-Brücken-
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„Was ist? Traust du dich jetzt doch nicht mehr?“
Ich sehe mich erschrocken um. Meine Hände klammern sich an das Geländer, welches durch die Kälte der Nacht wie ein Eisblock in meine Handflächen zu schneiden scheint. Zuerst kann ich die Person hinter mir nicht erkennen. Der Wind peitscht mir meine langen Haare durchs Gesicht, wo einzelne Strähnen dort hängen bleiben, wo gerade noch die Tränen hinunterflossen. Zum Glück ist es dunkel. Ich will so nicht gesehen werden.
Der Anblick muss für andere sehr erschreckend sein. Eine junge Frau, nur noch mit dem hintersten Teil der Ferse auf der Brücke stehend, lehnt sich weit nach vorne, unter ihr der reißende Fluss.
Ich muss einfach sehen wer da mit mir spricht. Also löse ich zitternd und sehr langsam meine linke Hand und führe sie Richtung Gesicht. Zwei Mal kann ich gegen den Wind kämpfen und für eine kurze Zeit die Umrisse der Person wahrnehmen.
„Wer bist du?“, frage ich mit bebender Stimme. Noch immer hält der Heulkrampf an.
Die Person hinter mir lacht nur. Ich kann sehen, wie sie einen Schritt auf mich zukommt. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, bis sie endlich einen Meter vor mir stehen bleibt, noch einmal lacht und sich dann neben mir auf Geländer lehnt. Natürlich von der anderen Seite. Die sichere Seite. Die Seite auf der die Gewinner stehen. So gesehen ist eine Brücke eine Metapher für die gesamte Gesellschaft. Eine Brücke verbindet die Menschen. Gleichzeitig kann sie aber auch spalten. So wie in meiner Situation. Die Verlierer stehen auf der Seite des Geländers, welche in den Abgrund führt. Und die Gewinner stehen auf der anderen Seite und lachen. Vielleicht ist auch nur der Zaun eine Metapher für die Aufteilung in „Gewinner“ und „Verlierer“ der Gesellschaft. Schließlich ist es der Zaun, der uns beide in diesem Moment trennt.
„Dass du mich nicht erkennst Tori. Das ist echt traurig.“
„Brandon?... Was machst du hier? Jetzt halte ich wieder beide Hände am Zaun.
„Ich wollte nur sehen, ob du dich traust. Immerhin hast du gesagt, dass du es ernst meinst“
Ich schaue in seine Richtung, ohne etwas zu sehen.
„Ja… Ich meine es auch ernst! Hau ab!“
Ich hör wie er ausatmet, will damit zeigen, dass es dabei ein Problem gäbe.
„Nun ja, ich würde ja sehr gerne jetzt gehen. Aber dann würde ich die Show verpassen.“
„Freak!“, schrei ich ihn an und richte meinen Blick jetzt starr nach unten.
„Du willst dich grad umbringen und mich nennst du einen Freak?“
Dieser Satz geht durch meinen ganzen Körper. Er hat es so abfällig gesagt, dass meine Beide ganz weich werden. Trotz meines Planes habe ich jetzt Angst, ich könne abstürzen. Dann wäre es auch nur ein Unfall und keine gewollte Sache.
„Falls es dich interessiert, ich will gar nicht sehen wie du da unten aufklatschst und wie dein toter Körper davon treibt. Ich warte darauf, dass du wieder über das Geländer kletterst und allen zeigen wirst, dass du nicht den Mut dazu hattest.“
„Arschloch… Das wird nicht passieren!“
Es dauert einen kleinen Moment. Er scheint zu überlegen.
„… Willst du’s eigentlich wirklich machen, oder hast du das nur im Affekt gesagt? Ich meine, hast du richtige Gründe dafür? Dein Leben bekommst du nie wieder zurück.“
„Ja, ich habe meine Gründe. Jetzt geh einfach!“ Ich weine wieder und sehe gar nichts mehr.
„Na schön. Aber ich wette du traust es dich nicht. Sonst wärst du längst schon von einem Fischer aus dem Wasser gezogen worden. Du überlegst zu lange. Also willst du es gar nicht.“
„Was weißt du schon? Es sind die letzten Minuten meines Lebens und die genieße ich.“
„Wow. Du genießt es aber lange. Ich dachte Menschen, die sich umbringen wollen, sind am Ende? Dass die überhaupt noch irgendetwas in ihrem Leben genießen können…“
„Man wird sich ja wohl mal zwei Minuten sammeln können bevor man…“
„Zwei Minuten?“, unterbricht er mich mit einem gekünstelten Lachen.
