"DIE LEUTE LIEBEN DIESEN SONG - Mit den S**** im Übungsraum"
Veröffentlicht am 07. März 2011, 4 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen http://www.mystorys.de
Über den Autor:
Love Hate and Anxiety - Mein Leben mit Sugar Ray BigE
Niemand, und am wenigsten ich selbst, kann erklären wie ich diese langen Jahre mit Djane Sugar Ray BigE , die Jahre der Demütigungen und Erniedrigungen, die Jahre der Drogen und des gemeinen Punkrocks so lange ertragen habe.
Als ich sie das erste Mal, kurz nach der Wende, im OK Corral Club (jetzt Subversiv), einem unglaublich schmutzigen und düsteren Kellerloch, sah, nannte sie sich ...
DIE LEUTE LIEBEN DIESEN SONG - Mit den S**** im Übungsraum
DIE LEUTE LIEBEN DIESEN SONG - Mit den S**** im Übungsraum
Mit den Scamps im Übungsraum
Ich saß im ICE nach Wiesbaden, unterwegs zur Bandprobe mit den Scamps. Neben mir stapelten sich diverse Schlagzeugteile. Ich freute mich auf die Wiederbegegnung mit Psycho Martin. Seines Zeichens Gitarrist und Sänger, war er ein bis zum Hals tätowierter liebenswerter Spinner, der sich seinen Namen durch seine exzentrische Bühnenperformance verdient hatte.
Seit Jahren telefonierten wir sporadisch und lästerten über unsere jeweiligen Bandmitglieder. Sein Bassisten- und Schlagzeugerverschleiß war legendär. Das war auch der Grund seines Anrufs. Er hatte mal wieder einen Drummer gefeuert und suchte für zwei Konzerte – eins in Berlin im Kaffee Burger, und eins im legendären „Haus“ in Kassel – Ersatz. Dabei hatte er an mich gedacht. Meine derzeitige Band ging mir schon seit einiger Zeit auf den Sack.Wir hatten seit Monaten kein anständiges neues Stück geschrieben und der Gitarrist benahm sich wie ein nervöses Modell vor dem großen Lauf. Ich sagte spontan zu. Mit den Worten „Ey Biggi, das wird großes Tennis“ verabschiedete er sich.
In Wiesbaden angekommen holten mich Martin und sein brandneuer Bassist Sven in einem – natürlich klapprigen - Kombi ab und wir fuhren nach einem kurzen Bier-Tankstellen-Stopp zu ihrem Proberaum. Wir fanden schnell zusammen - war ja nicht meine erste Garagenband - und freuten uns wie die Schulkinder. Weil uns unser Brandeifer im Gesicht geschrieben stand, rissen wir die ganze Zeit blöde Witze um uns unsere Lust aneinander nicht zu sehr anmerken zu lassen. Martin der zum Überschwang neigte, erzählte immer wieder, wie großartig die „Tour“ verlaufen werden würde, und war sich der Begeisterung des Publikums sicher. Zwei Sixpacks später hatten wir das Set durchgeackert. Martin liebte jeden einzelnen seiner Songs und spielte sie mit Inbrunst. Seine Halsschlagader schwoll auf dreifache Größe. Ihr neustes Stück hatte es ihm besonders angetan. Nachdem wir es gespielt hatten rief er mit weit ausgebreiteten Armen: „ Mann, die Leute LIEBEN diesen Song“. Sven sah ihn leicht belustigt an und bemerkte mit hochgezogenen Augenbrauen: „Martin, den haben wir doch noch nie live gespielt!“
Love Hate and Anxiety - Mein Leben mit Sugar Ray BigE
Niemand, und am wenigsten ich selbst, kann erklären wie ich diese langen Jahre mit Djane Sugar Ray BigE , die Jahre der Demütigungen und Erniedrigungen, die Jahre der Drogen und des gemeinen Punkrocks so lange ertragen habe.
Als ich sie das erste Mal, kurz nach der Wende, im OK Corral Club (jetzt Subversiv), einem unglaublich schmutzigen und düsteren Kellerloch, sah, nannte sie sich noch 500 Miles To Glory. Damals organisierte sie mit vier "Freunden", die berüchtigten "Rock"n"Roll Killed My Mother" Partys. Auch wenn ich schon damals Probleme mit der Art von Musik hatte, die sie und Frank Against-All-Flags völlig übersteuert aus veralteten Dual Plattenspielern dröhnen ließen, rührte mich doch der Enthusiasmus mit dem sie sich dem sogenannten Punkrock verschrieben hatte.
