Nachdem Jacky die Schläge für sich und ihre beste Freundin weggesteckt hatte musste sie sich bei einem Treffen auch noch sagen lassen, dass sie die Situation nicht ernst nähme. Jacky beweist das Gegenteil, indem sie schwört, unbrechbar. Ein Fehler?
Sie drehte sich um und erschrak, als sie mich sah. Auf dem Boden kroch ich bäuchlinks zu ihr und schob mich im Prinzip nur mit einem Bein vorwärts. Alles tat mir weh. Sie kam zu mir gerannt, half mir hoch und umarmte mich. „Das hättest du nicht... du kannst doch nicht... du... „ Sie rang nach Worten, doch ich hielt ihr wieder den Mund zu und lächelte. „Halt einfach die Klappe und bring uns hier weg!“ Ebenfalls lächelnd nickte sie und trug mich ein ganzes Stück. Ich sah sie nur verwundert an. „Gibt es einen bestimmten Grund, warum du läufst und dich hier abmühst?“ Sie sah mich an. „Denkst du, wir sind weit genug entfernt?“ „Klar! Und außerdem, Jeanny: Wenn du bis zu mir nach Hause so weiter machst hebst du dir einen Bruch.“ Unsicher sah sie sich um. „Aber du weißt doch, dass ich das nicht so gut kann wie du. Vielleicht verlässt es mich auf halber Strecke und wir stürzen ab.“ Ihre Sorge war durchaus berechtigt. Das letzte mal als sie das versucht hatte war sie kläglich gescheitert und wenn ich sie nicht aufgefangen hätte, wäre sie womöglich gestorben. Doch ich hatte Vertrauen. „Glaub mir, du schaffst das.“ Kurz überlegte sie, doch dann nickte sie wieder. Vorsichtig legte sie mich auf dem Boden ab und machte sich bereit. „Und noch etwas:“ sagte ich während ich von gleißendem Licht geblendet wurde. „Wenn wir sterben... bringe ich euch um.“ Dann wurde ich hochgehoben und verschwamm schon bald mit den anderen Beiden zu einem schimmernden Streifen in der Ferne.
*
„Das werden sie mir büßen!“ grummelte ich und starrte dabei auf die staubige Tischplatte, auf welche ich meinen Kopf gelegt hatte. Jeanny neben mir tätschelte beruhigend meine Schulter. Wir waren bei mir zu Hause, wir alle fünf. Sie musste den anderen Bescheid gesagt haben, nachdem sie die Schule verlassen hatte. „Du startest ja mal wieder wirklich glänzend ins neue Jahr.“ sagte Maxence, doch ich blendete diesen Satz einfach aus. Seine Kommentare konnte ich im Moment wirklich nicht gebrauchen, da sie in etwas so hilfreich waren wie ein weiterer Peitschenhieb, nur mit dem Unterschied dass ich mich gegen ihn währen konnte. „Du musst besser aufpassen! Irgendwann überkommt es dich in der Gegenwart eines Crats und du lieferst ihnen ihr Leibgericht auf einem Silbertablett.“ „Soweit werde ich es nie kommen lassen, Joe.“ antwortete ich fest, allerdings immer noch mit der Stirn gegen die Tischplatte gedrückt. „Wir müssen etwas unternehmen, sonst nimmt die Tyrannei der Crats nie ein Ende.“ Nun hob ich den Kopf und sah Joe mir gespieltem Erstaunen an. „Echt?“ Ich zog die Luft tief ein und schlug eine Hand vor den Mund. „Nicht dein Ernst! Hast du mich nicht letztens noch gefragt ob mir schon ein kreativer Entwurf für ihr Monument eingefallen ist?“ „Wir haben keine Zeit für deine blöden Sprüche, das hier ist bitterer Ernst.“ Ich lehnte mich zurück und sah zugegebener Maßen provokativ in die Runde. „Ich würde eigentlich denken, dass sich das ganze morgen während der Zeremonie regelt.“ Ich ballte meine rechte Hand zu einer Faust. „Danach können wir endlich zurück schlagen, die Unterdrückte befreien, die Diktatoren stürzen und verkaufsoffene Sonntage wieder gesetzlich erlauben, jawohl!“ „Nun mal immer langsam mit den jungen Pferden.“ Als ich diesen Satz schon aus Joes Mund schon hörte seufzte ich genervt. Er musste immer alles achtzig mal überdenken und tat nie irgendetwas spontanes. Würde sich morgen herausstellen, dass sein Element Erde ist würde mich das kein bisschen wundern. „Nur weil morgen die Zeremonie ist heißt das noch lange nicht, dass du danach einfach durch die Stadt fegen kannst wie es dir passt.“ „Von fegen war ja auch nie die Rede, ich will nur ein bisschen den Müll raus bringen.“ „Verdammt nochmal, Jacky, nimm das ganze doch wenigstens ein mal Ernst!“ Auf einen Schlag verfinsterte sich mein Gesicht. Dachte er etwa wirklich, dass ich der ganzen Sache nicht genug Wichtigkeit zusprach? Dachte er wirklich dass ich nicht wusste wie ernst die Lage war? „Gut.“ sagte ich und zuckte mit den Schultern. „O.K., wie ihr wollt. Ihr denkt nicht dass ich die Sache ernst nehme also werde ich euch beweisen, wie ernst ich die Sache nehme.“ Ich schaut grimmig in die Runde. Dann legte ich meine rechte Hand und sagte: „Ich werd' schwörn. Und zwar unbrechbar, Leute.