Science Fiction
Project Albagan [1x09] Tantrum

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"Project Albagan [1x09] Tantrum"
Veröffentlicht am 30. Dezember 2010, 42 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Project Albagan [1x09] Tantrum

Project Albagan [1x09] Tantrum

Beschreibung

//Fortsetzung der Serie Project Albagan. Neue Episoden gibts in geraden Kalenderwochen Samstags ab 20.15 auf http://s-hilgert.blogspot.com //Zum Inhalt: Nachdem die Gefahr durch die Fuetron vorerst abgewendet schein, dreht die Besatzung der Inistra Basis plötzlich durch. Nur Jan Ferden und Mary Lu Rosenthal können die Katastrophe jetzt noch abwenden...

21.12.2010, 12:00 // Inistra, Konferenzraum

Sergej Lunovitch stand am Fenster und ließ sich die Sonne auf den Rücken strahlen. Ein ekelhafter Frühnebel hatte den Morgen beherrscht, doch vor ein paar Minuten hatte er sich verzogen und nun schien eine kräftige Sonne auf Inistra hinab. Der russische Biologe hielt einen grünen Zweig hoch.

„Da uns Earth Command leider keine weiteren Weihnachtsbäume schicken möchte, hat sich unser Team draußen auf die Suche nach Alternativen gemacht, was bei der enormen Größe der meisten Bäume leichter gesagt als getan ist. Dennoch haben wir mit diesem Tannenähnlichen Gewächs denke ich etwas Passendes gefunden.“

Jan Ferden nickte lächelnd. Die dunklen Ringe unter seinen Augen verschwanden langsam wieder, nachdem er zwei Wochen lang kaum geschlafen hatte um mit seinem Team das Portal wieder funktionsfähig zu machen.

„Was würden wir nur ohne dich machen, Sergej“, lachte er.

„Uns mit zwei mickrigen Bäumchen zufriedengeben, das müssten wir,“ lachte auch Mary Lu Rosenthal. Der Captain, froh endlich mal wieder ohne Stress arbeiten zu können, wollte gerade zu einem Kommentar ansetzen, als ein blaues Licht an der Sprechkonsole an der Wand aufleuchtete. Er stand auf und ging hinüber.

„Hedgefield hier, was gibt’s?“ sprach er in den Apparat.

„Captain,“ kam es zurück, „hier spricht Lieutenant Lauren aus dem Portal-Kontrollraum. Ich fürchte wir haben ein Problem…“

„Ich komme sofort“, sagte der Captain und legte auf. Er entschuldigte sich bei den anderen und bat Jan ihm zu folgen.

„Hoffentlich“, sagte der Physiker, „ist das Portal nicht schon wieder kaputt. Ich hatte mich eigentlich auf ein paar Tage Ruhe gefreut.“

„Wissen Sie, Ferden, die habe ich auch nie, warum sollten Sie also dann Freizeit haben.“

„Wissen Sie, Captain, wenn Sie kein Militär wären, ich könnte Sie inzwischen glatt mögen.“

Sie setzten sich in den Zug, der sich surrend in Bewegung setzte und rasch beschleunigte.

„Ich kann ja verstehen,“ sagte der Captain, „dass Sie einen Hass auf die Soldaten empfinden, die Ihrer Schwester dieses Leid angetan haben. Aber inzwischen sollten Sie gemerkt haben, dass längst nicht alle Soldaten solche Schweine sind, im Gegenteil.“

Jan kniff die Augen zusammen.

„Captain, ich verstehe, dass Sie versuchen die Ehre Ihres Berufsstandes zu retten, aber aus der Erfahrung, die Sie selbst gerade eingebracht haben sehe ich einmal mehr, dass Sie und Ihre Leute ständig auf Gewalt ausweichen. Bei zwei Lösungsmöglichkeiten wählen Sie immer die brutale. Ich glaube nicht, dass Sie alle so verschieden sind.“

Der Captain wollte gerade etwas erwidern, als der Zug mit einen Zischen zum Stehen kam. Sie stiegen aus und trafen, noch bevor sie die Portalhalle erreicht hatten, auf einen jungen Private, der Wachdienst geschoben hatte. Ein orangenes Licht flackerte über die Wände.

„Was ist hier los, Private?“ fragte der Captain mit beunruhigter Miene.

Der junge Mann, offensichtlich nervös, sprach leise und stotterte ein wenig.

„Nun ja, Sir, wir sind uns nicht ganz sicher, was wirklich vorgefallen ist,“ erklärte er, „wir haben hier unten ganz normal Wache geschoben, Lieutenant Lauren und ich, als Laura, äh, ich meine Dr. Craig hier hereinkam und aus heiterem Himmel eine Verbindungssequenz gestartet hat!“

„Was!?“ fiel es Jan aus dem Mund. Der Captain hob die Hand.

