Kurzgeschichte
Auch der Schmerz gehört zu uns! - Heiße ihn willkommen

Auch der Schmerz gehört zu uns!

Viele, die von ihren Eltern nicht genügend Zuwendung bekommen haben, suchen lebenslang sich selbst. Wie kann man diese Suche beenden? Eine einfache Antwort könnte uns allen helfen. Die Antwort könnte man in zwei Sätze zusammenfassen. Bäume dich nicht voller Verzweiflung gegen dein Schicksal auf. Und: Vergleiche dich nicht zwanghaft mit anderen.

Was könnte man damit meinen? Zunächst einmal: An unserer  Vergangenheit lässt sich nichts mehr ändern. Die Liebe, die ich von meinen Eltern nicht bekommen habe, wird mir immer fehlen. So wie mir die Gesundheit, die Freizeit und das Lebensglück  fehlen wird, nachdem ich Multiple Sklerose bekommen habe. Ebenso wird mir die Liebe meines Lebens fehlen, der mich innerlich sterben ließ, als wir uns trennten.

Nun könnte ich  für den Rest meines Lebens mein Schicksal beklagen. Ständig auf meine Rabeneltern schimpfen. Tag und Nacht die Stunde verfluchen, als ich meine Diagnose bekam. Nächtelang wach liegen und leiden, weil der Partner nicht mehr an meiner Seite ist. Aber genau das wäre das Falsche. Denn solange ich mich gegen mein Schicksal wehre, solange wird es täglich in meiner Seele bohren. Wie ein schmerzender Fremdkörper.

Es gibt nur einen Ausweg aus der inneren Zerrissenheit: sich mit seinem Schicksal versöhnen. Damit aufhören, dass Fremde, Beunruhigende und Schmerzende als etwas zu betrachten, das nicht zu einem gehört! Das Gegenteil ist richtig. Umarme, was dich quält! Heiße willkommen, was dir Angst macht- so wie Jesus Christus, der mit ausgebreiteten Armen dasteht und alle willkommen heißt, die vom Rest der Menschheit abgelehnt werden.

Nicht durch Ablehnen und Zurückstoßen findet man sich selbst, sondern durch Annehmen und Integrieren. Deshalb raten auch moderne Therapeuten sogar schwer Depressiven, ihre Krankheit wie einen altvertrauten Freund zu behandeln. Das ist sehr schwer, ich weiß. Aber es wird leichter wenn wir uns nicht mit anderen vergleichen. Egal  was uns fehlt- jeder hat seinen eigenen Wert, jeder ist einmalig und ohne Konkurrenz. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und zu bewältigen. Jeder hat sein Schicksal.

Ich achte das Schicksal meiner Probleme und lass es ziehen.

26.11.2010 Helen Uebler