“ Sie sahen mich an als würden sie mir das nicht glauben, aber das wäre ja nun wirklich gelacht. Wenn ich jetzt nicht schwören würde gäbe das genau so viel Sinn, als würde ein leidenschaftlicher Krieger nicht schwören, sein Land im Krieg zu verteidigen, obwohl er dies dann trotzdem tat. Ich erhob die Hand welche nicht auf meiner Brust lag. „Ich, Jaclynn Greene, Tochter von Elena Greene, schwöre hiermit bei meinem Leben und meinem Element, dass ich alles tun werde um unser Land von der Herrschaft der Tyrannen zu befreien oder bei dem Versuch zu sterben. Ich lege diesen Schwur dem hohen Rat vor, auf dass er ihn mit einem unzerbrechlichen Siegel an mich binde und auf dass er mich an ihn erinnere. Dies schwöre ich bei meinem Sein und den Schwingen von Ryu!“ Als ich geendet hatte sahen mich alle wortlos und mit weit geöffneten Augen an, und ich konnte mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. HA!, dachte ich. Das hättet ihr jetzt nicht erwartet, was? Das war ein unbrechbarer Schwur gewesen. Falls ich einem plötzlichen Sinneswandel unterzogen wurde, so würde mich das definitiv etwas kosten, ob es mein Leben war würde sich dann herausstellen. Aber ich hatte weiß Gott nicht vor, mich umzuentscheiden. Ich werde kämpfen, und wenn es das letzte ist, was ich tue. Joe ergriff als erster das Wort. „Dir ist schon klar, was du da gerade getan hast?“ „Kristallklar.“ Wer an meiner Entscheidung zweifelte, der zweifelte an mir. Ich werde entweder die Crats stürzen oder bei dem Versuch sterben, doch ehrlich gesagt wäre mir persönlich ersteres lieber. Ich war nämlich relativ jung und hatte noch einiges vor in meinem Leben. „VERDAMMT NOCHMAL!“ brüllte Joe plötzlich und schlug mit der Faust auf den Tisch. Wir alle sahen ihn erschrocken an. Mir war absolut unklar, was sein Problem war. Ich hätte ihn gerne gefragt ob er seit neuestem trank... also... Alkohol. „Was ist wenn sie es herausfinden und dich einfangen, hast du darüber schon mal nachgedacht?“ Mit Schrecken wurde mir bewusst dass er verzweifelt wirkte. Was war los? Er wollte dass ich die Sache ernst nahm. Nun nahm ich sie so ernst wie nur irgend möglich und es passte ihm wieder nicht. Ts! Begreif einer die Männer. „Was ist dein Problem, Joe?“ „Wenn sie dich kriegen...“ wenn ich es nicht besser gewusst hätte wäre ich davon ausgegangen, dass er jeden Moment anfangen würde zu heulen.“Wenn sie dich kriegen und wissen, was du bist, was glaubst du dann wohl, werden sie dann mit dir machen?“ Unwillkürlich zuckte ich zusammen als ich begriff, wovon er redete. Ein Schauder überkam mich bei der Vorstellung. Doch dann sah ich ihm fest in die Augen. „Bevor ich das zulasse... bringe ich mich um.“ „Warum habe ich das Gefühl dass du mir besser gefallen hattest, als du noch rumgeblödelt hast?“ warf Taki ein, die bis dahin nur still daneben gesessen hatte. Joe und ich sahen uns noch eine ganze Weile an bevor wir unsere Blicke voneinander lösten. Ich schloss kurz meine Augen und atmete tief durch, um dann wieder in die Runde zu lächeln. „Ich freu mich schon auf morgen.“ sagte ich als ob nichts gewesen wäre. „Morgen sind gleich vier tolle Events auf ein mal.“ Sie sahen sich untereinander an, dann sahen sie wieder zu mir, alle mit großen, roten Fragezeichen in den großen Kulleraugen. „Vier?“ fragte Jeanny. „Wieso denn vier?“ „Erstens:“ Ich ließ eine halbe Minute verstreichen, bevor ich weitersprach. Ich genoss die Aufmerksamkeit und das Gefühl, dass man sich für das interessierte, was ich zu sagen hatte. Morgen ist keine Schule, weil morgen Dienstag ist.“ Sie nickten. „Zweitens: Morgen seh ich endlich Louis wieder!“ Dabei musste ich wieder lächeln, diesmal jedoch nicht frech und provokativ, sondern glücklich, und die anderen wussten, warum. Louis war meine kleine Schwester, die ich nun zwei lang Monate nicht mehr gesehen hatte. Sie war mein ein und alles. „Drittens: Morgen ist „Kebangkitan naga“.“ Bis auf Maxence lächelten alle, er nickte bloß. Darauf hatten wir unser Leben lang gewartet. Es war ein uralter Festtag. Soweit ich wusste war sein Namen Malaysisch. „Und viertens... werde ich ab morgen eine schicke Kette mit einem Blauen Drachen daran um den Hals tragen.“ „Sekunde, nicht so hastig.“ Das an dieser Stelle von Taki eine Anmerkung kommen würde war mir schon vorher klar gewesen. Sie war der Meinung, weil ihr Name angeblich „Wasserfall“ bedeutete würde sie dieses Element kriegen, aber nix da. „Nix da!“ sagte ich ihr auch ins Gesicht. Zwischen unseren Augen schienen Funken zu sprühen. „Ist es nicht eigentlich egal, welchem Element ihr zugeschrieben werdet?“ fragte Joe, der sich mittlerweile wieder beruhigt zu haben schien. Wie siamesische Zwillinge drehten wir beide gleichzeitig unsere Köpfe in seine Richtung und brüllten: „NEIN!“