At ease, Private,“ sagte er, „was für eine Sequenz?“

Hastig zog der Private einen Ausdruck hervor.

„Das ist der Protokollausdruck. Wir haben sicherheitshalber vorerst eine komplette Sperre eingerichtet.“

Hedgefield studierte den Ausdruck, dann reichte er ihn an Ferden weiter.

„Sagt Ihnen das was?“ fragte er mit einem beunruhigten Unterton.

Jan studierte das Blatt. Etwas dunkles dämmerte in ihm. Das war doch…

„Kein Zweifel“, sagte er einen Moment später, nun ebenfalls aufs äußerste beunruhigt, „AC1000-KFBJP7-538760. Das ist die Adresse der Fuetron Heimatwelt Thibida.“

„Was sollte Dr. Craig auf Thibida?“ fragte der Captain.

Jan zuckte mit den Schultern.

„Das könnte ich genauso gut Sie fragen, Captain, wie Sie nicht müde werden zu betonen sind Sie schließlich der Chef. Gab es also irgendeine Art von Mission, Aufgabe oder ähnlichem, die Laura überhaupt dazu veranlasst hätte den Planeten zu verlassen?“

Der Captain schüttelte den Kopf.

„Nicht das ich wüsste,“ erklärte er nachdenklich, dann wandte er sich wieder an den Private.

„Hat sie irgendetwas gesagt, bevor sie das Portal aktiviert hat?“, fragte er. Der Soldat schüttelte den Kopf.

„Es war geradezu gespenstisch, Sir, sie ist hier einfach hereinspaziert ohne einen Ton zu sagen, ist zum Computer gegangen und hat einen Adresse eingegeben. Ohne zu zögern, was bisher noch niemand aus dem Gedächtnis geschafft hat. Da hat Lt. Lauren sie nach ihrer Autorisierung gefragt. Sie hat nicht reagiert, überhaupt nicht. Ich hab ihr auf die Schulter getippt um sie auf uns aufmerksam zu machen, aber sie hat immer noch nicht reagiert. Erst als wir sie vom Computer weggezogen haben, da ist sie zusammengezuckt und ist auf den Lieutenant los.“

Jan runzelte die Stirn.

„Und dann?“, fragte er.

„Dann war plötzlich alles vorbei. Sie ist einfach zusammengebrochen. Sie ist bei Bewusstsein, aber ziemlich verstört, wie Sie sich vielleicht vorstellen können.“

Der Captain nickte.

„Öffnen Sie die Tür, Private,“ sagte er mit fester Stimme, „ich will sie sehen.“

Der junge Soldat nickte und öffnete die Tür. Mit einem schweren Schaben glitt die massive Felstür zur Seite. Lt. Lauren und Laura Craig saßen nur wenige Meter dahinter auf zwei Campingstühlen, die aus dem Lager kamen, welches mehr oder weniger um die Ecke lag. Jan ging auf Laura zu, die unter ihrer ölverschmierten blauen Mütze bleich und leer ins Nichts starrte.

„Was ist passiert?“ fragte er leise, sich zu ihr hinunterkniend. Laura schüttelte den Kopf. Eine Strähne ihres blonden Schopfes rutschte unter der Mütze hervor.

„Ich weiß es nicht,“ sprach sie mit leiser, fast flüsternder Stimme, „ich bin hier unten gewesen, um etwas aus dem Portalraum zu holen. Das nächste, an das ich mich erinnere ist im Kontrollraum zusammengebrochen bin.“

Jan stand auf und ging zurück zum Captain.

„Ich denke ich sollte mir das Protokoll noch mal am PC ansehen. Vielleicht findet sich ja in irgendeinem der Protokolle ein Hinweis darauf, was hier passiert ist.“

Der Captain nickte. Dann wandte er sich zu dem jungen Private um.

„Private, holen Sie Dr. Carabezzoni hier herunter. Er soll sich Dr. Craig mal ansehen.“

Der Soldat nickte und zückte sein Funkgerät. Der Captain sah in den Tunnel hinein in den Jan verschwunden war. Einen Moment später ertönte ein sirrendes Geräusch.

Jan Ferden hatte das Portal aktiviert.

 

 

23.12.2010, 17:46 // Inistra

Mit einem Schubser landete Zoe in einem Raum mit extrem schlechter Luft. Ein schabendes Geräusch hinter ihr verriet ihr, dass Abby die Tür geschlossen hatte, noch ehe sie auf dem Boden aufgeschlagen war.

„Sergeant?“ fragte eine Stimme. Es war die des Sheriffs, Sgt. Charleston.

