Romane & Erzählungen
Scherbenseele !

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"Scherbenseele !"
Veröffentlicht am 14. Februar 2011, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Hallo im Namen der gesamten Mannschaft vom Weg des Stifts (www.weg-des-stifts.de). Dies hier ist ein Gemeinschaftsaccount unserer Mitglieder, der von mir, dem Administrator, unserer kleinen Schreibercommunity für junge Schriftsteller verwaltet wird. Hoffentlich werden euch unsere Texte gefallen. :-) Ein weiterer Schwerpunkt unseres Forums ist neuerdings der RPG-Bereich, der in Zukunft beständig ausgebaut werden soll. Wenn Interesse besteht, ...
Scherbenseele !

Scherbenseele !

Beschreibung

Eine Erzählung von "Saga". Original ist hier zu finden: http://www.weg-des-stifts.de/smf/kurzgeschichten/scherbenseele-!/

Scherbenseele

Ausdruckslos schaute sie auf die Scherben hinunter. Große und kleine, blitzende Glasteilchen. Messerscharf und bedrohlich lagen sie auf dem Fußboden ihres Zimmers. Was hatte sie nur gemacht? Gefühle wollten ihre Seele und ihr Herz einnehmen, doch sie wehrte sich krampfhaft dagegen. Still und heimlich focht sie einen unerbittlichen Kampf mit sich selbst aus. Niemand hörte etwas, niemand bekam in ihrem Gesicht etwas zu lesen. Zu oft hatte sie schon ihr Pokerface genutzt. Sie war mittlerweile geübt darin ihre Gefühle für sich zu behalten. 
Justin! 
War das sein Name? Sie wusste es nicht mehr. Wollte es nicht mehr wissen. Ihn einfach nur noch aus ihren Gedanken streichen. Es war einfach, sie hatte es schon oft getan. Menschen waren nichts als eine leere Hülle, die umherwandelten und sich hinterhältig in den Gedanken anderer einnisteten. Doch so schnell, wie sie kamen konnte man selbst sie auch wieder zum Gehen zwingen. Es war alles so leicht. Das Leben war ein Spiel, nicht mehr! 
Ich liebe dich! 
Ein Gefühl, nichts weiter. Man konnte sie abstellen, so wie man es wollte. Auf dieser Welt, in diesem einsamen Spiel brauchte man niemanden. Niemanden außer sich selbst. Man konnte ja doch keinem vertrauen. Jeder war ein potentieller Gegner. Die Schritte, die einen zum Ziel führen, behält man wohl besser für sich, sonst hat man schon verloren. Man sollte sich nie irgendwem oder irgendwelchen Gefühlen hingeben, das kann tödlich sein. 

Es tut dir weh. Lass es zu. Es ist verständlich. Du bist nicht so kalt, wie du immer tust. Jeder Mensch hat Gefühle, auch du. Und das weißt du ganz genau. Lass sie nur raus und dir wird es besser gehen. Wie kannst du dich so kalt verhalten? Hat er etwa was getan? Du weißt es nicht. Du kannst es nicht mit Sicherheit sagen, ziehe keine voreiligen Schlüsse, denn genau DAS ist tödlich. Nicht Vertrauen, sondern Misstrauen. Merkst du es denn nicht? Niemand kann auf dieser Welt alleine überleben.

Das Gewissen. Die innere Stimme. Wie sie es hasste, wenn es sich zu Wort meldete. Das Gewissen brachte ihre Fassade zum Bröckeln. 
Justin, du und ich. Für immer! 
Immer noch starrte sie ausdruckslos auf die Scherben. Ein Drang kroch in ihr herauf. Sie wollte sich hinabbeugen zu den Scherben ihres Lebens. Sich einfach zu ihnen legen und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Ein Mal! Nur ein Mal im Leben! Aber ein klitzekleiner Fehler war fatal. Ein Fehler und sie hätte das Spiel verloren, wollte sie doch die Oberhand behalten. Justin würde sie nicht weinen sehen. Er würde sie niemals dort haben, wo er sie haben wollte: 
Am Boden!

