Wohl oder übel kommt Ryu nicht darum herum, Ricka und Jann auf einer ihrer Missionen zu begleiten. Zwar ist diese auch ohne sein Zutun schnell bewältigt, doch nun muss er bereits zum zweiten mal feststellen, dass diese Ricka absolut gefährlich ist, und gnadenlos...
Nachdem der gestrige Tag, an welchem mir offenbart wurde, dass ich irgendeinen Auftrag zusammen mit dieser Ricka erledigen musste, danach eigentlich relativ ereignisslos weiterging, werden ich dazu nicht viel sage, aber mir war schon da bewusst, dass ich mir wohl ernsthafte Sorgen um meine körperliche Unversehrtheit machen musste. Wer weiß ob sie sich darüber Gedanken macht ob da Freund oder Feind an der anderen Seite des Laufs steht, bevor sie schießt. Zutrauen würde ich ihr wirklich alles.
Als ich an diesem morgen aufwachte musste es sehr früh gewesen sein, da ich lange Zeit kein Pfeifen hörte. Nach einer entspannenden Weile des Wartens entschied ich mich dazu, mein Zelt zu verlassen und mich draußen umzusehen. Mir fiel sofort auf das ich da drin das Gewusel, welches hier draußen herrschte, absolut nicht registriert hatte. Überall liefen Leute hin und her und sprachen miteinander. Nachdem ich das Treiben gut eine Minute lang beobachtet hatte, ohne wirklich schlau daraus zu werden, ging ich zu Kadaj, der etwas abseits von den anderen an einem Baum lehnte und das ganze ebenfalls beobachtete. "Was ist hier los?" "Die Vorbereitungen laufen. Wenn wir so viele weg schicken müssen für das Lager zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden." "Also, werden zu dieser Mission von der du gestern gesprochen hast, mehr Leute raus geschickt als nur sie und ich?" "Klar, aber ihr beiden seit trotzdem in einem Dreierteam." "Aber warum?" Es war mir ein Rätsel. Würde er es lustig finden, wenn am Ende nur sie und der andere zurückkehrten, und wenn er die Frage stellten wo ich geblieben war würde sie, ein Lächeln unterdrückend, mit den Schultern zucken? Genau das schien nämlich bevorzustehen. "Wann geht's eigentlich los?" "Vor fünf Minuten!" schrie jemand hinter mir. Ich brauchte mich nicht umzudrehen um zu wissen wer es war, ich tat es aber trotzdem. Ricka kam schnellen Schrittes auf uns zu und funkelte mich aus ihren grünen Augen heraus böse an. Stehen blieb sie erst einen knappen Zentimeter vor mir. "Sag mal, denkst du die Nummer gestern war ein Scherz? Wo warst du, hast du gepennt, oder was?" Ohne irgendetwas zu sagen schaute ich an ihr vorbei auf mnein Zelt, bis Kadaj etwas sagte. "Ricka!" "Was gibt's?" "Darf ich dich um den winzigen Gefallen bitten, unseren Ryu hier heil wieder mitzubringen, wenn ihr fertig seit?" Ich wunderte mich, dass er mich nicht Rio nannte, so wie alle anderen auch. Sie sah mich kurz abschätzend an. "Nein. Darfst du nicht. Der Typ ist uns nur ein Klotz am Bein. Lassen wir ihn doch einfach hier, Jann und ich schaffen das auch allein." "Sagtest du nicht erst letzte Woche dass Jann unfähig sei, auch nur einen stehenden Streifenwagen zum explodieren zu bringen?" "Mag sein, aber wenigstens kann der auf sich selbst aufpassen." Am liebsten hätte ich ihr ja zugestimmt um Kadaj dazu zu überreden, mich hier zu lassen, doch dann hätte ich sagen müssen das ich unfähig sei, auf mich selbst aufzupassen, und das widerum passte mir absolut nicht in den Kram, stattdessen fragte ich: "Was ist das eigentlich für eine Mission?" Ricka sah mich ungläubig an, Kadaj schaute erst verdutzt, dann lächelte er. "Unsere Informanten haben uns mitgeteilt, dass irgendjemand einen Trupp bewaffneter Soldaten zu uns ausgeschickt hat, und die wollen wir