„Sergeant. Man hat mich gefangen genommen.“

„Das sehe ich. Wie ist die Situation da draußen?“

„Die Verräter haben sich verschanzt. Sie haben die Waffenkammer und die Labors besetzt und versuchen den Konferenzraum zu besetzen.“

„Was ist mit dem… wie heißt es noch gleich… dem… äh… Portal?“

„Was für ein Portal?“

„Na dieses Steinteil hier im Keller. Zoe verdammt, ich kann mich nicht daran erinnern! Aber es ist wichtig…. Was ist damit?“

„Ich erinnere mich ein verschlossenes Felstor. Vielleicht liegt es dahinter. Unsere Leute arbeiten daran.“

„Gut“ sagte Ray Charleston und kippte schlafend hinten über.

23.12.2010, 10:00 // Meteorologische Station, Obergeschoss

„Was geht hier vor!?“ fragte Rosenthal entsetzt, als Jan durch die Tür zum Aufzug trat, der hinunter auf die Hauptebene der Stadt führte.

„Da unten sind alle völlig verrückt geworden. Abby und Lukas haben die Zivilisten gegen das Militär aufgehetzt. Wenn das so weitergeht, haben wir hier bald einen waschechten Bürgerkrieg.“

„Scheiße“, fluchte Rosenthal. Jan nickte.

„Aber warum?“, fragte Rosenthal und kratzte sich am Kopf.

„Ich meine, bis vorgestern sind wir doch wunderbar miteinander ausgekommen!“

Jan zögerte.

„Sag was du willst, aber ich glaube, das ist die Antwort der Fuetron darauf, dass wir ihren Spion erschossen haben. Ich meine, das Timing ist perfekt: Wir reparieren das Portal, und in dem Moment, in dem wir eine Verbindung nach Thibida aufbauen können um uns in ihre Hände zu begeben versuchen plötzlich alle Leute, die in die Nähe des Portals kommen genau das zu tun. Es muss sich entweder um einen weiteren Spion halten, was ich nicht glaube, oder hier sitzt irgendwo ein Gerät, welches in der Lage ist unser Handeln zu beeinflussen.“

Rosenthal nickte.

„Und intelligent ist es auch. Sobald wir das Portal gesperrt haben hat es umdisponiert und dafür gesorgt, dass wir uns gegenseitig an den Kragen gehen. Und es hat seinen Radius vergrößert. Ich nehme an, der einzige Grund, weshalb wir auf dieser Ebene nicht betroffen sind ist, dass sie über fünfzig Meter oberhalb der Haupteben liegt.“

„Frage ist, was können wir tun?“

Rosenthal zuckte mit den Schultern.

„Es war Glück, dass wir uns hier oben befunden haben, als es geknallt hat. Ich gehe im Moment nicht davon aus, dass außer uns noch irgendwer nicht betroffen ist.“

Jan seufzte.

„Wir sind also auf uns allein gestellt.“

„Nicht zwingend. Ich schlage vor wir fragen Gundal um Hilfe. Sie kennt sich mit den Technologien der Fuetron besser aus als jede andere vertrauenswürdige Person, die ich kenne.“

Jan sah sie schief an.

„Was?“, fragte sie.

„Hast du dir mal überlegt wie wir da hinkommen sollen?“

„Hm. Also noch mal: Das Gerät liegt irgendwo in der Nähe des Portals. Wenn wir hingehen, das Portal aktivieren und irgendwohin reisen kommen wir mit großer Wahrscheinlichkeit auf Thibida aus, oder?“

Jan nickte. Rosenthal seufzte.

„Du hast Recht,“ sagte sie resignierend, „selbst wenn wir das Portal aktivieren könnten, so wie du die Zustände da unten beschreibst kämen wir eh nicht besonders weit, oder?“

Jan nickte und fing an zu grübeln. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf.

„Möglicherweise gibt es einen Weg. Aber es ist ziemlich gewagt,“ warnte er.

„Erzähl.“

„Bei der Reparatur des Portals sind wir auf eine uns vorher völlig unbekannte Struktur gestoßen. Ich glaube, dass es sich dabei um eine Art Transportsystem handelt, welches relativ spät nachgebaut wurde.“

„Ein Transportsystem?“

„Ja. Es scheint, als seien bestimmte Punkte der Stadt über ein Netzwerk aus Transportern verbunden.“

„Eine Art Beaming-Technologie“ fragte Rosenthal interessiert.

„Ja und Nein. Ich habe keine Ahnung wie die funktionieren sollen diese hier jedenfalls sind vergleichsweise primitiv gebaut, verglichen mit einer Struktur wie dem Albagan.“

„Aber du sagtest doch, diese Transportteile seien erst nachträglich installiert worden?“

Jan lächelte, immer sicherer, dass sein Plan funktionieren könnte.

