Mit meinem besten Freund Sam durch die Stadt zu laufen, fühlte sich so natürlich an wie atmen. Ich kannte ihn seit einer halben Ewigkeit und wir gingen jeden Tag irgendwo hin. Im Frühling gingen wir meistens Spazieren oder in den Zoo. Im Sommer gingen wir, wie alle Jugendlichen auch, ins Freibad oder Eis essen. Manchmal liefen wir auch nur barfuß in Sams Garten herum. Im Herbst sammelten wir Kastanien, um uns damit dann gegenseitig abzuwerfen. Im Winter machten wir Schneeballschlachten, fuhren Schlitten oder tranken Kakao vor dem Kamin. Mit Sam Zeit zu verbringen war zum Alltag geworden, und trotzdem genoss ich jede Sekunde, die ich mit ihm zusammen war. Sogar die Schule machte mir spaß, solange er neben mir saß. Was auch in so ziemlich allen Fächern der Fall war. Bis auf Religion. Gott, wie ich es hasste (wie passend). Jeden Mittwoch und Donnerstag musste ich ganze fünfundvierzig Minuten ohne ihn aushalten. In Reli saß ich immer alleine, ich wollte neben niemand anderem sitzen außer Sam. Wenn wir dann wieder zusammen Unterricht hatten, oder in den Pausen, hang ich dann noch mehr an ihm als sonst. Natürlich wurden wir ziemlich oft gefragt, ob wir zusammen wären. Jedes mal war Sams Antwort dieselbe: Nein. Und jedes Mal wünschte ich mir, er würde ja sagen. Es war überhaupt nicht kompliziert, in ihn verliebt zu sein. Ich genoss die Zeit mit ihm. Oft wünschte ich mir mehr, mag sein, aber ich war auch so zufrieden. Nach der Schule machten wir meistens nur schnell Hausaufgeben, bevor wir bis spät nachts nach draußen gingen. Heute war nicht so ein Tag. Die Schule war wegen einem schweren Sturm letzte Nacht geschlossen. Und Sam und ich liefen durch die Stadt. Mal wieder. Es war Januar, und obwohl die Sonne schien, doch ziemlich kalt. Womit ich mal wieder nicht gerechnet hatte. Als ich los ging hatte ich noch gedacht: Och. Die Sonne scheint. Kann ja nicht so kalt sein. Tja. Falsch gedacht. Ich trug nur ein T-Shirt und eine etwas dickere Joggingjacke. Was definitiv zu kalt war. Sam hatte da deutlich besser nachgedacht. Unter seiner geöffneten Lederjacke trug er einen roten Rollkragenpolover, der seinen Oberkörper perfekt betonte. Beim Laufen berührten sich manchmal unsere Arme und ich konnte seine Wärme durch meine Kleider spüren. Ich schlang die Arme um meinen Körper und rieb an meinem Oberarm. Sam sah mich von der Seite her an. „Ist dir kalt?“ Seine Stimme klang besorgt und belustigt zugleich. „Ach. Nö. Es geht schon.“ Er blieb stehen und begann seine Jacke auszuziehen. „Sam. Nein. Lass deine Jacke an. Du wirst noch krank. Mir ist wirklich nicht sonderlich…“Er beachtete mich gar nicht und sagte nur kurz: „Heb die Arme.“Als ich nicht auf ihn hörte seufzte er und nahm eines meiner Handgelenke. Er zog mir die Jacke an als wäre ich ein kleines Kind. Dann legte er leicht den Arm um meine Schultern und zog mich weiter. Diese Berührung solle mir allmählich vertraut vorkommen, doch ich bekam es noch immer nicht auf die Reihe, sie als alltäglich wahrzunehmen. Sein Arm um meine Schultern, das fühlte sich so richtig an, so wunderbar, dass es mir jedes Mal den Atem verschlug. „So besser?