„Du stehst hier schon ne halbe Stunde.“
So lange kommt es mir noch gar nicht vor. Ich merke nur, dass meine Hände wie verrückt brennen. Und plötzlich sehne ich mich nach einem heißen Kakao.
„Ich sollte jetzt springen, nur um dir eins auszuwischen. Nur um dir zu beweisen, dass ich mich traue. Aber ich will einfach keine Zuschauer, verstehst du?“
„Heißt das, wenn ich jetzt gehe, dann springst du?“
Ich überlege.
„Ja, natürlich. Und wenn du jetzt hier bleibst, werde ich warten. Nur langsam tun mir die Hände weh.“
„Na wenn du gleich tot bist, dann sind dir die Hände auch egal.“
Ich versuche ihn zu ignorieren. Auf der einen Seite hat er mich total wütend gemacht. Aber auf der anderen Seite hat er mir einen Anstoß zum Denken verpasst. Habe ich wirklich genügend Gründe um den letzten Schritt zu wagen? Vielleicht sollte ich jetzt wirklich zurück auf die andere Seite klettern. Dann würde ich auf die Seite der „Gewinner“ wechseln. Nur frag ich mich, wo ich denn bitte ein Gewinner bin? In der Schule hätte man meine Geschichte jetzt analysiert und interpretiert. Und ich wette da würde eine Tussi sitzen und sagen: „Man kann es so verstehen, dass das Mädchen auf die Seite der „Gewinner“ wechselt, da sie sich gegen den Suizid und für das Leben entschließt. Damit ist sie ein „Gewinner“!“
Gruselig die Vorstellung, meine Geschichte würde als Gedicht oder Roman veröffentlicht werden. Es geht keinem was an. Und wenn ich jetzt nicht springe, dann ist mir das hinterher auch noch peinlich.
Aber zum Glück endet meine Leidensgeschichte nicht in einem Roman und ich kann mich noch entscheiden. Die ganze Geschichte mit der Brücke als Metapher. Das mache ich ja nur um mich abzulenken! Verdammt!
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So langsam merke auch ich, dass ich nie wirklich vorhatte zu springen. Ich fühle nur wie mein rechter Fuß einschläft. Also schließe ich jetzt meine Augen und atme tief durch. Wie kann ich jetzt am besten kneifen, ohne dass ich als Feigling dastehe? Â
„Du hast die schöne Stimmung versaut!“, ist das einzige was mir einfällt.
„Hm?“, fragt Brandon und in diesem Moment gehen plötzlich die Straßenlaternen an. Nun ist es richtig unangenehm. Jeder kann jetzt mein verheultes Gesicht sehen, meine schöne weiße Bluse und den kurzen Rock. Alles was ich auf der Party getragen habe. Meine vom Wind verfilzten Haare wirbeln immer noch um meinen Kopf.
Endlich scheint die Rettung zu nahen. Ich sehe das schwache Licht eines Autos, welches sich der Brücke nähert.
„Du solltest jetzt rüberklettern, wenn du nicht willst, dass die Polizei kommt.“
Ich nicke, sehe aber nicht in seine Richtung. Langsam, ganz langsam versuche ich mich zu bewegen. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich jeder Zeit fallen könnte. Abrutschen, oder geschubst werden. Ich muss mir vorstellen wie es sich anfühlt zu fallen. Der Schmerz, welcher entsteht wenn ich aufpralle. Was ist wenn man nicht sofort tot ist? Unmengen Wasser schlucken, schreien und letztendlich doch qualvoll ertrinken! Ich zögere.
„Los, komm endlich!“, Brandon steht jetzt genau hinter mir und hält mir, an meiner rechten Seite, seine Hand hin.
Ich höre wie sich das Motorengeräusch des Wagens wieder entfernt und blicke die Straße entlang. Das Auto ist vor der Brücke abgebogen. Soll ich jetzt froh sein oder mich ärgern? Ich tue so, als ob ich es nicht bemerken würde.
