Biografien & Erinnerungen
Materialsorgen

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"Materialsorgen"
Veröffentlicht am 10. Februar 2011, 6 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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einer der auf dem Weg ist ...
Materialsorgen

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Materialsorgen

 

1983 vermittelte mich der Wirtschaftssekretär der Kreisleitung zu VEB EMI (Elektro – Metallgeräte Ilmenau).

Der Betrieb war das Resultat der letzten „wirtschaftsregulierende“ Maßnahme der Ära Ulbricht, damals wurden alle noch verbliebenen PGH’s und KG in Kombinaten „zusammengefasst“.

VEB EMI war ein Betrieb im Kombinat Wohnkultur Suhl, hier wurde angeleitet und bilanziert.

Ich war umgehend (ohne lästige Bewerbung) operativer Materialversorger.

Das war ein Springerjob, ein Feuerwehrmanndauerdienst en gros.

Über den gesamten Kreis Ilmenau waren die Betriebsteile und Lager verstreut.

Durch einen ungeheueren Aufwand an Beratungen (Montag – Leitungssitzung; Mittwoch – Produktionsberatung; Freitag – Sondersitzung) versuchte die unfähige Leitung dem nicht zu lösenden Materialproblemen beizukommen.

In Zeiten, in denen sich die Probleme potenzierten, wurden sinnlose Listen mit Beständen aus dem Boden gestampft, die aber wenig halfen.

Ein Erbe der Vergangenheit waren aktive Bestände aus der Zeit der Privatwirtschaft (1945-1972).

Am Sitz des Hauptquartiers der MaWi war das ein „Krauter“, der Zubehör für Aquaristik hergestellt hatte. Zur Herstellung von Heizstäben benötigte er u. a. Kanthaldraht (Widerstandsdraht – Import aus Österreich), Heizkissenschalter und Widerstände aller Art.

So listeten wir in einem Krisenquartal 1983 über 2 Millionen Überplanbestände auf, die wie Blei am Lager lagen und wie „sauer Bier“ auf Materialmessen angepriesen wurden.

Ab und an verschickte der Lagerist ein winziges Paket mit Kleinteilen, aber der Bestand hatte weiter Bestand!

Auf wunderschöne Holzspindeln gerollt harrte der Draht und seine Leidensgenossen, nur international konnten wir ja nichts verhökern…

Irgendwann gab der Mann vom Lager einen Karton mit Heizkissenschaltern (die ausgebucht waren – d.h. Buchwert = null) an den Heizer, um die durch die Esse zu jagen. Das war zwar nicht die beste, aber eine mögliche Variante der Entsorgung.

Der Heizer war ein „Zugereister“ aus Berlin, der vieles „verwenden“ konnte und noch gute Kontakte in die Hauptstadt hatte. Dem tat die Verschwendung leid, zumal sie für ihn nicht „verwendbar“ waren und er informierte seine Kontakte.

Wenige Wochen später (ich war inzwischen zum Direktor der Materialwirtschaft aufgestiegen) hatte ich eine Delegation von 17 Kollegen in meinem winzigen Büro. Die Arbeitsgruppe „Gen. Mittag“, die Gewerkschaft des Bezirkes und die ABI (Arbeiter – und Bauerninspektion) plus Kreisorgane und Parteivertreter nahmen mir sinngemäß die Luft zu atmen, weil – die Fragen waren alle auf den Abbau der Überplanbestände ausgerichtet.

Was die jahrelange Arbeit besorgter Ökonomen und anderer Spezialisten nicht vollbracht hatte, das sollte nun die klassenbewusste Gruppierung von Laien in 2 Stunden stemmen.

Die Beratung war schwierig.

Ich fühlte mich schuldig!

Außer mir war kaum ein Vertreter der Betriebsleitung anwesend.

Ich war ratlos.

Anschließend wurde ein Protokoll angefertigt, diese wurden breit verteilt, von der AG hörte ich nie wieder etwas und in den folgenden Tagen schrieben wir wieder Listen.

Der Einzige, der sich profiliert hatte, war der Nichtgenosse Heizer, dessen Sohn ein bekannter Straftäter war, denn er hatte im „Intershop“ der Kreisstadt versucht einzubrechen.

 

2011-02-10

 

 

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Boris
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