Romane & Erzählungen
Purer Kitsch

Spucken auf die da

Nach 3 Jahren war der Spuk vorbei. Sie fühlte sich gereinigt, geheilt, erlöst. Nach Jahren voller Schmerz und Unfähigkeit war nun die Erlösung gekommen. Es heißt ja immer, dass Leid der beste Begleiter des Kunsttrieb sei. Aber das verfärbt die Welt in etwas Tragisches, Dramatisches. Sie genoss es nun, dieser Seite den Rücken zugekehrt zu haben. Es gab noch immer dieses Gefühl, als ob man gleich niesen müsse, oder weinen. Aber eigentlich musste man vor nichts mehr Angst haben, die Erde hat das Drehbuch neu geschrieben. Die Rollen wurden neu verteilt et voilà. Vielleicht gab sie sich künftig auch mit geringeren Erfolgen zufrieden, als bisher. Sie war so schrecklich ehrgeizig gewesen, aber warum? Ergebnisse waren auch nur Folgeerscheinungen. Genauso nutzlos wie düstere Gedanken. Sie saß so gerne in ihrem schicken Zimmer und mochte diese Tage, an denen einfach alles funktionierte. Es muss natürlich auch die andere Seite geben, die Tage, an denen alles schief läuft. So ist das Leben und das zu akzeptieren hatte sie nun endlich gelernt. Man fühlt sich gleich 2 Meter groß und allmächtig, ohne dafür Betäubungsmittel zu inhalieren.