„Du hast mal irgendwann erzählt, dass die Chibigo viel Technologie von den Fuetron übernommen haben, ohne sie vollends zu verstehen. Ich vermute, dass man das System der Albagane Materie in Energie umzuwandeln irgendwann über Reverse Engineering nachgebaut hat und dann ein Stadtweites Transportsystem nachgebaut hat, welches keine Wurmlöcher erzeugt und auch keine variablen Ziele kennt, sondern über ein Kabel einen Punkt A mit einem Punkt B verbindet.“

„Warum hast du davon nie erzählt?“ fragte Rosenthal überrascht.

„Weil ich vorher verstehen wollte erstens wie und zweitens ob die Teile noch funktionieren.“

„Hoffen wir, dass sie funktionieren. Wie bringt uns das eigentlich weiter?“

„Wir müssen versuchen das Portal von hier oben anzuwählen und uns dann über die Transporter in den Portalraum schaffen. Wenn wir das hinbekommen müssen wir nur noch vom Ausgang des Transporters zum Portal kommen und von da aus hoffentlich auf Aiwa Sagha Hilfe bekommen.“

Rosenthal legte die Stirn in Falten.

„Existiert hier oben überhaupt so ein Transporter?“, fragte sie.

Jan zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung,“ gab er zu, „aber wir haben wenig andere Möglichkeiten als nach diesem Teil zu suchen. Und wenn ich mir angucke wie es da unten aussieht, sollten wir uns denke ich beeilen.“

Rosenthal hob die Hände auf Kopfhöhe, eine Geste der Resignation.

„Okay, haben wir einen Computer hier oben?“

Jan deutete auf einen Laptop, der auf einem Sockel stand und per Kabel mit einem Terminal in der Nähe verbunden war.

„Kannst du dich von hier oben in das Wählsystem einloggen?“ fragte Rosenthal.

Jan schüttelte den Kopf.

„Nein,“ sagte er, „eigentlich nicht, aber ich kann versuchen mich direkt in den Rechner einzuhacken, der das Portal kontrolliert.“

„OK, dann suche ich in der Zwischenzeit nach irgendetwas, das aussieht wie ein Miniaturportal.“

Jan nickte und ging hinüber zum Terminal, während Rosenthal anfing zu suchen. Die Meteorologische Station war ein fast kugelförmiger Raum, kaum größer als der Kontrollraum des Portals. Hier war also nichts zu finden. Rosenthal verließ den Raum und trat hinaus auf den Gang, der hier oben roh aussah und viel schmaler war als der auf der Hauptebene. Nach rechts ging es zurück zu den beiden Lifts, von denen jedoch einer kaputt war. Diesen Gang hatte sie bereits gesehen, also wandte sie sich nach links. Von hier aus ging ein Gang ab zu einem Wachturm, der versteckt auf der Außenseite des Kraters angebracht war. Ein Stück weiter kam ein Wartungstunnel zu einem Gefechtstürme Inistras, sowie ein Galleriegang, der zur Not mit einer dicken Felsplatte geschützt wurde. Dahinter kam noch ein Wartungstunnel, dann war das Obergeschoss zu Ende. Lediglich zwei Drittel des Kreises waren hier oben mit Tunneln begehbar, der Rest war solider Fels.

Denk logisch, ermahnte Rosenthal sich, wo würdest du so ein Gerät verbauen?

Von einer Idee ergriffen drehte sie um und ging zurück zum Wachturm. Dort angekommen wusste sie, dass sie Recht gehabt hatte: Vor ihr, eingraviert in den Tunnel der zum Wachturm führte, befand sich das Relief einer Tür, rechteckig, und etwa mannshoch. Etwa auf der Mitte des Ganges zeigte ein Objekt darauf, welches sie bisher für eine Lampe gehalten hatte, ein zylinderförmiger Korpus aus Metall, etwa von der Größe einer 500ml Wasserflasche. Davor eine Art Birne, rund in der Grundfläche aber zum Zylinder der Halterung hin schmaler werdend wie ein Trapez. Und die breite Fläche am Ende zeigte auf das Relief des Türrahmens. Rosenthal ging zurück zu Jan.

