Fantasy & Horror
Morbidia im Scheinwerferlicht

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"Morbidia im Scheinwerferlicht"
Veröffentlicht am 21. Februar 2011, 24 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Die Pflicht des Menschen ist seine stetige Vervollkommnung. Ich versuche dies jeden Tag ein klein bisschen, zumindest wenn es durch Bücher geschieht.
Morbidia im Scheinwerferlicht

Morbidia im Scheinwerferlicht

Beschreibung

In die Stille des Schlosses der Familie Plogojowitz platzt ein Filmteam aus Hollywood, welches Morbidia, einstmals blassestes Model der Welt, für ihre Zwecke prompt engagieren. Doch die Familie Plogojowitz lässt diese Sache nicht einfach über sich ergehen... Titelbild: www.Bilderkiste.de

Morbidia im Scheinwerferlicht

Im fernen Transsylvanien leben verschiedene Volksgruppen friedlich nebeneinander. Unter ihnen auch die Touristen, die sich nicht nur der Schönheit der Natur und der großen Geschichte dieses Teiles Rumäniens erfreuen. Geschichten gibt es hier genug, von Vampiren, besser gesagt den ortsansässigen Strigois und anderen untoten Gesellen. Die modernen Forscher wissen natürlich, dass dies vollkommener Nonsens ist, doch die Bevölkerung glaubt, vor allem in den ländlichen Gebieten, immer noch an die Geschichten, auch wenn sie mit Dracula wenig zu schaffen haben.[1]

 


[1] Für sie ist Dracula, erdacht von Bram Stoker, ein Ausländer, den sie nicht kennen wollen. Er greift ja auch nur auf ihren Glauben von den anderen Sagengestalten zurück und noch einigen selbstgedichteten Ideen.

 

Doch es gibt sie wirklich, diese Vampire, sie existieren und man weiß es, obwohl man es nicht recht glauben will. So wie die Familie Plogojowitz, die ursprünglich aus Serbien stammt. Ihr Schloss liegt 3 Stunden Kutschfahrt vom berüchtigten Schloss, welches einstmals Vlad Tepes gehörte, entfernt. Dort sind vor einiger Zeit übrigens ihre neuen Nachbarn eingezogen, die Familie Haarmann, eine Werwolffamilie, die auf die ersten Siebenbürgensachsen zurückgeht.

Da ist einerseits Familienoberhaupt Lucius Plogojowitz. Er ist ein leidenschaftlicher Orgelspieler und besonders auf die heimische Silbermannorgel stolz. Er hatte einige Jahre als Regierungsbeamter für verschiedene Länder gearbeitet, Lucius hatte das Problem immer auf der Seite der Verlierer zu arbeiten. Nach Waterloo hatte er seine berufliche Karriere an den Nagel gehängt. Seine Frau, seit nunmehr 120 Jahren, ist Morbidia Plogojowitz, die sich eine Zeit lang als Model hervortat. Ihre Altersangaben, sie sagte sie hätte mit 30

Jahren zu modeln begonnen und tat dies über 30 Jahre lang war natürlich gelogen. Danach zog sie sich aus dem aktiven Geschäft zurück, denn sie wurde allen Agenturen einfach unheimlich, da sie sich praktisch nicht veränderte. Und dann sind da noch die Kinder Lucius jr., der leidenschaftlich gerne auf seiner Stradivari spielt, jedoch nicht das große musikalische Talent des Vaters hat. Seine Schwester Carmilla ist Feministin und ihren Geschlechtsgenossinnen zugetan, was jedoch von der Familie toleriert wird. Daneben leben noch der Familienbutler Alaister und der Ghul Kemal im Schloss.

