Am falschen Ort
Immer schlimmer wird es mit der Sehfähigkeit von Herrn Körner. Überall eckt er an und stolpert über jeden kleinen Stein. "Damit ist ab sofort Schluss, es muss umgehend eine Brille her" sagt er sich und geht geradewegs zu einem Optiker.
Sein Leid schnell geklagt, wird er von einem dunkel gekleideten Herrn, mit eleganter Hornbrille, in einen schneeweiss getünchten Raum, in dem nur ein schwarzer Ledersessel steht, geführt. Herr Körner nimmt Platz, bekommt ein, für ihn, seltsames Metallgestell mit extrem dicken Gläsern auf die Nase gesteckt; und wartet der Dinge. Der Optiker zerrt aus einem Nebenraum eine Staffelei hervor, baut sie an der hinteren Wand auf. Mit einem Stab in der Hand zeigt er dann auf einen Buchstaben: "Welchen Buchstaben sehen Sie denn hier, Herr Körner?" Ich kann keinen Buchstaben erkennen, mein Herr, wo soll er denn sein," fragt Herr Körner und blinzelt durch sein Nasengestell. Ein wenig erschreckt über diese Äusserung erwidert der Optiker: "Auf dieser grossen Leinwand, mein lieber Herr Körner." "Auf welcher Leinwand?" kommt sofort die Gegenfrage von Herrn Körner. "Auf dieser Leinwand, hier direkt an der Wand", sagt der Optiker noch sehr gespielt, gelassen. Herr Körner rutscht unruhig auf seinem Sessel hin und her, merkt bereits die unterdrückte Ungeduld des Fragenden, dann meint er etwas leiser, schon fast bescheiden: "An welcher Wand bitte?"
Der Optiker legt seinen Stab beiseite, macht ein paar Schritte vorwärts, bleibt abrupt stehen und sagt dann mit fester Stimme: "Guter Mann, ich glaube Sie sind hier am falschen Ort und völlig fehl am Platze - Glasbausteine gibt es im Baumarkt und einen Blindenhund müssen Sie bei Ihrer Kasse beantragen - vorsichtshalber lasse ich Sie nun von zwei meiner Mitarbeiter hinaustragen!"