Jan tippte. Das System war so gebaut, dass man von außen nicht eindringen konnte, er selbst hatte bei der Entwicklung der Schnittstelle darauf geachtet, dass das System möglichst Einbruchssicher war. Jetzt verfluchte er sich für seine Genauigkeit. Immerhin hatten sie, nach dem Vorfall mit den Piraten, ein Zusatzprogramm geschrieben, welches die Möglichkeit barg das Albagan vom Kontrollzentrum in der Hauptebene aus lahmzulegen, und zwar so, dass auch keine eingehenden Verbindungen mehr funktionierten. Theoretisch jedenfalls, zum Glück hatten sie das Programm bisher nicht einsetzen müssen. Jetzt jedoch hatten sie das Portal deaktiviert, sodass niemand mehr Inistra verlassen konnte. Dieses Programm versuchte Jan nun so zu verändern, dass er das Portal von seinem Laptop aus steuern konnte. Wahrscheinlich war es möglich, vor allem weil sie bisher noch nicht die Möglichkeit gehabt hatten einen richtigen Experten über das Programm sehen zu lassen, mit dem Ergebnis, dass Jan sich nun einige kleine Fehler zunutze machen konnte.

„ich glaube ich hab deinen Transporter gefunden“, sagte Rosenthal, die in diesem Moment zur Tür herein kam.

„Gut,“ antwortete Jan, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.

„Wie sieht’s bei dir aus?“ fragte sie mit einem skeptischen Blick auf den Blidschirm.

„Fast fertig.“

Still wartete Mary Lu, bis Jan fertig war, dann zeigte sie ihm den Transporter.

„Einen Ein-Schalter hab‘ ich leider nicht gefunden“ gab sie zu. Jan trat schweigend auf den Rahmen zu.

„Geh‘ mal zur Seite,“ forderte er sie auf, dann berührte er mit dem Finger eine kleine Vertiefung im Stein. Mit einem zufriedenen Summen leuchteten die feinen Linien des Türrahmens auf und enthüllten eine Reihe Symbole und Verzierungen, die ebenfalls in einem hellen blau aufleuchteten. Jan zögerte einen Moment, dann berührte er ein weiteres Symbol, welches die Form eines Dreiecks hatte, und mit einem elektronisch klingenden Knistern und Sirren fing die Leuchte an der Decke an zu strahlen und plötzlich erschien ein Durchgang in dem Türrahmen wo vorher nur solider Fels gewesen war. Durch einen leicht gräulichen Schleier, der wie eine glatte durchsichtige Folie wirkte, blickten sie in den Portalraum.

„Es funktioniert!“ frohlockte Rosenthal. Jan grinste.

„Sieht so aus. Trotzdem, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser,“ sagte er und nahm einen Kugelschreiber aus seiner Tasche. Er zögerte einen Moment, dann warf er ihn lässig durch die Öffnung. Ein brizzlendes Geräusch ertönte, dann sah man, wie der Stift auf der anderen Seite zu Boden fiel.

„Es funktioniert! Es funktioniert!“, jubelte Mary Lu. Dann drehte sie sich zu Jan und fragte,

„Aber warum ist der Stift heruntergefallen, obwohl du ihn hineingeworfen hast?“

„Der Stift ist auf dieser Seite de-materialisiert worden und auf der anderen Seite wieder re-materialisiert worden. Woher soll also die Wurfenergie kommen, um den Stift auf der anderen Seite wieder zu beschleunigen?“

Darauf wusste Rosenthal allerdings keine Antwort, also schwieg sie. Jan indes ging zurück in die Station um das Albagan zu starten. Er drückte ein paar Knöpfe und gab die Adresse von Aiwa Sagha ein. Dann startete er noch einen Timer, der das Portal fünf Minuten nach dem Zustandekommen einer Verbindung wieder schließen würde. Er hoffte nur, dass niemand der Sache näher auf den Grund gehen würde und das Portal wieder deaktivieren würde. Er atmete tief durch und drückte die ‚Enter‘-Taste. Der Timer erschien auf seinem Bildschirm und zählte rückwärts, während Mary Lu rief,

„Es funktioniert! Das Albagan startet!“

Jan nahm die Beine in die Hand und eilte hinüber zum Transporter. Durch den Horizont des Transporters beobachteten sie, wie das Albagan die Verbindung herstellte.

„Wenn wir drüben sind,“ erklärte Jan, „werden wir von 0 auf 100 mit den Auswirkungen konfrontiert sein von was auch immer die anderen unter Kontrolle hat. Ich hoffe, dass wir genug haben um durch das Portal zu gehen bis unsere Gehirne den Einfluss verarbeitet haben. Trotzdem, was auch immer passiert, wir müssen unter allen Umständen Aiwa Sagha erreichen. Verstanden?“

Rosenthal nickte.