“, fragte er. Ich konnte nicht antworten. Ich war zu sehr von der Jacke fasziniert, von der Berührung. Die Jacke war mir ein bisschen zu groß, aber das war mir egal. Dadurch, dass Sam sie gerade noch getragen hatte, war sie wunderbar warm, und bequem war sie auch. Was mir aber am besten gefiel, war der Geruch. Sie roch ein bisschen nach Sams Lieblings Parfüm, aber am meisten nach ihm. Der Duft war nicht zu beschreiben und füllte meine Gedanken vollkommen aus. Neben mir lachte Sam in sich hinein und drückte mich ein wenig näher an sich. Gott, dieser Duft! Ich tat so, als würde ich mir die Haare aus dem Gesicht streichen, während ich in Wirklichkeit an dem Ärmel der Jacke roch. Wahrscheinlich währe ich noch eine ganze Weile in dieser Trance gelegen, hätte Sam mir nicht eine Flasche Cola in die Hand gedrückt. Abwesend nahm ich einen kleinen Schluck und merkte, das ich am verdursten war. Wieder führte ich die Flasche zu meinen Lippen und leerte sie mit ein Paar Zügen bis zur Hälfte.„Woher wusstest du das?“, fragte ich keuchend. „Keine Ahnung. Nenn es weibliche Intuition.“ Ich lachte. „Seit wann hast du denn die Seiten gewechselt?“Er tat schüchtern und fuhr sich mit der Hand über den Hinterkopf. „Naja also…“ Wieder lachte ich und boxte ihn leicht. „Ich weiß ja nicht, aber auf mich wirkst du nicht weiblich.“Er grinste mich an und nahm mir die Cola aus der Hand. „Also ich weiß ja nicht, aber ich hätte ja lieber einen schönen Prosecco. Ãœbrigens ist deine Hose wirklich supi, Schätzchen. Wo hast du die denn her? Gibt’s die auch in meiner Größe?“Wir lachten und ich hackte mich bei ihm unter. „Wieso gebe ich mich eigentlich mit dir ab?“, fragte ich gespielt verzweifelt.„Tja. Du bist meinem Charme verfallen.“„Oh ja. Das hatte ich ganz vergessen. Und wieso gibst du dich mit mir ab?“Er überlegte kurz. „Naja, neben dir sehe ich so cool aus.“Ich sah ihn entsetzt an und boxte ihn wieder. Diesmal stärker. Trotzdem wusste ich, es würde ihm nicht wehtun. „Nein, nein“, schrie er, „ich bettle um Gnade!“ „Du hat aber keine Gnade verdient!“, rief ich lachend.Er packte mein Handgelenk, drehte mich so dass ich ihn ansehen musste und keine Möglichkeit hatte, abzuhauen. „He“, sagte er, „das war doch nur Spaß.“„Aua. Sam lass mich los du tust mir weh!“, es sollte wütend klingen, doch der bettelnde Ton verlieh dem ganzen noch mehr Dramatik.Erschrocken ließ er mich los. „Oh tut mir. Alles in Ordnung? Lass mal sehen.“Er wollte erneut mein Handgelenk fassen, doch ich zog meine Hand zurück und lief lachend weg.Sam blieb noch stehen, er war völlig perplex. Dann grinste er und hechtete mich nach.„Bleib sofort stehen“, rief er lachend, „du weißt ich krieg dich so oder so.“Das stimmte. Sam konnte mindestens doppelt so schnell laufen wie ich, doch ich wollte nicht kampflos aufgeben. Sam war jetzt nur noch wenige Meter hinter mir. Trotzdem schrie er noch. „Kate Hudson bleib sofort stehen!“, lachte er. Diesmal hörte ich auf ihn. Aber nicht, weil er es sagte, sondern, weil ich nicht fassen konnte das er meinen Nachnamen geschrien hatte. Welch Ironie das ich Kate Hudson hieß? Nein. Nicht Ironie. Sondern klar geplant. Von meiner Mom. Okay, unser Nachname war nun mal Hudson. Ist nicht dran zu rütteln. Aber musste sie mich ausgerechnet Kate nennen? Schlimm genug dass eine Schauspielerin so hieß, mein Spitzname war Katy. Und Katy Perry hieß früher Katy Hudson. Super. Natürlich zogen mich alle damit auf. Wenn sie nach mir riefen, riefen sie nicht meinen Namen, nein sie schreien: „Hey Superstar, komm mal rüber!“ Sam war inzwischen bei mir angekommen. „Sag mal“; keuchte er und stützte sich auf seine Knie, „hast du Laufen geübt? Gar nicht mal so langsam Katy.