Mit einem Mal wurde sie ruckartig aus ihren Gedanken gerissen. Ein schriller Laut. Nein, kein Laut. Es waren Töne. Die Töne einer Melodie, die sie von weit her vernahm. Sie fand langsam den Weg zu ihrem Gehör und in ihr Gehirn. Sie kannte die Melodie…es war ihr Telefon. Wie mechanisch wanderte sie zu ihrer kleinen Kommode, die ihren Platz direkt neben ihrem Bett hatte. Langsam, wie in Zeitlupe nahm sie den Hörer in die Hand und schaute auf das orange- leuchtende Display. Darauf bildete eine lange Kette von Ziffern Justins Telefonnummer. 
Ich liebe dich! 
Ihre Hand begann zu zittern und die Ziffern verschwammen vor ihren Augen, die plötzlich zu brennen begannen. Doch ehe die Tränen sie verlassen konnten, schluckte sie einmal und alles war wieder gut. Sie hatte sich wieder unter Kontrolle. Wie konnte sie nur so schwach sein? 

Komm schon, geh ran. Vielleicht will er dir endlich alles erklären! Es kann noch alles gerettet werden, gib nicht gleich so schnell auf. Du weißt doch nicht, wie es in Wirklichkeit war. was du gesehen hast kann auch vollkommener Schwachsinn gewesen sein. Du warst immerhin nicht mehr ganz nüchtern. 