„OK, ich komm ja schon.“
Meine Hände kann ich kaum bewegen. Durch die Kälte ist jegliches Gefühl gewichen. Aber noch schlimmer sind die Füße. Schuhe habe ich ja keine mehr an. Die Zehen sind taub, die Fersen brennen und dazu ist ja mein rechter Fuß ganz eingeschlafen. Das Kribbeln zieht bis in die Wade hoch.
Um mich umzudrehen muss ich zuerst meinen linken Fuß anheben, um mich nach rechts zu drehen. Lieber wäre es mir gewesen, mich nach links zu drehen, um nicht den Fuß zu belasten, welcher eingeschlafen ist. Aber da er mir rechts die Hand hinhält, versuche ich es. Langsam hebe ich den linken Fuß an. Immer noch beide Hände fest am Geländer. Es klappt. Ich drehe meine Hüfte und kann letztendlich beide Fußspitzen nebeneinander stellen. Auch die Hände habe ich jetzt getauscht. Gleich habe ich es geschafft, nur noch rüberklettern. Zum ersten Mal blicke ich jetzt in Brandons Gesicht. Er sieht angespannt aus. Einen kurzen Augenblick später nimmt er meine rechte hand.
An meinen Fuß denke ich nicht mehr. Warum nur? Das ist ein Fehler.
Das linke Bein fühlt sich schwer an. Ich versuche es zu heben, schaff es aber nicht.
„Komm schon!“, ruft Brandon und versucht mein Bein zu greifen.
„Man. Streng ich doch an, so geht das nicht!“
„Ich kann nicht! Ich krieg es einfach nicht höher.“
Das Geländer ist hoch. Wir sind zwar beide sehr große Menschen, aber trotzdem fällt es mir jetzt schwerer als vorher.
Dann passiert das, was ich hätte verhindern können, hätte ich daran gedacht. Mein rechter Fuß gibt nach. Ich falle. Ich schreie. Mir tut alles weh.
…
„Ich hab dich! Versuch die Beine wieder auf die Kante zustellen, das ist nicht so hoch.“
Ich öffne meine Augen. Meine rechte Hand wird stark zusammen gequetscht. Meine linke hand hält immer noch das Geländer fest.
„Ich kann nicht!“, flüstere ich. Meine Kraft ist weg.
„Lass mich fallen! ... Es ist aussichtslos!“
Was sage ich da? Klar, mein Kreislauf ist im Keller. Ich werde fast ohnmächtig.
„Kommt nicht in Frage.“
Er zieht mich ein ganzes Stück höher, schließlich lässt meine linke Hand los.
„Man Tori! Hör auf mit dem Quatsch! Bitte! Hilf mir, dir zu helfen.“
Ich versuche es. Aber ich kann nicht mehr. Ausgefroren. Die Gelenke sind steif. Die Muskeln sind schwach. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird auch Brandon keine Kraft mehr haben. Dann wird er loslassen müssen. Mein Handgelenk muss gerade sehr viel aushalten, vielleicht wird es einfach abreißen. Der arme Brandon. Mein Körper würde ins Wasser, und er ruckartig nach hinten auf die Straße fallen- immer noch fest meine abgerissene Hand im Griff. Wenn er doch nur loslassen würde! Ich will ihm das nicht antun, war ich doch früher unsterblich in ihn verliebt. Was war nur aus ihm geworden, warum hatte er vorhin so mit mir geredet? Ich hätte ihm einen Abschiedsbrief schreiben sollen! Den würde er morgen lesen und ein schlechtes Gewissen haben. Denn eigentlich mag ich ihn ja auch heute noch, auch wenn er jetzt mit meiner schlimmsten Feindin zusammen ist. Verdammt, Abschiedsbrief? Ich habe gar keinen geschrieben. Nicht mal an meine Eltern. Nichts. So wollte ich auch nicht sterben. Dann würde keiner verstehen, warum ich das getan habe.
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Völlig aus meinen Gedanken gerissen höre ich einen Schrei. Ich blicke hoch und sehe in Brandons angestrengtes Gesicht. Offenbar hat er es aufgegeben, mich anzuflehen, mich selbst zu retten. Er versucht mit aller Kraft mich alleine hochzuziehen. Doch es fehlt immer noch ein ganzes Stück. Ich kann durch die Gitterstäbe des Zaunes seine Beine sehen. Mit seinen Knien versucht er sich festzuklammern, damit er mehr Kraft aufwenden kann. Er ist stark, das steht fest. Und ich finde es in diesem Moment total rührend, dass er seine ganze Kraft für mich aufbringt.