Alaister schritt in den Gemeinschaftsraum, in dem das Ehepaar Plogojowitz gerade damit beschäftigt war Schach zu spielen, jedoch lebten hier die kleinen Figuren. „Springer schlägt Bauer“, verkündete Lucius und die kleine schwarze Figur kam dieser Aufforderung gleich nach. Das Pferd trat nach der Bauernfigur, die tot umfiel und dematerialisierte. „Turm schlägt Läufer“, 



erwiderte Morbidia prompt. Dieser fiel auf den schreienden Läufer herab und baute sich dann sofort wieder auf. „Oh, du hast deine Deckung vernachlässigt, meine schwarze Rose. Jetzt schlägt Springer die Königin!“, freute sich der Schlossherr diebisch. Das schwarze Pferd trat der weißen Königin ins Gesicht, die daraufhin, mit einem aristokratischen Seufzer, zu Boden fiel. „Bauer rückt auf C1 vor und damit ersteht meine Königin, wie Phönix aus der Asche. Jetzt wird es schwer sich zu verteidigen, mein unheilvoller Taktiker.“ Lucius schlug mit der Faust in die Luft. „Ah, du bist eine Hexe, so durchtrieben!“ „Danke“, entgegnete Morbidia geschmeichelt. „Ich unterbreche nur sehr ungern, aber es ist Post angekommen, für die Herrin des Hauses.“ Geübt überreichte der Butler den Brief an Morbidia. „Seltsam, wer schreibt mir denn?“ „Vielleicht deine Cousine aus Korinth?“[1], spekulierte Lucius.


[1] Siehe Die Jungfrau von Korinth – Johann Wolfgang von Goethe

 


„Nein, es ist aus Los Angeles, ein gewisser Harold Lloyd.“ Mit einem Fingernagel öffnete sie das Geschriebene und las. „Das ist ja seltsam. Es haben sich Filmleute angekündigt, die uns besuchen wollen.“ „Warum? Wollen die einen Film drehen?“, fragte Lucius interessiert. Seine Gattin zuckte nur mit den Schultern. „Wann haben sich die Herrschaften angekündigt?“, fragte Alaister im üblichen unterwürfigen Tonfall. „Wir dürfen sie am Morgen erwarten. Das heißt, keinen Schlaf.“ „Was?! Aber meine Liebste, dann bin ich doch unausstehlich, das kann man uns doch nicht antun“, wimmerte Lucius. „Dann heißt es Haltung bewahren und lächeln, mon cers. Alaister, sag bitte den Kindern Bescheid.“ „Jawohl, Madam.“

Am kommenden Morgen erschallte der laute Gong der Türglocke, die Alaister installiert hatte. Lucius öffnete, mit schwarzen Augenringen, die Tür. „Guten Tag, wer sind sie?“, fragte er mürrisch. „Wir sind das Filmteam aus Hollywood. Wir wollen eine

Schlossbesichtigung machen um zu sehen, ob es für unseren neuen Film tauglich ist. Ich bin Harold Lloyd, der Produzent.“ Seine Hand schnellte nach vorne und Lucius ergriff sie, wobei er fest zudrückte. Man hörte bereits Knochen knacken, als Morbidia dazu trat. „Meine Herren und Damen, treten sie doch bitte ein.“ Jetzt ließ ihr Gemahl die Hand von Lloyd los, der sie sich danach beständig rieb. Plötzlich stand der, mit einem großen Helm bekleidete Alaister vor ihm. „Guten Tag, bitte folgen sie mir.“ Man tat wie geheißen, dabei passierten Kameraleute, Tontechniker und andere Entourage den Eingang.

Lucius jr. und Carmilla sahen den Filmleuten interessiert beim Aufbau zu. „Und was wollen Sie hier drehen, sollte sich das Schloss als optimal erweisen?“, fragte der Sohn. „Draculas Rückkehr! Ein wahrer Kassenknüller, das wäre doch gelacht. Dieses Schloss kommt mir jedenfalls geeigneter vor als das andere am Pass.“ „Warum denn, es wäre doch das richtige

Schloss gewesen?“, fragte Carmilla verständnislos. „Die Bewohner sind etwas…“ „Bissig?“, ergänzte Lucius jr. „Aber Sohn, wie redest du denn über unsere Nachbarn?“, tadelte Morbidia. Lloyd ging nicht weiter auf diesen Einwurf ein und instruierte seine Angestellten. Man vollführte Lichttests und auch akustische. Nach einigen Stunden kam man in den Gemeinschaftsraum, in den sich die Familie Plogojowitz zurückgezogen hatte. „Eine Frau mittleren Alters kam herein. Morbidia setzte sich in ihrem Sessel auf. „Ich muss Ihnen mitteilen, dass…Morticia, bist du es?“[1], fragte sie. „Morbidia, aber das hast du schon damals immer durcheinander gebracht. Janis, als ich dich das letzte Mal gesehen habe warst du noch Praktikantin bei Mr. Websters 


[1] Morticia Addams, mit der verwechselte die junge Frau Morbidia immer. Sie hatte die Fernsehserie wahrscheinlich einmal zu viel gesehen, die beiden Damen sind aber nicht zu verwechseln.