„Gut, dann los.“

Jan trat einen Schritt vor und befand sich sofort auf der anderen Seite, fast so als ob er durch eine normale Tür getreten sei anstatt durch mehrere hundert Meter Stein transportiert worden zu sein. Mary Lu trat direkt hinter ihm aus dem Transporter. Sofort verspürten beide eine Verneblung ihrer Gehirne. Jan fühlte sich, als habe er mit einem Schlag eine halbe Flasche Wodka intus, sein Gang verlangsamte sich, sein Blickfeld wurde dunkler. Vor ihm sah das Albagan, aber plötzlich wusste er nicht mehr was es war. Nur noch, dass es wichtig war ins Licht zu gehen, aber er verstand nicht mehr warum Er taumelte. Nur noch wenige Meter. Die Zeit floss, verlangsamte sich, während sich ein Teil von Jans Gehirn abspaltete und mit großem Interesse seinen psychischen Verfall verfolgte. Auf einmal verspürte Jan einen Stoß in seinem Rücken, und er fiel, quälend langsam nach vorne in ein blaues Licht.

Im nächsten Moment war alles vorbei. Leicht benommen landete Jan auf erdigem Boden, von blauem Licht erleuchtet. Etwas schweres fiel auf ihn, und wieder im Besitz seiner geistigen Kräfte stellte er fest, dass es sich um Mary Lu handelte. Ein Plopp ertönte, und das blaue Licht verschwand.

Jan stöhnte auf. Einen Moment später rollte Mary Lu sich von ihm runter und fragte,

„Alles in Ordnung?“

Jan stöhnte auf. Ihm war speiübel. Er fühlte sich, als sei er von nüchtern ohne Übergang erst zu sturzbesoffen und dann wieder nüchtern gewechselt.

„Scheiße“ flüsterte er.

„Ist das ein ja oder nein?“ fragte Mary Lu, die ihren Trip offenbar besser überstanden hatte als er selbst. Jan kam mühsam auf die Füße, klopfte sich den Dreck von der Hose und sagte,

„Ist egal. Wir müssen uns beeilen, wenn wir die anderen noch retten wollen.“

Rosenthal stand ebenfalls auf.

„Meinst du bei den anderen sind die Auswirkungen auch so schlimm?“, fragte sie besorgt.

Jan schüttelte den Kopf.

„Nein,“ sagte er, „so schlimm dürfte es bei den anderen nicht gehen. Vergiss nicht, bei ihnen hat der Einfluss stetig zugenommen anstatt wie bei uns von 0 auf 100 aufzutauchen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir direkt an der Quelle standen, was den Effekt noch mal verstärkt haben dürfte. Trotzdem, wenn es für die anderen nur halb so schlimm ist, müssen wir uns verdammt beeilen.

Obwohl Jans linker Fuß etwas hinkte schafften sie es in Rekordzeit bis zu Gundals Siedlung. Letztere freute sich sichtlich über den unerwarteten Besuch, eine Freude die sofort verflog, als sie von den unglücklichen Umständen des Besuchs hörte.

„Gibt es“, fragte Mary Lu auf Chibigo, „eine Möglichkeit den Einfluss des Geräts auszusetzen, irgendetwas?“

Gundal zögerte. Jan merkte, dass sie eine Möglichkeit hatte, aber zögerte damit herauszurücken.

„Es geht um das Überleben von praktisch allen Mitgliedern unserer Expedition. Wenn es etwas gibt, bitte!“

„Es gibt in der Tat eine Möglichkeit. Unsere Wissenschaftler entwickelten vor vielen Jahren ein Gerät, mit dem man den Einfluss der Telenose umgehen kann.“

„Telenose?“ fragte Gundal verwundert.

Gundal lächelte.

„Wir gehen davon aus,“ erklärte sie, „dass die Fuetron vor all den Jahren eine Art biologische Schnittstelle in unsere Gehirne implementierten. Jetzt, da ihr, wie ihr sagt, die Geschichte um die Entstehung unserer Rasse kennt, können wir ja offen darüber reden. Diese Schnittstelle erlaubte es den Fuetron einst direkte Kontrolle über ihre Subjekte auszuüben. Mit den Jahrtausenden wurde sie allerdings unwichtiger, da man auf in einem gewissen Rahmen selbstständig denkende Wesen setzte, doch als Rudiment ist sie noch immer vorhanden, bei den einen mehr, bei den anderen weniger. Das Gerät, welches sich auf Inistra befindet nimmt nun über diese Schnittstelle Einfluss auf das Unterbewusstsein der Menschen in seinem Radius.“

„Schön und gut,“ hakte Jan ein, „aber wie hilft uns das weiter?“

„Wie gesagt unsere Wissenschaftler haben ein Gerät entwickelt, welches die Effekte kompensiert, indem es die Schnittstelle besetzt.“

„Und wo ist der Haken?“

„Die Haken sogar. Es gibt zwei. Der erste ist, dass unser Gerät die Schnittstelle nicht einfach blockiert. Man muss zwei Geräte verbinden, die sich gegenseitig beschäftigen, sonst bringt das Gerät nichts. Der zweite ist, dass wir es nie wirklich getestet haben.“

