Für meinen Vater
Du bist um vier Uhr aus dem Haus, mit dem Zug nach Worms zu Deiner Arbeit gefahren und nicht wieder zurückgekommen. In Deiner Mittagspause wolltest Du dich im Rhein abkühlen und bist dabei ertrunken. Mir hattest Du es immer verboten.
achtundfünfzig Jahre bist Du nun tot, länger als du gelebt hast. Du warst erst siebenundvierzig.
Du hast gelacht, hast gesungen, warst bescheiden in Deinen Ansprüchen, und immer hilfsbereit zu anderen. Mama und Du, ihr hattet nie ein hartes Wort .
Dein Arbeitgeber war tief betroffen als er uns Deinen Tod mitteilen musste. Er bemerkte es erst, als um 15°° immer noch kein Gesang von Deinem Arbeitsplatz erklang.
Du warst der Beste in Deinem Fach.
Während des Krieges, ich war noch zu klein, bekamst Du das Eiserne Kreuz für Deine herausragende Arbeit. Du warst immer ein Tüftler, was Du erfunden hattest, ich weiß es nicht.
Du warst sehr krank und wärst gestorben, aber da kamen zwei Männer und danach wurdest Du wieder gesund. Heute denke ich, dass sie Dir Antibiotika mitgebracht hatten. Sie ließen eine Medaille da. Mama zeigte sie mir und schärfte mir ein, nicht darüber zu reden. Du warst in keiner Partei.
Was ich kann und bin, wurde ich durch Dich.
Lieber Papa, wenn Du sehen könntest, welche Früchte Deine Erziehung getragen hat, Du wärst stolz auf mich.
Du legtest den Grundstein für meine Lese,- und Schreibwut.
Du zeigtest mir wie man richtige Aufsätze schreibt,
Du gabst mir schon sehr früh Bücher zum Lesen.
Mit Dir durfte ich die Natur frühmorgens erleben.
Du erklärtest mir die Jahreszeiten, den Sternenhimmel
Du lehrtest mich meine Mitmenschen zu achten, Erwachsenen gegenüber Bescheidenheit, und Geduld gegen Jüngere.
Du siehst lieber Papa, auch wenn ich erst fünfzehn war, als Du starbst, habe ich doch alle Deine Regeln behalten. Ob Du geahnt hast, dass unsere gemeinsame Zeit so kurz sein sollte? Hattest Du Dich darum so intensiv um mich gekümmert?
Nur einmal habe ich Deine Warnung nicht befolgt und bin ein Tag vor Deinem Tod in den Rhein, um mich zu erfrischen. Am nächsten Tag ertrankst Du. Mein ganzes Leben lang machte ich mir Vorwürfe, hätte ich Dir gefolgt, wärst Du noch am Leben. Gott hat mich gestraft für meinen Ungehorsam und nahm Dich mir weg.
Kein Tag in meinem Leben , wo ich dich nicht vermisse. Morgen wird es wieder ganz schlimm sein. Da wäre Dein Geburtstag. Du wärst 105 Jahre alt.
Wenn Du meine Gedanken liest, weißt Du wie weh mir um Herz ist.
Ich danke Dir für all Deine Liebe und Fürsorge.
Nur noch einmal Deine Stimme hören wenn Du sagst:
„Na mein Engelchen“