Kapitel 9
Rasul war nicht umsonst der König der Löwen geworden. Er hatte eine mächtige Statur, für Löwen seines Standes ein häufiges Merkmal, dennoch war er gut ein bis zwei Köpfe größer als all seine Artgenossen. Auch Neo, der Panther, war sehr kräftig gebaut, im direkten Vergleich gegen Rasul aber unterlegen. Möglicherweise war dies der Grund, so dachte Cula, der sich auf einem höher gelegenen Felsvorsprung in Sicherheit gebracht hatte, dass niemand sich traute, den ersten Angriff erfolgen zu lassen. Beide standen sich nach wie vor gegenüber, starrten sich an. Gleich wird der Löwe dieses Ungetüm anfallen und vertreiben. Er wird ihn besiegen und fort jagen. Aber er muss sich beeilen. Cula sah besorgt zu Chorm, der immer noch mit dem hinteren Teil seines Körpers über dem Abgrund hing. Seine Vorderpfoten krallten sich an einen kleinen, hervorstehenden Fels, nur das verhinderte, dass er abstürzte. Lange wird Chorm sich nicht mehr halten können. Cula wollte krächzen, dem Löwen signalisieren, dass die Zeit knapp wurde. Doch er traute sich nicht, die Konzentration der beiden zu stören. Jeder lauerte auf einen Fehler des Anderen. In wenigen Augenblicken musste da unten ein Kampf gigantischen Ausmaßes losbrechen. Plötzlich brach Neo das Schweigen.
„Der Wolf gehört mir, Rasul!“
Hatte Cula richtig gehört? Woher kannte das Ungetüm den Namen des Löwen?
„Dir gehört gar nichts, Neo!“ entgegnete Rasul selbstsicher.
Cula blickte wieder zu Chorm, der hatte mittlerweile die Augen geschlossen.
„Warum verschwendest du deine Zeit hier, Löwe? Solltest du nicht bei deinem Volk sein?“
„Mein Volk kann warten.“
„Aber das ist gegen die Abmachung!“
Cula glaubte, sich verhört zu haben. Eine Abmachung. Was ging hier vor? Obwohl ihn keiner der Beiden beachtete, machte er einen vorsichtigen Schritt zurück, ging etwas tiefer in den Schatten, den der Mond auf die Felswand warf.
„Erzähl mir nicht, was ich wann zu tun habe, Panther!“
Während sie sprachen ließ keiner der Beiden den anderen auch nur für eine Sekunde aus den Augen.
„Ich erzähle dir aber, dass dieses Wölflein MIR gehört!“
Die Stimme des Panthers wurde lauter.
„Dann brauchst du dich doch nur umzudrehen, Neo. Da liegt er. Kampfunfähig und wehrlos. Los, hol ihn dir.“
Cula meinte ein dunkles Grinsen für eine Sekunde lang in Rasuls Gesicht zu beobachten.
„Damit du mich dann hinterrücks anfällst? Nein, Rasul, nicht noch einmal.“
„Du hast es also nicht vergessen, Neo. Bravo, soviel Klugheit hätte ich dir gar nicht zugetraut. Dann weißt du ja auch noch, was du mir bei unserem letzten Treffen versprochen hast.“
Neo wurde immer wütender, er hatte Mühe, die Kontrolle zu bewahren. Aber er wusste, ein Fehler, eine falsche Bewegung, sein Ende wäre besiegelt.
„Das weiß ich ganz genau! Die Abmachung war: Du bekommst mit deinem Rudel die Wölfe, dafür überredest du alle Löwen, künftig in unserem Tal und nach unseren Gesetzen zu leben!“
Cula wurde schwarz vor Augen. Er taumelte, machte versehentlich einen Schritt nach vorne, konnte sich gerade noch fangen. Was hatte er da gehört? Rasul, einer der ältesten Bewohner des Tals …….ein Verräter?
„Sehr richtig, Neo. Die Wölfe! Ich sehe aber keine anderen Wölfe. Wo sind sie?“
„Es ist noch nicht der verabredete Zeitpunkt. Die Sonne ist noch lange nicht aufgegangen!“
„Und da hast du dir gedacht, Panther, du könntest dir vorher bereits eine kleine Zwischenmahlzeit genehmigen? Nun, falsch gedacht!“
Zum ersten Mal seit einigen Minuten bewegte sich einer der Beiden, Rasul machte einen Schritt auf den Panther zu, dieser wich, wenn auch widerwillig zurück.
