Romane & Erzählungen
Spielchen in der Liebe I - oder der Trotzkopf

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"Spielchen in der Liebe I - oder der Trotzkopf"
Veröffentlicht am 19. April 2011, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Spielchen in der Liebe I - oder der Trotzkopf

Spielchen in der Liebe I - oder der Trotzkopf

Kapitel 1 G

Es ist der dritte September,kurz nach vier Uhr nachmittags. Mein damaliger Freund G kommt gerade zur Tür hinein, legt mit einem stürmischen Hallo drei Brötchen auf den Tisch und verschwindet dann hinter seinem Computer. Heute ist der Tag, an dem er für drei Wochen seine im Ausland lebenden Verwandten besuchen will, alleine. Mit einem frustrierten Kick schiebe ich die Brötchen von mir weg und mache mich daran meine Schuhe anzuziehen. Ja, ich arbeite nämlich an diesem letzten Abend... Hat er das vergessen? Bestimmt ist ihm wieder was anderes wichtiger gewesen, schmolle ich. Aber nein ich rette die Situation diesmal, nein ich ziehe es vor es ihm nach zu machen. Schmollend und ein geschnappt gehe ich zur Tür hinaus, bis mich ein solcher Anfall von Aggressivität heimsucht, dass ich die Tür wieder aufstoße und in das Arbeitszimmer haste. Erschrocken und ein bisschen ängstlich (er kennt meine Wutausbrüche), schaut er mich an. "Das bin ich dir wert? Das war dir diese ganze Beziehung wert? Wir sehen uns nie nie wieder, ich ziehe nämlich aus, und du willst dich nicht mal verabschieden? Tzz, was bist du denn für ein Mann, wie blöd war ich nur!" Und ohne ihn zu Wort kommen zu lassen, renne ich wieder aus der Tür. Auf dem ersten Treppenabsatz überfällt mich erneut diese unbändige Wut, daher haste ich gleich nochmal zurück. "Achja, leg mit bitte meinen Koffer und die Werkzeuge von meinem Vater raus, ich muss die Sachen zurückgeben, bevor ich ausziehe", schrie ich ihn lauthals an.

Zwei Finger an der Wurzel seiner Nase haltend antwortet er: "Was ist denn schon wieder los?", "Wie was ist los, wie sehen uns nie wieder und du willst dich nicht mal verabschieden?"; erwidere ich ihm. "Wieso sehen wir uns denn nie wieder?".

Ja Männer hören wohl manchmal sehr schlecht zu, da wir das Ich- Ziehe- Aus- Thema schon des Öfteren hatten; vielleicht hat er mich aber auch einfach nicht ernst genommen. Nun macht er Anstalten mich zu umarmen und Lebewohl zu sagen. Aber so einfach mache ich ihm das nicht, einmal umarmen und das war´s, nein. Dann will ich lieber gar keinen Abschied. Zum letzten mal gehe ich durch die Tür und erreiche wenige Minuten später das Restaurant indem ich arbeitete.

 

Eingetaucht in die Welt, der Zapfhäne und der zu befüllenden Gläser, genehmige ich mir erst einmal eine ordentliche Weinschorle. Nach kurzer Regenerierung, wie ich es empfand, rief man auch schon in der Küche nach mir. "Guten Abend", begrüßte ich meine Kollegen in der Küche."Da ist jemand für dich"; feixt der Jungkoch zu mir, mit einem hämischen Grinsen. Ha, aber diesmal falle ich nicht drauf rein, nein, nein, sein Gesichtsausdruck war mir bekannt. Nun liegt hier sicherlich gerade irgend ein totes Tier, das direkt in der Küche zum Tagesgericht zurechtgemetzelt wird, oder hier steht ein Topf, in den ich hineinschaue und mich die toten glasigen Augen, eingebettet in einen Kopf, der als solches kaum noch zu erkennen ist, da er umgeben von Brühe und einigen nicht mehr zu identifizierenden Körperteile vor sich hin köchelt, zurück anschauen. Das ist für mich als Vegetarier nichts, ich empfinde das als Mord.

Aber nein, als ich meinen Kopf vorsichtig um die Ecke strecke, sehe ich kein Tier. G steht dort in seinem schickesten Anzug. Eigentlich hätte ich ihn schon riechen müssen, lästerte mein Kopf. Er badet ja fast in seinem Parfum und hinterlässt eine Spur, an der ihn nicht nur Hunde sondern wahrscheinlich auch schlecht riechende Menschen aufspüren könnten. "Hey Leo, wollen wir uns jetzt verabschieden", bringt er mir entgegen.