Daß ich meine besten Jahre für diese egozentrische Grafikerin, die auch für die - völlig zu Unrecht - gefeierten Berliner Greaserrocker "Lorena & The Bobbits" Schlagzeug spielt, verschwendet habe, wird für immer wie ein Schatten auf meiner Seele lasten. Zwei Jahre ist es nun her, daß ich den Mut aufbrachte mich von ihr zu trennen.
Es waren nicht die whiskeyheiseren Anrufe lange nach Mitternacht, in denen sie mir brüllend erklärte sie hätte endlich die Motörhead/Girlschool "Massacre on Valentines Day" gefunden und müßte sie gerade mit einem "Freund" hören, die den Ausschlag dazu gaben sie zu verlassen.
Auch nicht der Schwarm blutjunger Männer, der sie auf ihren kulturimperialistischen DJ-Kreuzzügen durch einschlägige Berliner Clubs (Wiener Blut, Lee Harvey Oswald Bar, Ankerklause, Scotch & Sofa, White Trash, Glühlampe, Coffy, Astro Bar....) ständig zu umkreisen schien, wie Fliegen eine Dose Black & White Pomade.
Sogar den Vorwurf ein "analfixierter Zwangscharakter mit haarsträubend schlechtem Musikgeschmack" zu sein, den sie mir machte, nachdem sie sich auf meine CD-Sammlung übergab, hätte ich schweigend ertragen.
Es war dieser verächtliche Zug um den Mund, den sie an den Tag legte, wenn ich ihr zu erklären versuchte, daß sie ihr und mein Leben mit ihrem Hang zu Gewalt und tagelangen Drogenexzessen, kombiniert mit der ständigen Beschallung von ohrenbetäubend lauter Soulmusik zerstört, der letztendlich den Ausschlag dazu gab.
Meine Bitten, ja mein inständiges Flehen sich von ihrer schädlichen Lebensweise zu trennen waren vergebens. Die Frage, ob sie James Brown nicht auch etwas leiser und vielleicht auch ganz ohne Bier und Bourbon genießen könnte, selbstredend unter der ständigen Beteuerung, daß ich ihn ja doch genauso verehre wie sie, beantwortete sie mit dem lakonischen Satz "Klar Schatz, wenn die Hölle zufriert und Bon Scott an meine Tür klingelt". Meine Sisters of Mercy Sammlung, deren geniale Texte sie niemals verstanden hat, liegt noch heute zerstreut auf dem dunklen Hinterhof, direkt unter ihrem Musikzimmerfenster.
Vielleicht habe ich mich zu gern im Glanze Ihres späteren Erfolges gesonnt, vielleicht faszinierte mich aber auch nur die sorg lose Leichtigkeit mit der sie es verstand Menschen - und das nicht nur während sie Platten spielte - zu manipulieren und sie buchstäblich nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Es war unheimlich zu beobachten, wie es ihr gelang, die unglaublichsten Musikstile - Soul, Punk, 60s, Garage und sogar Deathmetal - miteinander zu kombinieren und diesen einzigartigen Rhythmus beizubehalten, dem sie ihr Leben, ihre Gedanken und ihre gewaltige Plattensammlung weihte, und dem sie Alles unterwarf - Freunde, Groupies und, letzten, bitteren Endes, auch MICH!
Es waren Jahre der Leidenschaft, des Hasses und der Furcht. Ich danke meinem Therapeuten, daß er mir die Kraft gab einen geradlinigen, drogenfreien und rocknrollfreien Weg einzuschlagen.
Leser-Statistik
44
Leser
Quelle
Veröffentlicht am
Kommentare
Kommentar schreiben
Senden
ProfTrashRe: Abt. "kleine intime Einblicke" ^^ - Danke für die Ehre, schön!
DoctorAbt. "kleine intime Einblicke" ^^ - Hallo Professorchen,
das du mit den Jungs aus dem "Hardcoregewerbe" einiges durch hast, war mir klar, aber das es da auch so amüsante Anekdoten zu erzählen gibt, ist schon etwas mehr als lustig !!! ^^
Hihihihih, der Doctor LIEBT diese kleine Story !!!