Prolog
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie es damals abgelaufen war. Meine Mutter, meine beiden Geschwister Josy und Tom und ich rannten durch die Gassen der Stadt, in der wir damals gelebt hatten. Und was für ein schönes Leben wir dort gelebt hatten. In einem netten kleinen Zweifamilienhäuschen hatten wir das Leben im gehobenen mittelstand genossen. Finanzielle Sorgen kannten wir zu dieser Zeit nicht und ich und meine Geschwister hatten immer alles bekommen, was wir wollten, was allerdings zu dieser Zeit weisgott nicht viel war. Wir Kinder waren zu dieser Zeit allesamt acht und hatten bis dahin nich wirklich Erfahrungen mit dem Ernst des Lebens machen müssen, eigentlich waren wir eher ziemlich verwöhnt. Frühstück am Bett, Geschenke bis zu gehtnichtmehr und fernsehen bis in die Puppen, sowas meine ich damit. Ich weiß noch ganz genau wie Josy damals in der Schule damit angegeben hatte, dass wir zu hause ohne Unterlage kneten durften und solche Sachen. Das einzige Problem welches wir zu dieser Zeit hatten war die Schule, bessergesagt die Mitschüler. Aufgrund der leicht gehobenen Stellung unseres Elternhauses waren wir immer die Ausgestoßenen. Wer uns nicht ignorierte der tuschelte hinter unseren Rücken, beleidigte uns offen oder manche schlugen uns sogar. Grundlos. Einfach nur weil wir wir waren, das war die Begründung, mit der unsere Peiniger ihr Handeln begründeten, die Begründung, mit der sie selbst wohl bestens zurecht kamen. Es gibt da einen Spruch, der lautet: "Je kaputter die Welt draußen ist, desto heiler muss sie zu Hause sein." Ich habe bis heute keine Ahnung, wer das gesagt hat, aber bis zu jener grauenvollen Nacht vor fünf Jahren hatte ich immer gedacht, dass diese Aussage unantastbar war, dass es also unmöglich wäre, dass es einmal nich so ist. Dass es immer eine heile Welt gab, in die man sich flüchten konnte. Aber ich wurde radikal eines besseren belehrt. Als wir vier damals durch die Straßen unserer brennenden Hauptstadt liefen wussten wir nur dass es gefährlich war zu rennen, aber noch gefährlicher, stehen zu bleiben. Es herrscht Krieg und aus allen Seiten drang der Schall von Gewehrschüssen und aufeinanderprallendem Metal an unsere Ohren. Knapp eine Stunde zuvor hatte unser Kindermädchen Maria uns alle aus unseren Betten geholt, wo wir zuvor noch nichtsahnend selig geschlafen hatten. Uns dreien sagte sie, dass wir die Dinge, die uns am wichtigsten waren in einen Rucksack stecken und dann so schnell wie möglich vors Haus kommen sollten. Unserer Mutter sagte sie nur "Es ist Krieg." Wir als Kinder fanden es zunächst lustig, witzelten noch herum und empfanden die Situation in etwa als so gefährlich wie eine vorangekündigte Feueralarmprobe in der Schule. Wir fanden es allerdings nur so lange lustig bis ein Ziegelstein durch eines der Fenster flog und mich fast am Kopf getroffen hätte. Wir rannten vors Haus, wo bereits die anderen Bewohner unseres Hauses waren, und dann teilten wir uns in Gruppen auf. Wir rannten panisch durch die einst so vertrauten und nun brennenden Gassen. Wir blieben stehen. Sie sah mich an, gab mir den Beutel und dann fiel der Schuss.