Doch ich bin eisern, ich habe mich dazu entschlossen, die Situation nicht wieder aufzufangen und bleibe stur. Ohne ein Wort des Erwiderns begebe ich mich schnur strakts wieder hinter meinen Tresen. Dort angekommen, löchern mich gleich die Blicke der Köche. "Die und ihr Freund", höre ich einen von ihnen sagen. Aber das ist mir wurscht. Sie wissen ja nicht was wirklich vorgefallen ist, warum ich mich so verhalte, sie sehen nur einen hübschen Mann in Anzug, der seine Freundin auf der Arbeit besucht, weil er sie wahrscheinlich so vermisst. Da stehe ich, alleine hinter meinem Tresen, zapfe Biere. Er sieht wirklich gut aus, ich glaube sogar sagen zu können, dass es der hübscheste Mann ist, den ich je hatte. Aber das macht die Situation auch nicht besser, unterbreche ich meine Gedanken, diese unbändige Wut kommt erneut in mir auf. Gut dass sich gerade eine Gruppe von dreißig Leuten in das Restaurant einfinden, denn nur nach wenigen Minuten, flattern die ersten Bestellungen zu mir an den Tresen. Ein Bon nach dem anderen, ich komme schon kaum noch nach, verliere fast den Überblick. Bin aber super abgelenkt. Zwei dunkle vier Helle, drei Weizen, vier kleine Apfelschorlen, fünf Flaschen Wasser Medium, drei Sprudel, was war nochmal das erste? Puh, geschafft, der erste Stoß ist geschafft, zufrieden lehne ich mich gegen die Theke, nehme einen großen Zug aus meinem Glas und schlucke die Weinschorle genüsslich runter. Da kommen auch schon wieder die Gedanken an G zurück. Was er jetzt wohl macht? Piep Piep, mein Handy, eine sms. "Leonie, bitte, lass uns doch wie zwei vernünftige Menschen voneinander verabschieden, warum machst du immer so einen Stress. Glaub mir ich habe im Moment echt genug Stress, da musst du nicht auch noch sowas machen." Ich bin fassungslos; ich ihm Stress machen? Ich, die all seine Probleme managt, die ihn täglich bekocht, seine Wäsche wäscht, ihm ein gemütliches zuhause schafft? Pah. Menü löschen. Wollen Sie diese Nachricht wirklich löschen? Ja. Blödes Handy, löschen ist löschen, wieso muss man das denn nochmal bestätigen. Es gibt keine zweite Chance, einmal entschieden ist entschieden.

