Er stand am Rande der Hafenmauer und als sein Blick wie immer hinaus aufs Meer ging um den Schiffen hinterherzuschauen, schweiften seine Gedanken ab und er versuchte sich zu erinnern wann er zum ersten mal hierher kam um seinen Träumen und Sehnsüchten freien Lauf zu lassen.
Die grau grünen Wellen des Meeres schlugen heute höher als an den anderen Tagen und die rollenden Wassermassen des schmutzigfarbenen Ozeans trafen hart auf die Kaimauer unter ihm.
Große Spritzer flogen herauf und legten sich wie Spinnennetze über die ledernen Schuhe des Beobachters.
Er klappte den Kragen seines langen Mantels nach oben um sich notdürftig vor der Novemberkälte und demheraufziehenden Nebel zu schützen.
Nein, wie sehr er auch in seinem Gedächtnis wühlte, wann zzum ersten mal ihn seine innere Unruhe zu diesem Ort führte vermochte er einfach nicht zu sagen.
Tage, Wochen oder Monate ?
Fast schien es ihm als käme er schon sein ganzes Leben hierher auf der Suche nach der einen Sache die tief in ihm wurzelte die er so gut kannte und doch nicht fassen oder gar erklären konnte.
Ein großer Schoner mit mächtig geblähten Segeln erregte seine Aufmerksamkeit und er schaute im lange hinterher, wie immer nicht wissend wo das Ziel dieses Raubvogels der Meere lag oder was seine Besatzung dort, wo es auch war, erwartete.
Es stieg wieder dieses vertraute Gefühl aus erregender Unruhe, Unsicherheit und Angst in ihm empor wie er es jedesmal spürte wen er hier stand um die Zeit, bevor er zur Arbeit mußte und der graue Alltag der Routine wie eine häßliche Krankheit nach im griff, zu verlängern.
Seit diesem Morgen, als es ihn zum ersten mal hierher lockte, dieses Wesen das zu irgend einen Zeitpunkt in ihm erwacht war, folgte er mit sehnsüchtigen Blick den auslaufenden Schiffen bis ihre Silhouette sich am Rande des Horizontes verlor.
Wohl wissend, das er wahrscheinlich niemals den Mut aufbringen würde seine Ängste und Unsicherheit zu überwinden um eines dieser schwimmenden Schlösser seiner Träume zu besteigen um mit im hinaus zu segeln in eine ungewisse und fremdartige Zukunft. zog es ihn doch täglich wieder hierher, wie ein Ruf so mächtig und stark, ein lauter Schrei aus den tiefsten Schluchten seiner Seele.
Obgleich er wußte das seine Angst, sein nicht vorhandenes Selbstbewußtsein und seine Vorsicht der wahre Grund dafür waren das er es niemals schaffen würde aus der enge seines Käfiges zu entfliehen war es ihm doch unmöglich mit dieser Wahrheit zu existieren und die Aufgaben des Alltages zu bewältigen.
So triebe ihm sein Verstand und seine Seele täglich neue Ausreden und Schutzbehauptungenzu um die Last auf seinen Schultern nicht ins unermeßliche steigen zu lassen, da sie ihn sonst zerquetschen würde wie ein grober Stiefel eine kriechende Kakerlake zerquetscht.
"Du mußt Rücksicht nehmen !"
"Denke an die Menschen die dich lieben !"
"Du hast doch ein gutes Leben hier !"
Solche Sätze und andere mehr schlichen sich in sein Bewußtsein immer wieder wen er eine Rechtfertigung brauchte, warum es unmöglich war heute sein Leben zu ändern und seiner Zukunft eine neue Richtung zu geben.
"An jedem Morgen an dem du erwachst kannst du dein Leben neu beginnen und bestimmen wie es weitergeht !"
Er wußte genau das dieser Satz für ihn so faul war wie ein alter Zahn der dringend gezogen werden mußte und doch war es an jeden Tag sein letzter Gedanke wen er sich zum gehen wandte um den Hafen seiner Sehnsüchte zu verlassen und zurückkehrte in sein Aquarium der scheinbaren Sicherheit und Geborgenheit.
Aber es wurde schlimmer und das Wissen um diese Lebenslüge fraß jeden Tag ein größeres Stück seiner Energie und er schien sich zu leeren wie eine Batterie die nicht mehr die Kraft aufbrachte den Motor seiner Existenz am laufen zu halten oder gar zu beschleunigen.
Die Zeit war schon weit fortgeschritten und er mußte sich beeilen um keine Unannehmlichkeiten in der Firma zu bekommen.
Er blickte ein letztdesmal zum Horizont, klemmte seine Aktentasche etwas fester in die Armbeuge und begann das Gelände des Hafens zu verlassen.
Beruf, Frau, Haus und Familie, all das würde heute wieder auf ihn warten gutes Essen und Freunde ein guter Wein kurz ein gutes Leben das er hier hatte, warum also sich grämen, warum fort wollen ?
Während er seine Schritte Richtung Ausgang, hinaus auf die Straße lenkte die ihn wieder zurückführen würde in die "Realität" wußte er es so sicher wie das Amen in der Kirche das er morgen wieder hier stehen würde um wenigstens einen kurzen Augenblick zu glaubeb es wäre möglich zu gehen, mutig zu sein, aufzuspringen auf eines dieser Traumschiffe um davon zu segeln zu einen unbekannten Horizont zu unbekannten Ufern.