Mama Papa = Osterhase ?
"Mama, wann ist wieder Ostern?", fragte meine kleine Schwester meine Mutter heute schon zum vierten Mal.
"Bald, mein Schatz, sehr bald.", antwortete meine Mutter immer wieder, ohne eine konkreterere Antwort zu geben. Und gab meiner Schwester damit das Zeichen, das Gespräch war beendet. Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass meine Mutter selbst nicht wusste, wann Ostern war, da es ja jedes Jahr auf ein anderes Datum fiel. Doch meine kleine Schwester Rosi (Eigentlich heißt sie Rosetta, aber sie mag den Namen nicht, deshalb nennen wir sie Rosi) ließ sich davon nicht beirren.
Jeden Tag fragte sie, wann Ostern war, jedes Jahr fieberte sie nur auf diesen einen Tag hin, und jede Nacht freute sie sich, dass Ostern nun ein Tag weniger entfernt war. Ich fand es manchmal schon fast etwas peinlich, als ich 5 Jahre alt war, glaubte ich schon längst nicht mehr an den Osterhasen, und Geschenke bekam ich auch keine mehr, manchmal etwas Vollmich-Schokolade und einen Schokohasen, aber das wars dann auch. Meine kleine Schwester dagegen bekam einen richtigen Korb voller Süßkram und ein paar Geschenke, wie Klamotten, Barbies, Kasetten oder Ähnliches. Und dann kam noch dazu, dass in ihrem ganzen Zimmer Süßigkeiten und Schokoladen-Ostereier versteckt waren, die sie dann suchen konnte. Kein Wunder also, warum sie so erpicht auf diesen Tag wartete.
Ich wollte ihr die Laune nicht verderben und ich fand es auch etwas lustig, wie sehr sie den Tag liebte, oder eher die Süßigkeiten, die ihr der Osterhase brachte.
"Mama, wann ist wieder Ostern?", fragte meine Schwester am nächsten Tag meine Mutter.
"Bald, mein Schatz, sehr bald.", antwortete meine Mutter pflichtbewusst.
"Papa, wann ist wieder Ostern?", fragte Rosi meinen Vater daruafhin. Er und meine MUtter wechselten kurz einen Blick.
"Bald, meine Süße, sehr bald.", antwortete dann auch mein Vater, da er keine bessere Antwort parat hatte.
"Rosi, übermorgen ist Ostern.", sagte ich dann zu meiner Schwester, ich war die Einzige, die im Kalender nachgeschaut hatte. Rosis Augen weiteten sich vor Freude und sie lief sofort in ihr Zimmer, um es etwas unordentlicher zu gestalten, damit sie übermorgen mehr Spaß beim Suchen der Ostereier hatte.
"Übermorgen ist es schon soweit?", fragte mein Vater, ich nickte.
"Wir müssen nochmal einkaufen, allerdings mach ihc mir langsam Sorgen, sie liebt diesen Tag mehr als alle Anderen, selbst ihren Geburtstag, Weinachten und Silvester liebt sie nicht so sehr, wie Ostern. Ist das normal? Allise, ist das normal? Als du in ihrem Alter warst, hast du längst nicht mehr an den Osterhasen geglaubt und uns an den Kopf geworfen, wir seien der Osterhase, was ja auch stimmte." Ja, ihr habt richtig gelesen, mein Name ist Allise, ich weiß nicht warum und wieso, nur eins weiß ich : Mein NAme ist zu kurz, als das man ihn zu einem Spitznamen hätte machen können.
"Es stimmt doch immer noch, ihr seid immer noch die Osterhasen.", meinte ich zu meinen Eltern, die, wie als Bestätigung meiner Aussage, nur mit den Schultern zuckten.
"Morgen ist Ostern, richtig?", fragte mich Rosi heute.
"Ja, morgen ist es soweit.", sagte ich zu ihr und zwinkerte ihr zu. Ich mag Kinder und ich bin meinen Eltern dafür dankbar, eine kleine Schwester zu haben, sie ist manchmal zwar etwas nervig, aber wenn sich ihre Augen vor Vorfreude weiten oder ihr Mund sich zu einem breiten Lächeln verzieht, weil sie ein Osterei gefunden hat, freue ich mich immer so sehr, eine Schwester wie sie zu haben, dass ich unsere kleinen Streitereien vergesse.
Und morgen ist es wieder soweit : Morgen ist der Tag, an dem Rosi nicht aufhören kann zu grinsen und alle in ihren Bann zu ziehen, dass ihr am nächsten Morgen die Wangemusklen schmerzen.