„Und deine Löwen? Wo ist dein Rudel? Du bist alleine, nur mit diesem nutzlosen Federvieh. Wo ist dein Versprechen Rasul?“
„Du als Einzelgänger willst mir erzählen wie man ein Rudel führt? Wie man sie überzeugt, ihr Leben im Tal aufzugeben? ICH habe den Geschmack der Jagd geschmeckt, ICH habe das Blut gesehen. Keiner von denen hat jemals zuvor etwas Ähnliches erlebt. Darum wollte ich sie zu den Wölfen führen, die Gelegenheit war günstig, alle waren ausgehungert. Es wäre ein Leichtes gewesen, sie davon zu überzeugen, dass unsere Natur in der Jagd liegt. Und nun? Nun ist der Vogel bestimmt bereits auf dem Weg zum Wolfsrudel, alle zu warnen. Und das ist allein DEINE Schuld, Neo!“
Cula atmete auf, dadurch, dass er sich versteckt hatte, gingen die Zwei davon aus, dass er die Flucht ergriffen hätte. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, einen Plan zu entwickeln. Sollte er tatsächlich zu den Wölfen fliegen? Nein, er wusste ja nicht einmal, wo sie sich befanden, bis er mit ihnen wieder hier war, wäre Chorm längst verloren. Er konnte ihn nicht im Stich lassen.
„Willst du damit sagen, deine Löwen gehorchen dir nicht mehr?“ Neo hatte tatsächlich noch den Mut, den Löwen zu verspotten.
„Meine Löwen spielen ab jetzt keine Rolle mehr, Neo. Ich werde mir jetzt den leblosen Wolf nehmen und alleine meine Reise in dein Tal antreten. Und du wirst mir jetzt aus dem Weg gehen!“
Jetzt wurde es spannend. Cula sah eine Chance, wenn Neo und Rasul aufeinander losgingen, hatte er die Gelegenheit, zu Chorm zu fliegen und zu versuchen ihn zu wecken.
„Warum sollte ich, Rasul? Auch du bist entkräftet, wie alle Bewohner des Tals. Ich hatte Wasser hier oben. Vor deiner Statur und deiner Kraft habe ich keine Angst. Nicht heute!“
Der Löwe brüllte, so laut er konnte. Cula ging das donnernde Geräusch durch Mark und Bein. Neo fauchte, nicht minder laut. Doch keiner traute sich, den ersten Angriff auszuführen. Wieder wanderte der Blick des Vogels in Richtung Abgrund. Chorms Kräfte schwanden sichtbar, er rutschte jeden Moment ab. Cula musste handeln. Vor ihm lag ein Ast. Instinktiv ergriff er ihn mit seinem Schnabel und stieß sich sachte und leise vom Felsvorsprung ab. Er flog über die beiden Streithähne, die sich nach wie vor zwar konzentriert anstarrten, sich aber nicht einen Millimeter bewegten. Cula positionierte sich über den Panther. Dann ließ er den Ast fallen. Wie in Zeitlupe spielten sich die folgenden Szenen vor seinem Auge ab. Der Ast glitt auf Neo zu. Cula hoffte, er würde treffen, das war sein einziger Versuch. Er hatte Glück. Das kleine Holzstück traf ihn am Hinterteil. Das Ungetüm wurde so aus seiner Konzentration gerissen und zuckte heftig zusammen. Das war das Zeichen für den Löwen. Mit einem Satz sprang er aus dem Stand auf den Panther, der für den Bruchteil eines Moments den Kopf zur Seite gedreht hatte. Noch in der Luft holte Rasul mit seiner rechten Vorderpranke aus und verpasste Neo einen heftigen Schlag, dann prallte er mit der ganzen Wucht seines Körpers auf ihn. Allerdings hatte er die Wucht des Aufpralles unterschätzt, er krallte sich am Körper Neo`s fest und beide kugelten ein ganzes Stück über den steinigen Boden. Nun war Neo am Drücker, befand sich nun über dem Löwen, der auf dem Rücken lag. Er verpasste ihm ebenfalls einige harte Schläge, doch auch aus dieser Situation konnte Rasul sich befreien. Der Kampf wog hin und her. Cula sah seine Chance gekommen. Er stürzte auf Chorm zu, der sich nun nur noch mit einer Pranke an dem Felsvorsprung festhalten konnte.
