Beschreibung
Für mein Enkelkind Jonah
Jeden Sommer erblühen im Gartenteich die Seerosen. Erst schieben sich die Blätter nach oben, viele grüne und rötliche Blätter bis fast der ganze Teich damit bedeckt ist. Die vielfältigen kleinen Wesen, der für uns fast unsichtbaren Welt, können die Blätter, dann als Brücke von einem Ufer zum anderen benutzen.
Nach Einbruch der Dämmerung, wenn der Flug der Fledermäuse beginnt, erwacht für unsere Augen kaum sichtbar, ein Wuseln und Zirpen. Der Markt der Nachtwesen beginnt. An der flachen Stelle drüben am Ufer werden die Stände aufgebaut. Nur kleine Stände aus Holzresten, die im Garten zu finde sind, aber manchmal sogar mit Glühwürmchenbeleuchtung.
Die winzigen Elfen und Elben, Käfer, Zikaden und manchmal ist auch ein Gartenzwerg dabei, beginnen ihre Waren feil zu bieten.
Tauwein vom Feinsten, süßester Honig, süffige Blattlausmilch und große Medizinbälle aus Käferkot (naja, was tut man nicht für die Gesundheit) kann man tauschen oder kaufen. Blumengestecke aus zarten Blütenröschen, Nester aus Gräsern werden angeboten und ab und zu ein Häuschen, das von einer Schnecke freigegeben wurde.
Du kannst dir sicher vorstellen, was sonst noch alles auf diesem Markt feilgeboten wird. Etwas später im Jahr, wenn dann schon die erste Seerose erblüht ist, gibt es auch Beeren und als Delikatesse Schneckeneier, die sind nämlich bei den kleinen Wesen sehr beliebt. Leider ist der Markt nur alle sieben Tage, sonst gäbe es vielleicht nicht so viele Schnecken in unserem Garten.
Die erste erfolgreiche Überquerung des Teichs wird immer mit einem großen Fest gefeiert, das drei Tage dauert. Manchmal findest du am anderen Morgen, die verblühten Blättchen am Boden und denkst, ist der Frühling schon vorbei? Dabei war es nur ein besonders frohes und wildes Treiben beim nächtlichen Markt.
Nun begab sich aber im letzten Jahr etwas, das kaum zu glauben, aber wirklich wahr ist. Und das möchte ich dir erzählen.
Der erste große Markt hatte gerade stattgefunden, als die kleinen Wesen am nächsten Marktabend Schwierigkeiten hatten über den See zu kommen. Einzelne Seerosenblätter hatten sich gelöst und schwammen losgelöst an den Rändern des Teichs, anstatt wie es sich eigentlich gehörte die Brücke über den Teich zu bilden. Die Aufregung war groß. Die kleinen Wesen versammelten sich auf dem Marktplatz und jeder hatte eine Geschichte zu erzählen. Am gruseligsten war die Geschichte der Wasserläufer, einer Käfer Art, die auch tagsüber unterwegs ist. Einige der Wasserläufer hatten tagsüber einen riesigen Schatten gesehen, viel größer als der Schatten der Fische, die sowieso im Teich umherschwammen und vor denen man sich in Acht nehmen musste.
in Acht nehmen musste.
Ab und zu meinten sie auch einen Drachenkopf gesehen zu haben und hatten sich bis zur Dämmerung versteckt. Es wurde beratschlagt was man zu tun gedenke und alle meinten sie wollten versuchen wach zu bleiben und den Teich beobachten.
Die Fledermäuse schliefen als erste ein, an diesem Tag konntest du sie kopfüber unter der Menschenbrücke hängen sehen, deren Stufen aber natürlich viel zu hoch für die kleinen Wesen waren. Auch die kleine Elfen verkrochen sich vor dem hellen Sonnenlicht, erst ganz verzückt von den vielen bunten Farben, aber dann so müde von den wärmenden Strahlen. Als Nachtelfen waren sie nicht für die heiße Sonne geschaffen.
So schliefen nach und nach doch alle Tiere ein und am nächsten Abend schwammen noch mehr Seerosenblätter lose im Teich und die Brücke wurde wackeliger und wackeliger. Besonders traurig waren alle dass die erste Seerosenblüte verschwunden war.
Alle hatten sich auch schon auf die erste Seerose gefreut, die sich durch Wasser schob. Man hatte die Knospe schon erkannt, nun war sie weg. Bestürzt fragten sich die kleinen Wesen, was an ihrem Teich los war.
