3.Kapitel
Der Wagen rollte scheppernd über den Weg und Fred meinte bei jedem Knarren die Achse bersten zu hören. Es war zum verrückt werden. Der Wagen fiel fast unter ihm auseinander und war so langsam, dass nun auch Danny und Akschia zu Fuß gingen. Das, fanden sie, ging schneller! Fred kratzte sich am Bauch. Sein letztes Bad war in einem eiskalten Fluss vor zwei Tagen gewesen. Und so fuhr er, dreckig wie er war, auf einem kaputten Wagen mit einem langsamen Pferd und einer zerlumpten Truppe durch die ersten Häuser von Rabenfels.
Normalerweise rannten einem Kinder bei solchen Ankünften nach. Sie riefen, jauchzten und waren ausgelassen. Doch die Eltern nahmen ihre Kinder sofort an die Hand, als sie sahen welche Gestalten ihre Stadt betraten.
Jagon schob sich seinen unglaublichen hässlichen und verabscheuungswürdigen Hut in den Nacken und blickte sich interessiert um.
„ Ein hübsches Städtchen ist das hier.“
„ Ruhig, schön und friedlich.“ fügte Danny hinzu.
Fred fuhr sich durch die Haare. Er hatte sich das alles anders vorgestellt. Sie sahen nicht aus wie Händler sondern eher wie Diebe, die schon zu lange durch die Lande zogen.
„ Wir passen hier nicht hin.“ stellte Caria klar.
„ Nur, weil wir eine Reisegruppe sind, die von der Reise etwas mitgenommen sind?“ fragte Fred genervt zurück.
Es war zum aus der Haut fahren. Sie alle wussten das sie keinen guten Stand hatten und ein Wunder brauchten um ihren Auftrag erfüllen zu können, aber das Caria auch immer darauf herumreiten musste.
„ Weil der Dreck schon so fest an dir hängt, dass man ihn nur mit Wasser gar nicht mehr abbekommt, Händler.“ zischte sie ihn böse an.
Jagon brach in schallendes Gelächter aus und schlug sich auf die Knie.
„ Pass auf die Fred. Die Wildkatze beißt.“
„ Dich würde ich nicht mal beißen, wenn mein Leben davon abhängen würde. Du stinkst nach Alkohol obwohl du seit Tagen nichts mehr getrunken hast, Säufer.“
Jagon blickte sie mit bösem Blick an.
„ Das sind die Klamotten, der verdammte Geruch geht da einfach nicht raus.“
Caria lächelte ihn nur wissend an und schwieg.
Fred streckte sich auf dem Kutschbock aus und genoss die Sonnenstrahlen, die auf sein Kinn fielen.
„ Tja, Jagon. Vielleicht solltest du nicht so engagiert Partei für unsere liebe Begleiterin ergreifen, sie scheint es nicht nur auf mich abgesehen zu.....“
Es krachte und Fred wurde vom Kutschbock gerissen. Er flog durch die Luft und landete kopfüber im Dreck. Alles drehte sich in seinem Kopf, während er sich aufrappelte. Jagon packte seinen Unterarm und zog ihn hoch.
„ Fred? Alles in Ordnung bei dir? Das sah böse aus.“
Fred griff sich an den Kopf und spürte eine riesige Beule. Ganz langsam hörte die Welt auf sich zu drehen und er konnte wieder ohne fremde Hilfe stehen.
„ Was zur Hölle ist passiert?“ stöhnte er, während er sich den Kopf massierte.
Danny war neben den Wagen getreten und betrachtete diesen missmutig.
„ Die Achse ist gebrochen, Fred. Das Teil ist hinüber.“
„ Mist!“ fluchend trat Fred gegen den Wagen.
„ Es ist echt peinlich mit dir in der Öffentlichkeit rumzulaufen.“ bemerkte Caria als Fred auf einem Bein an ihr vorbeihumpelte und sich den schmerzenden Fuß hielt.
Vor Wut und Schmerz schnaubend zog Fred ihr Gepäck vom Wagen und warf es Jagon Stück für Stück zu.
„ Los! Wir suchen uns ein Gasthaus, waschen uns, sehen dann wie es weitergeht.“ verkündete er laut. Und vor dem Waschen gibt es köstliches Bier. Vielleicht beim Waschen ein winzig kleines Gläschen Wein. Und nach dem Waschen konnte man sich ja mal den hochprozentigen Stoffen zuwenden. Fred musste sich sehr anstrengen um das Grinsen von seinem Gesicht zu verbannen. Es gelang ihm kaum.
Doch noch während sie die Sachen von ihrem Wagen luden ertönte eine Stimme:
„ Entschuldigen Sie. Haben sie vor ihren Wagen hier stehen zu lassen?“
Fred drehte sich um und war mal wieder überrascht wie schnell man ein Grinsen von seinem Gesicht verbannen konnte, wenn man nur den richtigen Anreiz hatte.