„Chorm! WACH AUF! Wir müssen hier weg!
Er stieg auf den Kopf des Wolfes, pickte ihn mit seinem Schnabel immer wieder an, doch Chorm reagierte nicht. Culas Plan war gescheitert. Er musste sich mit der Tatsache abfinden, seinem Freund nicht mehr helfen zu können.
Rasul und Neo lieferten sich immer noch einen erbitterten Kampf. Sie schienen alles um sich herum vergessen zu haben, merkten auch nicht, wie sich immer dichter auf den Abgrund zu bewegten, genau auf die Stelle an der Chorm sich kaum noch halten konnte. Jeden Moment würden sie auf ihn stoßen und sein Ende besiegeln. Cula schloss die Augen. Er konnte nicht hinsehen. Seine Ohren vernahmen das Kampfgeschrei. Das Fauchen, das Brüllen. Es kam immer näher und näher. Ein Jaulen. Er traute sich noch immer nicht die Augen zu öffnen. War einer der Beiden nun verletzt? Nein, er hörte sie immer noch. Das Jaulen kam aus einer anderen Richtung. Nun öffnete er doch die Augen und sah einen Schatten auf den Löwen und den Panther zu rasen. Mit voller Wucht schlug dieser seinen Kopf in die Seite des Panthers, der verlor das Gleichgewicht und rollte auf den Abgrund zu. Noch bevor der Löwe aus der Situation Kapital schlagen konnte, ehe er überhaupt bemerkte, was da vor sich ging, hatte der Schatten ein weiteres Mal Anlauf genommen und auch ihm mit dem Kopf einen heftigen Schlag versetzt. Rasul taumelte, die Wucht des Angriffes ließ ihm keine Chance, das Gleichgewicht wieder zu erlangen. Er stand nun direkt am Abgrund, versuchte krampfhaft sich festzuhalten, doch um ihn herum befand sich nichts, was ihm hätte Halt geben können. Nur Neo. Voller Panik krallte er sich an ihm fest, doch auch dieser verlor das Gleichgewicht. Mit einem markerschütternden Schrei stürzten Beide in die Tiefe.
Dann war es still. Cula, der zuvor seine gesamte Aufmerksamkeit den beiden Verrätern geschenkt hatte, versuchte nun, sich einen Überblick zu verschaffen. Er erblickte den Schatten, der sich ihnen näherte.
„Palos! Du warst das! Gott sei Dank. Du musst Chorm hochziehen, er schafft es alleine nicht.“
Palos sagte kein Wort. Er versetzte seinem Bruder einen harten Schlag gegen den Kopf. Als Chorm daraufhin erwachte und die Augen öffnete erblickte er sofort das vertraute Gesicht seines Bruders.
„Warum, Palos?“ Seine Stimme war kaum hörbar, doch Palos verstand genau.
„Das ist jetzt nicht mehr wichtig, Chorm. Komm, ich helfe dir hoch. Ich werde dich zu den anderen bringen, dann werde ich gehen. Ich verdiene es nicht, weiter bei euch zu verweilen.“
Cula blickte ihn verwundert an.
„Was meinst du damit?“
„Ich habe den größten Fehler meines Lebens begangen, Cula. Ich werde von hier fort gehen.“
„Das wirst du nicht tun!“ Ganz plötzlich war Chorm`s Stimme wieder die Alte, donnernd wie eh und je.
„Du wirst mit uns kommen, du wirst bei uns bleiben, du wirst weiter mit uns leben und wirst alles, was in deiner Macht steht für das Rudel geben. Mit Weglaufen machst du nichts wieder gut. Wir brauchen dich und du brauchst uns, jetzt mehr denn je!“
Ohne ein weiteres Wort half Palos seinem Bruder wieder auf die Beine. Er blickte ihn an und lächelte.
„Kommt ihr Zwei, mir nach, ich weiß wo die Quelle ist.“
Cula wusste, dass es ihm nicht zustand über das eben Geschehene weiter zu reden. Das müssen die Wölfe unter sich ausmachen. Er war sich aber sicher, dass es für die Zukunft auch nicht weiter von Bedeutung sein würde.