Ein paar Weinschorlen und dem oberflächlichen Gebrabbel der Kellnerinnen später, fühle ich mich großartig. Sehe mich als willensstarke ehrgeizige junge Frau. Mit den anderen Restaurantbesuchern verlässt die dreißigköpfige Gruppe allmählich das Restaurant, dabei hinterlassen sie ein wahres Schlachtfeld. Immer mehr Gläser tragen die Kellnerinnen zu mir heran, die nun von mir gespült werden wollen. Nach einer Zigarettenpause und einem ordentlichen Chillischnaps mit den Köchen, begebe ich mich wieder hinter den Tresen. Nun spielt die Musik laut die aktuellen Charts, die uns das Arbeiten erleichtert. Beim Einräumen der von mir gewaschen, gespülten und polierten Gläsern, knallte ich mit ihnen immer wieder gegen die Regale, anstatt die Gläser darauf zu stellen. Ups, bisschen angetrunken... Und schon geht das erste Glas an diesem Abend zu Bruch. Ich sammle die Scherben auf, schneide mich dabei natürlich daran. Typisch ich. Nun ja, bevor der Chef das sieht und wieder eine Predigt über Ruhe und Sorgfalt am Arbeitsplatz hält, bringen ich die Scherben lieber gleich mit dem restlichen Müll hinaus. Der große Müll befindet sich in einer kleinen Hütte im Hofe des Restaurants. Ich schlendere den Weg entlang und oh nein! "Hey, Leonie," ruft eine Stimme nach mir. G. Er steht immer noch da, oder steht er schon wieder da? Ach sicherlich war er zwischenzeitlich wieder in seinem heiß geliebten Verein. Dem Sportverein, der hat aber nichts mit Sport zu tun, sondern eher etwas mit sinnlosem Zeitvertreib und Tee trinken. "Komm schon, lass uns bitte verabschieden, bitte, ich muss gleich los.", sagt er. Das "Ich muss gleich los", hat in meinem Gehirn gleich den bekannten Schalter umgelegt. Es geht immer nur nach ihm, er muss dies er muss das. Er wird mich nie wieder sehen und redet immer noch von sich. Ich bin gut im ignorieren. Ohne ein Wort und einen weiteren Blick, den Müllbehälter mit den Scherben zwischen Arm und Bauch geklemmt, gehe ich an ihm vorbei. Als ich im Müllhäuschen angekommen bin, leere ich die Scherben und den Rest des Mülls in die stinkende Tonne, als auf einmal die Tür hinter mir zu geht. Schon wieder G. Wie süß, er läuft mir hinterher, freue ich mich. Er kommt mir ganz nahe, sodass ich ihn , seinen ganz eigenen Körpergeruch durch seinen Parfummantel riechen kann. Ah, ich schmelze gleich, meine Gedanken schweifen bei seinem Anblick an eine kleine Nummer hier im Müllhäuschen ab. Aber ich bin ja eine starke junge Frau und wehre alle Phantasien mit einem spröden, was willst du, ab. "Du wolltest dich nicht verabschieden, dir waren wieder andere Dinge wichtiger. Aber ich warte nicht mehr G, das ist vorbei, das weißt du und jetzt lass mich, ich muss arbeiten, ich werde hier nicht fürs reden bezahlt!" "Leonie bitttttee", schreit er mir hinterher. Doch ich bin schon wieder, mit einer dicken Wutträne in den Augen, auf dem Rückmarsch an meinen Tresen. Als ich durch die Küche laufe, amüsieren sich die Köche ganz offensichtlich über meine privaten Machtkämpfe. Aber ich bin nun einmal stur, sehr stur. Diesmal folgt G mir nicht. Wäre auch zu peinlich gewesen, wenn die Köche das auch noch mitbekommen hätten. Leonie beim Zicken. Nein das war schon gut so, außerdem will ich ihn ja auch nicht sehen.

Die letzte Stunde meines Dienstes bricht an; ich werde unruhig. Was erwartet mich, wenn ich nach hause komme. Eine leere Wohnung? Oder ist er vielleicht doch da geblieben? Das verlangte ich ja insgeheim von ihm. Als es dann endlich soweit war, rannte ich fast die Straße hinunter unserer Wohnung entgegen. Ehrfürchtig bliebt ich vor der Haustür stehen, schaute nach oben. Kein Licht. Angst überströmte mich, hat er mich nun wirklich alleine gelassen? Ich schloss die Tür auf und stolperte fast über den riesigen Koffer. Ha, er war noch da. Irgendwo hier musste er sein. Ich ging in die Wohnung. Alles ruhig, kein Licht. Ich schaute in jedes Zimmer, doch seins, was eigentlich unser Wohnzimmer, war verschlossen. Wenn wir uns streiten und beide schmollen "teilten" wir die Wohnung auf in sein Zimmer und mein Zimmer auf. Mein Herz tobte, wie kann er ohne mich verreisen und mir dann auch noch die Hälfte der Wohnung enthalten? Ich glaube wir sind uns ganz schön ähnlich. Doch wie wir Frauen sind, habe ich mich schon während meiner Arbeit auf diese Situation vorbereitet und mich vorsorglich bei meiner Nachbarin angemeldet. Nachdem ich eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank in meiner Handtasche verstaut hatte, schloss ich hastig die Wohnungstür zu und verließ das Haus. Jetzt bloß nicht ihm begegnen, sagte ich vor mich hin. Als ob ich das beeinflussen könnte. Ich begegnete ihm wirklich nicht, er war wahrscheinlich mal wieder in seinem Verein, ich fasse es nicht.