Manchmal sollte man die Dinge anderen überlassen, alljenen, die dafür tatsächlich eine Begabung hatten. Und das gut finden. Eigentlich sollte man sich nie darauf verlassen, dass es einem gerade so verdammt gut geht, weil immer dann, wenn das geschieht, das Schicksal einen Faustschlag ins Gesicht parat hält. Wenn man das allerdings bereits weiß, ist der Schmerz nur halb so groß. Man muss auf den Schmerz abfahren, sich darauf freuen, tja, was kann dich dann noch kleinkriegen? Sie hatte gelernt, loszulassen, anderen ihr Glück zu gönnen, so wie sie sich endlich selbst ihr Glück gönnen konnte. Wer weiß, was morgen passiert. Eben. Nicht mal den Wetterleuten kann man vertrauen, aber denen noch mehr als Mike Shiva vom Kartenlesen. Nicht gewusst? Wenn meine Zukunft in deinen Karten steht, dann wäre ich gern der Joker. Der hat immer Recht. Der hält die anderen doch nur zum Narren, ohne selbst gekrönt zu werden. Wenn sie es wollte, konnte sie der Joker sein, warum denn nicht. Wieso hat irgendjemand ein Recht darauf, das zu tun, was er tut? Man nimmt es sich. Nehmen ist so endgeil, alle tuns, keiner will darauf beharren, Nehmen und Geben ist doch scheiße. Sie hatte sogar die Nase voll von diesen doofen Pseudo-poetischen-Mist à la Helene Hegemann, das war doch nuur Schrott. Als müsste man jegliche Gehirnwindung besonders anstrengend um das Blödeste zu produzieren, das es gibt. Hauptsache keiner verstehts, dann müssen alle so tun, als ob. Und ooh wie intelligent. Achwas. Die Hälfte geklaut und der Rest ist Müll. Sie hatte Bananen im Kopf, sie durfte das. Sie war die Königin, die Queen des Nonsens. Und eigentlich ergibt doch Nonsens mehr Sinn, als dieser angebliche Sinn. Und überhaupt. Wer braucht das eigentlich, diesen Sinn in Allem, diese Erklärungen für jegliche Vorgänge, dieses Verständnis. Wenn man einfach hinnehmen würde, dass es so ist, wäre man doch um einiges glücklicher. Sie wäre also gerne eine Regenwurmin, die ihre Aufgabe erledigt, die kann sich mit jedem paaren, der ihr über den Weg kriecht und wenn sie zweigeteilt werden würde, tja, dann gäbe es halt plötzlich zwei von ihr. Das wär doch was. Was wäre besser als einmal sie, als zweimal sie, als eine Welt voller ihr. In der Karibik schwimmen und der kleine Fisch versteckt sich nicht hinter dem Stein. Schau an, sie konnte auch plagiieren! Endgeil. Warum sagen die Amis so oft LIKE und warum sagen die Ösis so oft OIDA und warum sagen die Piefke so oft KRASS. Weil alle sprachbehindert sind und keiner einen Plan davon hat, was er da vor sich hin brabbelt. Warum auch nicht, Sprache ist auch nur ein arbiträres System voller Nonsens, das zufällig Sinn ergibt, wobei Sinn dann eigentlich auch keinen Sinn ergibt, weil es ja auch nur ein arbiträrer Begriff ist. Arschgefickt, so sind wir. Ich danke meinem Papi, der immer hinter mir stand und meiner Schwester, die mir immer ein, zwei Riesensprünge vorraus ist und überhaupt der ganzen arschgefickten Welt, die grinsend belächelt, dass es mich gibt und mich und meine Existenz. Sie hatte endgültig die Nase voll, dass itunes zweimal hintereinander die selben Lieder spielt, weil es ja sooooooooooooo in ist, die Pixies zu hören und ohmeingott Fight Club. Na, jetzt dreht sie endgültig durch, anscheinend. Wenn man nichts im Kopf hat fliegt es sich leichter. Tausend Gedanken, die sich durch deine Synapsen prügeln, Nervenzellen kitzeln und plötzlich kratzt sie sich am Oberarm. Es war doch sehr kalt, heutzutage. Sie war nicht intelligent, nicht einmal pseudo, sie redete nur Scheiße, Müll, den niemand interessierte, für den sich andere schämten, kopfschüttelnd wegsahen, angewidert tuschelten. Und warum hatte sie plötzlich einfach so in der Ich-Form geschrieben? Das zerstört doch den Anschein einer normalen Autor-Rezipient Beziehung. Da muss sich lächeln, weil das gefällt ihr, etwas Normales zu zerstören. Draufzustampfen KAWUMM. Die Schelmenkappe glitzert im Sonnenlicht. Worte sind doch auch nur ein Ergebnis von Buchstaben und Sätze eines von Wörtern und Bücher eines von Sätzen. Das soll dann alles noch schön Sinn machen und einen erfreuten Leser hinterlassen. Am besten eine Geschichte, die sich langsam aufbaut, einen Höhepunkt erlangt und dann immer mehr langweilt. Frei nach Aristoteles und seiner Scheißklugheit. Und all diese dooofen langweiligen Typen mit den Bärten, die darin herumwühlen und klugen Scheiß rauskotzen. Und alle knien nieder vor ihrer Weisheit. Bäh, da mach ich nicht mit, ich lass nur meine Philosophie gelten, dachte sie sich, während sie mit ihrem imaginären Bart spielte. Sie konnte übrigens auch vortrefflich Songtexte schreiben und im Kaffeerausch singen. Wunderschön, engelsgleich. Eigentlich nicht, aber die Gesellschaft ist geradezu vernarrt in solche Alleskönner, wie damals schon der miese Michelangelo. Sie hasste diese Künstler aber nur, weil sie so verdammt berühmt und verherrlicht werden/sind. Istjaso. Und warum? Na eben, weil sies draufhatten. Wer Kunst schafft, schafft etwas Unsterbliches. Das, worauf alle so geil sind. Versteh ich aber gar nicht, wenn ich tot bin, ist mir doch schnuppe, was die anderen noch über mich tuscheln?!, sie grübelte herum und googlelte schließlich den Tod. Aha, das half ihr aber auch nicht weiter. Man muss das nicht so eng sehen, frei nach Selbstdefinition. Jetzt mag sie nicht mehr und hört auf zu schreiben. In 3, 2, 1