Endlich kann ich wieder einen klaren Gedanken fassen und meinen linken Arm benutzen. Die Hand, welche auf einmal wieder beweglich und somit voll funktionstüchtig ist, greift an eine Stange des Zaunes. Ich kann auch mein linkes Bein plötzlich wieder heben und es auf die Kante stellen. Ich glaube es nicht, ich habe es geschafft. Nach einer gefühlten Ewigkeit stehe ich wieder. Ich stehe auf der Brücke. Und ich lebe!
„Oh mein Gott!“, schnauft Brandon erleichtert. Nachdem ich meine Hand aus seiner gelöst habe, um mich wieder festzuhalten, taumelt er zwei Schritte zurück, dreht sich um und legt die Hände in den Nacken.
Ich bin wie gelähmt, kann nichts sagen. Jetzt hockt er sich hin, lässt sich fallen.
„Es… es tut mir Leid!“, bring ich schließlich krächzend heraus. Er schüttelt nur den Kopf. Mit dem Rücken zu mir, sitz er auf der Straße.
Ich halte mich jetzt doppelt so stark fest wie vorhin. Ob ich es alleine schaffe über die Brüstung zu steigen? Ich versuch es einfach. Diesmal mit dem rechten Bein. Auf dieser Seite bin ich sowieso beweglicher und bekomme das Bein schließlich spielerisch hoch. Ich ziehe mich mit so viel Schwung rüber, damit ich ja nicht zurückfalle.
Es klappt! Ich lande unsanft auf der anderen Seite. Lege mich auf den Rücken und fange wieder an zu weinen.
Brandon blickt zu mir und steht auf.
„Komm, wir gehen hier lieber so schnell wie möglich weg!“, sagt er halblaut und reicht mir seine Hand. Schwach und sehr langsam richte ich mich auf, ziehe meine Schuhe an. Brandon stützt mich und legt schließlich seinen rechten Arm um meine Schultern. Wir laufen nur bis zum ersten Baum, da wird mir schlecht. Ich reiße mich aus seiner Umarmung und renne hinter einen Busch. Er wartet darauf, dass ich zurückkomme. Ich hätte nie gedacht, dass man sich übergeben muss, nur weil man einen Schock erlitt.
„Das ist mir so peinlich! Hast du einen Kaugummi?“, frage ich und höre meine zitternde Stimmer von ganz weit weg.
„Das ist völlig normal. Mir war grad auch zum Kotzen zumute.“
Er greift in seine Hosentasche und zieht eine Packung Kaugummi heraus. Ich nehme eines und versuche es auszupacken. Doch meine Hände zittern zu stark.
„Ich… ich krieg’s nicht hin!“, jetzt mischt sich ein entsetztes Lachen in meine Stimme. Ich schüttle den Kopf und versuche es weiter, höre nicht einmal auf, als Brandon schon zur Hilfe kommt. Er packt es aus und ich kann es schließlich nehmen.
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„Es tut mir Leid“, sagt Brandon, als wir ungefähr fünf Minuten schweigend nebeneinander hergelaufen sind.
„Ich hätte das wirklich nicht sagen sollen. Ich wollte dich nicht dazu animieren zu springen!“
„Hm“
„Wirklich. Es tut mir Leid!“
„Warum hast du denn so was gesagt? ... Früher waren wir doch mal Freunde. Seit kurzem bist du wie ausgewechselt.“
„Warum wohl. Da bist du ja nicht ganz unschuldig!“
Ich bleibe stehen, er zündet sich eine Zigarette an. Ahnungslos beobachte ich ihn dabei.
„Warum das denn bitte? Ich hab dir doch nie etwas getan?“
„Ach. Und was fällt dir zu Laura ein?“, fragt er und bläst mir mit diesem Satz die Abgase in die Nase.
„Was soll mit der sein? Ich mag sie nicht, na und?“
„Das gibt dir noch lange nicht das Recht so etwas zu tun…“, murmelt er, dreht sich um und läuft voraus. Ich warte kurz, hole ihn dann aber schnell ein.
„Was? Was habe ich denn gemacht? … Sag’s mir doch!“ Ich halte ihn am Arm fest.