 

Filmagentur. Wie geht es ihm überhaupt?“, erkundigte sich Morbidia. „Er ist tot.“ „Schade, dabei war er doch noch so jung.“ „Er verstarb letzten Sommer mit 97 Jahren.“ Morbidia winkte ab. „Ist aber auch schon 20 Jahre her, dass wir uns gesehen haben. Damals war ich ja noch Model“, verkündete sie der Familie. „Ich bin jetzt Regieassistentin. Mr. Hucknell ist mein Chef. Der kleine glatzköpfige Herr.“ „Der immer cholerisch mit den Armen rudert und herumschreit?“, fragte Lucius gereizt. „Ja, wie ich sehe habt ihr ihn schon kennen gelernt“, freute sich Janis. „Jedenfalls wird das Schloss zum Drehen genutzt.“ „Moment“, warf Lucius ein. „Sollten wir da nicht vorher gefragt werden? Wir wohnen schließlich hier!“ „Es wird bald eine entsprechende Entschädigungssumme fließen, das macht man immer so in solchen Fällen, außerdem stören wir kaum. Lebt einfach weiter, genau wie vorher“, flötete sie und verschwand dann, als Hucknell ihren Namen durch das ganze Schloss geschrien hatte.

 

„Hoffen wir, dass sie Wort halten“, ergänzte Lucius jr.

In den Nächsten Tagen kamen noch mehr Leute zum Schloss um das große Projekt mitzugestalten. Darunter auch die Schauspieler. „Sieh mal, Bruderherz. Die Dame mit dem großen Dekolleté. Wahrscheinlich das unschuldige Opfer, wenn mich nicht alles täuscht“, führte Carmilla aus. „Und der da, dieser zusammengehockte Knilch, wird wohl der Professor sein, der alle zum Sieg über die Vampire führt.“ Carmilla seufzte „Irgendwie immer das Selbe und dann immer dieses falsche Bild von Vampiren…“ Plötzlich blieb ihr Blick auf einer jungen Frau hängen, die sich gerade erst in den Raum begeben hatte. „Was hast du? Oh, verstehe, die Dunkelhaarige, die Heldin, die die nicht zum Vampir wird am Ende des Films.“ „Das ist aber schade“, sagte Carmilla, während sie dem Weg der Frau mit ihren Augen weiterhin folgte. „Von hier oben hat man wirklich eine wunderbare Aussicht. Lass uns jetzt gehen.“ Langsam entfernten sich

 

die Kinder der Familie, die die Neuankömmlinge immer von einem der oberen Treppenabsätze besahen.

Das Drehteam hatte sich in die Gruft zurückgezogen. Kemal hatte man im Schrank eingesperrt, damit er nicht, aus Wut, die Anwesender vergraulte, wobei Lucius eigentlich nichts dagegen gehabt hätte. „Also, der Graf erhebt sich in dieser Szene aus seinem Grab, also, such dir einen der Särge aus.“ Der Darsteller ging schnurstracks auf einen zu. Alaister, der ebenfalls hier unten war, wollte ihn noch warnen. Er öffnete den Deckel… „He, mach‘ den Deckel zu, hier zieht’s! Swinisobaka![1]“, erklang eine schrille Stimme aus dem Sarg.



[1] Russ. Schweinehund, hier allerdings phonetisch in lateinisch geschrieben, denn eigentlich müsste es hier kyrillisch stehen.

Kreidebleich fiel der Darsteller zu Boden. „Was war das?!“, spuckte Hucknell. „Vetter Asimov aus Russland. Ich wollte Sie noch warnen…“ „Dann machen Sie das vorher, bitte!“, schrie ihn der Regisseur an. „Wie sie wollen“, erwiderte Alaister ruhig und verschwand dann aus der Gruft, in der man sich nun um den ohnmächtigen Schauspieler kümmerte.