“ Er redete immer noch so laut, dass die Leute die auf zehn Meter entfernt waren, ihn sicher hören konnten. Ich packte seinen Arm. „Scht. Wieso hast du meinen Namen gesagt? Du weißt ich mag ihn nicht.“Bei den letzten Worten zog ich ihn etwas zu mir herunter. Er kam noch näher heran, sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich konnte seinen Atem auf meiner Wange spüren. „Ich finde deinen Namen schön. Kate Abigail Hudson. Dagegen ist mein Name ja Dreck.“ Er lachte, legte wieder den Arm um mich und schob mich weiter. Ich sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Dein Name passt doch perfekt zu dir. Was willst du mehr?“Er zuckte mit den Achseln. „Vielleicht zwei Vornamen weniger.“ Wieder lachte er. „ Aber es ist ja auch nicht so das dich jeder Samir Austin Mathew nennt. Daher ja auch dein Spitzname Sam. Okay zugegeben, man kann auch einfach aus Samir Sam machen, aber so ist es doch auch geil.“„ Ich glaube wir sollten unsere Namen tauschen“, lachte er. „Du magst meinen Namen und ich deinen. Was meinst du, ich als Kate Hudson. Passt der Name zu mir?“Er ging einen Schritt zurück und setzte sein Macho Gesicht auf. Ich betrachtete ihn genau, um ihm eine gute Antwort geben zu können. Ich ließ meinen Blick über sein schokobraunes Haar gleiten, das er nach oben gegelt hatte. Die braunen Augen, die genau dieselbe Farbe hatten, wie sein Haar, die gerade Nase, das kräftige Kinn. Dann noch einmal. Diesmal achtete ich auf Kleinigkeiten. Seine Augenbrauen, seine Grübchen, die sichtbar wurden, wenn er lächelte oder lachte, seine vollen Lippen. Gott, er sah so gut aus. Perfekt, auf seine eigene Art und Weiße. Die Art und Weiße, die ich so sehr liebte. Ich konnte meinen Blick nicht von seinem Gesicht nehmen, bis er mit der Hand vor meinen Augen herumfuchtelte. Ich blinzelte überrascht und lächelte ihn dann an.„Nein. Er würde nicht zu dir passen“; stellte ich festEr sah enttäuscht aus. „Wieso nicht?“„Naja. Erstens ist Kate ein Mädchenname. Und soviel ich weiß, bist du kein Mädchen. Zweitens passt er nicht zu deinem Aussehen.“„Wieso nicht?“, fragte er wieder.Weil du zu perfekt bist, hätte ich fast gesagt. Stattdessen zuckte ich mit den Achseln und sagte: „Weiß nicht. Einfach so. Vielleicht bin ich so sehr an Sam gewöhnt, dass ich mir nichts anderes vorstellen kann. Und würde Sam White zu mir passen?“Er sah mich nicht an als er antwortete. „Nein. Obwohl Sam geschlechtsneutral ist. Kate passt perfekt zu dir. Kate Hudson.“Ich hörte ihm nur mit einem Ohr zu. In meinen Gedanken dachte ich nur an einen Namen. Kate White. Wow. Wie gut mein Vorname doch zu seinem Nachnamen passte. Ich lächelte über den Gedanken. Ich hatte schon ein paar Freunde gehabt und manchmal hatte ich auch mit deren Nachnamen experimentiert. Aber bei keinem passte es so gut, wie bei Sam. Das freute mich. Vielleicht war es ein Zeichen. In nächsten Moment fand ich den Gedanken schon absurd. Seit wann dachte ich den sowas? So ein Schwachsinn. „Katy? Bist du anwesend oder träumst du?“Sam rüttelte mich und grinste mich an. „Äh. Entschuldige. Was hast du gesagt?“„Ich habe gefragt ob du Hunger hast. Wollen wir was essen gehen?“Ich legte den Kopf schief. „Ich hab kein Geld dabei. Und du auch nicht. Wie sollen wir da was essen?“„Na bei meinem Dad. Er hat en Restaurant schon vergessen?“ „Oh. Stimmt ja.“ Daran hatte ich tatsächlich nicht gedacht. Sams Vater besaß das beliebteste Restaurant der Stadt. Es hieß: „Prem Amara Hai“.