„Das mit dem Testen haben wir schon häufiger überlebt. Aber was ist mit beschäftigen gemeint?“

„Es handelt sich um eine Technologie, die die Gehirne der beiden Träger miteinander verbindet. Die Träger wären also bis zu einem gewissen Grad dazu in der Lage die Gedanken des jeweils anderen zu hören und gewisse Grundfunktionen im Körper des anderen zu kontrollieren.“

„Ein Neuro-Transmitter.“ Jan pfiff durch die Zähne. „Sergej hat mir davon erzählt, dass sie in Russland mal damit experimentiert haben, an Mäusen. Ist fürchterlich schief gegangen. Wer sagt uns, dass es bei uns nicht auch schief geht?“

„Oh,“ machte Gundal, „die Geräte funktionieren, nur ob sie auch gegen die Telenose wirken, das haben wir nicht testen können.“

„Ok, let’s do it“, sagte Rosenthal.

“Es gibt noch ein Problem”, erklärte Gundal unglücklich.

„Und das wäre?“

„Einmal installiert kann der Transmitter, wie ihr es nennt, nicht mehr entfernt werden. Ihr wäret also auf ewig miteinander verbunden.“

„Das heißt sie würde immer meine Gedanken mithören?“ fragte Jan, nun seinerseits unglücklich. Zu seiner Beruhigung schüttelte Gundal den Kopf.

„Mit etwas Training ist es möglich seine Gedanken für sich zu behalten. Unsere Tester haben nach einer Weile wieder völlig normal gelebt. Aber es erfordert Training und ist nicht einfach!“ warnte sie.

Jan und Mary Lu sahen sich an.

„Wir haben wenig andere Möglichkeiten“, erklärte Jan. Mary Lu nickte. Dann wandte sie sich wieder an Gundal.

„Wir tun es.“

Gundal nickte.

„Folgt mir“, sagte sie und ging voran.

24.12.2010, 09:00 // Aiwa Sagha

Ein Schleier lichtete sich vor Jans Gesicht, ein Überbleibsel der Narkose.

‚Jan?‘

Die Stimme hallte durch seine Gedanken, obwohl er nicht einzuordnen vermochte wo sie herkam. Sein Schädel schmerzte ein wenig, aber nicht genug um Halluzinationen hervorzurufen.

‚Jan, hörst du mich?‘

Jan stöhnte auf. Er wusste, er hatte die Stimme nicht gehört, trotzdem wusste er, was sie gesagt hatte. Dann fiel ihm alles wieder ein: Telenose. Inistra verrückt geworden. Der Transmitter. Er konzentrierte sich, und dachte,

‚Mary Lu, bist du das?‘

‚Ja! Es funktioniert! Der Transmitter funktioniert!‘

‚Das wussten wir gestern schon, dass er funktioniert. Frage ist, ob er uns auch hilft!‘

‚Lass mal probieren, ob das mit der Bewegungskontrolle auch funktioniert. Darf ich?‘

Jan seufzte.

‚Versuchs‘

Im nächsten Moment schoss ihm ein Bild durch den Kopf, wie er wie eine Marionette tanzte.

‚Warst du das?‘ fragte er.

‚Sorry‘

Jan entspannte sich. Im nächsten Moment spürte er, wie sich ohne sein Zutun sein rechter Arm hob.

Cool‘ hörte er Rosenthal in seinem Kopf, bevor sie den Arm fallen ließ.

‚Hey! Leg den Arm nächstes Mal gefälligst etwas gefühlvoller zurück. Jetzt lass mich auch mal!‘

Jan konzentrierte sich darauf einen Arm, den er gar nicht spürte zu heben. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich Rosenthals Arm hob.

Yeah‘ dachte er. Für die nächsten anderthalb Stunden experimentierten sie wie zwei Teenager, die drohende Gefahr vergessend und verdrängend, was für Jan mit einem blauen Auge und für Mary Lu mit einem blauen Fleck am Oberarm endete, aber das war ihnen egal.

Um kurz vor elf trat Gundal ein, froh, sie beide wohlauf zu sehen. Sie begleitete die beiden noch bis zum Albagan. Nervös, ob die Transmitter auch funktionieren würden. Gundal hatte ihnen versichert, dass es vermutlich nicht nötig sein würde den jeweils anderen zu kontrollieren, aber für den Fall der Fälle sei es gut gewesen, dass sie geübt hätten. Jan hatte einen Blick auf Mary Lus Oberarm geworfen und geschwiegen. Dann waren sie in das Portal eingetreten.