Lucius und sein Sohn hatten die Verwirrung genutzt um das Schlafzimmer des Regisseurs zu manipuliert. Sie wollten nicht ständig bei alltäglichen Dingen gestört werden.

Janis und der Castingdirektor standen abseits des Geschehens und unterhielten sich aufgeregt über Morbidia. „Was sagst du da? Sie befindet sich hier? Sie wäre doch eine wunderbare Besetzung!“ „Ja, aber sie ist, muss jetzt über 80 Jahre alt sein!“, protestierte Janis vor dem Castingdirektor. „Egal, ich will sie sehen“, fügte er bestimmt an. „Gut, folgen Sie mir.“

 

Die ganze Familie Plogojowitz hatte sich im Gemeinschaftsraum eingefunden. Lucius putzte gerade seine Jagdflinte, die er niemals verwendete, doch sie musste einfach mal wieder sauber gemacht werden. Die Kinder lasen und Morbidia strickte einen Schal in schwarz und dunkelviolett, was nicht das Selbe ist, hingegen der landläufigen Meinung, Kunstbanausen. „Morbidia, hier will dich jemand sprechen…“ Sofort trat der Mann vor und strahlte über das ganze Gesicht. „Das sind Sie wirklich! Ich dachte ich würde diesen Tag nicht mehr erleben dürfen! Das blasseste Model der Welt, es lebt noch!“ Vor Freude atmete der Mann sehr schnell. „Geht es ihm nicht gut?“, fragte Alaister, der gerade mit einem Staubwedel hereinkam. „Verdammter Schrank!“, rief es aus dem Nebenzimmer. Er kniete sich vor Morbidia hin und ergriff ihre Hand, die er ehrfürchtig küsste. „Jean Claude Wilder, Castingdirektor bei diesem Machwerk. Ich muss sagen, sie sehen immer noch genauso wunderbar blass aus, wie am ersten

 

Tag“, führte er aus. Langsam legte Lucius seine Putzutensilien zur Seite und hielt die Waffe bedrohlich in Händen. „Finger weg, Freundchen. Der Dame hat bereits jemand seine Seele versprochen, der Ring verrät es.“ „Was wünschen Sie?“, fragte Morbidia vorsichtig. „Ich möchte Sie für dieses Filmprojekt gewinnen, die anderen sind eigentlich, unter uns gesagt, nur Stümper.“ „Moment, ich habe eine der Darstellerinnen kennen gelernt, die Dame ist äußerst professionell!“, protestierte Carmilla. „Estelle, das ist aber auch die Einzige. Ich bitte Sie inständig, das wird sonst der Flop des Jahres!“ Lucius jr. blickte von seinem Buch auf. „Ich wette das sagen sie jedem der Darsteller.“ „Schon, aber hier meine ich es wirklich ernst! Bitte, bitte!“ „Ich weiß nicht, was denkt ihr?“ „Der Kerl gibt doch vorher keine Ruhe, also mach es einfach“, sagte Lucius jr. „Eben, warum nicht einfach etwas versuchen. Vielleicht kannst du dem Film noch eine feministische Kampfnote geben, Mutter“,

äußerte Carmilla. „Mach ruhig. Aber ich finde es nicht erstrebenswert“, sagte ihr Gatte. „Gut, ich willige ein!“ „Prima!“, rief der Castingdirektor. Sofort hatte man die neue Darstellerin in den Film eingebaut, Morbidia stellte die Frau des Grafen dar, die im Drehbuch gar nicht vorkam, aber jetzt schnell eingebaut worden war. Man beleuchtete Morbidia von allen Seiten. Sie hielt sich die Hand vor ihr Gesicht. „Muss man das machen, das tut meiner Haut gar nicht gut.“ „Maskenbildner!“, schrie Hucknell und sofort hüpfte einer herbei. „Oh, welch seidenweiche Haut, und so sein gesundes weiß, hach, toll. Aber da muss noch etwas weißes Puder drüber.“ Die Puderquaste wirbelte kräftig Staub auf und alle mussten husten.