„Und. Wo hast du dich so beworben?“ Sam nahm sich ein Pizzastück und biss ab.
„Beworben? Wofür denn bitte?“
„Na für das Praktikum. Schon vergessen? Wir fangen am Montag an.“
Oh shit. Das hatte ich echt total vergessen.
„Was ist heute für ein Tag?“, fragte ich panisch.
„Donnerstag.“
Oh shit. Ich hatte nur noch Morgen und vielleicht Samstag. Wie sollte ich das schaffen? Lebenslauf schreiben, einen Termin ausmachen, ein Gespräch führen und so weiter. Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen.
„Du hast es vergessen. Weißt du, sowas habe ich mir schon gedacht und dich mit mir zusammen bei einem Kindergarten beworben.“
Mein Kopf fuhr hoch. „Du hast was? Wie soll das gehen? Ich war bei keinem Gespräch.“
Sam lachte. „Naja ich habe einen Lebenslauf für dich geschrieben und in meinem Gespräch ganz zufällig deinen Namen erwähnt und hatte zufällig ein Bild von dir dabei. Ich habe von deinen Noten in der Schule erzählt und noch vieles mehr. Du weißt schon. Sie waren begeistert. Ich muss schon sagen, ich bin echt gut.“
Ich sprang auf und fiel ihm um den Hals. „Ich liebe dich, Sam!“
„Tja. Ich weiß. Ich liebe dich doch auch“, lachte er. Ich war nicht so dumm, mir darauf etwas einzubilden. Langsam ließ ich mich wieder auf meinen Sitz gleiten und grinste ihn an.
„Also. Die Leiterin des Kindergartens heißt Mrs. Brook. Wir beide betreuen zusammen mit zwei Betreuerinnen die Schmetterling Gruppe. Juhu“, er verdrehte die Augen. „ Die Betreuerinnen heißen Alicia und Tina.“ Bei dem Namen Alicia zögerte er kurz. Ich wusste warum. Meine Mutter hieß Alicia.
„Okay. Muss ich sonst noch was wissen?“
Er überlegte kurz. „Ja. In der Gruppe sind 15 Kinder. Am ersten Tag, also Montag, machen sie einen Sitzkreis in dem sich alle vorstellen. Wir beide natürlich auch.“
„Wie viel Uhr müssen wir da sein?“
„Um dreiviertel Neun. Die Kinder kommen um Neun.“
„Alles klar. Bist du dann fertig mit essen oder brauchst du noch ne Stunde?“
„Fertig.“
Wir verabschiedeten uns noch von Cloe und machten uns dann auf den Heimweg. Inzwischen musste es schon nach Acht sein. Wieder gab Sam mir seine Jacke. Dieses Mal war ich von dem Geruch nicht ganz so überwältigt, trotzdem schnupperte ich hin und wider unauffällig. Sam, ganz Gentleman, brachte mich noch nach Hause. Okay, er musste so oder so an meinem Haus vorbei, wenn er nach Hause wollte, aber trotzdem. Als wir an meiner Haustür ankamen nahm er mir seine Jacke ab und umarmte mich zum abschied, dann lief er quer über die Straße zu seinem eigenen Haus. Wäre mir nicht so unendlich kalt gewesen, hätte ich ihm nachgesehen, doch so ging ich einfach ins Haus. Daddy war noch nicht da, also ging ich geradewegs nach oben in mein Zimmer.
