Fantasy & Horror
Die Wahlverwandtschaften - Teil 1

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"Die Wahlverwandtschaften - Teil 1"
Veröffentlicht am 21. März 2011, 12 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Die Pflicht des Menschen ist seine stetige Vervollkommnung. Ich versuche dies jeden Tag ein klein bisschen, zumindest wenn es durch Bücher geschieht.
Die Wahlverwandtschaften - Teil 1

Die Wahlverwandtschaften - Teil 1

Beschreibung

Lucius Bruder hat sich angekündigt und will der Familie sienes Bruders allen Ernstes seine Ehefrau vorstellen. Sollte ein Leser bereits eine Geschichte der Plogojowitz gelesen haben, so kann er ein paar der ersten Seiten übersprigen, da hier die Familie allgemein vorgestellt wird, was für Neuleser nützlich ist. Titelbild: www.Bilderkiste.de

Die Wahlverwandtschaften[1]

“My home is my castle!”, sagt das englische Sprichwort. Das ist vollkommen legitim. Es gibt natürlich auch Leute, die diesen Spruch frei interpretieren können und dann sagen: „My home is a castle!“ Jenes Privileg genießen die Wenigsten und außerdem gönnt die menschliche Natur es den Wenigsten.


[1] Der Titel leitet sich vom gleichnamigen Roman von Johann Wolfgang von Goethe ab. Der Begriff selbst weist auch auf den ungefähren Inhalt ab, denn diese Wahlverwandtschaft stammt aus der Chemie und entsteht, wenn zwei verbundenen Molekülen AB ein Molekül C hinzugefügt wird, welches A ähnlicher ist als B und sich mit A verbindet. Die folgende Geschichte hat damit auch etwas zu tun, keine Sorge, aber lesen Sie bitte erst einmal weiter und hören bitte nicht nach der Überschrift, aufgrund dieser Erläuterung auf! Bitte nicht! Weiterlesen! Dalli!

 

In Transsylvanien ist das Wohnen in einem Schloss nicht ganz frei von Vorurteilen. Immer wieder heißt es, das nur seltsame Leute, nicht einmal menschlicher Natur, hier leben. Gut, es stimmt auch, aber wer will sich schon so einfach als Stereotypenhasser zu erkennen geben.

Die Familie Plogojowitz ist in dieser Hinsicht schon fast ganz normal. Sie spielen sich nicht als Großgrundbesitzer auf und wollen auch nicht gesondert behandelt werden. Sie leben in ihrem Schloss, ganz normal, bis auf, dass sie selten bei Licht herausgehen und manchmal Blut zu sich nehmen, als Ernährungsgrundlage. Das ist normal, jedenfalls bei einer Vampirfamilie. Da ist Vater Lucius, der leidenschaftlich gerne Orgel spielt, Morbidia, seine Frau, welche er über alles liebt und verehrt. Sie ist eine eifrige Blumenzüchterin, wobei es ihr schwarze Rosen und Blumen, die etwas dunkler sind, besonders angetan haben. Ihre Kinder, welche beide exzellente

Schulabschlüsse an der englischen Universität Cambridge bestanden haben, sind Lucius jr., der leidenschaftlich gerne Geige spielt und Carmilla, die politisch für die Rechte der Frauen aktiv ist. Dummerweise macht ihre Zugehörigkeit zur Rasse der Vampire ihre Aktivitäten, jedenfalls in der näheren Umgebung, nicht wirklich leichter. Im Schloss leben außerdem Alaister, der Butler der Familie und Kemal, ein Ghul, der sich nicht mehr genau daran erinnern kann woher er eigentlich stammt, aber er gibt häufig Konstantinopel als erste Stadt an in der er sich bewusst aufgehalten hat, vor mehr als 700 Jahren.

Lucius und Morbidia versuchten gemeinsam ein altes Gartenbuch zu entziffern. „Ich dachte in Großvaters Gartenbuch stände etwas über die Beschwerden fleischfressender Pflanzen“, sagte Morbidia, die verzweifelt versuchte die richtige Seite zu finden. „Eigentlich schon, Großvaters Gartenbuch beinhaltet alles, was sich bei 3 als nicht pflanzlich ausweisen


konnte.“ Morbidia lächelte. „Meine arme Erzsebet.[1] Sie hat seit mehreren Tagen nichts Festes mehr gegessen. Und langsam gehen uns die Vorräte an Hühnerbrühe aus.“ Lucius blickte seine Frau fragend an. „Aber Alaister hat doch erst vorgestern welche geholt.“ „Schon, aber Erzsebet kompensiert ihren Fleischmangel mit einem übersteigerten Suppenkonsum. Ah, da ist es ja!“, sie deutete mit ihrem schmalen Zeigefinger auf einen 


[1] Benannt ist die Pflanze nach Erzsebet Báthory (1560-1614), die als mehrfache Mörderin von Dienerinnen hingerichtet wurde. Wahrscheinlich war es ein politisch gefärbter Hintergrund sie hinrichten zu lassen, doch bis heute hat sich das Bild der „Blutgräfin“ durchgesetzt, die im Blut ihrer jungfräulichen Dienerinnen badete um ewige Schönheit zu erhalten. Morbidia hält auch nichts von den Geschichten, fand den Namen aber irgendwie passend. 

