Zur Person Fritzi Oberhammers und der Herkunft ihrer genialen Schulaufsätze:
Fritzi heißt eigentlich Friderike Obermaier und wohnt in einem Dorf im tiefen Dschungel Niederbayerns mit einem für gewöhnliche Menschen unaussprechlichen Namen. Auf Grund ihrer besonderen, im Folgenden durch ihre Hinterbliebenschaft - einen Packen vergilbter, zerfledderter Schulaufsätze - zu Tage tretenden Eigenschaften, von ihren Schulkameraden als 'Fritzi Oberhammer' tituliert. Leider ist sie des Hochdeutschen nur 'a wengerl' (teilweise) mächtig, weswegen ihre Benotungen auch trotz erheblicher Kreativitätsanstrengungen ihrerseits es nicht wesentlich über die Hürde von der 'sechs' zur 'fünf bis sechs' geschafft haben.
Meiner Meinung nach jedoch ist sie ein verkanntes Genie, gibt sie doch den Geist einer ganzen Epoche und eines außergewöhnlichen Volkes wieder, ja in ihren mühsam dahingekritzelten und von einem unwissenden Lehrer verworfenen Ergüssen spiegelt sich der Geist einer Kultur, einer Zivilisation.
Ich habe ihre mit krakeliger Schrift feinschmutzelig dahin geschmierten Arbeiten beim Ausräumen des alten Schulhauses, kurz vor seinem Abriss entdeckt. Der Lehrer musste sie wohl wider Willen aufheben (da dies seine Pflicht war), verbarg sie jedoch gesondert in einem Loch in der Mauer auf der Lehrertoilette, welches durch ein Bild von Kaiser Franz Josef verdeckt war.
Auf dem mit Wäscheleine zusammengebundenen Packen von Fritzis Aufsatzheften war hinter der Schnur ein Zettel eingeklemmt, auf dem ich die verblasste Tinte mühsam entzifferte:
„Möge ich niemals gezwungen sein, diese Schmierereien wieder ans Tageslicht zu bringen. Das Mädel hat es ja gut gemeint, aber ich halte es für besser die Nachwelt von ihr zu verschonen. Genug, dass sie mich meine Nerven und Gesundheit gekostet hat!“
gez.: Oberlehrer Meisinger.
Adoomgrafftwärge
Als erstes möchte ich ihren Aufsatz über die 'Adoomgrafft' vorstellen, in dem sie Aussagen getroffen hat, die weit über ihre Zeit hinaus in die Zukunft reichen – ja ich nenne sie manchmal deswegen: 'meine kleine Prophetin aus dem Dschungel eines verkannten Königreiches'.
Aufsatzthema: Nutzen und Gefahren der Atomkraft. Machen Sie eine Grundsatzanalyse und stellen Sie das Thema in einer Diskussion dar!
Fritzi Oberhammer: „WARUM I FIA D ADOOMGRAFFT BI !“
(Anmerkung der Herausgeberin: Ich sah mich leider gezwungen, Fritzis Aufätze ein wenig nachzukorrigieren und ihre sprachlichen Ausrutscher ins Urwäldlerische nachträglich so weit zu glätten, dass auch ein dem Bayerwald-Slang nicht Mächtiger dem Faden ihrer Gedanken zu folgen imstande ist.)
Z'erscht amoi brauchen wir d Adoomgrafft damit mai Lehrer a gschaids Dema fir den Schulaufsatz hot. Weil iwa nix kann ma so herrlich disputiera, wie wo's wo sich gor neamd auskennt.
Des fongt scho moi damit o, dass no koa Mensch die vamaledeite Radioagdiwidät nia ned gseng hot.
(Sorry, ich sehe ich muss noch mehr Eindeutschen, sonst liest mir das niemand mehr - auch wenn der unverwechselbare Schreibstil Fritzis auf grausamste Weise darunter leiden wird - Anm. d. Herausg.)
Meine Oma hat zur Radioagdiwidäd gesagt: „Wos i ned seng ko, des is a ned do!“(Was ich nicht sehen kann, das ist auch nicht da!) Ich gebe ihr da nur teilweise recht, denn als ich ein Experiment machte, um die Richtigkeit ihrer Aussage zu überprüfen, lag ich danach mit einem Gips am Bein vier Wochen im Krankenhaus. Ich halte das aber für einen nicht relevanten Ausnahmefall. Um eine Statistik darüber zu bekommen, müsste man nicht nur einmal (wie in meinem Fall) mit geschlossenen Augen über die Straße gehen. Man sollte hunderte von Menschen anweisen, (die alle sehr verschiedene Berufe haben müssen) zu verschiedenen Zeiten mit verbundenen Augen über die Straße zu gehen.
Ein Wissenschaftler kontrolliert dann, wie viele davon hinterher einen Arm oder ein Bein gebrochen haben, unversehrt sind, oder auch von einem Auto bis zur Unkenntlichkeit zermatscht worden sind.
So kann man die These beweisen, dass Autos, welche man nicht sieht auch nicht vorhanden sind.