„Er war es aber auch nicht mehr, verdammt! Und ich kann doch wohl meinen Augen vertrauen. Ich weiß doch, was ich sehe! Und jetzt halt endlich deine Klappe da drin! Du bist doch gar nicht wirklich da.“, knurrte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. Trotzdem drückte sie instinktiv die Abnehm-Taste und brummte ein „Hallo?“ in den Hörer. 
„Crystal, Gott sei Dank! Ich dachte, ich erreiche dich nie. Das ist schon das 7. Mal, dass ich dich anrufe. Ich muss dringend mit dir reden.“
„Ich wüsste nicht, was es da noch zu reden gäbe. Ich habe doch alles gesehen, was ich wissen muss .Dankeschön!“, knurrte sie und erschreckender Weise merkte sie, dass ihre Hände immer noch zitterten und nun auch ihre Stimme brüchig wurde. Seine Stimme …. seine wunderbar weiche aber raue Stimmte. Sie hallte in ihrem Ohr wider, wie das wunderbare Glockenspiel, dass sie früher immer zum Einschlafen gehört hat.
„Bitte, lass mich mit dir reden, Schatz. Du hast das Ganze vollkommen falsch verstanden. Es ist nichts gelaufen, zwischen Diana und mir, das musst du mir glauben.“ Seine wunderbare Stimme. Sie tat so gut! Wie Balsam für ihre zerschundene Seele. Aber mochte das ausreichen? 
„Du wagst es mich Schatz zu nennen?“, hauchte sie atemlos und sie war sich nicht einmal sicher, dass er es hörte.
„Glaub mir, ich kann sehr leicht auf Wiedersehen sagen, Justin. Es ist alles so einfach. Das Leben ist ein Spiel…man darf bloß keinem vertrauen, das merke ich jetzt. Du bist derjenige, der dafür gesorgt hat, dass ich Game Over bin! Aber das macht nichts. Glaub mir, ich bin dir nicht böse. Du hast mich immerhin etwas gelehrt.“ Ihre Stimme wurde sanft und ruhig. Ihre Gefühle hatten sich wieder in die hinterste Ecke zurückgezogen und nun hatte sie einen klaren Gedanken im Kopf. Ein sicheres Ende! 
„Was soll das heißen, Crystal?“ Justin schrie ins Telefon, was ihr unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Er war abhängig von ihr. Er war schon genauso Game Over, wie sie nun. Er hatte nicht mehr lange Zeit. Bei ihm kam das Ende nur schleichend, doch ihre Sicht war klar strukturiert. Sie wusste, sie konnte es schnell und schmerzlos beenden. 
Game Over! Lass keine Liebe zu.
„Ich sagte doch, es geht ganz leicht, auf Wiedersehen zu sagen. Justin? Deine Abhängigkeit wird dich zu Grunde richten. Ich war nicht gut für dich.“ Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, oder zu warten, bis Justin etwas erwiderte, legte sie auf. Sie wusste nun, was sie zu tun hatte. Es war ein winzig kleiner Fehler, einer, der nun sein Recht einforderte. 
Langsam, wie in Zeitlupe, legte sie das Telefon zurück auf ihren Nachttisch und ging ein paar Schritte in ihrem Zimmer auf und ab. Es hatte funktioniert. Er war abhängig, dass wusste er genauso gut wie sie selbst. Innerlich lächelte sie, auch wenn ihr zum Heulen zumute war. Sie durfte rein gar nichts zulassen, keinerlei Gefühle. Immer die Kontrolle behalten, dann war alles okay. 
Crystal. Ich liebe dich. Schatz. Es war nichts zwischen Diana und mir. , hallte es in ihrem Kopf wieder. Urplötzlich wurden ihre Knie weich wie Pudding und sie fiel zu Boden. Sie kniete nun dort, genau vor seinem Foto inmitten der vielen kleinen Scherben. 
Justin ich liebe dich! 
Die Gefühle überschwappten sie wie eine eiskalte Welle. Mit einem Mal wurde ihr speiübel und sie hatte den Verdacht, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Sie liebte ihn, dass wusste sie. Sie hatte es nur die ganze Zeit verdrängt, denn sie hatte früh gelernt, niemandem zu vertrauen. Ihr Vater hatte es ihr schon damals, vor zig Jahren bewiesen. Menschen waren unbeständige Wesen. Verliebten sich und sobald jemand besseres dahergelaufen kam, waren sie fort. Egal, ob man nun Kinder hatte oder nicht, um die brauchte man sich als Mann ja nicht zu kümmern, schließlich war es von früher her Frauenarbeit. 
Nun saß sie in der Falle und sie kam nicht mehr vom Fleck. Justin war alles, was sie jemals gewollt hatte, doch das war ihr auf schmerzliche Weise genommen worden.
Sie ließ sich einfach fallen. Es war eine einzige fließende Bewegung und so etwas wie ein Reflex. Doch sie merkte noch nicht einmal, wie die Scherben sich in ihre weiße Haut bohrten. Keinerlei Schmerz drang zu ihr durch. Nur noch Tränen merkte sie ihre Wangen hinab rinnen. Und ihre Gedanken kreisten nun endgültig unablässig um Justin. Langsam schob sie ihre Hand unter ihren Bauch und Zog sein Foto darunter hervor. Als sie noch einmal einen Blick darauf warf, sah sie rote Spuren von Blut daran haften. Doch das störte sie nicht. Es sickerte nur allmählich zu ihr durch, dass es ihres war, aber noch nicht einmal daran wollte sie in diesem Moment denken. Sie legte das Foto neben ihr Gesicht und schloss zufrieden die Augen. 
Endlich gehörte die Welt nur ihr und Justin! 
Game Over! 

