Zweiter Teil - 1. Kapitel
Ein spannender Auftrag, der die gesamte Truppe Tag und Nacht beschäftigen würde. Haarsträubende Verfolgungsjagen, harte Kämpfe gegen eine unglaubliche Übermacht. All das hatte Fred in Gedanken durchgespielt und sich für den Notfall gewappnet, doch weit gefehlt:
Der Karren rollte über den Feldweg. Jagon musste sich nicht einmal besonders beeilen um Schritt zu halten. Es war zum aus der Haut fahren.
Mehrfach hatte Fred schon versucht das Pferd zu einer schnelleren Gangart anzutreiben. Er hatte es mit einer Möhre geködert, hatte es angeschrieen, ihm mit dem Tod gedroht und es sogar mit der Peitsche geschlagen. Nichts half. Das Pferd, welches Fred in seinem Zorn den Namen Schlafmütze gegeben hatte, behielt sein Tempo bei.
Aus der dynamischen Gruppe die hinter ihm auf der Ladefläche gesessenen hatte war auch nicht viel geblieben. Akschia saß in der hintersten Ecke und starrte auf den Boden. Der Junge hatte immer noch kein Wort gesagt, und wie immer wenn Fred sich dessen bewusst wurde versprach er sich selber, dass er sich bald mit dem Jungen unterhalten würde. Danny löcherte Fred entweder mit haufenweißen Fragen oder spielte mit Bodo, zum Glück hatte er sich gerade jetzt fürs letzteres entschieden.
Caria saß neben ihm auf dem Kutschbock und starrte auf den Weg der sich vor ihnen dahin schlängelte. Normalerweise hätte Fred diesen Umstand dazu genutzt um ein bisschen mit ihr zu flirten oder um sie zumindest mit einigen Seitenblicken zu betrachten, doch seit er wusste, dass sie ein Mitglied der Sekten war unterließ er das tunlichst.
Auch Jagons gute Laune war schnell umgeschlagen. Lustlos stapfte er neben dem Wagen her, die Hände in den Hosentaschen und den grimmigen Blick auf den Boden gerichtet.
„ Siehst du diese Wolken da oben? Wir sollten hier eine Rast einlegen.“ meinte Danny von hinten und zeigte auf ein kleines Grüppchen Bäume am Wegesrand.
„ Es wird schon nicht regnen.“ brummte Fred
„ Halt da an.“ entschied Caria kurz und knapp
Dieser Befehlston passte Fred bei Frauen gar nicht, es sei den sie befahlen ihm sie mit Honig einzureiben und diesen danach abzuschlecken. Was leider schon sehr, sehr lange nicht mehr passiert war.
„ Entschuldigung, aber ich denke wir werden noch etwas weiterfahren.“ antwortete er übertrieben freundlich.
Caria blickte ihn mit eisigen Augen an.
„ Und ich würde sagen, dass du auf deine Kundschafterin in einer solchen Angelegenheit vertrauen solltest, Fred Einauge!“
Er starrte ihr noch einen Moment in die Augen und hielt dann stocksauer den Wagen an.
Caria glitt sofort vom Kutschbock und schritt auf die Bäume zu.
„ Jemand muss das Pferd ausspannen, wir brauchen Feuerholz und dieser Platz muss von Blättern befreit werden,“ kommandierte sie, während sie auf die jeweiligen Plätze deutete von denen sie sprach, „ na, los! Die Arbeit macht sich nicht von selber.“
Fred sprang vom Kutschbock und begann das Pferd auszuspannen. Verflucht! Wozu war man den bitte der Anführer einer Gruppe wenn man nicht einmal etwas zu melden hatte?
Wie Caria es vorhergesagt hatte begann der Regen, kaum nachdem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Dies trug nicht gerade dazu bei Freds Laune zu bessern. Trotz des Feuers das sie entzündet hatten froren sie alle, denn der Regen hatte die Bäume schneller als gedacht durchnässt und prasselte nun auf sie nieder. Am nächsten Tag regnete es immer noch, was dazu beitrug, dass die Stimmung auf dem Wagen noch schlechter war als am Tag zuvor. Nicht einmal der Umstand, das sie eine Höhle fanden, wo sie sich unterstellen konnte, besserte die allgemeine Laune sonderlich.
Sie saßen alle dicht gedrängt unter dem Felsen und konnten sich kaum rühren. Der Regen spritzte direkt vor ihnen so auf die Steine das ihre Füße und Knöcheln noch nass wurden und der Stein auf dem sie saßen war kalt und hart.
„ Das hätte ich mir auf jeden Fall anders vorgestellt.“ stöhnte Jagon als er versuchte sich eine bequemere Sitzposition zu suchen.
„ Wirklich schade das diese Reise nicht ihren Erwartungen entspricht. Ich bin sicher, nächstes mal bleiben sie lieber zu Hause und lassen sich aufhängen oder köpfen.“ Freds Stimme tropf vor Ironie als er Jagon antwortete.
„ Du hast es dir auch anders vorgestellt!“ reagierte dieser sauer.
Oh, ja! Ich habe mir vorgestellt das wir mit einem schnellen Pferd die Reise hinter uns bringen, ohne uns von Platzregen ertränken zu lassen, und ich schon bald mein Geld in der Hand halten würde.“
„ Geldgeiler Sack.“ spuckte Jagon aus.