Ich werde von leisem Schluchzen geweckt und stürme sofort in das Zimmer meiner Schwester, ich kenne diesen gequälten Laut und ich hasse es, wenn irgendjemand oder irgendetwas sie dazu bringt, diesen Laut von sich zu geben. Ich bin ihre große Schwester und ich habe seit ihrer Geburt immer diesen Beschützerinstinkt gehabt. Seit ich sie das erste mal schreien gehört habe. Ich gebe zu, da hat sie angefange zu nerven, aber nach einer Weile, nun ja, könnte man sagen, ich habe mich daran gewöhnt.
"Rosi, was ist los?", ich knie mich zu ihr auf den Boden, um ihr ins Gesicht schauen zu können, ich bin zu groß, als dass sie mir in die Augen schauen könnte, wenn ich normal stehe.
"Guck.", murmelt sie und zeigt auf ihren Oster-Korb, der normalerweise bis zum Rand gefüllt ist, jetzt ist er leer. Das Holzgeflecht erinnern an Babyarme und das Stroh an eine verlassene Gegend, so verlassen, wie ihr Korb.
"Vielleicht musst du erst die ganzen Sachen suchen, vielleicht wollte der Osterhase dir das diesmal nicht so leicht machen.", sage ich zu ihr, in der Hoffnung, sie zum Lächeln zu bringen, dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass der Osterhase diemal einfach zu faul war und wollte, das Rosi nicht mehr an ihn glaubt, da die Ostersachen von Jahr zu Jahr teurer werden.
"Meinst du wirklich?", fragt mich Rosi voller Hoffnung und ich nicke.
Zusammen begeben wir uns also auf die Suche nach Schokoeiern, Marienkäfern, hartgekochten Eiern, Lollys, Bonbons und dem Shokoladenhasen. Aber so sehr wir uns auch anstrengen, wir finden nur dre Bonbons, die vermutlich vorher nur im Schrank vor sich hin gegammelt haben und ein hartgekochtes Ei, dass gestern Abend wahrscheinlich noch schnell gemacht worden ist. Ich kann Rosis Enttäuschung gut verstehen.
Sie fängt wieder an zu schluchzen, ich weiß, was sie denkt; sie liebt den Osterhasen, bastelt Karten und Geschenke als Gegenzug für ihn, und bekommt das ERste mal in ihrem Leben nur drei Bonbons und ein Ei.
"Weißt du was? Ich verrat dir ein Geheimnis!", sage ich, denn Rosi liebt Geheimnisse und die letzten Tage war sie in keinem Lebensmittelgeschäft.
"Was denn?", schnieft sie und wischt sich die Tränen aus den Augen. Ihre braunen Locken kleben an ihrem Mund und ihre grünen Augen spiegeln mein vertrautes Gesicht.
"Komm, zieh dich an, das Geheimnis musst du sehen, um es zu verstehen.", sage ich und helfe ihr dabei, Hose, T-Shirt, Jacke und Schuhe anzuziehen. Dann mache ich mich mit ihr auf in den nächsten Laden, wo Schokohasen, Eier, Lollys und noch vieles mehr gestapelt sind.
"Wow!", entfährt es Rosi, und ich muss lächeln über ihre Verblüfftheit.
"Siehst du das alles hier? Was denkst du darüber?", frage ich meine kleine Schwester.
"Keine Frage, der Osterhase war auch hier!" Ich muss lachen über ihre Antwort, doch sie schuat mich nur unbeirrt weiter ernst an.
"Schau, diese ganzen Sachen kannst du hier kaufen. Zum Beispiel, wenn der Osterhase dich ausversehen vergessen hat."
"Aber er kann mich nicht vergessen haben, ich habe ihm doch eine Karte geschickt und sie dir gegeben, damit du sie zur Post bringst."
"Ja, ich weiß, aber der Osterhase hat mindestens genauso viel zu tun, wie der Weihnachtsmann, und dabei können sie schon den ein oder anderen mal vergessen. Aber das machen sie total unbeabsichtigt und deshalb kannst du dir das hier jetzt nehmen, ich bedzahl das."
"Aber müsste das Alles dann nicht um sonst sein? Der Osterhase bringt das mir doch auch um sonst!", sagt Rosi und ich muss mir ien weiters Lachen verkneifen.
"Nein, der Osterhase, genau wie der Weihnachtsmann, bringt alles nur in die Geschäft, wo die Eltern und KInder sich das dann kaufen können, es wäre viel zu viel Arbeit, wenn der Osterhase das alles allerin zu den Leuten bringen würde, deshalb hat er Helfer - die Eltern.", vielleicht ist es nicht ganz richtig, meiner Schwester dieses Märchen aufzutischen, aber ich konnte ihr irgenwie auch nciht die Wahrheit sagen.
"Ich verstehe", sagt Rosi nun und ihre Augen glänzen vor Freude, "darf ich mir dann hiervon was aussuchen?"
Ich nicke und Rosi läuft zwischen den Regalen mit einem dicken, breitem Grinsen auf dem Gesicht, herum.
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