Ich hatte Sam erst neulich gefragt, was es auf Deutsch bedeutete. Die Bedeutung gefiel mir sehr gut denn es hieß: Liebe ist unsterblich. Der Name war wohl der Einfall von Samirs Mutter gewesen. Sie war zwar Amerikanerin, doch sie konnte Indisch durch ihren Mann. Samirs Vater kam aus Indien, sah aber nicht wirklich aus wie ein Inder. Naja, seine Haut war etwas dunkler und er hatte dickes schwarzes Haar, aber sonst. Das Gute an dem Restaurant war, das es dort nicht nur indisches sondern auch amerikanisches und italienisches Essen gab. Sam war also eine niedliche Mischung aus Amerikaner, Inder und Italiener. Die Italienische Seite kam von seinem Großvater. Auch ihm sah mandas alles nicht an. Sein Aussehen hatte er fast komplett von seiner Mutter, bloß eben in seinereigenen Variante. Die Männliche, versteht sich. Sein Nachname war auch von seiner Mutter. Früherhieß Sams Vater Rahul Segal. Doch als er dann Cloe White heiratete, nahm er ihren Namen an. Bevor ich auch nur registriert hatte, dass wir losgelaufen waren, standen wir auch schon von dem Restaurant. Irgendwas stimmte heute nicht mit mir. Sam hielt mir lächelnd die Tür auf und ich konnte sofort die wärme Spüren, die aus dem Raum herausströmte. Wir traten ein und ich fühlte mich ein bisschen wie zu Hause. Dieser Raum war mir so vertraut. Der Geruch, die leise Musik, das Stimmengemurmel. Ich kannte sogar einige Stammgäste. Naja, als Stammgäste muss man sich ja auch untereinander kennen. Wir waren schon so oft hier gewesen, dass ich die Speisekarte fast auswendig kannte. Am besten gefiel mir hier, das es verschiedene Stilarten gab, was die Tische und Tischdekorationen anging. Links erinnerte alles an ein typisches italienisches Restaurant, Rechts sah es aus wie in einem amerikanischen Diner und in der Mitte fühlte man sich wie in einem Bollywood Film. Es war unbeschreiblich. Die Farben passten nicht wirklich zusammen, und doch sah es aus, als würde alles zusammen gehören. Es sah einfach geil aus. Einer der Gründe weshalb dieses Restaurant so beliebt war. Der zweite war das unheimlich gute Essen. Wer einmal hier gegessen hatte, wollte nirgends anders mehr speisen. Ich konnte das bezeugen. Sam nahm mir die Jacke ab. Ich sah seine Mutter lächelt auf uns zukommen und konnte nicht anders, als ihr Lächeln zu erwidern. Sie beschleunigte ihren Schritt und breitete die Arme aus.„Katy. Wie schön dich zu sehen. Wie geht es dir, süße?“Wir umarmten uns wie Schwestern.„Es ist auch schön dich zu sehen, Cloe. Mir geht’s bestens. Und wie geht es dir? Du sieht fantastisch aus.“ Das war nicht nur so dahingesagt. Ihr Haar, das dieselbe Farbe hatte wie Sams, viel in leichten Wellen über ihre Schultern und ihre Augen glänzten voller Lebensfreude. Wieder war ich verblüfft, wie Sam ihr ähnelte. Ich nahm ihre Hand, hielt sie über ihren Kopf, und sie drehte sich um sich selbst. Sie war nicht viel größer als ich, doch mir fiel sofort auf, das sie sich viel anmutiger bewegte als ich, geradezu graziös. „Das kann ich nur zurück geben. Ich hab dich lange nicht gesehen. Was gibt’s neues? Bist du verliebt, ist jemand hinter dir her oder sollte ich sonst was wissen? Ich muss mir den Typ ja genauer ansehen, bevor du noch an einen Idioten gerätst.