selbstverständlich begrüßen, bevor sie uns erreicht haben, klar?" "Aber, vielleicht wollen sie euch ja gar nicht angreifen. Man könnte doch jemanden schicken, um die ganze Sache ohne Gewalt zu regeln." "Kadaj! Mach das der die Klappe hält, sonst mach ich das!" stöhnte Ricka genervt, doch er versuchte nur, sie mit einer schlichten Bewegung seiner Hände zu beschwichtigen. "Hey, wollt ihr etwas schon gehen?" Von den Zelten her kam ein Typ mit langen braunen Haaren, welche er im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, auf uns zu, und Ricka trat ihm einen Schritt entgegen. "Jann." "Was soll das denn werden, kommt der etwa mit?" Jann deutete auf mich und verdrehte dann die Augen. "Mensch! Ich dachte das wird einfach. Ricka ballert die ganzen Typen weg und ich sitz nebendran, aber so muss ich wohl auch noch auf den da aufpassen." "Uns bleibt nichts anderes übrig. Kadaj hat gesagt, dass er ihn leben wieder haben will, also komm bloß nicht auf dumme Gedanken die ich sowieso schon lang hatte." Sie gaben sich offensichtlich geschlagen. Es ging mir richtig auf den Zeiger dass sie mich als einen solchen Versager abtaten. "Also!" sagte Kataj schwungvoll und klatschte in die Hände. "Ricka? Du weißt wo ihr hin müsst! Beeilt euch!" Ricka und Jann nickten, dann gingen sie los in den Wald, ich ihnen dicht auf den Fersen. Während wir gingen unterhielten sich die beiden über irgendetwas, was ich nicht verstand. "Und ich glaube mittlerweile wirklich, dass er seine Drohungen irgendwann wahr machen wird." "Ach was." tat Ricka dies ab. "Das tut der nie. Letzten Endes lässt der uns doch schalten und walten, wie wir wollen. Außerdem sind wir alle zusammen stark genug alle anderen, ihn inklusive, zu zermetzeln, falls es wirklich soweit kommt." "Ich weiß nicht, mir scheint es manchmal so als habe er ziemlich viel und ziemlich gut Kontrolle über -" "Schnauze, Jann! Versuch lieber, den Feind ausfindig zu machen." Nachdem wir eine ganze Weile schweigend eine Steinstraße entlang gegangen waren kamen wir an ein verfallenes Dorf, an dessen Eingang Jann und Ricka aprupt stehen blieben, weswegen ich Jann aus Versehen in den Rücken lief. "Pass auf, Kleiner! Du gehst jetz hinter eine der Mauern, versteckst dich und machst keinen Muckser! Kapiert?" Zunächst wollte ich protestieren, schon allein weil sie mich "Kleiner" genannt hatte zumal ich gut einen Kopf größer war als sie, doch dann fiel mir wieder ein dass sie eine Pistole hatte, und ich nicht. Also nickte ich nur und ging dann doch mehr oder weniger bereitwillig hinter einer der verfallenen Mauer in Deckung, jedoch konnte ich es nicht lassen, hervorzugucken. Ich sah Ricka und Jann, die sich zu beiden Seiten des Weges im Gebüsch versteckt hatten, und zwischen ihnen kam eine Gruppe von Männer langsam entgegen. Meine Augen weiteten sich als ich die Bajonette sah, die die meisten trugen. Das waren gut und gern zwanzig Mann, was hieß dass die beiden eins zu zehn in der unterzahl waren. Wenn die beiden tot waren wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ich könnte versuchen zu fliehen, doch vermutlich würden diese Männer dann auch auf mich schießen. Froh über den doch relativ guten Sicherheitsabstan beobachtete ich, wie die Männer immer näher kamen. Als sie die Stelle erreicht hatten, an der die beiden Schützen sich versteckt hielten blieben sie stehen. Da, ganz plötzlich sprangen die beiden aus ihren Verstecken und überraschen die Soldaten mit einem kleinen Kreuzfeuer, welches die vorderen vier nicht überlebten. "Feueeer!" schrie einer der Männer und die Soldaten