„ Stimmt! Dir ist Geld ja bekanntlich völlig egal, du säufst einfach so viel bis Du umkippst, ob du Geld hast oder nicht ist da deine geringste Sorge!“ Freds Stimme war lauter geworden obwohl sie so dicht aufeinander saßen das Jagon ihn auch so gut verstehen konnte.
„ Jagon hat nicht gemeint, dass...“ begann Danny beschwichtigend doch der Fechter fiel ihm ins Wort:
„ Nennst du mich einen Säufer?“
„ Ich nenne dich einen Säufer ohne Geld, der nicht einmal in der Lage ist weiter als bis zu seinem Bier zu planen und das fällt dir schon schwer!“
„ Lustig das so ein Kommentar von ihm kommt.“ spottete Caria, doch Jagon de Mulier beachtete sie überhaupt nicht.
Er sprang auf und machte einen schnellen Schritt in den Regen hinaus. Seine Kleider waren schon nach einer Sekunde klatschnass, doch das kümmerte ihn scheinbar nicht.
„ Das muss ich mir nicht von einem Händler anhören, der nicht einmal eine vollständige Gruppe zusammenkriegt!“
Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Er, Fred Einauge, hatte diese Gruppe aus dem nichts geschaffen und dieser undankbare Bastard, dem er sogar noch den Hals gerettet hatte, wollte das kritisieren?
Auch er sprang auf und stellte sich Jagon im Regen entgegen. Das Wasser spürte er garnicht, so zornig war er.
„ Du hast recht! Diese Gruppe ist das letzte! Schließlich habe ich einen Kämpfer wie dich dabei, der noch niemals in seinem Leben einen Kampf gewonnen hat! Hoffentlich wird es niemals zu einem Kampf kommen, weil du der erste wärst der krepieren würde!“
Jagons Faust krachte gegen Freds Stirn. Sterne tanzten vor Freds Augen. Die Ohrfeigen von Frauen taten zwar weh, aber wenigstens konnte man danach noch geradeaus gucken, meistens zumindest. Er taumelte gegen die Felswand und hielt sich den Kopf.
„ Das hast du davon du Nichtsnutziger...“
Weiter kam Jagon nicht. Zwar war Fred eine Händler und kein richtiger Krieger doch er hatte bei Gott genug Schlägerein hinter sich. Niemand konnte längere Zeit auf der Straße leben ohne die Regeln des Straßenkampfs zu lernen, welche lauteten: Heul nicht rum sondern schlag zu!
Fred hatte sich von der Wand abgestoßen, seinen Gegenüber an der Hüfte gepackt und zu Boden gerissen. Doch nun machte sich das abschüssige Gelände bemerkbar und anstatt das er auf Jagon landete, rollten die beiden den Hügel herunter.
Mal war Fred oben, mal Jagon, doch für keinen von beiden reichte die Zeit um zuzuschlagen.
Caria machte oben in Höhle eine abfällige Bemerkung und Danny war aufgesprungen, doch das bemerkten die beiden Kämpfenden kaum.
Fred war oben! Er hob die Faust, bereit zum Schlag und... ging unter!
Was passiert wenn es den ganzen Tag regnete und zwar nicht einfach nur regnete sondern wirklich schüttete bis zum abwinken? Das Wasser floss den Hang hinunter und bildete an dem Fuß des Hügels, an dem die beiden nun angekommen waren, die größte Pfütze die Fred je gesehen hatte.
Die beiden ginge unter und kamen nach einer Sekunde wieder prustend an die Oberfläche. Das Wasser ging ihnen bis zu den Kniekehlen als sich Jagon und Fred wieder aufeinander stürzten, die Fäuste erhoben, die Mienen verzehrt.
Freds Schlag traf Jagon mitten in die Nieren und ließ den Fechter aufstöhnen. Sein Kinnhaken unterdessen hob Fred von den Füßen und ließ ihn wieder ins Wasser fliegen.
Prustend kam er wieder nach oben. Sein ganzes Blickfeld drehte sich und er stolperte auf Jagon zu, der sich mit einer Hand die Seite hielt, die andere jedoch bereits wieder zum Schlag erhoben hatte. Eine Stimme unterbrach die beiden herrisch:
„ Aufhören, Ihr beiden! Und zwar sofort!“
Beide Männer drehten die Köpfe zu Caria die den Hügel heruntergeschritten kam, irgendwie schaffte sie es nicht auszurutschen, was Danny und Akschia nicht gelang die hinter ihr herkamen.
„ Spürt ihr es nicht?“ fragte sie.
Und als die beiden verständnislos die Köpfe schüttelten stöhnte sie laut auf.
„ Der Regen ist vorbei, ihr Idioten! Wir können weitermarschieren!“
Und mit diesen Worten ging sie an den beiden klitschnassen Gestalte vorbei, zu der Stelle wo sie den Wagen unter eine Baumgruppe gestellt hatten.
Fred und Jagon taxierten sich noch einen Moment, dann stahl sich ein Grinsen auf Jagons Gesicht.
„ Ich werde nie wieder etwas gegen deine Fähigkeiten als Krieger sagen. Dein Nierenhaken war echt nicht übel.“ als er Freds Schulter tätschelte brachte ihn das, da sich sein Blickfeld immer noch um sich selbst drehte, so aus dem Gleichgewicht das er zur Seite kippte und wieder in der Pfütze versank.
„ Verdammt! Danny, Akschia helft mir! Fred ertrinkt!“ rief Jagon.