“ Sie lachte und zwinkerte mir zu.Ich lächelte verlegen. Dann sah ich kurz zu Sam herüber, doch er war schon an der Theke und holte etwas zu Trinken. Cloe folgte meinen Blick. Dann wurde ihr Lächeln zu einem Grinsen. Oh nein. „Ähm.. na ja eigentlich…“„Ich hab schon verstanden“, unterbrach sie mich und ihr Grinsen wurde, fast unmöglich, noch breiter. Ich sah ihr in die Augen und wusste, dass sie es wusste. Unfassbar wie gut sie mich kannte. Na ja. Wenn ich recht darüber nachdachte, war das gar nicht so verwunderlich. Cloe kannte mich sein fast zehn Jahren und hatte sich um mich gekümmert, weil meine Mutter es nicht tat. Ich kannte meine Mutter nicht mal richtig. Sie war abgehauen als ich gerade drei Monate alt war. Da war nur mein Dad der such um mich Kümmerte. Und Cloe. Sie war meine beste Freundin, meine Schwester und meine Mutter zugleich, was manch einer falsch verstehen könnte. Außer Sam war sie die einzige Person, die mich in und auswendig kannte und der ich alles anvertraute. Außer dieser kleinen unwichtigen Kleinigkeit, das ich hoffnungslos in ihren Sohn verschossen war. Jetzt sah sie wieder zu ihm herüber und meinte mehr zu sich selbst als zu mir: „Hm. Er ist nicht schlecht muss ich zugeben. Er sieht echt gut aus. Muss er wohl von seiner Mutter haben“, sie zwinkerte mir zu und fuhr dann an mich gewannt fort: „Aber wenn du mich fragst, könnte er sein Zimmer öfter aufräumen.“ Ich lachte und war unendlich froh, das sie es nicht so ernst nahm, oder tragisch. Gerade war sie in der Rolle meiner besten Freundin und Schwester. Das konnte sie gut auseinanderhalten. „Mum?“ Sam kam gerade angelaufen, zwei Gläser in der Hand. In dem einen war Orangenlimo, in dem anderen Cola. Das hätte ich auch gewusst ohne hinzuschauen. Das bestellten wir immer.„Ja, Schatz?“ Sie fuhr ihrem Sohn liebevoll durch die Haare und lächelte ihn warm an. „Kriegen wir das übliche? Bitte?“ Mit „das Ãœbliche“ meinte er eine große Pizza. Die eine Hälfte mit Schinken und Peperoni, die andere mit Bacon. „Und zwei extra Gläser?“ fragte Cloe.„Wie immer, Mum“, lachte Sam . „Alles klar.“ Sie zwinkerte mir noch einmal zu, dann verschwand sie hinter der Theke.Sam hielt mir den Arm hin und ich hakte mich bei ihm unter. „Darf ich sie zu ihrem Tisch geleiten, my Lady?“ Ich lachte. „Gern. Aber bitte führt mich von dem einfachen Volk weg, ich möchte ungestört essen“, sagte ich in dem gleichen hochnäsigen Ton wie er. Er führte mich zu unserem Stammtisch ganz hinten in „Italien“. Dort saß man abseits und der Tisch war so gut wie nie besetzt. Vermutlich weil immer das kleine „Reserviert“ Schild darauf stand. Es stand da nur für uns. Nach wenigen Sekunden kamen unsere leeren Gläser. Jetzt kam unser Ritual. Ich füllte das eine Glas mit Orangelimonade. Etwas mehr als die Hälfte. Und Sam füllte das andere mit Cola. Dann langten wir aneinander vorbei und ich schüttete den Rest Fanta in das Cola glas und er den Rest Cola in das Fanta Glas. So mixten wir uns jedes Mal unsere Getränke. Er mochte Spezi mit mehr Cola, ich mit mehr Fante. Deswegen mixten wir es lieber selber. Wir nahmen unsere Gläser in die Hand und stießen an. „Auf einen tollen Tag“, lachte ich.„Auf uns“, antwortete Sam. Es war wie immer. Obwohl. Es war sogar ein bisschen besser.Nach einer halben Stunde hatten wir schon fast die ganze Pizza gegessen, was für unsere Verhältnisse relativ lang war. Wir spielten gerade unser Lieblingspiel „Was würdest du lieber machen“ als der Kellner uns neue Getränke brachte.„Also gut“, sagte Sam, „was würdest du lieber machen. In den Ferien in die Schule gehen oder von einem Zehnmeterturm ins Wasser springen?