24.12.2010, 19:00 // Inistra Kontrollraum

„Ich will ja nichts sagen, Ferden, aber wenn Sie mich noch mal retten, dann wird’s langsam peinlich für mich!“

Captain Hedgefields Kommentar löste erlösendes Gelächter aus. Die Transmitter hatten funktioniert, Jan und Mary Lu hatten das Telenose-Gerät gefunden. Die meisten waren mit einem blauen Auge davon gekommen, und somit war fast alles wieder wie vorher. Bis auf den schalen Geschmack der Erinnerung. Und die Tatsache, dass Jans und Mary Lus Gehirne verlinkt waren.

Abby saß neben Mary Lu und konnte immer noch nicht so ganz fassen, was sie getan hatte. Zoe und die anderen hatten ihr verziehen, natürlich, aber sie fühlte sich trotzdem ziemlich mies, immer noch.

„Und ihr könnt jetzt tatsächlich einfach so kommunizieren?“ fragte Abby leise, während ihr Vater weiterhin Lobeshymnen schwang. Mary Lu nickte.

„Und? Segen oder Fluch?“

„Für uns alle ein Segen, für uns beide – mal schaun, was wir draus machen.“

Abby zögerte.

„Was?“, fragte Mary Lu.

„Ich weiß, das kommt jetzt komisch, aber ich habe seit ich wieder ich bin und weiß was ich getan habe den Drang näher zu euch allen zu sein.“

„Kann ich schon verstehen irgendwie“, flüsterte Mary Lu, „also, was liegt dir auf dem Herzen?“

„Ich würde echt gerne wissen wie du wirklich heißt. Ich meine, Mary Lu ist doch wohl kaum dein richtiger Name oder?“

„Doch. Es ist nicht was in meinem Pass steht, aber es ist mein richtiger Name.“

„Komm schon, als Weihnachtsgeschenk. Wo wir schon kein Weihnachten feiern können?“

„Können wir doch. Morgen und übermorgen.“

„Du weißt was ich meine“. Abby legte den Kopf schief.

„Der Name, der in meinem Pass steht ist aber fürchterlich!“

Abby grinste.

„Du sprichst mit Abigail Catherine Hedgefield. Viel schlimmer kann es doch gar nicht sein!“

Mary Lu lachte.

„Na gut. Aber du musst versprechen es niemandem weiterzusagen.“

„Versprochen.“

„Okay, in meinem Pass steht Marianne Lucinda Rosenthal, und wenn du mich jemals so nennst werde ich dich auf der Stelle erschießen, klar?“

Abby grinste.

„Klar. Maria-“

In diesem Moment stürzte Lt. Lauren ins Zimmer.

„Captain, wir haben ein Problem.“

„Reden Sie, Lieutenant!“

„Ein Bildschirm von dem wir bisher noch gar nicht wussten, dass er überhaupt da ist, hat so eben eine Warnung ausgegeben. Er sieht aus wie ein Radarsystem, und laut dem System ist ein feindliches Schiff im Anflug.“

„Piraten?“

„Glaube ich kaum, Sir“ schaltete sich Jan ein, „die Piraten sind jünger als das System, es würde sie als Chibigo und damit freundlich einstufen.“

„Also Fuetron.“

Jan nickte.

„Wann werden sie hier sein?“ fragte der Captain.

Der Lieutenant schluckte.

„Wenn wir das Display richtig interpretieren, in knapp unter zwölf Stunden.“

 

Fortsetzung Folgt

23.12.2010, 17:33 // Inistra

Zoe Williamson starrte ungläubig ihr Gegenüber an. Die Augen waren rötlich eingefärbt, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen. Feiner Schweiß lag auf dem Gesicht, ein hämischer Zug umspielte die Lippen. Mit gezücktem Messer stand Abby Hedgefield im schwach beleuchteten Gang und starrte zurück. Zoe verfluchte sich, unter den gegebenen Umständen ohne Waffe ihre Wohnung verlassen zu haben, doch es war zu spät um das zu ändern.

„Schau an,“ lächelte Abby, „ein verlorener Vogel. Ein verlorener Vogel, der es nie gelernt hat wie man fliegt…“

Zoe überlegte fieberhaft, wie sie die Situation wieder unter Kontrolle bringen konnte.

„Hör zu,“ sagte sie unter flachem Atem, „das ist alles ein großes Missverständnis. Wir kommen doch sonst auch wunderbar miteinander aus!“

Abby lachte dreckig.

„Jaaa,“ sagte sie gedehnt, „wir können garantiert super miteinander klarkommen, solange du den Ton angibst, Schlampe!“

Sie rotzte vor dem Sergeant auf den spiegelnden Boden. Dann hob sie das Messer. Zoe sah es im Licht blitzen.

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