Man hatte sich in der großen Halle eingefunden. „Und was muss ich jetzt sagen?“ „Willkommen, Freunde. Ihr seid interessiert in zukünftigen Dingen? Das ist gut, denn ihr werdet bald selbst in der Zukunft

leben“, soufflierte der Regisseur.[1] „Das ist doch sehr merkwürdig, vielleicht sollte ich etwas, naja, anderes sagen, etwas mit mehr Gehalt?“ Morbidia fühlte sich sichtlich unwohl beobachtet von so vielen Menschen, die scheinbar nicht genau wussten was sie wollten.

Nach ein paar Stunden, mit ähnlich gehaltvollen Texten, kam Morbidia wieder in das Gemeinschaftszimmer und ließ sich in ihren Sessel fallen. „Und, wie war es meine kleine Fledermaus?“, fragte Lucius in Erwartung wenig freudiger Worte, denn seine Kinder hatten ihn von den Dreharbeiten berichtet.



[1] Er fand die Monologe von Ed Wood schon immer wundervoll, als Filmemacher hatte er ungefähr dasselbe Talent.

 

„Der Dreh ist fürchterlich. Mr. Hucknell ist ein sehr ungewöhnlicher Regisseur. Estelle, die beste Schauspielerin lässt er kaum auftreten, aber die anderen. Vor allem diesen alten Mann aus Ungarn, der wie Onkel Dracul aussieht.[1] „„Zieh am Strang, zieh am Strang!““[2], intonierte Morbidia den Alten. „Und dafür gibt man Geld aus?“, wollte Lucius jr. wissen. „Estelle hat gesagt, dass Lloyd bloß eine Explosion am Anfang des Filmes wünscht, und nicht mehr. Das sind seine Bedingungen dafür, dass er Geld gibt. Auch haben sich alle einer religiösen Gruppe anschließen müssen, damit die auch noch Geld gibt…Scientology glaube ich.“



[1] Auch seine Besetzung hat er seinem großen Vorbild abgeschaut.

[2] Ursprünglich sprach Lugosi: „Pull the string! Pull the string!”

 

Sofort stand das Familienoberhaupt hinter dem Sessel seiner Frau. „Oh nein! Man hat dich doch nicht auch zu einer gemacht, meine süße Ungläubige?!“ „Aber nicht doch, Satan bewahre. Aber ich will euch etwas sagen. Mir wäre es sehr recht, wenn diese Leute schnell wieder verschwinden. Ich glaube sie reden schlecht über mich“, klagte die Schlossherrin. Lucius küsste seine Gattin auf die Schulter und führte dabei aus: „Du wirst sehen, die Herrschaften verduften schneller als wir denken können, oder ich will nicht mehr Lucius Plogojowitz heißen!“

Die Filmleute saßen noch beim Essen. „Und was denkst du über diese Morbidia, wenn das überhaupt ihr richtiger Name ist?“, fragte die Hauptdarstellerin Janis. „Ich kenne sie noch von früher. Eine sehr korrekte und freundliche Person. Dass sie nicht alles gemacht hat, was Hucknell wollte, das dürfte zu verschmerzen sein, Hucknell ist auch ein Idiot was manches angeht.“ „Also, wenn du mich fragst, dann ist die doch ein einziges Ersatzteillager.“

Janis blickte sie verständnislos an. „Wie meinst du das?“ „Brüste, Hintern, Gesicht, alles! Du hast selbst gesagt es sei unmöglich in einem solchen Alter so auszusehen. Cher ist gegen die doch eine Naturschönheit!“[1] „Ach was, das ist eine Doppelgängerin“, warf eine andere ein. „Denkt was ihr wollt, ich will nichts Schlechtes sagen“, schloss Janis. In diesem Augenblick verabschiedete sich Hucknell in den Feierabend.

Er lag auf der harten Matratze und blickte zum geöffneten Fenster, was sich seltsamerweise nicht schließen ließ. Ein Kronleuchter hing bedrohlich über ihm. Auch bewegte sich der Schrank langsam und die Bilder verfolgten ihn mit ihren Augen, aber sonst war alles in Ordnung, obwohl das nicht mehr viel im Zimmer war.


[1] Und das soll man erst einmal schaffen!