Aber nun ist es spät und ich kann erst morgen weitererzählen.
Am nächsten Abend war das Wetter kühl und keiner mochte sich so richtig bewegen. Ein paar Libellen schwirrten noch durch die Luft und hörten das Klagen und Flüstern. Sie erkundigten sich, was denn hier für ein Aufruhr sei. Gerade als die Nachtwesen erklären wollten was los war, wurden die Libellen so müde, dass sie kaum noch zuhören konnten, aber sie versprachen am nächsten Tag den Teich abzufliegen und genau zu beobachten. Sie wollten auch ihre Libellenkinder fragen, die tief unten im Teich lebten und am nächsten Abend berichten.
Beunruhigt zerstreute sich die bunte Gesellschaft, manch einer saß noch mit den Glühwürmchen beisammen und es wurden Geschichten erzählt und man wärmte sich gegenseitig.
Die Libellen flogen am nächsten Tag Patrouille am Teich. Eine schöne Teichjungfer (so heißt die blaue Libelle) wurde beinahe von einem der Fische erwischt, weil sie so tief über dem Wasser flog. Die eitle Prachtlibelle kam einem Menschen in die Quere, der auch kopfschüttelnd am Teich stand. Die Menschen waren also auch verwundert und waren diesmal nicht schuld an den unheimlichen Vorgängen.
Da der Tag so trüb war, kamen auch die Libellenlarven nicht nach oben und konnten nicht befragt werden. Die Libellen hatten nicht viel herausbekommen.
An diesem Abend waren die Seerosenblätter so verstreut, dass es kein Herüberkommen mehr gab, solange die Libellen noch wach waren, flogen sie ein paar Mal hin und her und berichteten an beiden Ufern, was sie gesehen hatte. Die Aufregung wollte kein Ende nehmen.
Am dritten Tag war es wieder warm und sonnig, das Wasser flirrte im Sonnenlicht und neue Seerosenblätter schoben sich nach oben. Alles was Füße zum Krabbeln hatte und Flügel zum Fliegen und auch die ohne Füße und Flügel (z.B. Die Blindschleiche), kamen hervor und genossen die Sonnenstrahlen. Auch die kleinen Libellenlarven wagten sich nach oben und von den leckeren Mückenlarven zu kosten, die zwischen den Steinen trieben. So konnten die die Libelleneltern nun endlich ihre Kinder befragen, ob sie etwas gesehen hätten.
Die Libellen fürchteten sich sehr, denn auch sie hatten das große Monster mit den langen Krallen gesehen und es hatte sogar ein paar der Geschwister erwischt. Leider wussten auch sie nicht was das war, was den ganzen Teich auf den Kopf stellte. Der Salamander, der ja von allen respektiert wurde meinte es müsste ein fremdes Wesen sein, das hier sein Unwesen trieb und sich vor allen versteckte.
Die Menschen waren jetzt oft am Teich und riefen ganz aufgeregt:“ da ist sie“ und begannen Bachflohkrebse ins Wasser zu werfen.
Da die Menschen das Monster fütterten, ließ es die Seerosenblätter in Ruhe. Am Abend konnte der Teich wieder überquert werden und die ganze kleine Schar lief am Ufer zusammen. Alle quasselten durcheinander, dass es sogar das Zirpen der Zikaden übertönte. Da teilte sich mit einer mächtigen Welle das Wasser und ein alter vermoster Drachenkopf schob sich dem Ufer zu.
Die Menge schob sich ängstlich erst zurück und dann von Neugierde getrieben nach vorne. Der Augenblick war gekommen, der Drache würde über sie herfallen.
„Macht doch nicht einen solchen Lärm, wie soll man denn da schlafen, „schnarrte der Drache, der gar keiner war.
Tilly die Schildkröte, die eigentlich im Nachbar Teich wohnte hatte sich überlegt mal woanders Urlaub zu machen. In ihrer Not, weil sie hier nicht gefüttert wurde, so wie sie es gewohnt war, hatte sie begonnen alles anzufressen was ihr in den Weg kam.
Die ganze Schar der Nachtwesen war so erleichtert und scherte sich nicht um Tillies schimpfen sondern feierte ein frohes Fest, da es keine Drachen gab.
Tilly aber wurde es zu laut am Teich und sie zog es vor wieder nach Hause zu wandern.
Manchmal kam sie noch zurück, aber das soll ein andermal erzählt werden.
Gute Nacht