„Warum fragst du denn so blöd? Das weiß doch schon die ganze Schule!“
Er wartet. Ich warte. Ich weiß es nicht. Er denkt ich lüge. Ich versuche zu überlegen. Es dauert zwei Minuten, dann gibt er auf.
„Weißt du das jetzt wirklich nicht, was ich meine?“, fragt er sarkastisch. Die Frage meint er nicht ernst.
„Nein. Ich weiß es nicht!“, schrei ich ihn an.
„Weißt du, die Sache mit Lauras Affäre mit dem Mathestreber, das ging echt zu weit!“
„Was? Laura hatte was mit Luke?“
„Tu doch nicht so blöd! Du hast dir das Gerücht doch ausgedacht, damit du unsere Beziehung zerstören kannst!“
„Was? Ich wusste davon nichts. Das siehst du doch. Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst.“
Er zieht ein letztes Mal an seiner Zigarette und wirft sie achtlos auf die Straße.
Jetzt beginne ich zu verstehen.
„Deswegen also! Deswegen waren alle so komisch zu mir. Die langen Gesichter als ich den Raum betrat. Jenny, die mich gefragt hat, ob ich ihre SMS nicht gelesen habe. Pia, die mich ignoriert hat. Und Taha, die völlig wütend auf mich losging. Ich dachte es wäre alles wegen… ach egal!“
Er sieht mich jetzt anders an. Er hat fast Mitleid, hält sich aber dennoch zurück. So ganz will er meine Geschichte noch nicht glauben.
„Als ich dann anfing zu weinen. Nicht einmal Pia kam zu mir, obwohl sie meine beste Freundin ist. Laura sagte… ‚Na, willst du wieder von der Brücke springen? Hm?’. Ich war so außer mir. Ich konnte nichts anderes sagen als ‚Ja und diesmal werdet ihr mich nie wieder sehen!’
Und dann hier an der Brücke. Mir fiel die Sache mit der SMS plötzlich ein. Es war die Absage zur Party. Jenny hat mich ausgeladen. Darum bin ich letztendlich wirklich rübergeklettert.“
Brandon weiß nicht, ob er etwas sagen soll. Erst als ich ihn ansehe, um ihm zu zeigen, dass er jetzt etwas sagen muss fängt er an.
„Mit dem Gerücht hast du also wirklich nichts zu tun?“
Ich schüttle nur den Kopf.
„Ganz ehrlich nicht. Brandon ich schwöre es dir!“
Er scheint zu überlegen. Sieht sich um.
„Aber warum hast du nichts gesagt? Kam es dir nicht komisch vor, dass alle so sauer auf dich waren? Was hast du grade gesagt? Du dachtest es war wegen? Wegen was?“
„Das kann ich dir nicht erzählen… das geht nicht!“
Ich will an ihm vorbei, doch er lässt mich nicht.
„Wenn du wirklich nicht vorhattest meine Beziehung zu Laura zu zerstören, dann bitte ich dich jetzt um Verzeihung. Und als Freund will ich wissen, warum du dich umbringen wolltest! Ich dachte nämlich, du wärst aus dem Affekt heraus darüber geklettert. Ich war mir so sicher, dass du nicht springen wolltest. Aber du hast gesagt, du hast deine Gründe. Also! Welche sind das?“
Wieder fließen Tränen. Heftig schüttle ich den Kopf, will an ihm vorbei, mich aus seinem Griff lösen. Doch er ist stärker als ich.
Schließlich gebe ich auf. Er nimmt mich in den Arm.
„Es tut mir Leid Victoria. Es Tut mir so Leid Tori!“
Nach einiger Zeit lösen wir die Umarmung.
„Komm mit. Wir gehen zu mir und du erzählst mir alles. Ich habe die ganze Nacht Zeit!“
Ich weiß nicht so recht.
„Und was ist mit deiner Freundin?“
„Ach, das regle ich schon. Ich sage ihr gleich morgen Früh, dass du das Gerücht nicht erfunden hast.“
Dann gehen wir zu ihm. In seine eigene Wohnung. Ob ich ihm wirklich jetzt alles verraten werde, weiß ich nicht. Ich sehe auf die Uhr. Einundzwanzig Uhr dreißig. Vor vierzig Minuten habe ich mein Handy in den Fluss geworfen.