schon lange.

Ich warte auch auf die Behandlung,
um Neun war ich bestellt,
nun ist es schon Viertel vor Elf,
da hilft kein Geld der Welt.

Ich weiß nicht wieviel Menschenduft
ich heute schon gerochen,
von angenehm bis ekelhaft,
beinah hätt' ich gebrochen.

Eine Helferin die Fenster öffnet,
ich kann doch überleben,
und plötzlich bin ich endlich dran,
ja was könnt's schön'res geben?

"Herr Doktor hat jetzt Zeit für Sie",
schon grüßt er freundlich mich,
Entspannung sieht doch anders aus,
als in des Hausarztes Gesicht.

Die Helferinnen pfeifft er an,
warum sie immer stören,
er hätte schließlich keine Zeit,
das würd' sich nicht gehören.

Und überhaupt wie kann man denn,
so superdämlich sein,
Telefonnummern vergessen,
das ging in ihn nicht rein.

Als ich dann endlich fertig bin,
geht's weiter mit dem Punk,
wo bleibt denn nur das Taxi,
nun bin ich wirklich krank.

(c) RayMan 2011-05