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Sie hatten die Quelle gefunden. Sie hatten sie tatsächlich gefunden. Niemand hätte vor ein paar Stunden auch nur im Entferntesten daran gedacht, dass eine Rettung noch möglich war. Nun standen Gogon und Mihula direkt vor dem Teich, sahen, wie das Wasser in einer niemals endenden Fontäne aus den Felsen schoss. Und doch konnten sie es nicht glauben. Keiner sagte etwas, ungläubig starrten sie auf die anderen Tiere des Tals, die sich im Wasser vergnügten, die tranken, sich säuberten. Die Tiere, die den Bäumen geholfen hatten, die Gräben auszuheben, waren mittlerweile hinzugekommen und hatten, nachdem sie sich ebenfalls kurz erfrischt hatten, ihre Arbeite fortgesetzt. Am Fuß des Teiches gruben sie weiter, schufen kleine Vertiefungen, damit die Teile der Holzleitung nicht verrutschen konnten. Sie hatten eine riesige Kette von Lebewesen gebildet, die bis ins Tal reichte, jeder grub an der Stelle, an der er sich befand. Gegenüber von ihnen, auf der jeweils anderen Seite der Aushebung hatte sich ein Affe und noch viele weitere Tiere gestellt, um den freigewordenen Boden sogleich mit einem Teil der Leitung zu versehen und diese miteinander zu verbinden. Es klappte alles wie geplant. Das Holz der Wasserleitung reichte beinahe exakt bis zu der Stelle im Tal, an der der Graben begann. Glücklicherweise war das Gebiet bis dahin komplett abschüssig, so dass das Wasser ohne Probleme fließen konnte. Dann war der Moment gekommen. Um sicher zu stellen, dass das Wasser nicht zu früh floss, hatten die Affen einen riesigen Stein als Blockade an den Anfang der Leitung am Gebirgsteich gesetzt. Gogon ließ es sich nicht nehmen, diesen eigenhändig zu entfernen. Lauter Jubel tönte durch die Landschaft, das Wasser bahnte sich seinen Weg. Sie waren alle gerettet. Gogon stellte zwei seine Affen ab, damit diese die Leitung bei Sonnenaufgang wieder mit dem Stein verschließen konnten, ehe sich alle Tiere wieder auf den Weg nach Hause machten.
Mihula blieb bei Gogon, in das Gefühl der Erleichterung mischte sich Trauer. Sie hoffte so sehr, dass Ben es geschafft hatte. Aber wenn sie ehrlich zu sich selber war, standen die Chancen schlecht. Viel zu ausgezehrt hatte er ausgesehen. Sie blickte traurig zu Gogon, der blickte ebenso traurig zurück. Obwohl beide kein Wort verloren, wussten sie, dass ihr Weg sie als erstes direkt zu Ben führte, oder dem, was von ihm noch übrig war.
Die Tiere hatten gute Arbeit geleistet. Das Wasser führte in jede noch so abgelegene Ecke des Tals, jeder Baum wurde mit Wasser versorgt. Mittlerweile waren sie bei Ben angekommen und der Anblick verschlug ihnen beinahe die Sprache. Wo einst der mächtige, dicht bewachsene Baum stand, befand sich jetzt ein riesiger Holzstamm, dem links und rechts zwei große Äste so schlaff herunterhingen, dass für Mihula und Gogon kein Zweifel bestand. Ben existierte nicht mehr. Die Vogeldame begann zu weinen. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurück halten. Auch dem Affenkönig liefen die Tränen die Wangen hinunter.
„Wir werden dich vermissen, Ben! Und wir werden einen Nachfolger finden, der deiner würdig ist!“
Gogon war so erschöpft, dass er zusammen sackte. Er legte sich vor den Überresten des Baumes in den Sand, Mihula gesellte sich zu ihm. Beide waren völlig kraftlos geworden, brauchten dringend Schlaf. Das Plätschern des Baches, der durch den Graben direkt vor ihnen floss, bemerkten sie kaum, ebenso wie sie nicht bemerkten, dass ihre Tränen sich mit dem Wasser vermischt hatten.