 

 

Lucius und sein Sohn standen hinter den Bildern mit Augenschlitzen und beobachteten den Regisseur aufmerksam. „Sieht nicht so aus, als wolle er gleich schreiend aus dem Zimmer rennen. Was machen wir jetzt?“ „Wir reden mit ihm, Phase 2.“

„Hallo, Hucknell“, sprach die Wand. „Wer bist du?“ „Ähm…ich bin der Geist, der Geist…der Filmindustrie.“ „Charles Chaplin?“, fragte er verwirrt. „Was? Nein, zum Teufel! Hör mal zu, was du da machst ist kein Film, das ist Schrott auf Zelluloid! Also troll dich und lern etwas Anständiges!“ „Wie wäre es mit Betriebswirtschaftslehre?“ „Ich sagte etwas Anständiges!“, schrie ihn die Wand ein. „Oh, gut, danke.“ Dann legte er sich wieder um. „Das gibt’s doch nicht, jetzt Phase 3, wünsch mir Glück, Sohn.“

Durch das geöffnete Fenster flog eine Fledermaus und manifestierte sich als Lucius im Zimmer. „Bela Lugosi!“[1], schrie Hucknell aus. „Wenn’s bloß der wäre, ich bin echt, ich würde dich auch beißen, aber ich habe mir meine Zähne bereits geputzt. Lass das dir eine Lehre sein und verschwinde, denn morgen werde ich den gleichen Fehler nicht noch einmal machen!“ Damit entschwand er wieder. Hucknell sprang aus seinem Bett, knallte gegen den Schrank und hämmerte, nach kurzer Benommenheitsphase, gegen die Tür, doch niemand öffnete ihm und der Schlüssel war auch verschwunden.

Am nächsten Morgen kam Hucknell verstört in die Eingangshalle, alle anderen Darsteller und sonstige Filmleute waren hier versammelt. „Mr. Hucknell, geht es Ihnen gut?“, fragte Janis.


[1] Der erste wahre Draculadarsteller, der leider durch seine Drogensucht gegen Ende seines Lebens zu Grunde gerichtet wurde.

 

„Lugosi, sagte, müssen weg, jetzt, besser, Zähneputzen!“, rief er aus. „Ich glaube wir sollten ihn wegschaffen“, schlug sie vor. „Und was dann?“, fragte einer der Angestellten. „Dann hoffen wir darauf, dass ein zweiter Spielberg vom Himmel fällt.“ Plötzlich hörte man Holz krachen und ein fauliger Gestank zog durch die Halle. „Was soll das denn?“ Schreiend kam Kemal aus dem Gemeinschaftsraum. „Endlich Freiheit!“ Dann blickte er zu den Filmleuten. „Haut ab! Ich will euch alle nicht hier haben! Man hat mich in einen Schrank gesteckt, wegen euch! Ich töte euch und esse euch, wenn ihr nicht bald schnell abzieht! Dreckspack!“ Das unappetitliche Aussehen des Ghuls bewegte die Filmleute dazu schnell aus dem Schloss zu laufen. „Lasst euch hier nie wieder blicken!“, rief er den Fliehenden hinterher und schlug dann die Eingangstür zu.   

Kurz darauf versammelten sich alle Familienmitglieder im Gemeinschaftsraum. „So, die Filmleute sind aufgebrochen“,

verkündete Lucius stolz. „Und warum?“, fragte Morbidia, die davon nichts mitbekommen hatte, da Lucius sie mit Tanz abgelenkt hatte. „Ach, ich glaube das Ambiente gefiel ihnen nicht mehr, war ihnen zu…stinkig.“ „Komisch, dabei liegt hier doch bloß dieser leicht süßliche Geruch in der Luft…“

 

Ende

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RogerWright
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RogerWright Re: -
Zitat: (Original von MysticRose am 27.02.2011 - 20:50 Uhr) Wow, mit Fußnoten :-)
Selten so einen guten Text gelesen, Respekt!


Danke, vielleicht habe ich ja jetzt mal 'nen Stammleser gefunden.
Herzlichen Dank für den Kommentar, damit sparen die Meisten nämlich.
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MysticRose Wow, mit Fußnoten :-)
Selten so einen guten Text gelesen, Respekt!
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RogerWright Betreff Seitenanzahl - Nicht von der Seitenanzahl schrecken lassen, sind nur 21, nicht wie angegeben 88.
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