Richard erkennt für wen er arbeitet und was er eigentlich tun soll.
Mein Gedächtnis setzt erst dann wieder ein, als ich in einem großen Raum sitze, den ich sofort als ein überdimensioniertes Wartezimmer erkannte. Eine Schlange von mehreren hunderten Personen erstreckte sich im Zick zack durch diese Halle, deren Ende ich nicht erkennen konnte.
„Ah, wie ich sehe bist du aufgewacht, Richard“, erklang die Stimme von Gründgens neben meinem Ohr, welche meine Gedanken augenblicklich schärfte, mehr als es eine intravenöse Einführung von Starbucks Kaffe hätte tun können.
„Wo bin ich?“ „Im Vorzimmer zur Hölle, hier, dein VIP Ticket.“ Ich nahm das reißfeste Papier in meine Hand und betrachtete es ausgiebig. „Satans Club Karte?“, fragte ich, den jetzt vollständig in rot gekleideten Gründgens mit dem leichenblassen Gesicht, jedoch blutroten Lippen und stark nachgezogenen Augenbrauen. „Was hast du erwartet? Folge mir durch den VIP Eingang.“ Ich war noch nie durch einen solchen gegangen und ein besonders erhebendes Gefühl war es nicht, als wir durch den Vorhang aus bunten Glitzersteinen, vorbei an zwei Muskelpaketen, die Testosteron und Anabolika schwitzten, traten.
Vor uns lagen mehrere große Gebäudekomplexe. Jeder war für bestimmte Arten von Sündern eingerichtet. „Wirkt recht klein.“ „Die Dimensionen stimmen nicht, drinnen sind die Zimmer allein um ein Vielfaches größer als alle Komplexe zusammen, aber darum geht es nicht.“ „Was waren das für Leute in der Schlange?“, fragte ich neugierig. „Verfluchte Seelen, die darauf warten eingelassen zu werden, hast du die Maschine mit den Nummernkarten am Eingang gesehen? Arbeitsämter verwenden solche Dinger auch in eurer Welt, ein herrliches Kleinod der Boshaftigkeit“, freute er sich diabolisch. „Ist hier immer so ein Betrieb?“ „Betrieb nennst du das?! Wenn sich zu Weihnachten die Ehepartner rituell die Geschenke um die Ohren hauen, dann wird es erst schlimm und auch zum Spring Break. Feiernde Studenten“, er vollführte bei diesen Worten ein Kreisbewegung mit seinem Zeigefinger an seiner Schläfe. „Glücklicherweise haben die Katholiken vor ein paar Jahren die Vorhölle für Kinder abgeschafft, da konnten wir die Kletterburgen und Ballbecken wenigstens entfernen, hat mehr Platz geschaffen.“
Entgeistert blickte ich ihn, ob dieser nüchternen Feststellung entsetzt an. „Sieh mich nicht so verdutzt an, wir mussten schon andere logistische Probleme lösen.“
Zusammen schritten wir die Stufen zu einem der unzähligen Eingänge eines der Komplexe hinab. „Und was ist meine Aufgabe, es scheint hier doch alles in bester Ordnung zu sein!“ Er stieß die Eingangstür auf, schritt zügig zu einer der unzähligen anderen undöffnete sie theatralisch. „Sieh hinein und dann wage es noch einmal, mir in die Augen zu sehen und zu sagen es sei alles in bester Ordnung!“
In diesem Raum, oder besser gesagt einer eigenen Abteilung dieses Raumes, der so gar nicht mit dem menschlichen Verstand erfassbar war, standen einige Männer, unter ihnen Richard Nixon und blickten auf eine graue Wand, während ihnen gelangweilte Teufel auf die Rücken peitschten. Es war ein hypnotischer Anblick, wie die Peitschen periodisch auf die vernarbten Rücken schlugen.
„Präsident Nixon?“, fragte ich ungläubig. „Ja, du fragst dich wohl zu Recht warum ich hier bin. Der verfluchte CIA ist schuld daran.“ Mit noch größerer Verwirrung blickte ich ihn daraufhin an. „Eigentlich wollte ich wissen, Sie sehen nicht wirklich leidend aus.“ Er grinste wie damals, kurz bevor David Frost damit begann ihm vor einem millionen Fernsehpublikum Fragen über seine Amtsverfehlungen zu stellen. „Ich war amerikanischer Präsident, Jungchen, da erlabt man wahrlich schlimmere Dinge.“
Gründgens stampfte wütend auf. „Und da entblößt sich die Misere! Was nutzt Bestrafung, wenn sie kein Leiden hervorruft, wir sind hier in der Hölle und nicht im Altenheim!“, schrie er erbost durch den Raum. „Sollen wir Bilder von Obama an der grauen Wand befestigen? Auf dem Schild steht doch was von Republikanerbestrafung. Und was ist für einen Republikaner schlimmer als ein demokratischer Präsident?“, fragte ich den Teufel, ernsthaft. Dieser zog mich an seine Seite. „Jetzt sind wir auf der Richtigen Spur, du denkst in den richtigen Bahnen. Und so fahre fort, kleine und große Peinigungen, die diesen Ort wieder zu einem durchorganisierten Hort der Leiden machen!“
Ich erinnere mich an den in meine Richtung rasenden Spazierstock, dann wird es wieder dunkel, erneuter Filmriss.