legten an. Die eine Hälfte zielte auf Ricka, die andere Hälfte auf Jann. Sie schossen, trafen jedoch alle nicht. Mir blieb der Mund offen stehen als ich sah, mit welcher Leichtigkeit die beiden dem Kugelhagel auswichen. Ricka kletterte an einer Mauer hoch und sprang dann über die Leute weg, wobei sie vermutlich fünf oder sechs mit ihren Kugeln traf. Als sie etwas unsanft landete erschoss Jann die beiden die versuchten, sie von hinten anzugreifen. Dann schossen die übrigen Soldaten wieder auf sie, und wieder traf keine einzige Kugel.Einige schrien entsetzt auf als sie bemerkten, dass ihre Munition verbraucht war. Obwohl ich Angst hatte konnte ich nicht anders als ans andere Ende der Mauer zu gehen und mir das ganze aus nächster Nähe anzusehen. Soetwas hatte ich bisher nur in Filmen gesehen. Während Ricka nachlud deckte ihr Jann den Rücken, und ich erkannte die Strategie! Jann hielt sich mit dem schießen zurück damit sie nicht schutzlos da standen, während Ricka nachlud. Doch natürlich brauchte sie dafür nicht lang und streckte gleich wieder einen um den anderen nieder. Die Kaltblütigkeit dieses Szenarios erschreckte mich irgendwie, aber so lief das nun mal im Krieg. Nach einer Weile kniete nur noch einer der Soldaten wimmernd vor den beiden auf den Boden, der Rest seiner Einheit lag tot und bewegungslos im Staub. Nun ging ich noch näher heran, überzeugt davon, das für mich keine Gefahr bestand. Ich sah den Ausdruck auf Janns Gesicht, absolut kalt und ungerührt. "B-b-bitte." Die Stimme des Mannes zitterte vor durchaus verständlicher Angst. Diese zwei Menschen hatten gut neunzehn bewaffnete Männer getötet, und das ohne nennenswerten Schaden davonzutragen. "Bitte... Lasst mich gehen! Ich komme nie wieder, ich lasse euch in Frieden. Hier!" Er warf seine Pistole weg. Ricka hielt dem Mann ihre Pistole an den Kopf. Er zitterte am ganzen Leib und starrte sie voller Angst und Trauer an. "Bitte! Bitte tut das nicht! Habt Erbarmen, ich habe Frau und Kinder!" "Was sie nicht sagen." flüsterte Ricka tonlos. Peng! Entsetzt sah ich wie der Mann mit noch immer weit aufgerissenen Augen nach hinten kippte, das Gesicht voller Blut. Sie hatte ihn getötet. Obwohl er sein e Waffe weg geworfen und eindeutig aufgegeben hatte, obwohl er um Gnade gefleht hatte, obwohl er gesagt hatte, dass er eine Familie hatte, hatte sie ihn getötet. Noch mehr jedoch als über das, was sie da gerade getan hatte, erschrack ich über ihren Gesichtsausdruck. Sie... lächelte. Sie lächelte den Leichnam vor ihr an, als hätte sie einen riesen Spaß. Sie hatte ihn weniger getötet, sondern kaltblütig ermordet. Und es machte ihr Spaß. Keine Spur von Mitgefühl, keine Reue. Sondern die pure Freude. Einem solchen Menschen war ich noch nie begegnet. Wie konnte sie da lächeln. Plötzlich warf sie ihren Kopf in den Nacken, schloss die Augen und brüllte etwas, was mir wieder einen kalte Schauder über den Rücken jagte. "Gott, war das LAAANGWEILIG!"
Als die beiden sich von den blutüberströten Leichen abwandten und gingen sie an mir vorbei, und ich rannte ihnen hiterher, jedoch mit einem gewissen Abstand. Dabei hörte ich noch wie Jann sagte: "Ich wusste ja, dass das leicht wird." "Yepp!" sagte Ricka und nickte. "Das war nur ein kleiner Fisch, die haten absolut keine Chance. Von mir aus könnten es auch weniger sein, aber dafür nicht solche Witzfiguren." Sie streifte etwas von ihren Schulter und ich sah, dass ihre Hand nun voller Blut war. Sie hielt die blutverschmierte Hand Jann hin und sagte in einem unheilvollen Ton: "Und das nächste mal... will ich hier von mehr sehen."