Ein Gardist. In einer leichten Lederrüstung, mit einem Speer in der Hand stand mitten auf der Straße und blickte Fred so an als wäre dieser eine Kakerlake ,die gerade mit einem Koffer in seinem Zimmer stehen würde und sagen würde: Hey Partner. Ich nehme das Bett unter dir, du schnarchst doch nicht, oder?
„ Da ich mir dachte, das mich die gebrochene Achse am weiterfahren hindern könnte, habe ich mir überlegt das ich den Wagen hier stehen lasse.“ antwortete Fred, der wirklich nicht an einem Gespräch interessiert war, das zwischen ihm und seinem Bier stand.
„ Sie können ihren Wagen aber doch nicht mitten auf der Straße stehen lassen! Sie müssen ihn hier wegbringen.“ zeterte der Gardist mit einer Stimme als würde Fred gerade einen Mord gestehen.
„ Es ist verdammt schwer einen Wagen wegzufahren der eine Achse hat, die gerade eben in der Mitte durchgebrochen ist.“ versuchte Fred ruhig zu bleiben.
„ Ich bestehe darauf das er hier verschwindet!“ die Stimme des Mannes schraubte sich immer weiter in die Höhe.
Fred strich sich über die Stirn. Ruhig bleiben.
„ Sind wir mit dem Abladen fertig?“
„ Alles ist runter.“ antwortete Danny.
Fred ging, ohne auf das Gebaren des Gardisten zu achten über die Straße und kniete sich vor einen kleinen Jungen, der dort ganz verloren stand. Das Kind sah ihn aus großen Augen an.
„ Hey Kleiner, wann hast du Geburtstag gehabt?“
„ Vor vier Monaten.“ flüsterte der Junge, der Angst zu haben schien etwas falsches zu sagen.
„ Perfekt.“ Fred hob den Jungen vorsichtig hoch und trug ihn über die Straße.
Die Menschen die das Schauspiel beobachteten schrieen auf, doch niemand traute sich, sich dem Händler in den Weg zu stellen.
„ Was wird das werden?“ fragte Caria skeptisch.
„ Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.“ Jagon stützte sich an dem Wagen ab und beobachtete wie Fred den Jungen auf den Kutschbock setzte.
„ Was soll das werden?“ rief der Gardist, doch Fred ignorierte ihn einfach.
„ Herzlich Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag, Junge. Das hier ist für dich.“ Fred wuschelte dem Jungen durchs Haar grinste und drehte sich anschließend um.
„ Packt das Zeug zusammen. Wir sind suchen uns ein Gasthaus.“
Innerlich lachend packte Fred einen Sack, vom Haufen ihres Besitzes, und machte sich, ohne ein weiteres Wort auf zur nächsten Taverne.
Wutschnaubend sprang ihm der Gardist in den Weg und fuchtelte mit seinem Speer herum.
„ Ich habe ihnen gesagt, dass sie den Wagen da wegbringen müssen! Also tun sie das jetzt endlich!“
Fred, der innerlich am Boden lag vor lachen, fasste den Soldaten mit erstem Gesicht an die Schulter.
„ Tut mir wirklich Leid, aber da müssen sie schon mit dem neuen Besitzer drüber reden, ich habe da keine Aktien mehr drin.“ und mit diesen Worten ging er an dem vollkommen perplexen Mann vorbei.
Ein Moment der Stille. Dann brachen die Menschen in Lachen aus, schlugen sich auf die Oberschenkel und pfiffen lautstark, während der Gardist mit hochrotem Kopf umherlief und für Ordnung sorgen wollte, was ihm kolossal misslang.
Jagon, der eine Kiste voller Kleider trug, holte auf und ging neben Fred her.
„ Nette Vorstellung.“
„ Jetzt kennen uns die Leute hier und wissen was auf sie zukommt.“
Jagon fing lautstark an zu lachen und auch Fred fiel mit ein. Lachend betraten sie das Gasthaus, vor dem ihr Wagen liegen geblieben war. Glück im Unglück nannte Fred so etwas.
„ Und was machen wir jetzt?“ fragte Danny.
„ Jetzt,“ Fred hörte auf zu lachen und strich sich das Haar aus dem Gesicht, „ jetzt gehen wir unsere Arbeit erledigen.“
Das Zimmer war nicht mehr als eine Absteige, aber es genügte um ihre Sachen unterzubringen und vermutlich auch für die Nacht.
Fred lag ausgestreckt auf einem der Betten, die Matratze bog sich bis zum Boden durch. Er hatte die Augen geschlossen und versuchte etwas von dem Schlaf nachzuholen, der ihm auf der Reise abhanden gekommen war. Vergebens.
„ Fred, bist du wach?“ hörte er Dannys Stimme neben seinem Ohr.
Der Händler setze sich sofort auf, wischte sich einmal übers Gesicht und war hellwach.
