over the rainbow...
Strahlendes hellblau trifft die Iris der Sehenden. Pupillen die sich weiten im unendlichen weiß des Wolkenflausches. Dort am Horizont, die wärmenden Strahlen der goldgelben Göttin. Getaucht in purpurnem Schatten ihr Lächeln verschenkt...
Selina sieht hinauf, hinauf in den Himmel. Sie liegt gebettet in taufrischem Gras. Der Duft der Natur beschwingt ihre Seele. Und wie sie so hinaufblickt und aus vollem Herzen ihre Freude spürt, kann der äußere Spiegel nicht anders, als sie zu begrüßen. Ebenso freundlich, wie ihm zugelächelt wird, wirft er die Zeichen seiner Erquickung zurück. Die Wolken sind verschwunden. Klar und rein ist die Luft. Und gerührt weint der Himmel Tränen der Liebe, ganz kurz und belebend. Schnell trocknet die Sonne mit ihrer Herzenswärme die Perlen des Regens. Aufheiternd taucht er wie aus dem Nichts auf und schillert in sieben Farben. Groß und halbrund steht er da, als ob er hingemalt wäre. Und doch sieht er lebendig aus, der Regenbogen. Farben, die die Schichten der Wesen widerspiegeln und durchdringen. Ein Wunder des Fiktiven im Abbild der Welt. „Wie es wohl ist, über dem Regenbogen?“, denkt sich Selina und streicht sanft über die weichen Halme des saftigen Grüns unter ihren Händen. Geborgenheit hüllt sie ein und eine Leichtigkeit ist in ihrem Körper zu spüren. Ja, so als ob sie schweben würde, hinauf zum Regenbogen, um nachzusehen, was sich über oder dahinter verbirgt. Immer höher treibt der warme Aufwind ihre Gedanken. Vergnügen im Gefühl des Ankommens ist spürbar. Sie hat es geschafft. Endlich ist sie da. Da, an diesem Ort nach dem sie ein Leben lang vergeblich gesucht hatte. Gesucht und nie gefunden. Wie auch? Wenn alles doch so nah ist, dass man bereits gefunden hat. Hier und jetzt ist sie am Ziel und spürt den tiefen Frieden, der von jener Stelle ausgeht. Harmonie in allen, was sie umgibt und in allem, was ist. Energievoll versprüht ihr Herz jenes Pochen, nach dem sie sich immer sehnte. Ihr eigener Quell ist die wunderbare Kapriole ihres Seelentanzes. Eins mit dem Regenbogen, erfühlt sie die Töne der einzelnen Farben. Grün, Blau, Violett, Purpur, Rot, Orange und Gelb durchdringen die Schichten ihrer Aura und räsonieren in ihr. Ein Klang, scheinbar aus anderen Sphären, verwebt sich mit ihrer Schwingung. Die Musik ihres Wesens in Einklang mit dem Universum, erzeugt die Vibration. Schmetterlinge wiegen sich im Wind der Elemente. Nun erinnert sie sich wieder. „Ja“, ruft ihr Innerstes „Du hast Dich gefunden. In mir, dem fünften Element“. Gedanken sind nun vergessen. Gedanken, die den Verstand steuern und so nicht mehr gebraucht werden. Hüllen des Körpers wie kleine Sandkörner in alle Richtungen getragen. Wege die darauf hinweisen, dass man am Ziel angelangt ist. Reinheit ist alles was bleibt. Kein Raum, keine Zeit, kein Morgen, kein Gestern, nicht oben und unten. Ein Jetzt in der Wahrheit des Wesenskerns, der endlich erstrahlen kann, in der universellen Essenz. Alles verloren und doch neu erschaffen im spürbaren Unendlichen. Dies ist das Alles von der alles kommt und geht, um zurück zu kehren im Sinn des Subjekts. Im surrealen Gefühl, dessen Ausdruck im Wort auf die Erde zurückkehrt. Leben im Sinn der absichtlosen Einheit, die den Regenbogen erquickt. Freudvoll im Vergnügen mit allem was ist.
Selina fühlt, wie die letzten Sonnenstrahlen des Tages sich dem Ende neigen und sich im Erdenball vereinen. Dunkler scheint die Außenwelt von dieser Perspektive. Das Universum ist getaucht in grüngelbes Licht und empfängt den Gott der Nacht. Das Funkeln der Sterne kündigt ihn würdevoll an, den Mond, die Luna, der als Ausdruck seiner Liebe sein Pronomen der Sonne als Geschenk gemacht hat. Im Atem der Welt bleibt ihnen nur ein kurzer Augenblick des Ersehnten. Und voller Leidenschaft ist die Atmosphäre, wenn er auftaucht und sie verschwindet. Das Knistern der Extase ist in diesem Moment, so als ob nichts anderes existieren würde. Und doch spürt Selina, dass sie ein Teil von diesem wunderbaren Ganzen ist. Jetzt, in diesem Atemzug, der den Regenbogen erschafft. Den Regenbogen, von dem sie sich immer gewünscht hat, zu wissen, was über ihm ist. „over the rainbow...“ dort, wo das Wunderbare beginnt und endet zugleich. Der Sinn, der im Sinn sinnvoll erstrahlt, um so der Sinn zu sein...
Silvia J.B. Bartl
22.11.2007