Der Papageienzüchter
Es ist Herbst geworden, dunkle Regenwolken ziehen über das Land, der Wind fegt die letzten Blätter von den Bäumen. Seiner alten Gewohnheit trotzdem treu bleibend, streift sich der professionelle Papageienzüchter Willibald Kunze eine dicke Jacke über, zieht den Kragen hoch und geht, wie jeden Sonntag, am nahe gelegenen Fluss spazieren.
Völlig gedankenverloren schaut er den Wildenten bei ihrer Futtersuche zu, als er plötzlich von einem alten Freund von der Seite angesprochen wird: ,,Ja, sag mal, Willibald, wir haben uns doch eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie geht es Dir ? Züchtest und verkaufst Du noch immer Papageien ?"
Ohne auch nur einen Funken Wiedersehensfreude zu bekunden, entgegnet der, eher mürrisch dreinschauende Kunze: ,,Ach, Du bist es, Ferdinand, ich hätte Dich fast nicht erkannt; schön Dich mal wieder zu sehen - und danke der Nachfrage, wie es mir geht. - Gesundheitlich kann ich keineswegs klagen, aber geschäftlich", Willibald Kunze holt tief Luft, kratzt sich am Kopf und fügt hinzu, ,,ach, mein Freund, geschäftlich geht es mir nicht mehr so gut. Täglich kommen die Leute, begutachten meine Papageien von allen Seiten, sprechen mit ihnen, betatschen sie von Kopf bis Fuss, heben ihnen die Flügel hoch, aber kaufen ..."
,,Das kenne ich, da geht es Dir genau so wie mir", unterbricht sein Gegenüber, .. soetwas ähnliches erlebe ich auch ständig."
Kunze macht grosse Augen, bevor er verwundert fragt: ,,Wieso, hast Du zwischenzeitlich auch eine Papageienzucht?"
,,Nein, nein, mein Lieber", kommt lächelnd die Antwort des Freundes, ,,ich habe drei unverheiratete Töchter !"