„Crystal! Oh mein Gott!“, hörte er sich selbst schreien. Er kannte sie einfach zu gut. Schon am Telefon hatte sie so seltsam geklungen und schon immer hatte sie einen Hang zum Theatralischen gehabt. Doch, dass Crystal so weit gehen würde, hatte er sich nicht denken können. Hastig beugte er sich zu ihr hinunter. Es war ein grauenvolles Bild! 
Da lag sie nun, auf dem  Bauch inmitten tausender Scherben. Ihr Körper war übersät mit winzigen Schnitten, die jedoch nicht aufhören wollten zu bluten. Doch war der größte Schock für ihn, dass sein Foto neben ihr lag. Ihre Nasenspitze befand sich knapp über seinen Lippen und ihr Mund war zu einem zufriedenen Lächeln verzogen. Genau unter ihrer Wange hatte sich eine kleine Blutlache auf dem schneeweißen Teppich angesammelt. Sie musste damit genau in die Scherben geschmettert sein. 
„Mein Gott. Warum hast du das gemacht?“, flüsterte er. Justin wusste, dass Crystal ihn nicht hörte, denn entweder schlief sie oder war bewusstlos. Gott sei Dank war es nichts Schlimmeres, denn er spürte, dass sie noch atmete. Doch alleine der Anblick war Strafe genug für sein Verhalten. 
Langsam streckte er eine Hand zu ihrer Schulter aus und drehte sie auf den Rücken. Wobei er darauf achtete, ihren Oberkörper gleichzeitig in eine leicht sitzende Position zu bringen, um sie nicht noch durch die Scherben zu wälzen. Dann nestelte er in seiner Hosentasche und zog sein Handy hervor, um den Krankenwagen zu rufen. 
Nachdem er dies erledigt hatte, konnte er es nicht weiterhin vermeiden auf ihren Bauch zu schauen. In ihrem dunklen T-Shirt steckten Unmengen von Scherben und er begann mit zittrigen Fingern, ein paar davon herauszuziehen. Bis er merkte, dass Crystal zusammenzuckte, vor Schmerz leise aufschrie und dann zittrig ihre Augenlider hob. 
Es war falsch, Scherben aus blutenden Wunden herauszuziehen, wenn man sie nicht versorgen konnte! Wie konnte er das nur vergessen haben?
„Justin?“, hauchte sie. Nun sah er, dass ihr Gesicht nicht nur blut- sondern auch tränenverschmiert war. Hatte sie etwa wegen ihm geweint?! 
„Ja, Schatz, ich bin hier. Es wird alles gut.“
„Bist du jetzt auch Game Over?“, krächzte sie und er merkte, dass sie es mit ein wenig Genugtuung aussprach, sofern das in ihrer Lage möglich war. 
„Nein. Und du auch nicht. Was machst du denn für Sachen? Du kannst mir doch nicht so einen Schrecken einjagen! Stell dir nur vor, was passiert wäre, wenn ich keinen Zweitschlüssel gehabt hätte, du Dummerchen.“ Plötzlich konnte auch er bei diesem Gedanken nicht mehr an sich halten. Die Tränen brachen einfach so aus ihm heraus! Eigentlich war er nicht der Typ, der gerne Gefühle zeigte. Das letzte Mal hatte er mit sechs Jahren geweint, weil er schwer gestürzt war und er genäht werden musste. Aber er konnte es nicht verhindern. Crystal lag ihm einfach zu sehr am Herzen, dass sie sich wegen ihm beinahe umbrachte, zerriss ihm die Seele. Justin kannte sie als ein starkes Mädchen, das viel für sich behielt. Nie ließ sie die Umwelt an ihren Gefühlen Teil haben, dass sie nun am Telefon so neben der Spur war, hatte ihn verwundert. Weshalb er sich sofort auf den Weg zu ihr gemacht hatte. Sie war eben doch zerbrechlich, wie ihr Name schon sagte. Crystal – Kristall. Ein wertvoller, aber angreifbarer Besitz. 
„Ich bin nicht Game Over? Aber du warst doch … ich meine …. ich liebe dich doch … ich habe ….dir vertraut, wie niemand anderem. Und du …“
„Ich liebe dich auch. Und das solltest du wissen! Zwischen mir und Diana war nie etwas und da wird auch niemals etwas sein. Du bist alles, was ich brauche und möchte. Aber darüber sollten wir jetzt nicht diskutieren. Der Krankenwagen wird gleich hier sein. Und dann ruhst du dich erst einmal aus und kommst wieder zu Kräften. Ich glaube, das hast du nötig. Danach können wir über alles Weitere reden, mein Schatz.“
Crystal spürte über den stechenden Schmerz hinweg, wie Justin ihre Hand nahm und sie fest drückte. Es tat weh, doch das war ihr egal. Erst in diesem Moment merkte sie, was sie sich selbst und auch ihm angetan hatte und verspürte zugleich eine unendliche Erleichterung, dass alles noch glimpflich ausgegangen war. In diesem Moment wollte sie nichts anderes, als mit ihm zusammen sein und auf einen Neuanfang hoffen. 
Und der wurde mit dem Eintreffen des Krankenwagens besiegelt.
Ich liebe dich auch. Und dann ruhst du dich erst einmal aus. Danach können wir über alles Weitere reden …

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