“„Ferien Schule“, antwortete ich automatisch. Ich war mir sicher dass Sam mit dieser Antwort gerechnet hatte, er wusste, dass ich schreckliche Höhenangst hatte. „War das eine Anspielung?“„Mhh, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Was denkst du?“„Ich denke das du ein Idiot bist.“ Ich lachte. „Ich bin dran. Was würdest du lieber tun. Von einem Baum fallen und dir den Arm brechen oder von einer Leiter fallen und dir das Bein brechen?“„Was ist das denn für eine Frage?“, lachte er. „Was ist heute mit dir los? Du wirkst noch glücklicher als sonst. Gibt’s Neuigkeiten?“Ich zuckte die Achseln. „Weißt du, wenn ich mit dir zusammen bin, bin ich eben glücklich.“„Oh, das ist ja süß. Pass fei auf das du nicht auf deiner eigenen Schleimspur ausrutschst.“Ich streckte ihm die Zunge raus. „Ich denke immer noch dass du ein Idiot bist.“Â
„Und. Wo hast du dich so beworben?“ Sam nahm sich ein Pizzastück und biss ab.
„Beworben? Wofür denn bitte?“
„Na für das Praktikum. Schon vergessen? Wir fangen am Montag an.“
Oh shit. Das hatte ich echt total vergessen.
„Was ist heute für ein Tag?“, fragte ich panisch.
„Donnerstag.“
Oh shit. Ich hatte nur noch Morgen und vielleicht Samstag. Wie sollte ich das schaffen? Lebenslauf schreiben, einen Termin ausmachen, ein Gespräch führen und so weiter. Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen.
„Du hast es vergessen. Weißt du, sowas habe ich mir schon gedacht und dich mit mir zusammen bei einem Kindergarten beworben.“
Mein Kopf fuhr hoch. „Du hast was? Wie soll das gehen? Ich war bei keinem Gespräch.“
Sam lachte. „Naja ich habe einen Lebenslauf für dich geschrieben und in meinem Gespräch ganz zufällig deinen Namen erwähnt und hatte zufällig ein Bild von dir dabei. Ich habe von deinen Noten in der Schule erzählt und noch vieles mehr. Du weißt schon. Sie waren begeistert. Ich muss schon sagen, ich bin echt gut.“
Ich sprang auf und fiel ihm um den Hals. „Ich liebe dich, Sam!“
„Tja. Ich weiß. Ich liebe dich doch auch“, lachte er. Ich war nicht so dumm, mir darauf etwas einzubilden. Langsam ließ ich mich wieder auf meinen Sitz gleiten und grinste ihn an.
„Also. Die Leiterin des Kindergartens heißt Mrs. Brook. Wir beide betreuen zusammen mit zwei Betreuerinnen die Schmetterling Gruppe. Juhu“, er verdrehte die Augen. „ Die Betreuerinnen heißen Alicia und Tina.“ Bei dem Namen Alicia zögerte er kurz. Ich wusste warum. Meine Mutter hieß Alicia.
„Okay. Muss ich sonst noch was wissen?“
Er überlegte kurz. „Ja. In der Gruppe sind 15 Kinder. Am ersten Tag, also Montag, machen sie einen Sitzkreis in dem sich alle vorstellen. Wir beide natürlich auch.“
„Wie viel Uhr müssen wir da sein?“
„Um dreiviertel Neun. Die Kinder kommen um Neun.“
„Alles klar. Bist du dann fertig mit essen oder brauchst du noch ne Stunde?“
„Fertig.“
Wir verabschiedeten uns noch von Cloe und machten uns dann auf den Heimweg. Inzwischen musste es schon nach Acht sein. Wieder gab Sam mir seine Jacke. Dieses Mal war ich von dem Geruch nicht ganz so überwältigt, trotzdem schnupperte ich hin und wider unauffällig. Sam, ganz Gentleman, brachte mich noch nach Hause. Okay, er musste so oder so an meinem Haus vorbei, wenn er nach Hause wollte, aber trotzdem. Als wir an meiner Haustür ankamen nahm er mir seine Jacke ab und umarmte mich zum abschied, dann lief er quer über die Straße zu seinem eigenen Haus. Wäre mir nicht so unendlich kalt gewesen, hätte ich ihm nachgesehen, doch so ging ich einfach ins Haus. Daddy war noch nicht da, also ging ich geradewegs nach oben in mein Zimmer.