„ Akschia und ich haben sein Haus gefunden. Es ist ganz in der Nähe.“
Fred nickte Danny aufmuntern zu und bedachte auch Akschia mit einem freundlichen Blick.
„ Gut gemacht, ihr beiden. Wir werden gleich zu ihm gehen.“
Danny ließ sich auf sein Bett fallen und kraulte Bodo, der ihm sofort auf die Schulter geklettert war.
„ Gehen wir alle?“ fragte Caria.
„ Nur du, Jagon und ich gehen. Es macht keinen guten Eindruck Kinder zu den Verhandlungen mitzubringen.“ Freds Stimme war leiser und vorsichtiger als sonst. Jedes Wort war überlegt.
Danny sah zwar geknickt aus, wusste aber das Fred seine Meinung nicht ändern würde. Akschia schien die Diskussion mal wieder egal zu sein.
Es klopfte an der Tür. Zweimal.
Wie ein Blitz war Jagon, der bis dahin auch gesessen hatte, auf den Beinen. Den Degen in der Hand starrte er auf die Tür. Akschia und Danny huschten rechts und links neben die Tür und Caria hatte ihre beiden Dolche hinter dem Rücken gekreuzt. Sie verständigten sich mit einem letzten Blick.
„ Herein.“ sagte Fred laut und deutlich.
„ Guten Tag, die Herren, die Dame.“ Der dicke Wirt schob seinen Kopf durch die Tür. Fred war insgeheim stolz auf seine Truppe. Die Waffen verschwanden innerhalb einer Sekunde in den Scheiden und ein ahnungsloses Grinsen wurde aufgesetzt. Wenn er nicht wüsste, was er hier für Versager aufgesammelt hatte, würde er denken, dass er es mit Profis zu tun hätte.
„ Ich wollte mich erkundigen ob das Zimmer ihren Ansprüchen entspricht.“
Dieses Drecksloch? Diese Bruchbude? Diese Kammer, für die der Wirt ihnen ein kleines Vermögen aus der Tasche zog!
„ Es ist perfekt. Vielen Dank für die Nachfrage.“ lächelte Fred.
„ Wollen sie vielleicht etwas trinken? Ich bringe es ihnen gerne nach oben,“ erklärte der Wirt mit flötender Stimme, „ Bier, Wein oder einen kleinen Schnaps nach der Reise?“
Fred hob nur die Hand. In seinem Inneren brach ein Kampf aus, doch er war lange genug Händler um diesen inneren Konflikt schnell zu beenden.
„ Wasser. Einen Becher für jeden von uns.“
Der Wirt kratzte sich etwas verwirrt am Kopf, nickte dann jedoch und schloss die Tür hinter sich.
Caria schaute ihn fragend an. Jagon war die Kinnlade heruntergefallen. Selbst auf Akschias Gesicht schien sich eine Falte gebildet zu haben.
„ Wasser?“ fragte Jagon als erster, nach einigen Sekunden entsetzten Schweigens.
„ Was für ein Spiel wird das?“ Carias Stimme klang abwägend und vorsichtig, als ob sie einen unmittelbaren Anfall von irgendetwas schrecklichem vorhersah.
Fred erwiderte ihre Blicke ohne mit der Wimper zu zucken.
„ Du trinkst nichts?“ hakte Jagon noch einmal nach.
„ Ich trinke nie, wenn ich arbeiten muss.“
„ Aber beim waschen hast du doch noch geschwärmt, was du gleich alles in dich reinkippen würdest.“ Jagon verstand nicht was Fred meinte und sah ihn verblüfft an.
„ Da wusste ich auch nicht, dass unser Zielobjekt so nahe ist und dass wir heute noch mit dem Verhandeln beginnen.
Zum ersten mal seit dem Beginn ihrer Reise hörte jeder ihm zu. Niemand lachte, machte einen Scherz oder beschäftigte sich mit anderen Sachen. Die Truppe lauschte ihrem Anführer.
„ Danny, Akschia, ihr beiden bleibt in diesem Zimmer. Ich will das ihr hier seid, wenn wir wieder da sind. Jagon, Caria, nehmt alles an Waffen mit was sich am Körper verstecken lässt. Wir brechen gleich auf.“
Während er sprach schob sich Fred einen langen Dolch in eine Schiene, die er schon vorher an seinem Oberschenkel befestigt hatte, dann zog er die Hose wieder darüber. Man sah nichts.
Erst als er wieder nach oben schaute sah er die verdutzen Blicke seiner Truppe.
„ Waffen? Ich denke es würde um Verhandlungen gehen.“ fragte Caria
„ Wir wollen doch einen Gegenstand kaufen und keinen Krieg führen.“ führte Jagon ihren Satz zu Ende.
Fred ließ ein kleines Messer in seinen Stiefel gleiten.
„ Ihr habt mich noch nie verhandeln gesehen. Manche meiner Methoden sind etwas....,“ er stoppte und suchte nach den richtigen Worten, „ revolutionär.“