Bei meiner Freundin angekommen, berichte ich ihr erst einmal schnaubend vor Wut und Verletzungen von meinem ach so tollen Freund, bzw. Ex-Freund wie ich schlussfolgerte. Wir saßen gemütlich in ihrer Küche, das Fenster war weit geöffnet, frische gut riechende Sommernachtluft, flutete den Raum. N, meine Nachbarin, hatte den Abend mit ihrer Orchideenzüchtung verbracht, die sie mir nun stolz präsentierte. Mit halbem Ohr hörte ich ihr zu. "Ahhhhh, ich kann nicht mehr", weinte ich auf einmal los, ich weinte und weinte und weinte, konnte mich gar nicht mehr ein kriegen. Die Uhr zeigte halb eins und ich wusste, dass sein Flieger nun gestartet war, ganz offensichtlich mit ihm. Ich empfand diesen Schmerz wie den Tod eines mir nahestehenden Menschens, der Tod unserer Beziehung. Er ist weg und nun ist es wirklich vorbei. Nach einem ordentlichen Schluck Wein, den ich nun ohne Wasser trank, versuchte ich mich wieder auf die Orchideen meiner Nachbarin zu konzentrieren. Sinnlos, ich konnte mich gar nicht mehr ein kriegen. Die ganze Wut, die Trauer über den Verlust, den Tod dieser wunderbaren Beziehung, in der ich so schöne Zeiten erlebt habe, so schöne Sachen durchlebt und mich doch immer so geborgen und zugehörig gefühlt habe, schlug über mich.

"Leonie, du bist jung, du musst lernen Geduld zu haben", unterrichtete mich N, meine Nachbarin. "Wieso muss ich Geduld haben, ich bin zwanzig, ich warte doch auf keinen Mann. Wenn er nicht will dann nicht." "Er liebt dich, kannst du nicht verstehen, dass er seine Verwandten, die er jetzt schon so lange nicht mehr gesehen hat, besuchen will?", fragt sie mich. "Klar kann ich das, aber was ist mit mir? Wie kann er sich nicht verabschieden?", schluchzte ich. "Weil du es nicht wolltest.", entgegnete sie mir. So das war der Rest, sie hatte wahrscheinlich Recht, aber das war nicht das, was ich jetzt hören wollte. Ich verabschiedete mich und schlich den Weg zurück nach Hause. In der Wohnung angekommen, durchsuche ich alle möglichen Schränke, Ecken, Hosen, Jacken und alles was mir noch in die Hände fiel, nach irgendeinem Hinweis. Aber nichts, weder eine unbekannte Handynummer in eine Zigarettenschachtel geschrieben, noch irgendetwas was die Situation ändern würde. Nun stand ich vor der verschlossenen Tür, zu seinem Zimmer. Warum er sie wohl abgesperrt hatte? War da was? Eins, zwei, drei. Ich schmiss mich gegen die Tür und hatte sie schnell aufgebrochen. Da stand ich, in unserem Wohnzimmer. Eine Matratze lag auf dem Boden, bedeckt von Kissen und Kleidung. Typisch, Ordnung war noch nie seine Stärke. Ich legte mich auf die Matratze, kuschelte mich in sein Kissen und roch seinen Geruch. Das beruhigte mich, doch es dauerte nicht lange und Trauer und Wut waren wieder da. Sauer wie ich war, begab ich mich auf meinen Lieblingsplatz der Wohnung, der Küche. Dort stand ein Tisch und zwei wunderbar gemütliche Sessel. Ich schaufelte die ganzen Klamotten, die G netterweise beim Packen überall in der Wohnung verteilt hatte und setzte mich. Nachdem ich mich mit einem weiteren Glas Wein versorgt hatte, schaltete ich den Computer an. Die Uhr auf dem Desktop zeigte schon halb zwei.

Was hatte ich bloß die ganzen Stunden nach meinem Feierabend gemacht? Egal, ich kann ausschlafen. Ich mache auch Urlaub, alleine zu Hause. Ich loggte mich in einer der vielen Singlebörsen ein. Obwohl wie ich finde, das Wort Singlebörse falsch gewählt ist. Es müsste eher Sexbörse heißen. Hier verabredet man sich doch sowieso für nichts anderes. Und single braucht man dafür auch nicht sein! Aber ich bin es ja, schon mindestens seit zwei Stunden. Auf der Seite eingeloggt, gucke ich mir erst einmal die Leute an, die sich zuletzt mein Profil angesehen hatten. Ich schmökerte in den Profilen auf der Suche nach einem hübschen Mann. Ich muss sagen, dass ich mir gerne Alphatiere aussuche, einer der ordentlich Kontra geben kann. Aber ob das jetzt das richtige ist?, dachte ich und verließ das Profil von GangstaPlaya28 wieder. Zu proletenhaft. Ein Fenster plopte auf. " Hi, wie gehts? Was machst du so...."

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charlotte2

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Gast Spielchen in der Liebe 1 - ich finde die kurze Geschicht toll geschrieben....hätte gerne mehr davon gelesen :-? Grisu
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