Mihula hatte ganz schlecht geträumt und auf dem harten Waldboden auch nicht gut geschlafen. Jede ihrer Federn tat ihr weh. Sie brauchte einen Moment, sich zu orientieren, dann merkte sie, wie Gogon neben ihr noch schlief. Nur langsam fiel ihr wieder ein, was sie in der Nacht Schreckliches entdeckt hatten. Je wacher sie wurde, desto mehr kehrte die Verzweiflung, die Traurigkeit in ihren kleinen Körper zurück. Sie wandte ihren Kopf in Richtung der Stelle, an der einst Ben gestanden hatte……. Und es verschlug ihr beinahe die Sprache. Die beiden großen Äste lagen nicht mehr leblos auf dem Waldboden, befanden sich wieder an der Stelle, wo sie immer gewesen waren. Ãœberall aus dem Stamm waren kleine Äste gewachsen, an denen sich auch sofort Knospen gebildet hatten. Wo einst die mächtige Krone war, wuchsen bereits wieder einige Blätter. Ben lebte. Er hatte die ganze Zeit gelebt. Er hatte nie aufgegeben. Es würde noch ein paar Wochen dauern, bis er wieder der Alte sein würde, aber dann könnte er das Tal wieder anführen, so wie er es immer getan hatte. Mihula setze sich auf Gogons Rücken, ganz sachte, sie wollte ihn nicht aufwecken. Er sollte die Ãœberraschung selber sehen. Aber sie nahm sich ganz fest vor, sobald Cula wieder da war, werden die beiden ein neues Nest bauen. Direkt an Ben`s Baumkrone. Damit sie ihn niemals wieder alleine lassen müssen.
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„Wir haben uns übertölpeln lassen…… von einem WOLF!“ Neo raste vor Wut, trotzdem zog er Rasul aus dem Wasser. Beide hatten einige Wunden abbekommen, was Ernsteres war ihnen aber nicht passiert. Rasul war ebenfalls wütend, wäre am liebsten sofort wieder auf den Panther losgegangen. Doch er wusste, dass er ihn brauchte, genauso wie umgekehrt.
„Wir werden ab sofort zusammen arbeiten müssen, Neo.“
„Zusammen arbeiten? Mit dir Verräter? Nenn mir auch nur einen Grund, warum ich dir nicht sofort die Kehle durchbeiße, Löwe!“
Rasul hatte mit dieser Reaktion gerechnet, reagierte dementsprechend besonnen.
„Hör mir zu, Neo, ich kenne das Tal wie meine Westentasche, du das Gebirge. Dort gibt es jede Menge Opfer zum Jagen, alle ohne Kampferfahrung, alle wehrlos. Wenn wir beide uns gegenseitig den Rücken frei halten, haben wir leichte Beute.“
Neo überlegte einen Moment.
„Ich denke wir brauchen Verstärkung.“
„Verstärkung? Welches Tier sollte denn ebenso mächtig sein, wie wir?“
„Da gibt es einige bei mir im Tal. Weitere Panther, Tiger, andere Löwen. Wenn wir die alle für uns gewinnen können….“
Rasul wusste nicht, worauf Neo hinaus wollte, sah in verwundert an.
„So viele andere Tiere? Wozu sollten wir die brauchen können? Warum die Beute teilen, wenn wir sie alleine für uns haben können?“
„Aber warum nur einzelne Tiere des Tals nehmen, wenn wir das ganze Tal haben können?“
Ein teuflisches Grinsen Rasuls bedeutete dem Panther, dass der Löwe verstanden hatte.
„Wir stellen eine Armee zusammen, in ein paar Monaten greifen wir an.“
„In ein paar Monaten, warum nicht gleich?“
„Weil sie sich in Sicherheit wiegen sollen, sie sollen wieder zu Kräften kommen, damit sich die Beute auch lohnt. Ãœberlass das Denken und Planen am besten mir!“
Rasul sagte nichts mehr. Er hasste es, sich von dem Panther nun auch noch verspotten zu lassen. Aber er hatte Recht. Zurück konnte er nicht mehr, und je mehr er darüber nachdachte, desto weniger spürte er das Verlangen nach dem friedlichen Leben, dass er bisher geführt hatte. Sein einziger Gedanke war: Ich brauche Essen….Fleisch! Ich muss jagen. Das ist meine Natur.
Neo hatte sich bereits umgedreht und war losmarschiert. Rasul trottete ihm hinterher, bereit sich von dem Panther leiten zu lassen. Aber nur solange, bis er selber eine günstige Gelegenheit bekam.
ENDE