Hat man zum Beispiel hundert Probanden, und zehn davon überleben nicht, so entspricht das der normalen Unfallstatistik und man kann davon ausgehen, dass das bei geöffneten Augen auch passiert wäre. Das wiederum würde beweisen, dass etwas was man mit geschlossenen Augen betrachtet nicht gefährlicher sein kann, als etwas was man sehen tut, was wiederum beweist dass die nicht sichtbare Gefahr auch nicht vorhanden ist.
So ist es auch mit der Radioagdiwidäd. Weil wir sie nicht sehen können, macht sie uns auch nichts.
Das beweist schon, dass wir so viele Adoomgrafftwärge haben, und immer noch leben. Wenn wir allerdings deswegen nicht mehr leben würden, könnten wir auch nicht mehr beweisen, dass es anders ist. Aber das wäre dann auch egal.
Es ist auch bewiesen, dass Menschen die neben Adoomgrafftwärge wohnen nicht öfter sterben, als Andere. Nämlich genau einmal. Öfters kann man nämlich nicht sterben. Man kann zwar öfter zum Leben erwachen – so wie Jesus – der ist wiederauferstanden. Aber gestorben ist er auch nur einmal.
Und Menschen, die noch nie was von de Adoomgrafftwärge gehört haben, sterben auch nicht weniger oft, nämlich genau einmal am Ende ihres Lebens. Was beweist, dass Adoomgrafft nicht gefährlich sein kann, selbst wenn einmal ein Unfall passiert.
Es wird aber auch sehr viel getan, damit die Adoomgrafftwärge trotzdem sicher sind. Wenn nämlich doch mal was passiert, und man sich verrechnet hat, soll das uns Bayern nur zum Guten gereichen.
Deswegen verkaufen wir auch die meisten Adoomgrafftwärge nach China und Japan, damit unser schöner Marienplatz in München im Ernstfall wieder schlitzaugenfrei ist und uns hier nichts passiert.
Manche sagen, dass die AGWs (Adoomgrafftwärge) nicht sicher gegen Erdbeben oder menschliches Versagen sind. Glücklicherweise gibt es das Beides bei uns in Bayern nicht.
Selbst wenn wir alle an so einem Supergau einmal eingehen würden, macht das nichts, denn wir könnten es auch nicht verhindern. Das liegt daran, dass wir von dem Strom den die AGWs uns liefern völlig abhängig sind.
Ohne diesen Strom würden wir sowieso sterben. Darum ist es besser gaaaanz vielleicht irgendwann später an einem Adoombumms zu sterben, als jetzt schon an akutem Strommangel.
Ich will dazu ein paar Beispiele anführen:
Zum Beispiel würde ein AGW ohne Strom nicht wirklich funktionieren. Die Kühlwassersysteme würden ausfallen, weil die Pumpen mit Strom betrieben sind. Dann käme es zur Kernschmelze und das ganze Ding könnte explodieren. Auch wenn das mit dem bisschen Radioagdiwidäd nix macht, wir hätten dann alle keinen Strom mehr, weil das AGW ja keinen mehr liefern kann. Und wie ich schon vorher sagte: Ohne Strom würden wir alle sterben.
Beispiel zwei:
Meine Oma könnte nicht mehr fernsehen. Und wenn meine Oma nicht mehr fernsehen kann, müssen wir alle sterben. Das war schon schlimm genug, als ihr Fernseher einmal für zwei Stunden ausfiel. Sie wird dann so grantig und unausstehlich, dass in ihrer näheren Umgebung kein biologisches Leben mehr möglich war. Deshalb kriegte sie auch sofort UNSEREN großen teuren Fernseher, und wir haben uns in der Zeit bis sie einen neuen hatte (zwei Stunden durch einen Anruf beim Fernsehnotdienst) so gestritten, dass Papa die Möbel klein haute und Mama in die Nervenheilanstalt musste. Nur mir hat es nichts gemacht, weil ich ja immer bei meiner Freundin fernsehen kann.
Es gibt aber auch Gegenbeispiele die ich der Diskussion wegen anführen möchte: Ein in Amerika zum Tod durch den elektrischen Stuhl Verurteilter, könnte sogar länger leben, wenn es keinen Strom mehr gäbe.
Insgesamt möchte ich meine Ausführungen damit abschließen, dass ich vor allem der Meinung bin, dass Adoomgrafft sehr wichtig ist, weil meine Oma auch dieser Meinung ist. Und man soll ja die Weisheit der Älteren achten. Vor allem, wenn sie so gefährlich sind wie meine Oma. Deshalb möchte ich als nächstes Aufsatzthema vorschlagen: „Nutzen und Gefahren von Großmüttern - machen Sie eine Grundsatzanalyse und stellen sie das Thema in einer Diskussion dar!“
Ich möchte schon einmal voraus schicken, dass ich im Gegensatz zur Adoomgrafft für die allmähliche, sichere Abschaltung von Großmüttern und die Entsorgung ihres Restmülls auf einem fernen Planeten bin. Nur so hat die Menschheit eine Chance zu überleben.
Friderike Obermaier 5a
Benotung: 6
Grund: Keine Angabe. Ich bin verzweifelt. Wie kann man gegen so viele Grundsätze eines gesunden deutschen Aufsatzes auf einmal verstoßen?
gez. A. Meisinger, Oberlehrer