„Und. Wo hast du dich so beworben?“ Sam nahm sich ein Pizzastück und biss ab.
„Beworben? Wofür denn bitte?“
„Na für das Praktikum. Schon vergessen? Wir fangen am Montag an.“
Oh shit. Das hatte ich echt total vergessen.
„Was ist heute für ein Tag?“, fragte ich panisch.
„Donnerstag.“
Oh shit. Ich hatte nur noch Morgen und vielleicht Samstag. Wie sollte ich das schaffen? Lebenslauf schreiben, einen Termin ausmachen, ein Gespräch führen und so weiter. Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen.
„Du hast es vergessen. Weißt du, sowas habe ich mir schon gedacht und dich mit mir zusammen bei einem Kindergarten beworben.“
Mein Kopf fuhr hoch. „Du hast was? Wie soll das gehen? Ich war bei keinem Gespräch.“
Sam lachte. „Naja ich habe einen Lebenslauf für dich geschrieben und in meinem Gespräch ganz zufällig deinen Namen erwähnt und hatte zufällig ein Bild von dir dabei. Ich habe von deinen Noten in der Schule erzählt und noch vieles mehr. Du weißt schon. Sie waren begeistert. Ich muss schon sagen, ich bin echt gut.“
Ich sprang auf und fiel ihm um den Hals. „Ich liebe dich, Sam!“
„Tja. Ich weiß. Ich liebe dich doch auch“, lachte er. Ich war nicht so dumm, mir darauf etwas einzubilden. Langsam ließ ich mich wieder auf meinen Sitz gleiten und grinste ihn an.
„Also. Die Leiterin des Kindergartens heißt Mrs. Brook. Wir beide betreuen zusammen mit zwei Betreuerinnen die Schmetterling Gruppe. Juhu“, er verdrehte die Augen. „ Die Betreuerinnen heißen Alicia und Tina.“ Bei dem Namen Alicia zögerte er kurz. Ich wusste warum. Meine Mutter hieß Alicia.
„Okay. Muss ich sonst noch was wissen?“
Er überlegte kurz. „Ja. In der Gruppe sind 15 Kinder. Am ersten Tag, also Montag, machen sie einen Sitzkreis in dem sich alle vorstellen. Wir beide natürlich auch.“
„Wie viel Uhr müssen wir da sein?“
„Um dreiviertel Neun. Die Kinder kommen um Neun.“
„Alles klar. Bist du dann fertig mit essen oder brauchst du noch ne Stunde?“
„Fertig.“
Wir verabschiedeten uns noch von Cloe und machten uns dann auf den Heimweg. Inzwischen musste es schon nach Acht sein. Wieder gab Sam mir seine Jacke. Dieses Mal war ich von dem Geruch nicht ganz so überwältigt, trotzdem schnupperte ich hin und wider unauffällig. Sam, ganz Gentleman, brachte mich noch nach Hause. Okay, er musste so oder so an meinem Haus vorbei, wenn er nach Hause wollte, aber trotzdem. Als wir an meiner Haustür ankamen nahm er mir seine Jacke ab und umarmte mich zum abschied, dann lief er quer über die Straße zu seinem eigenen Haus. Wäre mir nicht so unendlich kalt gewesen, hätte ich ihm nachgesehen, doch so ging ich einfach ins Haus. Daddy war noch nicht da, also ging ich geradewegs nach oben in mein Zimmer.