 

 

Artikel auf der rechten Buchseite. „Das größte Problem kann eine Fleischvergiftung sein, oder eine Fleischsorte, die sie nicht verträgt. Abhilfe schafft man mit flüssiger Nahrung und einigen Tropfen Blut, verabreicht über einen Tag“, las Lucius. „Wunderbar, dann haben wir ja alles richtig gemacht, jetzt braucht Erzsebet nur noch etwas Blut, ich wusste doch warum ich sie mir angeschafft habe, sie ist uns so herrlich ähnlich“, frohlockte Morbidia. „Brauchen wir jetzt nur noch einen Spender“, überlegte Lucius halblaut. Morbidia fixierte ihn bei diesen Worten. „Moment mal, warum ich? Dein Blut ist doch viel…süßer und wahrscheinlich auch bekömmlicher!“, wehrte er sich lautstark. Morbidia näherte sich ihm und küsste ihn auf die Wange. „Ach, du sagst immer so nette Sachen über mich und das obwohl wir schon so lange verheiratet sind. Mach dir keine Sorgen, es sind genug Konserven vorhanden, damit wird niemand etwas abgeben müssen.“

 

 

Erleichtert atmete der Schlossbesitzer auf und stellte das alte Buch vorsichtig in das Regal zurück. Morbidia ging in ihr Gewächshaus und kümmerte sich kurz um ihre geliebten Pflanzen. Währenddessen kam Alaister mit einem Brief herauf. „Post, für den Herrn des Schlosses.“ „Oh gut, das bin ich!“, freute sich besagter wie ein kleiner Junge und nahm ungeduldig den Brief entgegen. „Was steht wohl drin? Absender? Oh, mein Bruder aus England, der uns vor kurzer Zeit eine Kostprobe seines besten Fleisches geschickt hat…Moment mal, was hat Elisabetha noch mal gegessen?“, fragte sich Lucius noch als Morbidia wieder in den Gemeinschaftsraum trat. „Was hast du da?“ „Einen Brief, lies ihn bitte, ich muss gerade über etwas nachdenken“, erwiderte ihr Mann und reichte ihr den Brief. Mit einem ihrer langen Fingernägel öffnete Morbidia elegant den Brief, ohne sich einen Nagel abzubrechen, was eine Kunst für sich ist. „Dein Bruder aus London

kommt zu uns mit seiner Frau, ist das nicht wunderbar?“ Plötzlich wurde Lucius aus seinen Gedanken gerissen, da er 2 Worte vernahm, die thematisch nicht zusammenpassten. „Ich vernahm gerade die Worte Bruder und Frau, oder hatte ich eine Wahnvorstellung?“, fragte Lucius. „Nein, aber ich verstehe deine Frage nicht.“ „Dann setz dich bitte hin, ich werde dir die Geschichte erzählen.“ Morbidia machte es sich in ihrem Korbstuhl gemütlich und Lucius setzte sich in seinen Ohrensessel. „Mein Bruder hat im Gegensatz zu mir die Eigenschaft Frauen schnell anzuziehen und im nächsten Moment wieder abzustoßen, wenn man es so ausdrücken will. Deshalb konnte ich mir nie vorstellen, dass er sich jemals verheiraten würde, gerade weil er dazu noch ein recht erfolgreicher Vertreiber britischer Nahrungsmittel ist, jedenfalls war er es noch das letzte Mal, als ich ihn sprach. Wird wohl bereits expandiert haben.“ Augenblicklich fiel Lucius wieder etwas Wichtiges ein. „Ach ja,

 

 

 

 

Erzsebet hat ihre Essstörung wohl vom britischen Rindfleisch meines Bruders, er hat uns doch vor kurzer Zeit mal welches geschickt.“ Morbidia riss die Augen auf. „Natürlich, das ist es! Da habe ich wohl etwas von dem Fleisch für Alaister erwischt, es musste ja so kommen.“ „Richtig, mein Fledermäuschen. Unser Butler isst selbst heute noch Dinge, die ich nicht so einfach essen würde, er hat vor unserer Hochzeit Dinge gegessen, das will man gar nicht wissen“, erinnerte sich der Herr des Hauses mit Schrecken.[1]


[1] Alaister war kein englischer Gourmet, er aß Bodenständiges, aber genau, wie es in vielen englischen Familien der Brauch ist, ungewürzt. Auch manch typische englische Speisen, die für andere Europäer nicht genießbar sind. Sein Arbeitgeber erinnert ihn immer wieder daran, indem er Alaisters unnatürlich langes Leben auf die britischen Nahrungsmittel zurückführt, sie würden ihn konservieren. 

 

 

„Sagen wir den Kindern Bescheid?“, fragte Morbidia. „Aber sicherlich! Solch ein historisches Erlebnis darf niemand verpassen, denn die Frau, die meinen Bruder an sich gebunden hat, sollte jeder sehen können. Schade das Vater das nicht mehr erleben darf, er hätte sich bestimmt köstlich über ihn lustig gemacht.“ „Wo wir gerade dabei sind, wie verstarb dein Vater eigentlich?“, fragte Morbidia interessiert. „Er war ein Vampir der alten Schule. Dann haben ihn bösartige Dorfbewohner der Mittagssonne ausgesetzt und mein Vater zerfiel zu Staub, jetzt ist er vom Winde verweht. Aber er hat es sich glaube ich so gewünscht.“ „Wie meinst du das?“ „Nun man bekommt nicht immer die Gelegenheit eine kostenlose Weltreise zu machen.“ Morbidia nickte. „Allerdings, dein Vater war sehr weise.“

 

 

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RogerWright
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